- Konstruktion (Mathematik)
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In der Geometrie
In der Geometrie versteht man unter einer Konstruktion, insbesondere mit Zirkel und Lineal die Entwicklung der exakten zeichnerischen Darstellung einer Figur auf der Grundlage vorgegebener Größen – in der Regel ist dabei die Beschränkung auf die Verwendung der „Euklidischen Werkzeuge“ Zirkel und Lineal gefordert. Letzteres hat keine Markierungen; man kann damit also nur Geraden zeichnen, aber keine Strecken abmessen.
Problemlösungen, die auf andere Hilfsmittel zurückgreifen, wurden von den Griechen der klassischen Periode (und auch später von den meisten Geometrietreibenden bis ins 20. Jahrhundert) als nicht zufriedenstellend betrachtet.
Euklidische Werkzeuge
Die Beschränkung auf die „euklidischen Werkzeuge“ leitete sich aus den Postulaten ab, die Euklid am Anfang seines Lehrbuches »Die Elemente« zusammengestellt hatte. Daraus ergeben sich als einzige zugelassene Anwendungen dieser Werkzeuge:
- das Ziehen einer Geraden mit unbeschränkter Länge durch zwei beliebig gegebene, voneinander verschiedene Punkte.
- das Ziehen eines Kreises, der einen beliebig gegebenen Punkt als Mittelpunkt hat und durch einen beliebig gegebenen anderen Punkt verläuft und
- das Übertragen bzw. Abschlagen einer Strecke auf einer Geraden oder einer Kreislinie.
Ein Beispiel wäre die Konstruktion eines Dreiecks aus drei Vorgaben, etwa zweier Seiten und eines Winkels.
Geschichte
Die Konstruktion nur mittels Zirkel und (unskaliertem) Lineal galt viele Jahrhunderte als die Krone mathematischer Logik. Sie galt aber lange als weitgehend ausgereizt. Die Entdeckung einer Konstruktionsmethode für das regelmäßige Siebzehneck am 29. März 1796 durch Carl Friedrich Gauß war die erste wesentliche Neuerung seit zweitausend Jahren. Viele Mathematiker haben sich jahrelang an – wie man heute weiß unmöglichen – Aufgaben wie der Quadratur des Kreises versucht. Innerhalb der letzten gut 100 Jahren wurde die euklidische Einschränkung jedoch mehr und mehr als unnötige Begrenzung der Möglichkeiten gesehen. Einige Kritiker sahen darin sogar eine sogenannte Denkblockade. Daher wurde das Spektrum der Werkzeuge erweitert. Eine allgemeine Teilung des Winkels kann mit Hilfe einer Schablone erfolgen, deren Kante eine archimedische Spirale bildet. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts kam mit dem „Tomahawk“ ein Gerät zur allgemeinen Dreiteilung des Winkels auf.
Unmögliche Konstruktionen
Viele geometrische Figuren können nicht allein mit Zirkel und Lineal exakt konstruiert werden. Darunter sind die klassischen Probleme der antiken Mathematik:
sowie
- die Kegelschnitte (mit Ausnahme des Kreises) und
- viele regelmäßige Vielecke.
Der Beweis, dass diese Probleme grundsätzlich nicht mit Zirkel und Lineal zu lösen sind, gelang jedoch erst im 19. Jahrhundert. Dennoch bewirkten die Versuche, das Unmögliche zu vollbringen, eine Reihe von Leistungen. Die Griechen fanden einige Lösungen der »klassischen« Probleme mit anderen Hilfsmitteln, wobei sie viele Resultate der höheren Geometrie entdeckten.
Algebraische Operationen
Mit Zirkel und Lineal kann man auch die folgenden algebraischen Operationen (d. h. deren Ergebnis in der Darstellung auf dem Zahlenstrahl) konstruieren:
- die Addition zweier reeller Zahlen,
- die Multiplikation zweier reeller Zahlen,
- das Inverse einer von Null verschiedenen reellen Zahl,
- die Quadratwurzel einer positiven reellen Zahl (damit kann man zu einem gegebenem Rechteck ein flächengleiches Quadrat konstruieren).
→ Eine geometrische Struktur, die eigens dazu entwickelt wurde, um die Möglichkeiten der Konstruktionen mit Zirkel und Lineal algebraisch darzustellen, bilden die euklidischen Ebenen (im Sinne der synthetischen Geometrie) über euklidischen Körpern.
Anwendung
Die mathematischen, geometrischen Grundkonstruktionen spielen insbesondere im technischen Zeichnen eine wesentliche Rolle. Ihre Vermittlung beginnt bereits mit der Schulmathematik und findet im Ausbildungsberuf des technischen Zeichners vielfältige Anwendungen.
Andere mathematische Konstruktionsarten
In der Mathematik versteht man unter der Konstruktion einer Struktur eine konkrete Darstellung durch (meist einfachere) bereits konstruierte Strukturen, unter anderem durch
- mengentheoretische Operationen wie Bildung von kartesischen Produkten (Tupeln) und Äquivalenzklassen,
- analytischen Methoden wie Grenzwertübergänge, Vervollständigungen
- algebraische Methoden wie Körpererweiterungen um algebraische oder transzendente Elemente.
Zum Beispiel beginnen die Konstruktionen der Zahlen mit der als gegeben vorausgesetzten Menge der natürlichen Zahlen (die z.B. innerhalb der Mengenlehre erzeugt oder als „vom lieben Gott gemacht“ (Leopold Kronecker) angesehen werden). Daraus werden durch Paarbildung und Bildung von Äquivalenzklassen die ganzen Zahlen Z, daraus die rationalen Zahlen, durch Vervollständigung die reellen Zahlen und schließlich durch Erweiterung um die imaginäre Einheit die komplexen Zahlen gebildet.
Die Konstruktion einer Struktur dient unter anderem dem Nachweis ihrer Existenz. Ob bestimmte Operationen für Konstruktionen zugelassen sind, hängt von der jeweiligen Auffassung von Mathematik ab, in der intuitionistischen Mathematik z.B. sind nur finite Methoden erlaubt (Vervollständigungen z.B. sind im allgemeinen nicht finit).
Manche Existenzbeweise mathematischer Objekte werden Konstruktionen genannt, obwohl sie nicht konstruktiv sind. Zum Beispiel nutzt man das Lemma von Zorn um die Existenz von Basen in Vektorräumen nachzuweisen, für die man keine Basis mit finiten Methoden konstruieren kann. Mit solchen Objekten kann man meist nur theoretisch argumentieren, aber nicht praktisch arbeiten.
Siehe auch
Weblinks
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