Johannes Popitz

Johannes Popitz
Johannes Popitz

Hermann Eduard Johannes Popitz (* 2. Dezember 1884 in Leipzig; † 2. Februar 1945 in Berlin-Plötzensee) war ein deutscher Politiker und Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Der Sohn eines Apothekers studierte Rechtswissenschaften und Staatswissenschaften in Lausanne, Leipzig, Berlin und Halle. Seine politische Laufbahn begann Popitz zwischen 1914 und 1919 als Referent im preußischen Innenministerium. In diese Zeit fallen auch seine ersten Bestrebungen, in Deutschland eine Umsatzsteuer einzuführen. Dies gelang dem sogenannten geistigen Vater der Steuer 1919 tatsächlich, als er seine Tätigkeit im Reichsfinanzministerium aufnahm. Dort wirkte er von 1925 bis zu seinem Ausscheiden 1929 als Staatssekretär. Außerdem war Popitz ab 1922 Honorarprofessor für Steuerrecht und Finanzwissenschaft an der Universität Berlin. Popitz war 1929 und bis 1944 Präsident der Gesellschaft für antike Kultur, deren kulturpolitisches Programm der Dritte Humanismus war, welcher eine Vergegenwärtigung der Ideen der Antike anstrebte. In deren Zeitschrift Die Antike, herausgegeben vom prominenten Philologen Werner Jaeger, veröffentlichte auch Popitz.[1] Er trat 1932 der Mittwochsgesellschaft bei, deren Mitglieder sich regelmäßig zu Vorträgen über ihr Fachgebiet trafen. [2] Am 1. November 1932 wurde Popitz Reichsminister ohne Geschäftsbereich und kommissarischer Leiter des preußischen Finanzministeriums. Am 21. April 1933 erfolgte Popitz' Ernennung zum preußischen Minister.

Berliner Gedenktafel am Haus Am Festungsgraben 1, damals preußisches Finanzministerium, in Berlin-Mitte

Popitz trat der NSDAP bei (Mitglied-Nr. 3805233) und erhielt zeitgleich am 30. Januar 1937 das Goldene Parteiabzeichen verliehen.[3] Er gehörte auch dem Präsidium der von Hans Frank gegründeten nationalsozialistischen Akademie für Deutsches Recht an und übernahm den Vorsitz im Ausschuss für Rechts- und wirtschaftswissenschaftlichen Nachwuchs.[4] Seine Auflehnung gegen das Naziregime begann in den Jahren 1937/1938, als er sah, wie die Juden verfolgt und deportiert wurden. Popitz reichte daher 1938 ein Rücktrittsgesuch ein, das jedoch abgelehnt wurde. Daraufhin begann sich der monarchistisch und nationalkonservativ geprägte Popitz in Widerstandskreisen zu engagieren, unter anderem mit einzelnen Mitgliedern der Mittwochsgesellschaft, einer konservativ-oppositionellen Gruppe von hohen Beamten und Wissenschaftlern. Für Carl Goerdeler, einen der führenden Verschwörer gegen Hitler, erarbeitete er ein „Vorläufiges Staatsgesetz“, das nach dem Putsch gegen Hitler in Deutschland in Kraft treten sollte.

Um den Machtwechsel jedoch legal und ohne Blutvergießen zu erreichen, trat Popitz im Sommer 1943 über Carl Langbehn mit Heinrich Himmler in Kontakt, den er zu überreden versuchte, mit den Westmächten in Friedensverhandlungen zu treten. Zu diesem Zeitpunkt jedoch weigerte sich Himmler, diesem Vorschlag nachzukommen. Popitz wurde bald darauf von den Verschwörern um Claus Schenk Graf von Stauffenberg als Finanz- und Kultusminister vorgesehen, sollte das Attentat vom 20. Juli 1944 gelingen. Nachdem das Attentat gescheitert war, wurde Popitz einen Tag später verhaftet, am 3. Oktober 1944 vom Volksgerichtshof unter Roland Freisler zum Tod verurteilt und in Plötzensee erhängt.

Erinnerung

In der Nähe der Hinrichtungsstätte Plötzensee wurde 1957 der Popitzweg nach ihm benannt.[5]

Am ehemaligen preußischen Finanzministerium, dem Palais am Festungsgraben, Am Festungsgraben 1 in Berlin-Mitte, erinnert seit 1994 eine Berliner Gedenktafel an ihn. Seinen Namen trägt auch der historische Festsaal in diesem Palais, den Popitz 1934 zu dessen Rettung im Erdgeschoss aus einem abgerissenen Berliner Bürgerhauses einbauen ließ und der von Schinkel gestaltet worden war.

Auf Beschluss des Leipziger Stadtrates[6] trägt seit 2011 eine Straße im Ortsteil Gohlis-Mitte den Namen Popitzweg.

Literatur

  • Gerhard Schulz: Popitz, Johannes. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 20, Duncker & Humblot, Berlin 2001, S. 620–622.
  • Reimer Voß: Johannes Popitz (1884–1945). Jurist, Politiker, Staatsdenker unter drei Reichen – Mann des Widerstands. Lang, Frankfurt am Main u. a. 2006, ISBN 3-631-55099-5.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Johannes Popitz: Ansprache des Präsidenten der Gesellschaft für antike Kultur Herrn Staatssekretär Johannes Popitz zur Eröffnung ihrer ersten öffentlichen Tagung. In: Die Antike. Zeitschrift für Kunst und Kultur des klassischen Altertums. Bd. 5, 1929. S.  161-166.
  2. Klaus Scholder (Hg.): Die Mittwochsgesellschaft. Protokolle aus dem geistigen Deutschland 1932-1944. Verlag Severin und Siedler, Berlin 1982, ISBN 3-88680-030-X
  3. Klaus D. Patzwall: Das Goldene Parteiabzeichen und seine Verleihungen ehrenhalber 1934–1944. Studien zur Geschichte der Auszeichnungen Band 4, Verlag Klaus D. Patzwall, Norderstedt 2004, ISBN 3-931533-50-6, S. 19.
  4. Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. Zweite aktualisierte Auflage. Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main 2005, ISBN 978-3-596-16048-8, S. 469.
  5. Popitzweg. In: Straßennamenlexikon des Luisenstädtischen Bildungsvereins (beim Kaupert)
  6. Ratsversammlung vom 18. Mai 2011 (Beschluss-Nr. RBV-822/11), amtliche Bekanntmachung: Leipziger Amtsblatt Nr.11 vom 4.Juni 2011, bestandskräftig seit dem 5. Juli 2011 bzw. 5. August 2011. Vgl. Leipziger Amtsblatt Nr.16 vom 10. September 2011.

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