Martin Gerbert

Martin Gerbert
Martin Gerbert, Portrait von Egid Verhelst in der Allgemeinen deutschen Bibliothek (1785)
Martin Gerbert

Martin Gerbert (* 11. August 1720 in Horb am Neckar; † 13. Mai 1793 in St. Blasien) war Fürstabt des Klosters St. Blasien. Er war ein bedeutender Musikhistoriker und Repräsentant des frühneuzeitlichen gelehrten Benediktinertums im Schwarzwald.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Gerbert entstammte der angesehenen Horber Familie Gerbert (nicht aber deren 1686 in den böhmischen Ritterstand erhobenen Seitenzweig von Gerbert und Hornau)[1] und erhielt seine erste Erziehung in Freiburg im Breisgau. 1736 wurde er Mönch im Kloster St. Blasien und war dort Lehrer für Theologie. Reisen führten ihn nach Deutschland, Frankreich und Italien. Er sammelte Materialien zur mittelalterlichen Liturgie- und Musikgeschichte. Am 15. Oktober 1764 wurde Gerbert Fürstabt von St. Blasien.

Da Gerbert zunächst mit der Verwaltung der Klosterbibliothek betraut war, begann er mit kirchengeschichtlichen Studien. Das Spezialobjekt seiner Untersuchungen wurde die Geschichte des Kirchengesangs im Mittelalter. In der Folge entwickelte er sich zu einem der bedeutendsten Musikhistoriker der Neuzeit. Sein Interesse für die Musik führte zur Bekanntschaft mit Christoph Willibald Gluck, der sein Freund wurde. 1760 sammelte er auf seinen Reisen Abschriften mittelalterlicher Traktate über Musikgeschichte und -theorie aus Klosterbibliotheken. In Bologna freundete er sich mit Padre Martini an; beide tauschten ihre reichen Erfahrungen aus. Das erste Ergebnis war der Reisebericht Iter Alemannicum. Es folgten 1774 das bedeutende zweibändige Werk De cantu et musica sacra, die Monumenta und schließlich Scriptores ecclesiastici Die letzte Schrift – eine umfangreiche Quellensammlungin drei Bänden – umfasste die wesentlichen musiktheoretischen Schriften vom 3. Jahrhundert bis zum Ausgang des Mittelalters und war in der Folgezeit von größter Bedeutung für das Studium der mittelalterlichen Musikgeschichte.

Unter seiner Herrschaft entwickelte sich St. Blasien zu einem bedeutenden Zentrum der methodischen Geschichtsforschung. Er veröffentlichte seine dreiteilige Historia Nigrae Silvae (1783–1788). Auf seine Weisung hin begann der Hofkaplan Trudpert Neugart mit der Darstellung der Geschichte der deutschen Diözesen, woraus bis heute das Projekt Germania sacra entstand. Außerdem wehrte sich Gerbert gegen den Josephinismus des österreichischen Landesherrn.

Noch 1764 ließ er den Bau von Schloss Bürgeln im Markgräflerland fertigstellen, nach der Brandkatastrophe von 1768 die berühmte, 1783 fertiggestellte Rundkirche von St. Blasien. Gerbert gründete 1765 die „Waisenkasse Bonndorf“, Vorläuferin der Sparkasse Bonndorf-Stühlingen, die damit die zweitälteste Sparkasse in Deutschland ist. Im Jahr 1791 gründete er die Rothaus-Brauerei – heute „Badische Staatsbrauerei Rothaus“ – als Maßnahme zur Förderung der Wirtschaft in seinem Schwarzwälder Herrschaftsgebiet.

Ehrungen

Gedenkmünze (1783)
Martin Gerbert (Denkmal von Franz Xaver Reich aus dem Jahr 1856 im Bonndorfer Martinsgarten)

Bereits zu Lebzeiten, im Jahr 1783, wurde eine Gedenkmünze zu Ehren Gerberts veröffentlicht. Gerberts Zeitgenosse Friedrich Nicolai berichtet, dass hier das Profil von Gerberts Kopf zwar gut getroffen wurde, er jedoch nicht so fleischige Backen und einen so lippenlosen Mund besessen hätte. Dennoch diente die Münze häufig als Vorlage für Gerbert-Bildnisse in der Region um St. Blasien. Zufriedener zeigte sich Nicolai mit dem Portrait von Verhelst aus der Allgemeinen Deutschen Bibliothek.[2] Heute findet sich ein Medaillon mit Gerberts Profil auf einem Stein in der Nähe des Doms zu St. Blasien. Den Bonndorfer Martinsgarten zierte seit 1856 ein Denkmal von Franz Xaver Reich, das im Oktober 2011 zur Restaurierung über die Wintermonate abgebaut wurde.[3]

Nach Gerbert wurde die frühere Lateinschule in Horb Martin-Gerbert-Gymnasium benannt. Auch die Fürstabt-Gerbert-Schule und Fürstabt-Gerbert-Straße in St. Blasien beziehungsweise Horb a. N. tragen seinen Namen. In Bonndorf ist mit der Martinsstraße zudem die Hauptstraße der Stadt nach ihm benannt.

Schriften

  • De recto et perverso usu theologicæ scholasticæ, 1758 (Digitalisat)
  • De æqua morum censura adversus rigidiorem et remissiorem, 1763 (Digitalisat)
  • Iter Allemannicum, accedit Italicum et Gallicum, 1765 (deutsche Ausgabe: Des hochwürdigsten Herrn, Herrn Martin Gerberts … Reisen durch Alemannien …, 1767; Digitalisat)
  • Geschichte des Hauses Geroldsek wie auch der Reichsherschaften Hohengeroldsek, Lahr und Mahlberg in Schwaben, 1766
  • De cantu et musica sacra, a prima ecclesiae aetate usque at praesens tempus, 1774
  • Monumenta veteris liturgiae Alemanicae, 1777–1779 (Digitalisat)
  • Historia Nigrae Silvae ordinis Sancti Benedicti coloniae, 1783–1788 (Digitalisate: Bd. 1, Bd. 2, Bd. 3)
  • Scriptores ecclesiastici de musica sacra potissimum, 1784
  • Ecclesia Militans Regnum Christi in Terris, in suis Fatis repræsentata, 1784 (Digitalisat)
  • De Rudolpho Suevico Comite de Rhinfelden, Duce, Rege Deque Eius Inlustri Familia Ex Augusta Ducum Lotharingiae, 1785
  • De sublimi in evangelio Christi juxta divinam Verbi incarnati œconomian, 1793 (Digitalisat)

Die Mehrzahl der von Martin Gerbert verfassten oder herausgegebenen Bücher befindet sich in der Originalausgabe im Bestand der Fürstabt-Gerbert-Sammlung der Klosterbibliothek in Oberried (Breisgau).

Einzelnachweise

  1. Alfred Lederle: Die Abstammung des Fürstabts Martin II. Gerbert von St. Blasien, in: Badische Heimat, Heft 4/1956
  2. Franz Xaver Kraus: Die Kunstdenkmäler des Grossherzogthums Baden (Band 3): Die Kunstdenkmäler des Kreises Waldshut, Akademishce Verlagsbuchhandlung Mohr, Freiburg im Breisgau 1892, S. 80
  3. badische-zeitung.de: Bonndorf: Martin-Gerbert-Statue tritt Verjüngungskur an, 31. Oktober 2011, Zugriff am 19. November 2011

Literatur

Weblinks

 Commons: Martin Gerbert – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
 Wikisource: Martin Gerbert – Quellen und Volltexte

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