- Harnblasenkarzinom
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Klassifikation nach ICD-10 C67 Bösartige Neubildung der Harnblase D09.0 Carcinoma in situ der Harnblase ICD-10 online (WHO-Version 2006) Als Blasenkrebs werden allgemein von der Harnblase ausgehende bösartige Geschwülste (bösartige Tumore) bezeichnet. Hauptfaktoren für die Entstehung von Blasenkrebs sind gewisse chemische Substanzen, die auch im Zigarettenrauch vorkommen, und in Ländern der Dritten Welt Parasiteninfektionen. Behandelt wird der Harnblasenkrebs je nach Ausdehnung mit einer lokalen Chemotherapie, der Entfernung der Blase oder auch einer systemischen Chemotherapie. Die Heilungsaussichten sind bei früh entdecktem Krebsleiden gut. Bei bereits ausgedehnter Erkrankung mit dem Vorliegen von Metastasen ist keine ursächliche Heilung mehr möglich.
Inhaltsverzeichnis
Häufigkeit (Epidemiologie)
Das Blasenkarzinom stellt insgesamt die fünfthäufigste bösartige Tumorerkrankung des Menschen dar. Das Risiko für Männer, an Blasenkrebs zu erkranken, ist rund dreimal so hoch wie das Risiko von Frauen. Dementsprechend ist das Blasenkarzinom der vierthäufigste Tumor des Mannes und bei Frauen nur an zehnter Stelle. Bei Männern finden sich rund 30 Neuerkrankungen pro Jahr auf 100.000 Männer. Bei Frauen ist diese Zahl mit 8:100.000 geringer. In der Bundesrepublik Deutschland treten pro Jahr rund 16.000 neue Fälle von Blasenkrebs auf.[1]
Das Durchschnittsalter des Auftretens variiert je nach Quelle von 65 bis 70 Jahren.[1] Erkrankungen bei Patienten jünger als 50 Jahre sind eine Seltenheit.[2] Harnblasenkrebs ist in den Industrieländern weiter verbreitet als in Entwicklungsländern, die Häufigkeit der Erkrankung stieg während des 20. Jahrhunderts insgesamt an. Bei der Erstdiagnose wird zu rund 75 % ein oberflächliches Karzinom gefunden. In 20 % der Fälle ist es bereits invasiv und in 5 % liegen schon Metastasen vor.[1] Harnblasenkrebs tritt dabei oft gleichzeitig an verschiedenen Stellen innerhalb der Blase auf. Ein Wiederauftreten des Tumors ist nach erfolgreicher Heilung häufig.[2]
Ursachen
Der Kontakt zu aromatischen Aminen (2-Naphthylamin, Benzidin) ist der am längsten bekannte Risikofaktor. In zahlreichen Berufen ist der Kontakt zu solchen krebsverursachenden Stoffen möglich und Blasenkrebs als Berufskrankheit anerkannt. Dazu zählen Arbeiter in der Chemie-, Stahl- und Lederindustrie, Automechaniker, sowie Zahntechniker und Friseure.[3] Die aromatischen Amine werden in der Leber durch Kopplung mit Hydroxylgruppen und Glucuronsäure wasserlöslich gemacht, damit der Körper sie im Urin ausscheiden kann. Dabei entwickeln sie allerdings eine krebserregende Potenz. Aromatische Amine können durch das Enzym N-Acetyltransferase inaktiviert werden. Dabei haben einige Menschen, bei denen aufgrund eines genetischen Polymorphismus eine höhere Aktivität des Enzyms entsteht, ein geringeres Risiko, an Harnblasenkrebs zu erkranken.[1] Laut einer spanischen Studie sind diese Polymorphismen soweit verbreitet, dass sie bei rund 31 % der Blasenkrebserkrankungen eine Rolle spielen könnten.[4]
