Liesl Karlstadt

Liesl Karlstadt
Liesl Karlstadt und Karl Valentin
Liesl-Karlstadt-Brunnen auf dem Viktualienmarkt in München, 2004

Liesl Karlstadt (eigentlich Elisabeth Wellano; * 12. Dezember 1892 in München; † 27. Juli 1960 in Garmisch) war eine bayerische Soubrette, Schauspielerin und Kabarettistin. Sie bildete gemeinsam mit Karl Valentin eines der namhaftesten deutschen Komikerduos im 20. Jahrhundert.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Elisabeth Wellano wurde als fünftes von neun Kindern eines italienischstämmigen Bäckermeisters in Schwabing geboren. Sie begann als Verkäuferin im neu gegründeten Kaufhaus von Hermann Tietz (Hertie), doch das befriedigte das musikbegabte Mädchen nicht. Sie, die mehrere Musikinstrumente beherrschte, zog es auf die „Bretter, die die Welt bedeuten“. Mit 17 Jahren kam sie zu den Münchner Volkssängern und von da zur Volksbühne und zum Kabarett. 1911 traf sie auf Karl Valentin, für den sie bei seinem Auftritt im „Frankfurter Hof“ als Soubrette mit ihrem Damentrio das Vorprogramm bestritt. Valentin erspürte im Kitsch der Liedertexte das komische Talent der Sängerin, fand auch als Mann Gefallen an der jungen Künstlerin und machte sie zu seiner Bühnenpartnerin. Ihren Künstlernamen „Liesl Karlstadt“ hat sie zusammen mit Karl Valentin in Anlehnung an den damals sehr berühmten Münchner Gesangshumoristen Karl Maxstadt ausgewählt. Maxstadt (Karl Maxstadt war sein richtiger bürgerlicher Name) war Valentins Idol und hat ihn zu manchen seiner Szenen und Couplets angeregt.

In den 25 Jahren ihrer Zusammenarbeit entstanden annähernd 400 Sketche und Komödien. Dabei fiel ihr oft der Part zu, eine skurril-chaotische Situation durch gesunden Menschenverstand und weibliche Intuition zu entwirren. Die Szene um den Buchbinder Wanninger ging gar als geflügeltes Wort für mehrfaches Verbinden beim Telefonieren in die Umgangssprache ein.

Liesl Karlstadt war nicht nur Partnerin, sondern auch Ideengeberin für Dialoge und Sketche, organisierte, soufflierte und half dem hypochondrisch veranlagten Exzentriker Valentin auch psychisch über die Runden. In Auftritten im Berliner Kabarett der Komiker feierten beide zu Zeiten der Weimarer Republik Triumphe. In der Nazizeit wurde es stiller um sie.

Mit dem Streifen Mysterien eines Frisiersalons (gedreht von Erich Engel und Bertolt Brecht) begann das filmische Œuvre des Komikerpaares. Cineastisch gelangen ihnen in der Opernverfilmung Die verkaufte Braut (1932) unter Regisseur Max Ophüls die besten Sequenzen.

Als Karl Valentin 1934 sein und ihr ganzes Vermögen in ein zweifelhaftes Museumsprojekt (Panoptikum) steckte und damit pleite ging, dann auch noch mit Annemarie Fischer als neuer Partnerin auftrat, fiel sie in eine tiefe Krise. Die Rolle der immer Heiteren und Gutgelaunten vermochte sie nicht mehr zu spielen. Sie sah keinen Ausweg mehr und versuchte am 6. April 1935 das Ende mit einem Sprung in die Isar. Es folgte ein langer Klinikaufenthalt, bei dem klar wurde, dass nicht nur die vielen Rollenwechsel, sondern vor allem die zu enge Bindung an ihren Bühnenpartner, den verheirateten Familienvater Karl Valentin, all ihre Energie über Gebühr beansprucht hatten.

Die Kriegsjahre verbrachte Liesl Karlstadt, als Gefreiter Gustl getarnt, bei einer Gebirgseinheit, wo sie die Mulis betreute.

Im Januar 1948 trat sie noch einmal zusammen mit Karl Valentin im Bunten Würfl auf. Nach dem Tode von Karl Valentin (1948) war Liesl Karlstadt auch in ernsten Rollen in den Münchner Kammerspielen und am Residenztheater engagiert. Sie wirkte auch in Unterhaltungsfilmen mit. Der Bayerische Rundfunk bot ihrer Popularität zuerst ab 1948 mit der Radioserie Brumml G'schichten und später mit der Radioserie Familie Brandl eine Bühne. Mit Beppo Brem drehte sie 1956 den ersten Werbespot (für ein Waschmittel) im Fernsehen.

Liesl Karlstadt starb Ende Juli 1960 im Alter von 67 Jahren an einer Gehirnblutung und wurde auf dem Bogenhausener Friedhof in München beerdigt (Grab Mauer links Nr. 5).[1] Auf dem Viktualienmarkt in München erinnern Brunnen an Karl Valentin und Liesl Karlstadt. Außerdem ist das Valentin-Karlstadt-Musäum den beiden Komikern gewidmet.

Filme (Auswahl)

Filmdokumentation

Literatur

  • Rolf Badenhausen: Karlstadt, Liesl. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 11, Duncker & Humblot, Berlin 1977, S. 276 f.
  • Barbara Bronnen: Karl Valentin und Liesl Karlstadt. Blödsinnskönig – Blödsinnskönigin. Rowohlt, Berlin 1998, ISBN 3-87134-304-8.
  • Monika Dimpfl: Immer veränderlich. Liesl Karlstadt (1892 bis 1960). A-1-Verlag, München 1996, (= MonAkzente; 3) ISBN 3-927743-23-2.
  • Liesl Karlstadt: Nebenbeschäftigung: Komikerin. Texte und Briefe. Allitera, München 2002, (edition monacensia) ISBN 3-935877-50-1.
  • Thomas Klein: Komödiantinnen im frühen 20. Jahrhundert. Liesl Karlstadt und Adele Sandrock. Coppi-Verl., Alfeld/Leine 1999, (= Aufsätze zu Film und Fernsehen; 66) ISBN 3-930258-65-X.
  • Gunna Wendt: Liesl Karlstadt, Ein Leben. Piper, München u.a. 2000, ISBN 3-492-22981-6.
  • Gunna Wendt: Liesl Karlstadt. Münchner Kindl und Travestie-Star. Ed. Ebersbach, Berlin 2007, (= Blue notes; 37) ISBN 978-3-938740-38-5.
  • Ria Endres: Liesl Karlstadt und ihre Verwandlungskunst. Edition Stadthaus Band 10, Ulm 2010, ISBN 978-3-934727-30-4.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. knerger.de: Das Grab von Liesl Karlstadt



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