Minckwitzscher Weinberg

Minckwitzscher Weinberg

Das historische Weingut Minckwitzscher Weinberg im Stadtteil Niederlößnitz, in der Oberen Bergstraße 30/30a/30b, war eines der bedeutendsten Radebeuler Weingüter. Es liegt in der sächsischen Großlage Lößnitz innerhalb der Einzellage Radebeuler Steinrücken.

Minckwitzsche Gebäude an der Oberen Bergstraße, am Fuße des Weinbergs

Inhaltsverzeichnis

Beschreibung

Die Gesamtanlage zwischen Oberer Bergstraße und Finsterer Gasse, zu der das Herrenhaus, Lusthäuser, Nebengebäude sowie der Park mit Schalenbrunnen von um 1880 und der Weinberg Minckwitzscher Weinberg gehören, stehen heute als denkmalpflegerische Sachgesamtheit unter Denkmalschutz[1] (Ensembleschutz). Darüber hinaus gilt die gesamte Frei- und Grünfläche einschließlich des zugehörigen Weinbergs, die im Denkmalschutzgebiet Historische Weinberglandschaft Radebeul liegen, als Werk der Garten- und Landschaftsgestaltung.[2]

Durch Grundstücksteilungen gehören heute das Herrenhaus und das Niedere Lusthaus (Pavillon) zur Hausnummer 30, die Nummer 30a bilden die Remise und der Große Pavillon (Oberes Lusthaus), während die Nummer 30b die beiden linken Seitengebäude an der Oberen Bergstraße bilden.

Herrenhaus

Das Herrenhaus (heute Haus Minckwitz) ist ein zweigeschossiges Wohnhaus mit hohem, ziegelgedecktem Walmdach, das traufständig nur leicht zurückgesetzt in der Straßenflucht der Oberen Bergstraße steht. Es zeigt in der Straßenansicht sieben regelmäßig gereihte Fensterachsen im Obergeschoss, im Erdgeschoss werden die drei mittleren Achsen durch ein großes, stichbogiges Portal mit einem Schlussstein eingenommen. Im Dach darüber steht ein dreiachsiges Zwerchhaus, ebenfalls mit Walmdach, auf beiden Seiten jeweils eine kleine Fledermausgaube. In der rechten Seitenansicht steht eine zweigeschossige Veranda.

Die Fassaden sind einfach verputzt und gelblich gestrichen, sie werden durch Ecklisenen sowie Gesimse gegliedert. Vor dem Erdgeschoss befinden sich Weinspaliere, die Fenster im Obergeschoss werden durch blaugrüne Klappläden eingerahmt. Die Farbgebung vermittelt einen „südländischen Eindruck“[3].

Im Inneren befindet sich hinter dem Torbogen eine Eingangshalle, von der aus der im Erdgeschoss liegende Pressraum mit der Weinpresse sowie über eine Kellertür der sich darunter befindliche Weinkeller zu erreichen waren. Im Obergeschoss befand sich die Sommerwohnung des Besitzers. Erst mit den Umbauten 1909 entstand aus dem Gebäude ein Wohnhaus. Es haben sich einige barocke Stuckdecken erhalten.

In den 1970er Jahren wurde das Herrenhaus instand gesetzt und Ende der 1990er Jahre grundlegend saniert. Der Ausbau des Erdgeschosses einschließlich der Eingangshalle erfolgte 2006, so dass heute drei Generationen der Familie das Haus bewohnen können.

Remise

Links an das Herrenhaus angeschlossen, von der Straße zurückgesetzt, steht die 1877 von August Große errichtete Remise. Der bescheidene, zweigeschossige Bau mit Flachdach schließt den Hof bergseitig ab. Im Erdgeschoss befinden sich auf Pfeilern drei stichbogige Arkaden, in denen Kutschen und Wagen untergebracht waren. Das Obergeschoss wird durch Lisenen gegliedert.

Vor der Remise steht vorn an der Straße zwischen zwei Pfeilern mit Kugelbekrönung die Toranlage, auf beiden Seiten in der Umfassungsmauer jeweils eine Tür.

Die ehemalige Remise ist ebenfalls zu einem Wohnhaus umgebaut.