Tabakrauchen ist der wichtigste Risikofaktor für Blasenkrebs, was in der Öffentlichkeit nicht allgemein bekannt ist. In einer Befragung urologischer Patienten gaben zwar fast alle einen Zusammenhang zwischen Rauchen und Lungenkrebs an, aber nur 34 % wussten, dass Blasenkrebs durch Rauchen verursacht werden kann. [5][2] Die Menge der insgesamt konsumierten Tabakprodukte korreliert dabei linear mit dem Risiko, an einem Harnblasenkarzinom zu erkranken. Es erhöht sich je nach Konsumverhalten und -dauer um das Zwei- bis Sechsfache. Als Ursache wird das Vorkommen aromatischer Amine wie des 2-Naphthylamin im Rauch angesehen.[1] Ob das Beenden eines Nikotinmissbrauchs nach dem Auftreten des Krebses die Prognose der Erkrankung verbessern oder ein Wiederauftreten verhindern kann, ist bisher noch nicht abschließend geklärt.[6]
Chronische Entzündungen im Bereich der Blase erhöhen ebenso das Risiko für eine bösartige Neubildung. Dazu zählen langjährige Blasensteinleiden und chronische Harnwegsinfekte. In Afrika und Teilen der arabischen Welt ist die durch Parasiten ausgelöste Schistosomiasis ein wichtiger Risikofaktor für das Entstehen von Blasenkrebs. Durch Entzündungen ausgelöste Karzinome sind in der Regel Plattenepithelkarzinome. Als Ursache wird eine Bildung von Nitrosaminen im Rahmen der Entzündungsreaktion postuliert.[1]
Ebenso ist eine Bestrahlung ein Risikofaktor für ein Blasenkarzinom.[1] Darunter fällt auch die Applikation von radioaktiven Iodisotopen bei der Radiojodtherapie von Schilddrüsenerkrankungen.[7] Weitere iatrogene Risikofaktoren stellen einige Medikamente dar. Chlornaphazin, ein Mittel zur Behandlung der Polycythaemia vera, und Phenacetin, ein Schmerzmedikament, fördern die Bildung von Harnblasenkrebs. Der erstgenannte Wirkstoff ist seit 1963 nicht mehr im Handel,[1] der zweitgenannte wurde 1983 vom Markt genommen.
Als weiteres Medikament kann das Immunsuppressivum Cyclophosphamid eine hämorrhagige Zystitis auslösen und dadurch Blasenkrebs begünstigen. Bei korrekter Anwendung zusammen mit dem Wirkstoff Mesna ist das Krebsrisiko allerdings vernachlässigbar gering.[1]
Künstliche Süßungsmittel wie Saccharin und Zyklamat haben in Tierversuchen nachgewiesenermaßen das Auftreten von Harnblasenkrebs erhöht. Die Wirkung beim Menschen ist umstritten, da die Mehrheit der Studien am Menschen diesen Effekt nicht nachgewiesen hat. Auch zum Konsum von Kaffee ist die Forschungslage bisher nicht eindeutig.[1]
Eine spanische Fall-Kontroll-Studie kam zu dem Ergebnis, dass chloriertes Wasser das Risiko für Blasenkrebs erhöhe. Demnach haben Menschen, die chloriertes Wasser tranken, ein um 35 Prozent erhöhtes Risiko auf Blasenkrebs. Schwimmen im Chlorwasser steigere die Gefahr sogar um 57 Prozent.[8]
Statistisch hat ein hoher Gesamtverzehr von Obst einen leicht schützenden Effekt gegen Blasenkrebs. Der genaue Mechanismus über den diese Schutzwirkung erfolgt ist bisher aber noch nicht aufgeklärt. Ein schützender Effekt von Vitamin E wird in der Literatur debattiert, ist allerdings nicht belegt.[9]
Symptome
Das klassische Symptom des Blasenkrebses ist die Beimengung von Blut im Urin, ohne dass dabei Schmerzen auftreten. Dies kann mit dem bloßem Auge erkennbar sein (Makrohämaturie) oder auch nur im Labor bei einer Untersuchung des Urins auffällig werden (Mikrohämaturie). Ebenso kann Harnblasenkrebs mit dem Auftreten von Leukozyten im Urin einhergehen. Im Spätstadium kann es durch einen großen Tumor zu einem Harnstau oder einer Nierenstauung kommen (wenn der Tumor den Blasenaus- oder -eingang verlegt) und damit verbunden zu Schmerzen im Bereich der Harnblase oder den Flanken.
