Kharkiv

Kharkiv
Historische Abbildung des Charkiwer Bahnhofs (1916)

Charkiw (ukrainisch Харків; russisch Харькoв/Charkow) ist die zweitgrößte Stadt der Ukraine. Sie liegt im Nordosten des Landes und ist das bedeutendste Wissenschafts- und Bildungszentrum der Ukraine mit 42 Universitäten und Hochschulen sowie ein wichtiges Industriezentrum (Elektro-, Nahrungsmittel-, chemische Industrie; Maschinen- und Schienenfahrzeugbau). Charkiw ist außerdem der kulturelle Mittelpunkt im Osten des Landes (sechs Theater, sechs Museen) und ein Verkehrsknotenpunkt (Flughafen, Eisenbahn, U-Bahn). Verwaltungstechnisch gliedert sie sich in folgende 9 Stadtrajone: Rajon Dserschinski, Rajon Schowtnewe, Rajon Kiew, Rajon Komintern, Rajon Lenin, Rajon Moskau, Rajon Ordschonikidse, Rajon Frunse und Rajon Tscherwonosawod.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Die Stadt wurde ursprünglich als Festung zur Verteidigung der Südgrenzen des Russischen Reiches im Jahr 1654 zwischen den Flüssen Charkiw und Lopan gegründet. Die Festung wurde nach dem Fluss Charkow benannt. Der Herkunft des Stadtnamens ist jedoch umstritten. Einige sind der Meinung, dass er entweder auf Sharukan (Sharuk-Khan), der angeblich am selben Platz gelegenen Hauptstadt der Kumanen, die aber bereits nach dem Mongolensturm 1223 bzw. endgültig 1238 verfiel, oder auf den legendären Gründer von 1656, den Kosaken Charko, zurückgeht. Die Einwohner Charkiws waren hauptsächlich Soldaten, die die Stadt vor Überfällen der Tataren schützten und sich in friedlichen Zeiten mit Handwerk und Ackerbau befassten. Am Ende des 18. Jahrhunderts verlor die Stadt ihre Bedeutung als Festung und wurde 1765 Verwaltungszentrum eines Gouvernements.

Am 17. Januar 1805 wurde die Universität Charkiw eröffnet. Bei der Eröffnung wurden unter anderen 28 deutsche Dozenten und Professoren eingeführt, darunter Johann Baptist Schad.

Im Zusammenhang mit dem Bau von Eisenbahnen und dem Beginn der Gewinnung von Kohle und Eisenerz in der Ukraine wurde Charkiw Ende des 19. Jahrhunderts ein wichtiges Industrie- und Handelszentrum. Während des Bürgerkriegs 1917 bis 1920 kam es in der Stadt zu schweren Kämpfen zwischen Oppositionskräften.

Im Januar 1918 tagte in Charkiw der erste ukrainische Sowjetkongress, der die Ukraine zur Sowjetrepublik ausrief und Charkiw zu ihrer ersten Hauptstadt erklärte. Im Frühjahr 1933 war Charkiw eines der Gebiete, die besonders stark von einer Hungersnot (Golodomor) betroffen waren. In der Stadt verhungerten über 45.000 Menschen innerhalb weniger Monate aufgrund der stalinistischen Politik. In der gesamten Charkiwer Oblast kamen über 2 Millionen Menschen ums Leben.[1]

Deutscher Einmarsch, Aufnahme der Propagandakompanie
Sturmgeschütz III, leichter Schützenpanzer (Sd.Kfz. 250) und Infanterie im Straßenkampf, Aufnahme der Propagandakompanie

