JJSS

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Jean-Jacques Servan-Schreiber (* 13. Februar 1924 in Paris als Jean-Jacques Schreiber; † 7. November 2006 in Fécamp), in Frankreich meist kurz JJSS genannt, war ein französischer Journalist, Essayist, Medienmanager, Linksintellektueller und Politiker.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Jean-Jacques Schreiber wurde 1924 als ältester Sohn von Emile Servan-Schreiber, einem Journalisten und Mitgründer der Finanzzeitung Les Échos, und Denise Brésard geboren. Seine Geschwister waren die frühere Senatorin von Yvelines und Bürgermeisterin von Meulan Brigitte Gros sowie Christiane Collange und Jean-Louis Servan-Schreiber, die beide als Journalisten tätig sind.

Er besuchte das Lycée Janson de Sailly in Paris und das Lycée in Grenoble. 1943 wurde er als Student an der École Polytechnique angenommen, schloss sich aber wenig später gemeinsam mit seinem Vater den Freien Französischen Streitkräften (Forces Françaises Libres, FFL) von Charles de Gaulle an, um gegen die deutsche Besatzung und das Vichy-Regime zu kämpfen. In Alabama in den USA wurde er zum Kampfpiloten ausgebildet, zu einem Kampfeinsatz kam es aber nicht mehr.

Nach der Befreiung Frankreichs setzte er sein Studium an der École Polytechnique fort und schloss es 1947 ab. Im selben Jahr heiratete er die Journalistin und Autorin Madeleine Chapsal. Seine Interessen lagen sowohl in den Wissenschaften, wie auch in der Politik und er begann auch selbst journalistisch tätig zu werden. 1949 wurde er von Hubert Beuve-Méry engagiert, um für die von diesem gegründete linksliberale Tageszeitung Le Monde zu schreiben. Er schrieb dort zunächst Editorials im Ressort Außenpolitik. Seine auch persönliche Verbindung zu den USA führte dazu, dass er sich auf Themen des „Kalten Krieges“ konzentrierte.

Als einer der ersten französischen Journalisten erkannte Servan-Schreiber die Unvermeidbarkeit des Endes des Kolonialismus. Er schrieb eine Reihe von Artikeln über den Indochina-Konflikt (vgl. Französisch-Indochina) was auch dazu führte, dass er den zukünftigen Premierminister Pierre Mendès-France kennenlernte, der schon zu diesem Zeitpunkt ein vehementer Gegner der französischen Kolonialpolitik im Allgemeinen und der damit zusammenhängenden militärischen Einsätze im Besonderen war.

Sein Sohn David Servan-Schreiber ist ein bekannter Mediziner und Bestseller-Autor.

L'Express

1953 gründete Servan-Schreiber zusammen mit Françoise Giroud das wöchentlich, anfangs als Samstagbeilage zu Les Échos erscheinende Nachrichtenmagazin L'Express. Das Magazin, in dem auch offen die Politik von Mendès-France unterstützt wurde, fand bald großen Anklang bei jüngeren Lesern und prominenten Intellektuellen im Frankreich der 1950er und 60er-Jahre. Zu den Gastautoren zählten unter anderem Albert Camus, Jean-Paul Sartre, André Malraux und François Mauriac.

Als Mendès-France 1954 erstmals eine Regierung bildete und als Außenminister bei der Indochinakonferenz den Indochinakrieg beendete, war Servan-Schreiber einer seiner wichtigsten Berater.

1956 wurde er als Soldat einberufen und musste, entgegen seinen Überzeugungen, am Algerienkrieg teilnehmen. Auf Basis seiner Erfahrungen in diesem Krieg verfasste er sein erstes Buch „Lieutenant en Algérie“ (dt: „Leutnant in Algerien“). Sein Bericht über das brutale Vorgehen der französischen Armee und der Unterdrückung der Algerier führte zu Kontroversen darüber, ob das Buch einen negativen Effekt auf die Moral der Soldaten hätte.

Als General de Gaulle 1958 mit der Regierungsbildung beauftragt wurde, war Servan-Schreiber, und damit L'Express, unter den Gegnern dieser Entwicklung. Die politischen Veränderungen in Frankreich führten nun zu einem Rückgang des Popularität des Magazins. Darüber hinaus verlor seine Familie an Einfluss in der von seinem Vater gegründeten Zeitung Les Échos, und es kam zum Bruch zwischen ihm und Mendès-France wie auch mit Françoise Giroud. Seine Ehe wurde geschieden, und er heiratete in zweiter Ehe Sabine Becq de Fouquières. Aus der Verbindung stammen ihre vier gemeinsamen Söhne David, Émile, Franklin und Edouard.

1964 formte er L'Express von einem Supplement in ein eigenständiges Wochenmagazin nach dem Vorbild des TIME-Magazins um. Der Neustart war erfolgreich, und auch dank eines breiteren Themenspektrums, etwa zu neuen Technologien und der Frauenbewegung, wurde L'Express zu einem Sprachrohr der sich verändernden französischen Gesellschaft.

