Großhesseloher Brücke

Großhesseloher Brücke
Die neue Großhesseloher Brücke mit einem Zug der Bayerischen Oberlandbahn Richtung München Hbf (rechts) und der S 27 nach Deisenhofen (links)

Die Großhesseloher Brücke ist eine Eisenbahnbrücke der Bahnstrecke München–Holzkirchen. Ihre Vorgängerin war bei der Eröffnung 1857 die nach der Göltzschtalbrücke zweithöchste Eisenbahnbrücke der Welt. Heute wird die Brücke von Zügen der Bayerischen Oberlandbahn und der S-Bahn München genutzt.

Inhaltsverzeichnis

Lage

Die Großhesseloher Brücke überquert die Isar und den parallel verlaufenden Isar-Werkkanal im Süden Münchens von Harlaching nach Großhesselohe, einem Ortsteil Pullachs. Das Isarhochufer bietet an dieser Stelle einen Blick auf München, der durch Zeichnungen, Bilder und Filmaufnahmen berühmt ist

Geschichte

Die erste Brücke: 1857–1983

Großhesseloher Brücke vor 1908
Großhesseloher Brücke im Jahr 1982
Der Fußgängerweg über die alte Brücke

Die Großhesseloher Brücke wurde im Zuge des Baus der Bahnstrecke München–Holzkirchen von 1851 bis 1857 errichtet. Der konstruktive Entwurf stammte vom Ingenieur und Pionier des Eisenbahnbrückenbaus Friedrich August von Pauli, damals Rektor der Kgl. Polytechnischen Schule München, ausführende Firma war die Brückenbauanstalt Klett & Cie. in Nürnberg unter der Leitung von Heinrich Gerber. Die Eröffnung fand am 31. Oktober 1857 statt.

Bereits zur Eröffnung war die Großhesseloher Brücke zweigleisig ausgelegt. Für diesen doppelgleisigen Betrieb wurde sie mit zwei getrennten Tragkonstruktionen ausgebaut. Daneben war sie von Anfang an mit zwei Fußwegen ausgestattet, die jeweils außen parallel zu den Gleisen geführt wurden.

Das immer höhere Gewicht der Lokomotiven schränkte die Verwendung der Brücke immer mehr ein. Nachdem die Bahnstrecke München–Deisenhofen auf ganzer Länge zweigleisig ausgebaut war, wurden 1908/1909 die Fachwerk-Linsenträger (sog. Pauli-Träger) durch acht genietete Fachwerk-Halbparabelträger ersetzt. Der konstruktive Entwurf der neuen Halbparabelträger stammte von Oberregierungsrat Ebert, Vorstand des Baukonstruktionsamtes der Königlich Bayerischen Staatseisenbahnen. Da sich das Konstruktionsgewicht damit von 630 t auf 960 t erhöhte, mussten die alten Widerlager aus Nagelfluh in Eisenbeton erneuert werden. Weitere Sanierungsmaßnahmen erfolgten 1936, 1941 und in den 1960er Jahren.

1945 sollte die Großhesseloher Brücke gesprengt werden, um den Vormarsch der Alliierten auf München zu verhindern. Ein Bürger konnte jedoch mit Hilfe eines Wehrmachtsoldaten eine der Sprengladungen entfernen, so dass die Großhesseloher Brücke der Sprengung standhielt.

Ein Modell der Großhesseloher Brücke befindet sich im Deutschen Museum.

Technische Daten der ersten Brücke

Höhe 31 m über Isar-Niedrigwasser (Brückenplanier)
Länge 258,30 m mit 4 Öffnungen, zwei Hauptöffnungen je 52,54 m, zwei Nebenöffnungen von je 26,56 m
Breite k.A.
Konstruktion Brücke ursprünglich Fachwerk-Linsenträger, ab 1909 Halbparabelträger, jeweils mit oben aufliegender Fahrbahn
Gesamtgewicht Überbauten 630 t, ab 1909: 960 t
Widerlager der Überbauten Nagelfluhquader, je 2-3 m³, 1908 in Beton erneuert
Konstruktion der Pfeiler massives Ziegelmauerwerk, durchsetzt mit Querschichten aus Naturstein-Quadern
Gesamtumfang des Mauerwerks k.A.
Baukosten k.A.

