- Hildegard Brücher
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Hildegard Hamm-Brücher, geb. Brücher (* 11. Mai 1921 in Essen) ist eine deutsche Politikerin (ehemals FDP).
Sie war von 1976 bis 1982 Staatsministerin im Auswärtigen Amt . Bekannt geworden ist sie als engagierte, unabhängige Politikern wegen ihrer öffentlichen Auftritte zur Verwirklichung von Demokratie und Menschenrechten in der Bundesrepublik Deutschland.
Inhaltsverzeichnis
Leben und Beruf
Hildegard Brücher wuchs in Berlin-Dahlem auf. Nach dem frühen Tod ihrer Eltern zog sie mit ihren Geschwistern zur Großmutter nach Dresden. Ein Jahr lang lebte sie im Internat Salem, musste es dann aber verlassen, da ihre Großmutter Jüdin war. Ihre Schulausbildung konnte sie an einem Mädchengymnasium in Konstanz fortsetzen, wo sie 1939 das Abitur bestand. Anschließend studierte sie in München Chemie und promovierte 1945 zum Dr. rer. nat. mit der Arbeit Untersuchungen an den Hefemutterlaugen der technischen Ergosterin-Gewinnung.
Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurde sie 1945 Wissenschaftsredakteurin bei der Neuen Zeitung.
Hildegard Hamm-Brücher ist Witwe und hat zwei Kinder – einen Sohn und eine Tochter – aus ihrer Ehe mit dem CSU-Kommunalpolitiker und Juristen Dr. Erwin Hamm (1909–2008).
Partei
Hildegard Hamm-Brücher trat 1948 in die FDP ein. Bei der Bundespräsidentenwahl 1994 war sie die Kandidatin der FDP für das Amt des Bundespräsidenten. Nachdem sie im ersten Wahlgang 132 und im zweiten Wahlgang 126 Stimmen erhalten hatte, trat sie im entscheidenden dritten Wahlgang auf Anraten der Parteiführung nicht mehr an. Die Mehrheit der FDP-Wahlmänner stimmte daraufhin für den CDU-Kandidaten Roman Herzog.
Am 22. September 2002 trat sie nach 54 Jahren aus der FDP aus. Sie begründete dies mit einer „Annäherung der FDP an die antiisraelischen und einseitig propalästinensischen Positionen des Herrn Möllemann“.
Abgeordnete
Sie gehörte von 1948 bis 1954 dem Stadtrat von München an und war von 1950 bis 1966 sowie von 1970 bis 1976 Mitglied des Bayerischen Landtags.
Von 1976 bis 1990 war sie Mitglied des Deutschen Bundestages. Große Beachtung fand hier ihre Rede vom 1. Oktober 1982 anlässlich des Misstrauensvotums gegen Bundeskanzler Helmut Schmidt, in der sie sich gegen eine Wahl von Helmut Kohl zum Bundeskanzler und für Neuwahlen aussprach.
Öffentliche Ämter
1967 wurde sie als Staatssekretärin in das von Ernst Schütte geleitete Kultusministerium des Landes Hessen berufen. Sie war damit die erste Frau in Hessen, die dieses Amt bekleidete.
Am 22. Oktober 1969 wechselte sie dann als Staatssekretärin in das Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft. Am 31. Mai 1972 schied sie aus dem Amt.
Am 16. Dezember 1976 wurde sie als Staatsministerin in das von Hans-Dietrich Genscher geleitete Auswärtige Amt berufen. Nach dem Bruch der sozialliberalen Koalition schied sie am 17. September 1982 aus der Bundesregierung aus.
1994 kandidierte sie für das Amt der Bundespräsidentin.
Gesellschaftliches Engagement
1965 wurde sie die Gründungsvorsitzende der „Theodor-Heuss-Stiftung zur Förderung der politischen Bildung und Kultur“, deren Vorstand sie noch heute angehört. Sie ist außerdem Mitglied des Kuratoriums am Jüdischen Zentrum München und gehört dem Vorstand des Fördervereins Demokratisch Handeln e.V. mit Sitz in Jena an.
Ehrungen
1989 erhielt sie die Bayerische Verfassungsmedaille, 1993 das Große Bundesverdienstkreuz mit Stern und Schulterband. 1995 wurde ihr als erster Frau die Ehrenbürgerschaft der Stadt München verliehen. 2001 erhielt sie in Magdeburg den Lothar-Kreyssig-Friedenspreis dafür, dass sie sich in allen ihren öffentlichen Ämtern um Verständigung, um Jugendaustausch mit Osteuropa und um den Dialog zwischen Christen und Juden bemüht hat. 2002 erhielt sie den Wartburg-Preis der Wartburg-Stiftung Eisenach für „eine moralisch integre Persönlichkeit“, „die sich durch ihre Tätigkeit in der Theodor-Heuss-Stiftung zur Förderung der politischen Kultur, ihren Kampf um den Erneuerungsprozess der Demokratie, ihr Wirken für die Entspannungspolitik und ihren unermüdlichen Einsatz in der Bildungspolitik zur grundlegenden Verbesserung des Erziehungs- und Schulsystems große Verdienste erworben hat“. Für ihre Beiträge zur Reform und Moderninsierung von Bildung und Erziehung wurde sie im Juni 2005 von der Fakultät für Sozial- und Verhaltenswissenschaften der Friedrich-Schiller-Universität Jena mit der Ehrendoktorwürde ausgezeichnet. Ihre Danksagung stand unter dem Thema „Haben wir aus den Irrtümern unserer Geschichte gelernt? – Streifzüge und Reflexionen über Demokratiegeschichte und Demokratiebewusstsein“. 2005 wurde ihr der Heinz-Galinski-Preis verliehen.