Als Gegner der Politik de Gaulles und erfolgreicher Herausgeber und Journalist suchte Servan-Schreiber nach Möglichkeiten seine politischen Überzeugungen noch nachhaltiger verwirklichen zu können. In Michel Albert fand er einen Mitstreiter, der ihn mit Hintergrundinformationen zu politischen Vorgängen unterstützte. Ein Dossier von Albert handelte von dem heimlichen Wirtschaftskrieg, in dem er die USA und Europa verwickelt sah. Dabei war Europa nach seiner Analyse in jeder Hinsicht unterlegen, von den Managementmethoden über die Technologien bis hin zur Forschung. Servan-Schreiber griff diese These auf, ergänzte sie um seine Ideen, dieser Situation zu begegnen, und schrieb das Buch „Le Défi Américain“ (dt: „Die amerikanische Herausforderung“). Allein in Frankreich wurden in kurzer Zeit 600.000 Exemplare verkauft, und es wurde in 15 Sprachen übersetzt, ein unerwarteter und großer Erfolg für ein politisches Sachbuch. Das Buch trug auch wesentlich zu einer Rückbesinnung auf nationale Erfordernisse innerhalb Frankreichs wie auch der Erkenntnis der Notwendigkeit europaweiter grenzüberschreitender Zusammenarbeit bei. Servan-Schreiber reiste durch Europa, las aus seinem Buch und hielt vor zahlreich erscheinendem Publikum Vorträge, in denen er sich für ein föderales Europa mit einer gemeinsamen Währung und ein dezentral organisiertes Frankreich einsetzte.

Politische Laufbahn

Als Charles de Gaulle 1969 zurücktrat, beschloss Servan-Schreiber, sich aktiv der Politik zu widmen. Im Oktober desselben Jahres wurde er Generalsekretär der linksbürgerlichen Parti radical. Er war an der Reform der Partei beteiligt, formulierte das Parteiprogramm und wurde 1971 zu ihrem Vorsitzenden gewählt. Sein Bündnis mit dem Christdemokraten Jean Lecanuet führte zur Spaltung der Partei noch im selben Jahr.

Für die Parti radical war er als Abgeordneter während mehrerer Legislaturperioden in der Nationalversammlung. In seiner politischen Tätigkeit trat er vor allem für Änderungen in der konservativen französischen Gesellschaft ein. Eine Zusammenarbeit mit der Parti communiste français von Georges Marchais lehnte er aber ab. Außerdem setzte er sich für eine Dezentralisierung des Einheitsstaates, eine Umschichtung von Fördergeldern vom Concorde- zum Airbus-Programm, das Ende französischer Kernwaffentests und die Förderung moderner Technologien – vor allem der Computer – ein. 1974 wurde er Minister (Ministre des Réformes) in der Regierung Valéry Giscard d'Estaings. Von diesem Amt trat er aber nach kaum zwei Wochen wieder zurück, da er die französischen Kernwaffentests nicht mitverantworten wollte. Von 1976 bis 1978 war er gewählter Präsident der Region Lothringen.

1977 verkaufte er L'Express an Jimmy Goldsmith, um sich noch intensiver seiner politischen Tätigkeit widmen zu können. Der Verlust dieses Sprachrohrs und auch das Scheitern seiner Bemühungen, die zentralistische Organisation des Staates zu reformieren, führten dazu, dass er selbst, wie auch seine Partei, die er in das Bündnis Union pour la démocratie française (UDF) geführt hatte, zunehmend an Einfluss verloren. 1979 verließ er die Parti radical und trat, gemeinsam mit Françoise Giroud, mit der eigenen Liste „Emploi, Egalité, Europe“ (Beschäftigung, Gleichheit, Europa) zur Europawahl an. Die Liste erhielt nur 1,84 % der Stimmen und er zog sich daraufhin aus dem aktiven Politikerleben zurück.

Servan-Schreiber widmete sich wieder dem Schreiben und publizierte 1980 „Le Défi mondial“ (dt: „Die totale Herausforderung. Die Entscheidung der achtziger Jahre“), in dem er sich insbesondere mit dem wirtschaftlichen Aufstieg Japans und dessen technologischer Basis befasste. Daneben war er als Berater für François Mitterrand und Valéry Giscard d'Estaing, den er schon seit seiner Studienzeit kannte, tätig. Seine Initiative, ein Zentrum zur Förderung von Informationstechnologien dauerhaft aufzubauen, scheiterte und wurde 1984 aufgelöst. Mit seiner Familie übersiedelte er daraufhin nach Pittsburgh (Pennsylvania, USA), wo seine vier Söhne die privatwirtschaftliche, auf Forschung spezialisierte Carnegie Mellon University besuchten. Er selbst unterrichtete dort und war Leiter des Bereichs Internationale Beziehungen der Universität.

Nach der Rückkehr nach Frankreich widmete er sich wieder dem Schreiben und verfasste unter anderem seine Memoiren. Seine letzten Lebensjahre verbrachte er, an einer der Alzheimerschen ähnelnden degenerativen Krankheit leidend, gepflegt von seiner Frau Sabine de Fouquières nahe Paris, wo er im November 2006 an einer Lungenentzündung verstarb.

Werke (Auswahl)

  • Leutnant in Algerien, Dt. Hausbücherei 1958.
  • Die amerikanische Herausforderung, Hoffmann u. Campe 1968.
  • Die totale Herausforderung. Die Entscheidung der achtziger Jahre, ISBN 3-217-01200-3

Weblinks


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