- Hans Eichel
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Hans Eichel (* 24. Dezember 1941 in Kassel) ist ein deutscher Politiker (SPD).
Er war von 1975 bis 1991 Oberbürgermeister von Kassel, von 1991 bis 1999 Ministerpräsident des Landes Hessen, vom 1. November 1998 bis 23. April 1999 Bundesratspräsident und von 1999 bis 2005 Bundesminister der Finanzen.
Inhaltsverzeichnis
Leben und Beruf
Nach dem Abitur 1961 am Kasseler Wilhelmsgymnasium begann Eichel ein Studium der Germanistik, Philosophie, Politikwissenschaft, Geschichte und Erziehungswissenschaften an der Universität Marburg und der Freien Universität Berlin, welches er 1968 mit dem ersten und 1970 mit dem zweiten Staatsexamen für das Lehramt an Gymnasien abschloss. Er war dann bis 1975 als Studienrat in Kassel – ebenfalls am Wilhelmsgymnasium – tätig.
Eichel leitet den Politischen Club der Evangelischen Akademie Tutzing[1] und ist Aufsichtsratsmitglied bei der WMP Eurocom.[2]
Eichel ist seit Juli 2005 in zweiter Ehe mit Gabriela Wolff-Eichel, geb. Wolff, verheiratet. Aus der ersten Ehe (1983–1999) hat er zwei Kinder.
Partei
Seit 1964 ist Eichel Mitglied der SPD. 1969 wurde er in den Bundesvorstand der Jungsozialisten gewählt und war bis 1972 stellvertretender Bundesvorsitzender. Seit 1984 ist er Mitglied im Hessischen Landesvorstand. Von 1989 bis 2001 war er Landesvorsitzender der SPD Hessen. Von 1991 bis 2005 gehörte er dem SPD-Bundesvorstand an. Von 1999 bis 2005 war er Mitglied im Präsidium der SPD.
Abgeordneter
Von 1968 bis 1975 war Eichel Mitglied der Stadtverordnetenversammlung von Kassel und dort ab 1970 Vorsitzender der SPD-Fraktion. Zwischen den Jahren 1991 und 1999 war er Mitglied des Hessischen Landtages und von 2002 bis 2009 Mitglied des Deutschen Bundestages.
2002 zog Eichel über die Landesliste Hessen und 2005 mit 50,6 % der Erststimmen als direkt gewählter Abgeordneter des Wahlkreises Kassel in den Bundestag ein.
Öffentliche Ämter
1975 bis 1999
Am 6. Oktober 1975 wurde er im Alter von nur 33 Jahren zum Oberbürgermeister von Kassel gewählt. In diesem Amt wurde er 1981 und 1987 bestätigt. In Ausübung dieses Amtes gehörte er auch dreimal dem Aufsichtsrat der documenta an.
Bei der Landtagswahl 1991 wurde die SPD mit 40,8 % der Stimmen und einem Vorsprung von 0,6 % der Stimmen vor der CDU knapp die stärkste Partei und bildete daraufhin eine Koalition mit den Grünen. Eichel wurde daher am 5. April 1991 als Nachfolger von Walter Wallmann (CDU) zum Ministerpräsidenten von Hessen gewählt. Die "Dienstvilla-Affäre" 1993 und die "Lotto-Affäre" 1994 überstand Eichel trotz heftiger Kritik an vorgeblicher Vetternwirtschaft.
Bei der Landtagswahl 1995 fiel die SPD mit einem Ergebnis von 38,0 % zwar um 1,2 % der Stimmen hinter die CDU unter ihrem Spitzenkandidaten Manfred Kanther zurück; Hans Eichel konnte aber dank der erheblichen Stimmengewinne der Grünen die Koalitionsregierung weiterführen. Die Regierung unter Ministerpräsident Eichel war somit die erste rotgrüne Landesregierung, die im Amt bestätigt wurde und somit zwei volle Legislaturperioden an der Macht blieb.
