- Marcoumar
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Strukturformel Allgemeines Freiname Phenprocoumon Andere Namen Summenformel C18H16O3 CAS-Nummer 435-97-2 PubChem 9908 ATC-Code B01AA04
DrugBank DB00946 Arzneistoffangaben Wirkstoffklasse Wirkmechanismus Fertigpräparate - Marcoumar® (A, CH, D)
- Falithrom® (D)
Verschreibungspflichtig: Ja Eigenschaften Molare Masse 280,32 g·mol−1 Schmelzpunkt Löslichkeit Wasser: 12,9 mg·l−1 (25 °C) [1]
Sicherheitshinweise Gefahrstoffkennzeichnung
unbekanntR- und S-Sätze R: ? S: ? Bitte beachten Sie die eingeschränkte Gültigkeit der Gefahrstoffkennzeichnung bei Arzneimitteln LD50 Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen. Phenprocoumon (Handelsnamen: Marcumar® oder Falithrom®, Marcoumar® in Österreich und der Schweiz) ist ein Arzneistoff, der zur Hemmung der plasmatischen Blutgerinnung eingesetzt wird. Die Medikamente werden der Wirkstoffklasse der Cumarine zugeordnet.
Inhaltsverzeichnis
Anwendung
Phenprocoumon wird im Rahmen der Thrombose-Prophylaxe, nach der Implantation künstlicher Herzklappen/künstlicher Gefäß-Bypässe (fem-pop/Y-Prothese etc.) Herzunterstützungssysteme (Assist-Device) oder bei bestimmten Herzrhythmusstörungen eingesetzt, um der Thrombusbildung und daraus resultierenden Embolien vorzubeugen. Auch zur Verhütung venöser Thrombosen und der Lungenembolie ist Phenprocoumon im Gebrauch.
Wirkung
Die blutgerinnungshemmende Wirkung ergibt sich aus der Reduktion der Menge an verfügbaren funktionstüchtigen Gerinnungsfaktoren II, VII, IX und X.
Phenprocoumon wirkt als kompetitiver Inhibitor des Enzyms Vitamin-K-Epoxid-Reduktase, wodurch eine geringere Menge an Vitamin K in reduzierter Form als Cofaktor für das Enzym γ-Glutamylcarboxylase zur Verfügung steht. Dadurch entstehen nicht oder nur teilweise carboxylierte Gerinnungsfaktoren, die dadurch inaktiv oder nur eingeschränkt aktiv sind. [2] Die Wirkung setzt erst ein, wenn die noch vorhandenen Gerinnungsfaktoren verbraucht sind (nach etwa 48–72 Stunden). Daher kommt es im Notfall nicht zur Anwendung, sondern erst im weiteren Verlauf einer Erkrankung. Die Plasmahalbwertszeit beträgt circa 160 Stunden.
Unerwünschte Wirkungen
Gelegentlich treten unerwünschte Wirkungen wie Übelkeit, Erbrechen, Magenschmerzen, Appetitlosigkeit, Diarrhoe, Verstopfung, verstärkter Haarausfall (bildet sich wieder zurück), Abnahme der Knochendichte bei langfristiger Therapie, Blutergüsse und Blutungen auf. Gefürchtet sind schwer stillbare intracerebrale Blutungen (Hirnblutungen), vor allem bei versehentlich zu starker Erhöhung des INR-Wertes und gleichzeitigem Bluthochdruck. Sehr selten wurde eine livide (fahl-graue) Verfärbung der Haut, erythematöse Dermatitis oder eine akute Urtikaria beobachtet. Einzelne Fälle von Riechstörungen wurden beobachtet, auch die Frakturheilung kann möglicherweise länger dauern. In sehr seltenen Fällen konnte eine Leberentzündung festgestellt werden, welche zu Leberinsuffizienz und darauffolgender -transplantation führte. Erwähnt werden sollte auch die kutane Cumarinnekrose (tritt mit Häufigkeiten im Promillebereich auf), von der meist postmenopausale, adipöse Frauen betroffen sind.
Aufhebung der Wirkung
Nach dem Absetzen des Medikamentes dauert es 10–14 Tage, bis die für eine normal funktionierende Gerinnung nötigen Gerinnungsfaktoren synthetisiert wurden. Diese Zeit kann durch die hochdosierte Gabe von Vitamin K auf 6–10 Stunden verkürzt werden, im Notfall können die fehlenden Gerinnungsfaktoren durch die Gabe eines Gerinnungsfaktorenkonzentrates (PPSB) auch kurzfristig ersetzt werden.