Neubau 1983–1985

Die neue Großhesseloher Brücke

Ende der 1970er Jahre sah sich die Bundesbahndirektion München außerstande, die Großhesseloher Brücke in einer weiteren Generalsanierung für die aktuellen Belastungen zu ertüchtigen. Sie favorisierte einen Neubau der Brücke, mit dem alle Probleme, einschließlich der Sicherheit, gelöst werden sollten.

Die öffentliche Meinung war großenteils gegen einen Neubau. Neben emotionalen Gründen – schließlich war sie fast jeden Münchner von Ausflügen her bekannt, die Waldwirtschaft Großhesselohe z. B. befindet sich in der Nähe – sprachen vor allem denkmalpflegerische Gründe gegen einen Neubau. Da die Kosten einer Generalsanierung aber für die Deutsche Bundesbahn in nicht mehr tragbarer Höhe lagen (so hätten z. B. für die historische Fachwerkkonstruktion Fachleute aus dem Ausland geholt werden müssen), kam nur noch ein Neubau in Frage.

1983/1984 wurde die alte Brücke abgerissen; 1983–1985 wurde die neue Brücke an gleicher Stelle errichtet. Der Verkehr lief während der Bauzeit auf einer Behelfsbrücke. Eröffnet wurde die Brücke im Oktober 1985 mit der Überfahrt des Nachbaus des Adlers.

Die neue Brücke ist eine Fachwerkbrücke mit oben aufliegender Fahrbahn in rund 42 m Höhe. Pfeiler und Widerlager sind aus Stahlbeton. Ein großzügiger Rad- und Fußweg verläuft innerhalb der Fachwerkkonstruktion. Eine Variante des Radl-Rings um München führt über das Bauwerk.

Ort von Selbsttötungen

Ähnlich wie die Clifton Suspension Bridge oder die Golden Gate Bridge kam auch die Großhesseloher Brücke zu einer fragwürdigen Bedeutung als Ort, an dem Personen ihrem Leben ein Ende setzten. Zwischen 1877 und 1978 sprangen etwa 290 Menschen in den Tod. Allein im Zeitraum von 1955 bis 1959 versuchten 64 Menschen, sich in die Tiefe zu stürzen. 37 konnten davon noch abgehalten werden. Beim Neubau der Brücke 1985 wurde der Fußgängerüberweg komplett vergittert. Aufwändige Drahtzaunabsicherungen reduzierten die Zahl der Selbstmordversuche, konnten sie aber nicht vollständig verhindern. Im Jahr 1995 waren acht Fälle von „Sturz aus der Höhe“, wie es in der amtlichen Statistik heißt, neu zu verzeichnen.[1]

Literatur

  • Lutz Eckardt: Wunderwerk der Brückenbaukunst. Die Großhesseloher Brücke. In: Landratsamt München, Kreissparkasse München Starnberg (Hrsg.): Vielfalt im Landkreis München. Heller & Partner, München 2004, ISBN 3-88863-022-3, S. 244-251.
  • Bayerischer Architekten- und Ingenieur-Verband e.V. (Hrsg.): München und seine Bauten. (Reprint der Erstausgabe 1913). F. Bruckmann, München 1978, ISBN 3-7654-1747-5.
  • Christine Rädlinger; Baureferat der Landeshauptstadt München (Hrsg.): Geschichte der Münchner Brücken. Franz Schiermeier Verlag, München 2008, ISBN 978-3-9811425-2-5 (Brücken bauen von der Stadtgründung bis heute).

Weblinks

 Commons: Großhesseloher Brücke – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. http://wissen.spiegel.de/wissen/image/show.html?did=8928565&aref=image017/SP1996/022/SP199602200540058.pdf&thumb=false

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