- Goldener Leopard
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Mit dem Goldenen Leoparden (ital.: Pardo d'Oro) wird bei dem jährlich veranstalteten Filmfestival von Locarno der beste Spielfilm im offiziellen Wettbewerb prämiert. Er gilt damit als wichtigste Auszeichnung des Festivals, noch vor dem Preis der Jury (Silberner Leopard). Über die Vergabe des Preises stimmt eine Wettbewerbsjury ab, die sich meist aus internationalen Filmschaffenden zusammensetzt.
Die Bezeichnung existiert seit 1968, zuvor war der Filmpreis, als Großer Preis der Jury (Gran premio della Giuria; 1966–1967), Goldenes Segel (Vela d’oro; 1958–1965) beziehungsweise Großer Preis (Gran premio) bekannt. Neben der Preisstatuette wird eine Prämie in Höhe von 90.000 Schweizer Franken (ungefähr 80.000 Euro (Stand August 2011)) zu gleichen Teilen an den Regisseur und an die Produzenten des Siegerfilms ausgelobt.
Inhaltsverzeichnis
Preisträger
Am häufigsten mit dem Hauptpreis in Locarno ausgezeichnet wurden die Werke französischer und italienischer Filmregisseure (je 11 Siege), gefolgt von ihren Kollegen aus den Vereinigten Staaten (10), Großbritannien und der ehemaligen Tschechoslowakei (je 5). Je zweimal triumphieren konnte in den Anfangsjahren nur der Franzose René Clair (1946 und 1947) und der Tscheche Jiří Trnka (1954 und 1955). Eine zwischenzeitlich eingeführte Regel die besagte, nur Debüt- beziehungsweise Zweitfilme eines Regisseurs für den Wettbewerb in Locarno zuzulassen, wurde 1996 abgeschafft.
Regisseure aus dem deutschsprachigen Kino waren erstmals 1954 erfolgreich, als Rotation des Deutschen Wolfgang Staudte gemeinsam mit zwei weiteren Produktionen prämiert wurde. Ihm folgten 1985 und 2006 die Schweizer Fredi M. Murer (Höhenfeuer) und Andrea Staka (Das Fräulein), während 1988 und 2002 die Deutschen Wolfgang Becker (Schmetterlinge) und Iain Dilthey (Das Verlangen) erfolgreich waren.
Auszeichnungen für Filmemacherinnen blieben ähnlich wie bei den Filmfestspielen von Venedig, Cannes oder Berlin Ausnahmen. Erst 1990 gewann mit Swetlana Proskurina (Slutschainy Wals) eine Frau den Goldenen Leoparden. Dem Sieg der Russin folgten in den kommenden Jahren Auszeichnungen für die Hongkongerin Clara Law (1992 für Autumn Moon), die Französinnen Claire Denis (1996 für Nénette et Boni) und Hélène Angel (1999 für Stumme Schreie), Andrea Staka, die Chinesin Guo Xiaolu (2009 für She, A Chinese) sowie die in der Schweiz aufgewachsene Argentinierin Milagros Mumenthaler (2011 für Abrir puertas y ventanas).
In den Jahren 1946–1948, 1950 und 1952–1957 fand kein offizieller Wettbewerb statt; eine Ersatzjury kürte den Sieger.