Diagnostik
Da die meisten Karzinome durch eine Hämaturie auffallen, muss zuerst eine Ursache dieses Symptoms an der Niere ausgeschlossen werden. Dazu empfiehlt sich eine Ultraschalluntersuchung der Nieren und Harnblase. In manchen Fällen kann ein Blasentumor schon durch diese Untersuchung festgestellt werden. Ebenso können durch ein Urogramm, bei dem intravenöses gegebenes Kontrastmittel über den Urin ausgeschieden und in mehreren Röntgenaufnahmen eine Darstellung von Nieren und Harnwegen erlaubt, Hinweise auf ein Harnblasenkarzinom gewonnen werden. Auch eine Computertomographie (CT) kann den Tumor erfassen. Ebenso kann sie für die Suche nach vergrößerten Lymphknoten eingesetzt werden. Sie stellt aber nur Lymphknoten ab einer Größe von 1 cm dar und ist somit von begrenzter diagnostischer Aussagekraft und geringem Wert beim Blasenkarzinom. Für die Magnetresonanztomographie (MRT) gilt im Grunde das Gleiche. Eine weitere Maßnahme ist eine Urinzytologie. Dabei werden abgeschilferte Oberflächenzellen im Urin, die aus der Blase und den Harnwegen kommen, mikroskopisch untersucht. Diese Untersuchung besitzt bei schlecht differenzierten Tumoren eine Sensitivität von rund 80–90 %. Bei noch gut differenzierten Tumoren ist die Chance, den Krebs zu entdecken, aber nicht zufriedenstellend.[1] Mit dem Test auf das im Urin freigesetzte Matrixprotein 22 (NMP 22) steht ein Tumormarker für das Harnblasenkarzinom zur Verfügung. Der Test besitzt eine höhere Sensitivität als die normale Urinzytologie, aber eine geringere Spezifität. Er kann somit die Wahrscheinlichkeit die Erkrankung im Frühstadium nachzuweisen in Kombination mit herkömmlichen Diagnostikmethoden erhöhen.[10]
Die endgültige Diagnose erfolgt bei der Resektion des Tumors im Rahmen einer feingeweblichen Untersuchung. Dabei ist zu beachten, dass vier Biopsien normal erscheinender Blasenschleimhaut und eine von dem in der Prostata verlaufenden Teil der Harnröhre genommen werden und in die Diagnostik einfließen müssen.[1]
Nach der Operation sollte eine Suche nach Metastasen erfolgen.[1] Blasenkarzinome metastasieren über den Blutweg am häufigsten in Lunge, Leber und das Skelett.[11] Eine CT-Untersuchung des Beckens zum Aufspüren vergrößerter Lymphknoten, eine Ultraschalluntersuchung der Leber, eine Röntgenuntersuchung des Brustkorbs zur Suche nach Metastasen in der Lunge sowie ein Szintigramm der Knochen werden dafür empfohlen.[1]
Klassifikation
Datei:TNM Blasenkrebs.JPGDie Einordnung von Schleimhauttumoren folgt nach der TNM-Klassifikation. Das Blasenkarzinom stellt hierbei keine Ausnahme dar. Die Klassifikation ist in der folgenden Tabelle grob umrissen:
TNM-Klassifikation[12] Ta Nicht invasives papilläres Karzinom des Urothels Tcis Nicht invasives Carcinoma in situ T1 Einwachsen unter die Schleimhaut in das submuköse Bindegewebe (Unterformen: T1a: oberhalb der Schleimhautmuskelschicht ; T1b: unterhalb der Schleimhautmuskelschicht) T2 Einwachsen in die Muskelschicht der Harnblase (Unterformen: T2a: innere Hälfte, T2b: bis in die äußere Hälfte) T3 Hinauswachsen über die Muskelschicht der Harnblase (Unterformen: T3a: nur mikroskopisch erkennbar, T3b: mit dem bloßen Augen sichtbar T4 Einwachsen in Nachbarorgane (Unterformen: T4a: Prostata, Gebärmutter, Scheide T4b: Becken- oder Bauchwand) N0 Keine lokalen Lymphknoten befallen N1 Einzelner befallener Lymphknoten kleiner als 2 cm N2 einzelner Lymphknoten von 2-5 cm Durchmesser, oder mehrere befallene Lymphknoten < 5 cm N3 Lymphknoten über 5 cm M0 Keine Fernmetastasen nachgewiesen M1 Fernmetastasen nachgewiesen Neben der Klassifikation der Ausdehnung des Tumors wird im Rahmen einer feingeweblichen Untersuchung auch ein Grading durchgeführt. Seit 2004 umfasst das Grading laut den Kriterien der WHO nur noch zwei Möglichkeiten. Entweder High- oder Low-grade. Low-Grade-Karzinome sind dabei besser differenziert und haben eine bessere Prognose als High-grade Karzinome mit vielen Atypien. Es zählt beim Grading jeweils der am schlechtesten differenzierte Anteil des Tumors unabhängig von seinem Anteil am Gesamttumor.[12] Daneben ist im deutschsprachigen Raum eine Einteilung verbreitet, welche die Tumoren von G1 bis G3 nach dem Differenzierungsgrad einteilt. Dabei stellt G1 einen relativ wenig atypischen Tumor und G3 einen sehr schlecht differenzierten Tumor dar. G2 liegt zwischen diesen beiden Extremen.[1]
Pathologie
Der häufigste in der Harnblase vorkommende bösartige Tumor ist das vom Urothel der Harnblase ausgehende urotheliale Karzinom. Es können auch Plattenepithelkarzinome vorkommen. Diese entstehen auf der Basis einer Metaplasie des normalen Urothels zu Plattenepithel. Dieser Prozess wird durch die chronische Entzündung durch eine Schistosomiasis ausgelöst, die in Teilen Afrikas und der arabischen Welt endemisch ist. Sehr selten sind drüsige Adenokarzinome und neuroendokrine Karzinome. Ebenso sehr selten können sich auch von der Muskelschicht der Harnblase ausgehend Sarkome bilden.[2]
Makroskopie
Mit bloßem Auge lassen sich Harnblasentumore makroskopisch in zwei Arten einteilen. Einerseits gibt es Tumore, die sich flach über die Oberfläche des Organs ausdehnen, andererseits solche, die warzenartig (papillär) in das Lumen der Harnblase einwachsen. Der Augenschein gibt dabei keinen Hinweis auf die Invasivität des Tumors.
Histologie
Histologisch zeigt der häufigste Typ ein Urothelgewebe mit „krebstypischen“ Atypien. Die Zellkerne sind verändert, verstärkt angefärbt, sehen nicht gleich aus und sind in ihrer Polarität voneinander verschieden. In seiner Gesamtheit zeigt das Epithel eine Aufhebung der Schichtung und ein Fehlen der am Gesunden zu beobachteten Ausreifung von der unteren zur oberflächennahen Schicht. Die restlichen Typen imponieren durch beim Gesunden nicht vorhandene Typen von Oberflächengewebe in der Harnblase, welches auch atypisch verändert ist.[2]
Eine Sonderform des Urothelkarzinoms ist die „Nested-Variante“. Diese zeigt nur geringe Zellatypien und auch immunhistologisch keine besonderen Auffälligkeiten, wächst aber oft bösartig in das umgebende Gewebe ein. Erkennbar ist sie an der nestartigen Anordnung von Tumorzellen. Durch das vergleichsweise harmlose morphologische Erscheinungsbild kann die Diagnose erschwert werden, wenn die Invasion in tiefere Schichten nicht durch das Biopsatmaterial erfasst wird.[13]
Immunhistochemie
Die Deckzellen des Urothels bilden auch beim Gesunden Zytokeratin aus. Wie bei anderen Karzinomen ist auch bei Harnblasentumoren immunhistochemisch eine Expression von Zytokeratin nachweisbar.[12] Mit einem gegen das Protein Uroplakin gerichteten Antikörper kann der urotheliale Charakter des Tumors belegt werden.[14] Der Differenzierungsgrad und die eventuelle Malignität der Tumorzellen kann unter anderem durch eine Färbung mit dem Proliferationsmarker Ki-67 abgeschätzt werden, der in Teilung befindliche Zellen markiert. Je mehr Zellen sich in Teilung befinden, desto aggressiver verhält sich im Allgemeinen der Tumor.[15] Auch eine vermehrte Ansammlung von p53-Protein im Zellkern hat eine ungünstige prognostische Bedeutung.[16]