Unteres Winzerhaus mit ehemaligen Stallungen

Links an die Remise anschließend, jedoch wieder direkt an der Straße gelegen, steht ein schlichter, zweigeschossiger Bau mit Walmdach, bezeichnet mit Kobers Initialen und der Datierung 1727. Er zeigt mit seiner Schmalseite zur Straße. Das Dach des ursprünglich eingeschossigen Winzerhauses wurde, nebst Aufbau des Obergeschosses, 1877 ebenfalls durch August Große erhöht. Links dieses Seitengebäudes schließt sich ein weiteres, jedoch nur eingeschossiges Wohnhaus mit Satteldach an, das traufständig zur Straße steht. Die Gewände des Putzbaus von 1727 sind aus Sandstein. Vor dem Erdgeschoss befinden sich Weinspaliere.

Die Einfriedung des schmalen Vorgartens vor dem Seitengebäude erfolgt durch einen Lattenzaun zwischen Sandsteinpfeilern.

Minckwitzsches Weinberghaus

Minckwitzsches Weinberghaus (Oberes Lusthaus oder Belvedere)

Oben auf der Bergkante, im westlichen Teil des Anwesens auf dem höchsten Punkt, steht das Minckwitzsche Weinberghaus. Der als Lusthaus errichtete, zweigeschossige Weinbergspavillon hat einen etwa quadratischen Grundriss, obenauf sitzt ein Zeltdach. Er wurde auf einer Terrasse errichtet, die von einer Mauer umgeben ist. Zu der Terrasse führt eine Freitreppe.

Auf der Bergseite befindet sich eine Freitreppe zum Obergeschoss, das den Festsaal enthält. Im Untergeschoss befindet sich ein Tonnengewölbe, an dessen Wänden sich steinerne Bänke entlang ziehen.

Über dem Pavilloneingang befindet sich eine Kartusche mit Kobers Wappen, in der Wetterfahne findet sich die Datierung auf 1729.

Niederes Lusthaus (Niederer Pavillon)

Das „reizvolle“[4] Niedere Lusthaus ist ein achteckiger verputzter Fachwerkbau mit Ziegeldach, der auf halber Berghöhe im Osten des Anwesens liegt. Er trägt eine Wetterfahne, die Kobers Initialen DCCK und das Jahr 1713 zeigt.

Geschichte

Minckwitzsches Weinbergsanwesen, um 1902
Minckwitzsches Weinberghaus auf der Spitze des gleichnamigen Weinbergs

Der zwischen Winzerstraße, Finsterer Gasse und Gemssteig gelegene Altenberg im Besitz von Hans Müntzmeister taucht 1407[5] im Stadtbuch zu Dresden auf. 1412 verlehnte Markgraf Friedrich der Friedfertige die Weinberge Altenberg und Tasche an den Rat zu Dresden.[3]

Im Jahr 1685 erwarb Dr. Heinrich Erndel den Grundbesitz, den 1702 seine Tochter Johanna Sophia Kober († 1704) erbte. Deren Witwer, der Dresdner Advokat Dr. Caspar Christian Kober (1663−1738), übernahm das Anwesen (den späteren Koberberg) und vergrößerte es durch Zukauf weiterer Weinbergsgrundstücke. Er umgab den Besitz 1713 mit einer Mauer und baute den Niederen Pavillon (Niederes Lusthaus), einen achteckigen verputzten Fachwerkbau auf halber Berghöhe mit einer Wetterfahne, die Kobers Initialen DCCK und das Jahr 1713 trägt. Es folgte 1713/1714 das Herrenhaus an der Oberen Bergstraße; seit dieser Zeit entstand maßgeblich das heutige, typische Aussehen einer barocken, sächsischen Weingutanlage des 18. Jahrhunderts.

1724 folgte das Obere Winzerhaus an der Finsteren Gasse (Winzerhaus Erdmann, seit 1933 in Fremdbesitz), 1727 kam ein Seitengebäude (Unteres Winzerhaus mit Stallungen) westlich neben das Herrenhaus und 1729 entstand das Obere Lusthaus, auch Minckwitzsches Weinberghaus oder Belvedere, ein zweigeschossiger Bau an der Kante der Steillage. Dieser ist mit dem Herrenhaus durch eine Treppe verbunden. Kober ließ in der Kirche zu Kötzschenbroda eine Betstube für sich und seine Angehörigen errichten. Später wurde ihm und zwei weiblichen Angehörigen dort ein Denkmal errichtet.