Während der Einstellungsphase von etwa 5–7 Tagen wird dem Patienten täglich Blut zur Kontrolle abgenommen und danach seine nächste Phenprocoumon-Dosierung festgelegt, bis der Zielwert erreicht ist. Ebenso sollte das Absetzen des Medikaments unter ärztlicher Kontrolle vorgenommen werden, bis das Blut seine normalen Gerinnungswerte erreicht hat.
Kontraindikationen
Kontraindikationen sind unter anderem therapieresistente Hypertonie, diabetische Retinopathie, bakterielle Endokarditis, gastrointestinale Läsionen (Ulcera, Divertikel, Polypen, Tumoren, Ösophagusvarizen), Schädel-Hirn-Trauma, intracerebrale Aneurysmen, größere Operationen in den letzten zwei Wochen oder geplante Operationen in den kommenden zwei Wochen, Schwangerschaft und Alkoholismus.
Anwendungstipps
Patienten, denen Phenprocoumon verabreicht wird, erhalten einen „Marcumar-Pass“ zum Mitführen, damit im Notfall die eingeschränkte Gerinnungssituation erkennbar ist, selbst wenn der Patient nicht ansprechbar sein sollte. In einem solchen Pass muss nach jeder Blutkontrolle der aktuelle Quickwert oder INR-Wert eingetragen werden; auch die aktuelle verordnete Dosierung sollte stets auf dem aktuellen Stand sein. Ebenso ist in diesem Pass ein Ziel-Quick oder Ziel-INR vermerkt, auf den der Patient eingestellt ist.
Erlaubte Analgetika, Antiphlogistika und Sedativa
Phenprocoumon-Patienten sollten auf Selbstmedikation, insbesondere mit Analgetika verzichten; Acetylsalicylsäure ist wegen ihrer thrombozytenaggregationshemmenden Wirkung sehr gefährlich. Zusätzlich ist die gleichzeitige Anwendung mit Diclofenac kontraindiziert, da es die Wirkung von Phenprocoumon verstärkt.
Mögliche Kombinationen mit Phenprocoumon:
- Analgetika: Opioide, Metamizol, Paracetamol;
- Antiphlogistika: mit verschärfter Gerinnungskontrolle Ibuprofen;
- Sedativa/Benzodiazepine: Diazepam, Nitrazepam
Therapeutischer Bereich
Im Allgemeinen wird die Dosis des Phenprocoumon über die Gerinnungswerte (alt: Quickwert; neu: INR) festgelegt. Selten ist eine Spiegelbestimmung notwendig. Will man eine Phenprocoumoneinnahme beweisen oder widerlegen, ist eine Spiegelbestimmung sinnvoll. Der therapeutische Blutspiegel liegt zwischen 2,0 und 3,5 mg/dL. So kann man zum Beispiel bei einer Phenprocoumonüberdosierung (Quickwert: 5 %) einen Phenprocoumonspiegel von 7,5 mg/dL feststellen.
Da Quickwerte, die in verschiedenen Labors bestimmt wurden, nicht unbedingt vergleichbar sind, gibt es eine methodenunabhängige Größe der WHO, den „International Normalized Ratio“ (INR-Wert).
Beide Werte, Quickwert sowie INR-Wert, drücken aus, wie aktiv das Gewebsthromboplastin ist, welches für die Blutgerinnung zuständig ist. Beispiel: Ein INR-Wert von 5 besagt, dass das Blut fünfmal langsamer gerinnt, ein Quickwert von 80 % dass die Aktivität des Thromboplastins 80 % der Aktivität von normalem Blut beträgt. Der Zielbereich für den INR Wert liegt normalerweise zwischen 2,5 und 3,5.
Wirkmechanismus und Nebenwirkungsmechanismus siehe: Cumarine.
Stereoisomerie
Phenprocoumon ist chiral und enthält ein Stereozentrum, es gibt also zwei Enantiomere, die (R)-Form und die (S)-Form. Alle Handelspräparate enthalten den Arzneistoff als Racemat.
Siehe auch
Einzelnachweise
- ↑ a b c Phenprocoumon bei ChemIDplus
- ↑ Ansell J, Hirsh J, Poller L, Bussey H, Jacobson A, Hylek E: The pharmacology and management of the vitamin K antagonists: the Seventh ACCP Conference on Antithrombotic and Thrombolytic Therapy. In: Chest. 126, Nr. 3 Suppl, 2004, S. 204S–233S. doi:10.1378/chest.126.3_suppl.204S. PMID 15383473
Weblinks
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