Therapie
Bekämpfung des Tumors
Die Therapie erfolgt in unterschiedlichem Umfang mit verschiedenen Methoden, je nachdem wie fortgeschritten die Krebserkrankung bereits ist. Das Carcinoma in situ kann durch die Instillation von Bacillus Calmette-Guérin (BCG) in die Blase behandelt werden. Dabei handelt es sich um attenuierte Tuberkuloseerreger. Diese lösen eine Entzündungsreaktion in der Harnblase aus, durch welche die Tumorzellen vernichtet werden können. Die Behandlung umfasst ein bis zwei Zyklen. Dabei stellt sich bei rund zwei Dritteln der Patienten ein langfristiger Erfolg ein. Der Therapieerfolg sollte langfristig über die mikroskopische Untersuchung abgelöster Blasenzellen aus dem Urin erfolgen. Bei einem Rezidiv oder Therapieversagen ist eine operative Entfernung der Blase angezeigt.[1]
Bei einem oberflächlichen Karzinom sollte der Tumor entfernt werden. Dies geschieht in der Regel durch eine endoskopische Entfernung (TUR). Dabei sind vier Gewebeproben aus der unauffällig erscheinenden Harnblasenoberfläche zu entnehmen. Diese Proben werden zufällig gewählt und durch eine Probe aus dem in der Prostata liegenden Teil der Harnröhre ergänzt. Im Rahmen der Behandlung oberflächlicher Tumoren ist die Instillation von Chemotherapeutika empfohlen. Diese sollte direkt nach der Operation erfolgen. Patienten mit einem schlechten Grading und Nachweis von atypischen Zellen in den Zufallsbiopsien haben ein höheres Rezidivrisiko. Deshalb ist bei ihnen eine intensive Chemotherapie durchzuführen, die sich je nach Therapieschema über mehrere Monate erstrecken kann.[1]
Blasenkarzinome, die bereits in umliegende Strukturen eingedrungen sind, werden durch eine radikale Blasenentfernung behandelt. Dabei müssen zahlreiche umliegende Organe oder Organteile mit entnommen werden, bei einer Frau zusätzlich die Gebärmutter, die Eierstöcke sowie Eileiter, bei Männern die Prostata und die Samenblase. Ist die Harnröhre auch vom Tumor befallen, muss sie bei beiden Geschlechtern entfernt werden. Da es sich hierbei um einen vergleichsweise großen Eingriff handelt, liegt die Sterberate während des Eingriffs selbst bei optimaler Durchführung bei 2–3 %. Der Effekt von Chemotherapien vor und nach der Operation ist noch Gegenstand von Studien.[1]
Metastasierte Harnblasenkarzinome werden standardmäßig mit einer Chemotherapie behandelt. Dabei gibt es unterschiedliche Therapieschemata, bei denen jeweils eine Kombination mehrerer Wirkstoffe verabreicht. Die verschiedenen Kombinationen unterscheiden sich dabei in ihrer Wirksamkeit wie in der Häufigkeit und dem Auftreten von Nebenwirkungen. Da die Kombinationstherapie sich der Behandlung mit nur einem Präparat überlegen gezeigt hat, ist letztere obsolet geworden. In Einzelfällen kann auch die operative Entfernung einer Metastase sinnvoll sein. Der Einsatz von neuen Medikamenten, die zielgerichtet Rezeptoren an den Tumorzellen blockieren wie Trastuzumab und Lapatinib, befindet sich zur Zeit in klinischer Erprobung.[11] Bei Patienten, bei denen aufgrund hohen Alters oder schlechten allgemeinen Gesundheitszustandes eine Blasenentfernung zu risikoreich erscheint, kann auch eine Chemotherapie durchgeführt werden. Die Überlebensrate und -zeit ist dabei geringer als bei operierten Patienten.[1]
Harnableitung nach Entfernung der Blase