1934 wurde die Hauptstadt nach Kiew verlegt. Im Zweiten Weltkrieg war Charkiw heftig umkämpft. Im Oktober 1941 wurde die viertgrößte Stadt der Sowjetunion von deutschen Truppen erobert, im Mai 1942 scheiterte ein sowjetischer Rückeroberungsversuch (Schlacht bei Charkow). Während der deutschen Besatzung wurde die Stadt und ihre Bevölkerung ohne jede militärische Notwendigkeit ausgehungert, wobei die Deutschen Mengen an Lebensmitteln requirierten, die Stadt belagerten und ihre Bewohner daran hinderten, die Stadt zu verlassen oder sich Nahrungsmittel zu besorgen. Die Anzahl der Todesopfer konnte nicht genau festgestellt werden, wird aber auf etwa 26.000 geschätzt. Die Deutschen zählten im Zeitraum von Dezember 1941 bis August 1942 12.000 Opfer. Die jüdische Bevölkerung von Charkiw (etwa 60.000) wurde fast gänzlich ausgelöscht.

Im Februar 1943 befreiten Sowjets die Stadt zwar kurzzeitig, doch schon im März 1943 fiel sie erneut. Dabei wurden große Teile der Stadt durch die deutsche Wehrmacht zerstört. Erst nach der Schlacht bei Kursk wurde die Stadt am 23. August 1943 endgültig befreit. Während des Krieges war diese Stadt ein sehr wichtiges strategisches Objekt, und zwar nicht nur wegen der wichtigen Verkehrsknoten, sondern auch wegen ihrer entwickelten Kriegsindustrie. Dort wurden z. B. die berühmten Panzer T-34 erfunden, entwickelt und produziert.

Sehenswürdigkeiten

Kathedrale und Monument Alexander Newski
Kathedrale St. Serhij
Gebäude der Stadtverwaltung
Hauptbahnhof von Charkiw

Zu den ältesten Baudenkmälern von Charkiw gehört die steinerne Kathedrale des Maria-Schutz-Klosters aus dem Jahre 1689. Hier verquicken sich die Gepflogenheiten des russischen Sakralbaus mit einer Komposition, die für die ukrainischen dreikuppeligen Holzkirchen typisch ist. Es gibt weitere Bauwerke vom Ende des 18. Jahrhunderts, so die 1771 erbaute Maria-Entschlafens-Kirche und den einstigen Katherinenpalast, der heute als Hochschule fungiert. Das prächtige neoklassizistische Theater ist ein Werk des berühmten russischen Architekten Konstantin Andrejewitsch Thon.

Charakteristisch für das Stadtzentrum von Charkiw ist der mit über elf Hektar Fläche zwischen 1920 und 1930 entstandene größte Platz Europas und einer der größten der Welt. Markante Gebäude an diesem Platz sind das „Dershprom“ (Haus der Staatlichen Industrie) und die Universität.

Die vielen Theater und zahlreichen Museen in der Stadt vermitteln einen Einblick in die ukrainische darstellende und bildende Kunst. Hervorzuheben sind das Historische Museum und das Museum für bildende Künste.

Die Bevölkerung der Stadt spricht als Folge der sowjetischen Russifizierungspolitik bis heute mehrheitlich Russisch als Muttersprache, wobei sich das Ukrainische seit der Unabhängigkeit der Ukraine wieder mehr und mehr verbreitet.

Verkehr

Die Stadt ist Ausgangspunkt zahlreicher nationaler und internationaler Bahnverbindungen und besitzt zwei Rangierbahnhöfe (Charkiw-Sort. und Osnowa). Den innerörtlichen Verkehr übernehmen die Metro, Obus-, Trolleybuslinien, Marschrutkas und die Straßenbahn. Zudem existiert noch eine rund 1,4 Kilometer lange Standseilbahn zwischen dem Zentrum und dem Wohnviertel Pawlowe Pole.

Städtepartnerschaft

Charkiw unterhält im Rahmen der bayerisch-ukrainischen Zusammenarbeit nach dem Fall des eisernen Vorhangs eine Städtepartnerschaft mit der Stadt Nürnberg. Weitere Partnerschaften bestehen mit den folgenden Städten:

Hochschulen

Nobelpreis- und Fieldsmedaillenträger

Söhne und Töchter der Stadt

Persönlichkeiten

Einzelnachweise

  1. http://www.nrcu.gov.ua/index.php?id=475&listid=54451

Weblinks


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