- Kloster Bursfelde
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Das Kloster Bursfelde ist ein ehemaliges Benediktinerkloster in Bursfelde, einem Stadtteil von Hann. Münden im Landkreis Göttingen, Niedersachsen.
Inhaltsverzeichnis
Name
Die jüngsten Forschungen im Zusammenhang mit dem Niedersächsischen Ortsnamenbuch haben zu dem Ergebnis geführt, dass sich der Name auf die exponierte Lage der Siedlung bezieht und so viel bedeutet wie „ein in einem Winkel liegendes Feld“.
Geschichte
Das Kloster Bursfelde wurde als Benediktinerabtei 1093 von Graf Heinrich dem Fetten von Northeim als Grablege und Stätte des Gebetsgedenkens (memoria) gestiftet und – theologisch sehr aktuell – mit Mönchen des Klosters Corvey besetzt, das sich damals an den Ideen der Klosterreform von Cluny und Hirsau orientierte. Im Jahre 1102 wurde der von Friesen erschlagene Stifter in der Klosterkirche bestattet. Als materielle Ausstattung wurde dem Kloster bei der Gründung Besitz in rund 20 Dörfern der Umgebung übertragen; innerhalb von zwei Generationen erweiterte sich der Besitz durch Schenkungen, Tausch und Ankäufe auf Liegenschaften in rund 40 Orten. Entsprechend den Zielen der Klosterreform wurde Bursfelde die freie Abtwahl zugestanden, nicht jedoch die freie Vogtwahl; diese behielten sich die Grafen von Northeim selbst vor („erbliche Gründervogtei“).
Durch das Aussterben der Grafen von Northeim in männlicher Linie im Jahre 1144 geriet Bursfelde in eine schwere Krise, in der es sich mittels massiver Urkundenfälschungen zu behaupten versuchte. Zu dieser Zeit war das Modell eines traditionellen Benediktinerklosters auch hier in der Region bereits von den „Reformbenediktinern“, den Zisterziensern, überflügelt, wie die Geschichte der Zisterzienserklöster Walkenried und Amelungsborn zeigt.
Das Kloster erlebte im 14. und 15. Jahrhundert erneut einen Niedergang, bis Abt Johannes Dederoth 1438 die als Bursfelder Kongregation bekannt gewordene Reformation begann.
1542 wurde durch Herzogin Elisabeth und Anton Corvinus die Reformation eingeführt, aber die vollständige Abkehr vom katholischen Glauben war erst 1601 endgültig vollzogen. Ein evangelischer Konvent bestand noch bis weit ins 17. Jahrhundert; seitdem sind die Ländereien als Klostergut verpachtet. Während des Dreißigjährigen Krieges kehrten für einige Jahre katholische Mönche in das Kloster zurück.
Die Abtswürde wird noch heute vergeben: Seit 1828 wird jeweils ein Professor der Theologischen Fakultät der Universität Göttingen zum (evangelischen) Abt bestellt. Das Vorschlagsrecht für die Besetzung liegt bei der Regierung des Landes Niedersachsen. Neben dem Abt besteht ein Konvent aus Professoren der Universität Göttingen, dessen Mitglieder verschiedenen Fakultäten angehören, aber durch das Bekenntnis zum evangelisch-lutherischen Glauben verbunden sind. Der Konvent trifft sich zu gemeinsamem Gebet und Gottesdienst sowie zu gemeinsamen Gesprächen über Themen im Bereich von Religion und Wissenschaft.