Veröffentlichungen (Auswahl)
- Demokratie, das sind wir alle. Zeitzeugen berichten. Herausgegeben gemeinsam mit Norbert Schreiber, Verlag Zabert Sandmann, 2009.
- Erinnerungen an einen christlichen, liberalen und süddeutschen Demokraten. Klaus Scholder zum Gedenken, in: Liberal, Jg. 1987, Heft 2, Seiten 97-103.
- Freiheit ist mehr als ein Wort. Eine Lebensbilanz 1921-1996. Kiepenheuer& Witsch 1996.
- Thomas Dehler in Bayern, in: Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland (Hrsg.): Thomas Dehler und seine Politik, Nicolaische Verlagsbuchhandlung, Berlin 1998, ISBN 3-87584-721-0, Seiten 52 - 57.
- Mut zur Politik von Hildegard Hamm-Brücher, Carola Wedel, Lamuv Verlag
- Der Politiker und sein Gewissen. Eine Streitschrift für mehr parlamentarische Demokratie., Piper Verlag
- Zeugen des Jahrhunderts. Hildegard Hamm- Brücher. von Hildegard Hamm-Brücher, Carola Wedel, Ullstein Verlag
- Zerreißt den Mantel der Gleichgültigkeit. Die 'Weiße Rose' und unsere Zeit. von Hildegard Hamm-Brücher und Wilhelm von Sternburg, Aufbau Verlag
- In guter Verfassung? Nachdenken über die Demokratie in Deutschland von Hildegard Hamm-Brücher, Verlag C. H. Beck
- Erinnern für die Zukunft. Ein zeitgeschichtliches Nachlesebuch 1991 bis 2001. von Hildegard Hamm-Brücher, dtv
- Nachkriegsjahre: Reportagen von 1945 bis 1959 von Hans J Vogel, Hildegard Hamm-Brücher; Karl Stankiewitz, edition buntehunde
- Die Zukunft unserer Demokratie von Paul Noack, Hildegard Hamm-Brücher, Norbert Schreiber, dtv
- Der freie Volksvertreter - eine Legende? von Hildegard Hamm-Brücher, Marion Mayer, Piper Verlag
- Bildung ist kein Luxus. Plädoyer gegen die Resignation in der Bildungspolitik von Hildegard Hamm-Brücher. Paul List Verlag 1976.
Zitate
"Das größte Ärgernis sind die Auswahlverfahren für hohe und höchste Regierungsämter, die zumeist ohne Rücksicht auf Qualifikationen und Qualitäten im Macht- und Proporzpoker der Koalitionsparteien verkommen."
"Ich kann dem Bundeskanzler nicht mein Misstrauen aussprechen ... Ich finde, dass beide dies nicht verdient haben - Helmut Schmidt, ohne Wählervotum gestürzt zu werden und Sie, Helmut Kohl, ohne Wählervotum zur Kanzlerschaft zu gelangen."
"Es ist besser, den Abschied zu nehmen, wenn viele Menschen noch sagen: 'Schade!'"
"Also ich kann nur sagen, es ist - ich sage jetzt mal etwas ganz Schlimmes - ein Glücksfall, dass dieser 20. Juli nicht gelungen ist" (zum misslungenen Stauffenberg-Attentat)
Einzelnachweise
Siehe auch
Weblinks
- Literatur von und über Hildegard Hamm-Brücher im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Interview mit der Jüdischen Zeitung anlässlich des Galinski-Preises [1]
- Kurzdarstellung über Hamm-Brücher/Info Beckmann
- Themenwoche ALTERN bei der ARD, u.a. Videoaufzeichnung des Gespräches Hildegard Hamm-Brücher/Beckmann vom 21. April 2008
Vorsitzende der FDP-Fraktion im Bayerischen LandtagFritz Linnert (1946–1949) | Otto Bezold (1949–1954) | Karl Eberhardt (1954–1958) | Otto Bezold (1958–1962) | Klaus Dehler (1962–1966) | Otto Bezold (1970–1972) | Hildegard Hamm-Brücher (1972–1976) | Hans-Jürgen Jaeger (1976–1982) | Josef Grünbeck (1990–1991) | Jürgen Doeblin (1991–1994) | Martin Zeil (2008) | Thomas Hacker (seit 2008)
Personendaten NAME Hamm-Brücher, Hildegard KURZBESCHREIBUNG deutsche Politikerin GEBURTSDATUM 11. Mai 1921 GEBURTSORT Essen
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