Bei der Landtagswahl 1999 schließlich konnte die rot-grüne Landesregierung ihre Mehrheit wegen starker Verluste der Grünen (-3,0 %) nicht halten. Auf der anderen Seite standen erhebliche Zugewinne seitens der CDU (+4,2 %) unter ihrem Spitzenkandidaten Roland Koch. Hans Eichel schied daher am 7. April 1999 aus dem Amt.
Finanzminister 1999 bis 2005
Schon fünf Tage später trat Eichel am 12. April 1999 als Nachfolger des im März 1999 zurückgetretenen Oskar Lafontaine als Bundesminister der Finanzen in die von Bundeskanzler Gerhard Schröder geführte Bundesregierung ein. Seine Berufung wurde unter anderem von Finanzunternehmen begrüßt. Er galt ihnen politisch als deutlich nahestehender und es wurden von Eichel „schmerzliche Umstrukturierungen zum freien Markt“, so die Washington Post, erwartet.[3]
Im Mai 2000 führte er eine umfassende Steuerreform durch, die unter anderem eine deutliche Senkung der Unternehmenssteuer und Steuerbefreiung für den Verkauf von Aktienpaketen und Tochterunternehmen enthielt.[4] Nach Regierungsaussage sollte dies der Ankurbelung der Wirtschaft dienen. Ebenso erließ Eichel mehrere Sparmaßnahmen für den Staatshaushalt. In der PR wurde Eichel deswegen als „Sparkommissar“ bezeichnet, es wurde ergänzend unter anderem ein Song über Eichel und eine Lifestyle-Geschichte für die Illustrierten[5] entworfen. Der Begriff „Sparkommissar“ wurde bekannt, fand auch in vielen Medien Verwendung und die Beliebtheit Eichels stieg zunächst deutlich an. Nach der Steuerreform kam es zu einem Einbruch der Einnahmen. Im Jahr 2000 nahm der Staat 23,6 Milliarden Euro Körperschaftsteuer von den Kapitalgesellschaften ein. Im Jahr nach der Steuerreform brachen diese Einnahmen vollkommen weg und per saldo mussten die Finanzämter an stattdessen fast eine halbe Milliarde Euro an die Firmen auszahlen.[4] Ebenso verschlechterte sich die wirtschaftliche Lage (z.B. steigende Arbeitslosenzahlen) und Staatsschulden stiegen stark an.[6] Eichels Anstieg in der Beliebtheit brach dadurch ab. Als Finanzminister versuchte Eichel ab 2003 außerdem den Finanzplatz Deutschland durch eine Deregulierung der Eigenkapitalvorschriften bei Krediten zu fördern.[7]
Am 18. Oktober 2005, dem Tag der Konstituierung des 16. Deutschen Bundestages, wurde er gemeinsam mit den übrigen Bundesministern aus dem Amt entlassen und gleichzeitig von Bundespräsident Horst Köhler mit der Wahrnehmung der Geschäfte bis zur Bildung einer neuen Bundesregierung beauftragt. Nach der Wahl von Angela Merkel zur Bundeskanzlerin schied er am 22. November 2005 endgültig aus dem Amt.
Kabinette
Einzelnachweise
- ↑ Autoreninformation in: Weg aus der Katastrophe. Ein Gastbeitrag von Hans Eichel. Süddeutsche Zeitung, 28. April 2010, S. 2, abgerufen am 2. Oktober 2010.
- ↑ Homepage der WMP, eingesehen am 27. Juni 2010
- ↑ Znet: "Mach's gut Oskar", März 1999
- ↑ a b Die Zeit: Das größte Geschenk aller Zeiten, 8. September 2005 (Nr.37)
- ↑ Siehe dazu: Interview mit Eichels Berater Schmidt-Deguelle, 2. Dezember 2008
- ↑ vgl. Zahlen zu den Staatsschulden - Albrecht Müller: Bekommen wir die Verschuldung überhaupt noch in den Griff?, Juni 2009
- ↑ Report München: Krisenmanager im Kreuzfeuer, Juli 2009
Weblinks
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