Jahr Titel Deutscher Verleihtitel Regie 1946 And Then There Were None Das letzte Wochenende René Clair 1947 Le silence est d’or Schweigen ist Gold René Clair 1948 Germania anno zero Deutschland im Jahre Null Roberto Rossellini 1949 La ferme des sept péchés Bauernhof der sieben Sünden Jean Devaivre 1950 When Willie Comes Marching Home So ein Pechvogel John Ford 1951 Festival nicht veranstaltet 1952 Hunted Ein Kind war Zeuge Charles Crichton 1953 The Glass Wall Die gläserne Mauer Maxwell Shane Julius Caesar nicht bekannt David Bradley Kompositor Glinka Lied der Heimat Grigori Alexandrow 1954 Bajaja Prinz Bajaja Jiří Trnka Les Fruits sauvages Wilde Früchte Hervé Bromberger 地獄門 (Jigokumon) Das Höllentor Teinosuke Kinugasa Le mouton à cinq pattes Der Hammel mit den 5 Beinen Henri Verneuil Rotation Rotation Wolfgang Staudte 1955[1] Císařův slavík Der Kaiser und die Nachtigall Jiří Trnka Carmen Jones Carmen Jones Otto Preminger 1956 Festival nicht veranstaltet 1957[2] Il grido Der Schrei Michelangelo Antonioni The Young Stranger Das nackte Gesicht John Frankenheimer 1958 Ten, North Frederick Ein Mann in den besten Jahren Philip Dunne 1959[3] Killer’s Kiss Der Tiger von New York Stanley Kubrick 1960 Il bell’Antonio Bel Antonio Mauro Bolognini 1961 野火 (Nobi) Nobi Kon Ichikawa 1962 Un cœur gros comme ça Mit meinen Augen François Reichenbach 1963 Transport z ráje Transport aus dem Paradies Zbyněk Brynych 1964 Černý Petr Der schwarze Peter Miloš Forman 1965 Four in the Morning Tod am Morgen Anthony Simmons 1966 Kazdy den odvahu Mut für den Alltag Evald Schorm 1967 Terra em transe Land in Trance Glauber Rocha 1968[4] I Visionari nicht bekannt Maurizio Ponzi 1969 Charles mort ou vif Charles – tot oder lebendig Alain Tanner Szemüvegesek nicht bekannt Sándor Simó Tres tristes tigres nicht bekannt Raúl Ruiz В огне брода нет (V ogne broda net) Im Feuer ist keine Furt Gleb Panfilow 1970 End of the Road Der Weg in den Abgrund Aram Avakiam Lilika nicht bekannt Branko Plesa Soleil O Soleil O Med Hondo 無常 (Mujo) nicht bekannt Akio Jissoji 1971[5] Les amis Die Freunde Gérard Blain Hanno cambiato faccia Wettlauf gegen den Tod Corrado Farina In punto di morte nicht bekannt Mario Garriba Private Road nicht bekannt Barney Platts-Mills Znaky na drodze Zeichen am Weg Andrzej Jerzy Piotrowski 1972 Bleak Moments Freudlose Augenblicke Mike Leigh 1973 Iluminacja Illumination Krzysztof Zanussi 1974 Tüzoltó utca 25. Feuerwehrgasse 25 István Szabó 1975 Le fils d’Amr est mort nicht bekannt Jean-Jacques Andrien 1976 Le grand soir Le Grand Soir, Fragments Francis Reusser 1977 Antonio Gramsci, i giorni di carcere nicht bekannt Lino Del Fra 1978 I tembelides tis eforis kiladas nicht bekannt Nikos Panayotopoulos 1979 Sürü Die Herde Zeki Ökten 1980 Maledetti vi amerò nicht bekannt Marco Tullio Giordana 1981 Chakra Das Rad des Glücks Rabindra Dharmaraj 1982[6] Les Jocondes nicht bekannt Jean Daniel Pillault Il Quartetto Basileus Ende in Moll Fabio Carpi Panelkapcsolat nicht bekannt Béla Tarr Traveller Landfahrer Joe Comerford 1983 Adj király katonat nicht bekannt Pál Erdöss 1984 Stranger Than Paradise Stranger than Paradise Jim Jarmusch 1985 Höhenfeuer Höhenfeuer Fredi M. Murer 1986 Jezioro Bodenskie nicht bekannt Janusz Zaorski 1987 O Bobo nicht bekannt José Álvaro Morais 1988 Distant Voices, Still Lives Entfernte Stimmen – Stilleben Terence Davies Schmetterlinge Schmetterlinge Wolfgang Becker 1989 달마가 동쪽으로 간 까닭은 (Dharmaga
tongjoguro kan kkadalgun)Warum Bodhi-Dharma in den Orient aufbrach? Bae Yong-kyun 1990 Slutschainy Wals nicht bekannt Swetlana Proskurina 1991 Johnny Suede Johnny Suede Tom DiCillo 1992 秋月 (Qiu yue) Autumn Moon Clara Law 1993 Azghyin ushtykzyn'azaby nicht bekannt Jermek Schinarbajew 1994 Khomreh nicht bekannt Ebrahim Forouzesh 1995 Rai nicht bekannt Thomas Gilou 1996 Nénette et Boni Nénette et Boni Claire Denis 1997 Ayneh nicht bekannt Jafar Panahi 1998 赵先生 (Zhào Xiānshēng) Zhao Xiansheng Lü Yue 1999 Peau d'homme coeur de bête Stumme Schreie Hélène Angel 2000 爸爸 (Bàba) Baba Wang Shuo 2001 Alla rivoluzione sulla due cavalli nicht bekannt Maurizio Sciarra 2002 Das Verlangen Das Verlangen Iain Dilthey 2003 Khamosh Pani: Silent Waters Silent Waters Sabiha Sumar 2004 Private Private Saverio Costanzo 2005 Nine Lives Nine Lives Rodrigo García 2006 Das Fräulein Das Fräulein Andrea Staka 2007 Ai no yokan Ai no yokan Masahiro Kobayashi 2008 Parque Viá Parque Via Enrique Rivero 2009 She, a Chinese She, A Chinese Guo Xiaolu 2010 Han Jia nicht bekannt Li Hongqi 2011 Abrir puertas y ventanas[7] nicht bekannt Milagros Mumenthaler - Anmerkungen
- ↑ 1955 wurde der Hauptpreis durch eine Jury des schweizerisch-italienischen Radios (Radio della Svizzera Italiana) vergeben.