Äbte
(Ernennungsjahr) / (Amtszeit als Abt)
- Heinrich (um 1117)
- Nithard (um 1150)
- Johannes Dederoth (1433) / (1433–1439)
- Johannes Hagen (1439) / (1439–1468)
- Heinrich Ohm (um 1508/09)
- Johann Trepper (um 1546)
- Georg Carl Kotzebue (um 1700–1730)
- Wilhelm August Rudloff[1] (um 1800–1822)
- Gottlieb Jacob Planck (11. April 1828) / (1828–1833)
- Friedrich Lücke (30. September 1843) / (1843–1855)
- Friedrich Ehrenfeuchter (2. August 1856) / (1856–1878)
- Ludwig Schöberlein (28. Juni 1878) / (1878–1881)
- Hermann Reuter (14. November 1881) / (1881–1888)
- Hermann Schultz (12. Februar 1890) / (1890–1903)
- Karl Knoke (3. April 1904) / (1904–1920)
- Carl Stange (1. April 1932) / (1932–1959)
- Hermann Dörries (8. August 1960) / (1961–1966)
- Joachim Jeremias (15. September 1968) / (1968–1970)
- Götz Harbsmeier (26. Januar 1971) / (1971–1979)
- Lothar Perlitt (1. April 1981) / (1981–2000)
- Joachim Ringleben (1. Juni 2000) / (seit 2000)
Klosterleben
Traditionell findet am Himmelfahrtstag ein Universitätsgottesdienst mit anschließendem Festvortrag im Kloster Bursfelde statt. Dadurch soll an die benediktinische Tradition des Zusammengehörens von Gebet und Studium angeknüpft werden. Den Vortrag hält in der Regel ein Göttinger Professor aus seinem üblicherweise nichttheologischen Forschungsgebiet. Die Vorträge werden seit 1982 in der Reihe der Bursfelder Universitätsreden im Verlag Göttinger Tageblatt publiziert.
Klostergebäude
Von den Klostergebäuden ist in erster Linie die romanische Klosterkirche St. Thomas und Nikolaus erhalten, unterteilt in eine Ost- und eine Westkirche mit deren zur Weser hin stehenden, im 19. Jahrhundert im historisierenden Stil errichteten Türmen. Der Innenraum der Westkirche enthält Wandmalereien aus romanischer Zeit. In der Ostkirche wird regelmäßig der Gottesdienst abgehalten. Südlich daneben befindet sich ein „Raum der Ruhe“, in dem man sich eine Kerze anzünden und in Ruhe beten kann. Ursprünglich bildete die Kirche eine Säulenbasilika mit sieben Arkaden, Querhaus, Chorquadrat und einer rechtwinklingen Apsis. Der Ostteil wurde 1135 umgebaut und ein Westteil trat hinzu, in welchem man, im Bereich der nördlichen Wand noch Fischgratmauerwerk erkennen kann. Ab dem Ende des 11. Jahrhunderts wurde die Arkadenzone im westlichen Teil der Kirche, nach dem Hirsauer Chorschema, gegliedert und mit viermaligen Stützenwechsel von Säulen und Pfeilern, die sich auf hohen Sockeln befinden, gestaltet. Der Ostteil erfuhr späterhin eine ähnliche Ausformung. Die Kämpferplatten tragen ein Schachbrettmuster und auf dem Schildern der Würfelkapitelle sind noch spätere Malereiarbeiten erkennbar. Oberhalb der Arkaden zu beiden Seiten der Kirche sind Fresken aus dem 15. Jahrhundert angebracht, die aus großen Heiligenfiguren bestehen und durch ornamentale Felder voneinander getrennt sind. Im 19. Jahrhundert wurden die Apsiden der Kirche umgestaltet, sie bildeten früher einen rechteckigen Chor, wie man an der Verquaderung der Außenseite heute noch erkennen kann. Auch die romanischen rotweiß-gestreiften Fenster erlebten eine Umgestaltung, jedoch bereits zu Zeiten des Spätmittelals. Die wurden damals zu Spitzbogenfenstern verändert. Weitere Eingriffe in die Gestaltung der Kirche fand nach der Gründung der Bursfelder Kongregation statt.[2]
Eine Besonderheit ist die Bursfelder Kirchenglocke. Sie wurde nach dem Zweiten Weltkrieg vom Hamburger Glockenfriedhof nach Bursfelde geholt. Es handelt sich um eine Glocke aus dem Königsberger Dom, die schon Immanuel Kant gehört hat.