Bei Patienten, denen die Harnblase entfernt wurde, stellt sich das Problem, wie man den weiterhin produzierten Urin ableitet. Dazu stehen mehrere Möglichkeiten zur Verfügung. Eine Möglichkeit ist die Anlage einer Neoblase. Dabei wurden verschiedene, aus dem Darm herausgeschnittene Darmanteile zu einer Kugel vernäht und an die Harnleiter sowie an die Harnröhre angeschlossen. Sofern der Blasenschließmuskel bei der Blasenentfernung erhalten werden konnte wird dieser für die neue Blase verwendet. Bei dieser Methode wird zu einem hohen Prozentsatz Kontinenz erreicht und die Patienten können den Urin wie gewohnt über die Harnröhre ausscheiden.[1]
Eine weitere Methode ist die Implantierung des Harnleiters in das Colon sigmoideum. Dabei wird der Urin zusammen mit dem Stuhlgang ausgeschieden. Diese Methode ist aber mit vielen Problemen behaftet. Die Patienten benötigen eine durchgehende Antibiotikagabe, um den Aufstieg von Bakterien aus dem Darm in die Nieren zu verhindern. Außerdem ist eine Kontrolle des Säure-Base-Haushalts mit Gabe von Bikarbonat angezeigt, da die Patienten häufig Azidosen entwickeln. Davon unabhängig wurde an der Verbindungsstelle zwischen Harnleiter und Darm die häufige Bildung von Karzinomen nach rund einem Jahrzehnt beobachtet. Daneben gibt es noch die Möglichkeit, den Urin über ein Urostoma in der Bauchwand abzuleiten. Eine Methode ist die Anlage eines sogenannten Ileum-Conduits. Dazu wird ein Ileumsegment aus dem Darmrohr herausgenommen und an die Harnleiter angeschlossen und mit dem Stoma verbunden. Eine Ersatzblase aus Darmanteilen kann auch über ein Stoma abgeleitet werden, dann wird sie als Pouch bezeichnet. Diese Methoden stellen eine Option für Patienten dar, denen im Rahmen der Operation die Harnröhre entfernt werden musste.[1]
Prognose
Die Aussicht auf Heilung hängt sehr ab von der Ausdehnung des Tumors bei Behandlungsbeginn. Patienten im Stadium T1 haben eine 5-Jahres-Überlebensrate von rund 80 %. Im Stadium T2 fällt diese bereits auf circa 60 %, im Stadium T3 beträgt sie 30–50 %. Von den Patienten, bei denen ein T4-Tumor festgestellt wird, leben nach 5 Jahren trotz optimaler Therapie nur noch 20 %.[2]
Medizingeschichte
1895 wurde von deutschen Medizinern der Zusammenhang zwischen Arbeit in der anilinverarbeitenden Industrie und der Entstehung von Blasenkrebs festgestellt. Seitdem ist Blasenkrebs eine anerkannte Berufskrankheit.[2] In den 50er-Jahren des 20. Jahrhunderts entwickelten US-amerikanische Chirurgen die Ableitung des Urins über den Darm und erarbeiteten die Methode der Bildung einer Neoblase aus Darmanteilen.[17]
Ökonomische Aspekte
Die durchschnittlichen Kosten der Behandlung eines Patienten mit Blasenkrebs in den USA betrugen zwischen 96.000 und 187.000 Dollar. Insgesamt wurden in den Vereinigten Staaten 2001 3,7 Milliarden Dollar für Diagnose und Therapie dieser Krebsart ausgegeben.[18]
Quellen
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Literatur
- R. Hautmann, H. Huland: Urologie, 3. Auflage, Heidelberg 2006
- R. Rubin, D. Strayer et al.: Rubin’s Pathology, 5. Auflage, Philadelphia 2008
Weblinks
- Kapitel über das Harnblasenkarzinom aus dem Online-Lehrbuch der Urologie für Ärzte und medizinisches Fachpersonal
- K. Golka et al: Ätiologie und Prävention des Harnblasenkarzinoms Teil 1 der Serie zum Harnblasenkarzinom, Deutsches Ärzteblatt 104, Ausgabe 11 vom 16. März 2007, Seite A-719
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