- ↑ 1957 wurde jeweils ein Hauptpreis vom Schweizer Verband der Filmjournalisten (Giuria dell’Associazione Svizzera della stampa cinematografica; Der Schrei) und einer Jury des schweizerisch-italienischen Radios (Radio della Svizzera Italiana; Das nackte Gesicht) vergeben.
- ↑ 1959 wurde nur ein Preis für die Beste Regie an Stanley Kubrick (Der Tiger von New York) vergeben.
- ↑ Aus politischen Gründen vergab im Jahr 1968 anstatt der offiziellen Wettbewerbsjury die Jugendjury (Giuria dei giovani) den Hauptpreis.
- ↑ 1971 wurden getrennt Goldene Leoparden für Debütregisseure (Blain, Farina, Gariba) beziehungsweise Zweitfilme (Platts-Mills, Piotrovsky) vergeben.
- ↑ 1982 wurde kein Goldener Leopard verliehen, sondern nur lobende Erwähnungen ausgesprochen.
- ↑ Locarno: Goldener Leopard für sensibles Kammerspiel bei europeonline-magazine.eu, 13. August 2011 (abgerufen am 13. August 2011).
Goldener Leopard (C.P. Company)
Seit 1996 wird zusätzlich ein zweiter, vom italienischen Modeunternehmen C.P. Company gestifteter „Goldener Leopard“ verliehen: bis 2005 für den Sieger im Videowettbewerb, seit 2006 im Wettbewerb Cineasten der Gegenwart (Cineasti del Presente):
Jahr Titel Deutscher Verleihtitel Regie 2000 Les yeux fermés Mit geschlossenen Augen Olivier Py 2001 Nocní hovory s matkou nicht bekannt Jan Němec 2002 Jeonjaeng geu ihu nicht bekannt Seung-wook Moon
Nobuhiro Suwa
Xiaoshuai WangLove and Diane Love und Diane – Eine Familiengeschichte Jennifer Dworkin 2003 Cantata de las cosas solas Silent Waters Willi Behnisch Ixième – Le journal d'un prisonnier nicht bekannt Pierre-Yves Borgeaud
Stéphane Blok2004 Conversation de salon nicht bekannt Danielle Arbid 2005 Masahista Der Masseur Brillante Mendoza Les États nordiques nicht bekannt Denis Côté 2006 Verfolgt Verfolgt Angelina Maccarone 2007 Tejút nicht bekannt Benedek Fliegauf 2010 Paraboles nicht bekannt Emmanuelle Demoris Ehrenleoparden
Die „Ehrenleoparden“ (Pardo d'Onore) werden seit 1989 an Filmkünstler verliehen, in der Regel für ihr Lebenswerk. Die Statue entspricht der des Goldenen Leoparden.
- 1989: Ennio Morricone
- 1990: Gian Maria Volontè
- 1991: Jacques Rivette
- 1992: Manoel de Oliveira
- 1993: Sam Fuller
- 1994: Kira Muratowa
- 1995: Jean-Luc Godard
- 1996: Werner Schroeter
- 1997: Bernardo Bertolucci
- 1998: Joe Dante
- 1999: Daniel Schmid
- 2000: Paul Verhoeven und Paolo Villaggio
- 2001: an das Sundance Institute
- 2002: Sydney Pollack
- 2003: Ken Loach
- 2004: Ermanno Olmi
- 2005: Terry Gilliam, Abbas Kiarostami und Wim Wenders
- 2006: Alexander Sokurow
- 2007: Hou Hsiao-Hsien
- 2008: Amos Gitai
- 2009: Isao Takahata
- 2011: Harrison Ford
Weblinks
- Internationales Filmfestival von Locarno
- Bisherige Preisträger des Goldenen Löwen bei pardo.ch (englisch, italienisch, französisch)
- Überblick über die bisherigen Preisträger in der Internet Movie Database (IMDb; englisch)
Kategorie:- Filmpreis (Schweiz)
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