An die Kirche grenzen alte und neu errichtete Klostergebäude, in denen sich heute ein Zentrum für Einkehr und Tagungen befindet. Der rechtliche Träger des Tagungshauses ist die Ev.-luth. Landeskirche Hannovers. Das Geistliche Zentrum ist eingegliedert in das Haus kirchlicher Dienste der Landeskirche Hannover. Eigentümer ist die Klosterkammer Hannover.
Zum 900jährigen Bestehen des Klosters erschien 1993 eine Sonderbriefmarke der Deutschen Bundespost mit den Abbildungen der Klosterkirchen von Bursfelde und Maria Laach. Das Kloster Maria Laach, ebenfalls 1093 gegründet, ist seit der Reformation eng mit dem Kloster Bursfelde verbunden (Bursfelder Union).
Literatur
- Nicolaus Heutger: Bursfelde und seine Reformklöster. 2. erw. Auflage. August Lax, Hildesheim 1975.
- Walter Ziegler: Bursfelde. In: Ulrich Faust (Hrsg.): Die Benediktinerklöster in Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Bremen. St. Otilien 1979, S. 80–100. (= Germania Benedictina VI)
- Lothar Perlitt: Professoren der Theologischen Fakultät in Göttingen als Äbte von Bursfelde. In: Jahrbuch der Gesellschaft für Niedersächsische Kirchengeschichte. 82 (1984), S. 261-314 und 83 (1985), S. 7-25.
- Lothar Perlitt (Hrsg.): 900 Jahre Kloster Bursfelde. Reden und Vorträge zum Jubiläum 1993, Göttingen 1994.
- Carl-Christian Sumpf: Klosterführer Bursfelde. Reihe III (Bursfelde), Heft 3 der Beiträge zur Heimatpflege in Südniedersachsen, Hann. Münden 2001.
- Anja Freckmann: Die Bibliothek des Klosters Bursfelde im Spätmittelalter. Göttingen 2006 (dazu auch die Rezension von Christine Kleinjung In: sehepunkte. 8 (2008), Nr. 5 vom 15. Mai 2008)
- Lothar Perlitt (Hrsg.): Kloster Bursfelde. 10. Auflage. Göttinger Tageblatt Buchverlag, Göttingen 2008.
zum Namen:
- Kirstin Casemir, Uwe Ohainski, Jürgen Udolph: Die Ortsnamen des Landkreises Göttingen. In: Niedersächsisches Ortsnamenbuch IV. Bielefeld 2003, S. 81–83. (= Veröffentlichungen des Instituts für Historische Landesforschung der Universität Göttingen 44)
Weblinks
Commons: Kloster Bursfelde – Sammlung von Bildern, Videos und AudiodateienWikisource: Kloster Bursfelde in Merians Topographia Hassiae – Quellen und Volltexte- Burg - Kloster - Stadt. Zur mittelalterlichen Geschichte des südlichen Niedersachsen. Von Peter Aufgebauer (PDF; 1,87 MB)
- Website des Geistlichen Zentrums Kloster Bursfelde
- Bursfelder Miniaturen
Einzelnachweise
- ↑ Otto Mejer: Rudloff, Wilhelm August. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 29, Duncker & Humblot, Leipzig 1889, S. 473–477.
- ↑ Sven Schütte: Klosterkirche Bursfelde. In: Führer zu archäologischen Denkmälern in Deutschland. Stadt und Landkreis Göttingen. 17, Konrad Theiss Verlag, Stuttgart 1988, ISBN 3-8062-0544-2, S. 170.
51.5416679.624722Koordinaten: 51° 32′ 30″ N, 9° 37′ 29″ OKategorien:- Benediktinerkloster in Niedersachsen
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