Ab 1762 gehörte das Weingut der inzwischen verwitweten Christiane Johanna Weinartin geborene Krause, einer Enkelin von Caspar Christian Kober. Von dieser übernahm ihr Sohn, der Finanzprocurator, Historiker und Bibliograph Benjamin Gottfried Weinart, 1797 für 4.000 Taler den im Vertrag Hausberg genannten Besitz, den er kurz darauf in Weinartsruhe umbenannte. Aufgrund eines Plagiatsprozesses gegen Weinart wurde Weinartsruhe nebst allen „Zubehörungen“ 1810 schuldenhalber zwangsversteigert.[6]

Ab da war das Anwesen im Besitz von Baron von Müller. 1825 ging es an Caroline Friedericke Sophia von Bredow. Ab 1827 stellte dort Oberforstmeister Heinrich Henning August von Bredow aus Lößnitztrauben erfolgreich Schaumweine her, Jahre vor der bekanntgewordenen Niederlößnitzer Fabrik für moussierende Weine, der zweitältesten Sektkellerei Deutschlands. Um 1850 hatte das Gut eine Größe von 6 Acker 284 Quadratruten[7] (3,84 Hektar). Dazu gab es dort ein 72 Ellen (etwa 41 Meter) langes Wein-Treibhaus.[7]

1853 kam das Weingut in den Besitz der Familie von Minckwitz. In der Folge erweiterte Henriette von Minckwitz geb. Vierhoff, verheiratet mit dem Geheimen Rat und Kammerherrn August von Minckwitz, den Besitz durch Zukauf angrenzender Weinberge. 1877 entstanden die Remise im Hof hinter dem Herrenhaus sowie ein Zwischenbau vom Herrenhaus zum Winzerhaus, und das Dach des Herrenhauses wurde erhöht. Der königliche Oberforstmeister und Kammerherr Hans Friedrich von Minckwitz, der den Besitz 1888 zusammen mit seiner Frau Elisabeth geborene Gräfin zu Münster übernahm, ließ 1909 durch den Baumeister F. A. Bernhard Große das Dach des Herrenhauses ausbauen und weitere Nebengebäude instandsetzen. Der weitläufige Park mit Alleen ist inzwischen mit alten Bäumen bestanden.

Zwischen 1885 und 1888 fiel die Rebfläche der Reblauskatastrophe zum Opfer und die Weinstöcke wurden gerodet und verbrannt. In der Folgezeit verwilderte der Weinberg.

Ab 1934 hatte der Maler und Radebeuler Ehrenbürger Paul Wilhelm sein Atelier im Oberen Lusthaus, heute auch Minckwitzsches Weinberghaus genannt, für dessen langjährige „behutsame Sanierung“ die Bauherrschaft 1997 den Radebeuler Bauherrenpreis erhielt.

Auch zu DDR-Zeiten wurde der Besitz nicht enteignet. 1953 vererbte Elisabeth von Minckwitz das Anwesen an Verwandte, die fast als einzige der Familie in der DDR geblieben waren. Unter deren Kindern erfolgte die Aufteilung des einst einheitlichen Weinbergsareals. Die Schwester erhielt den Ostteil mit Herrenhaus, Niederem Lusthaus und Gartenland. Der Bruder erhielt den Westteil des Grundstücks mit Remisengebäude und dem Oberen Lusthaus. Das linke Gebäudeensemble (Seitengebäude) wurde 1974 an einen Architekten veräußert.

Der mittlere Weinbergshang musste Mitte der 1980er Jahre aufgrund staatlicher Auflagen an die Sächsische Winzergenossenschaft Meißen abgegeben werden, die wiederum diesen an 10 Freizeitwinzer verpachtete. So wurde inzwischen die Steillage durch die Weinberggemeinschaft v. Minckwitzscher Weinberg wieder aufgerebt.

Die Rebflächen um das Minckwitzsche Weinberghaus sind verpachtet, das Weinberghaus selbst nebst Garten kann seit 1996 für Feiern angemietet werden. In den Sommermonaten bietet eine Straußwirtschaft sächsischen Wein an.

Literatur

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Verzeichnis der Kulturdenkmale der Stadt Radebeul. Große Kreisstadt Radebeul, 17. April 2008, S. 20, abgerufen am 7. Januar 2011 (PDF).
  2. Volker Helas (Bearb.); Landesamt für Denkmalpflege Sachsen, Stadt Radebeul (Hrsg.): Stadt Radebeul. [Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland. Denkmale in Sachsen]. SAX-Verlag, Beucha 2007, S. 235–236 sowie beiliegende Karte.
  3. a b Matthias Donath, Jörg Blobelt (Fotos): Sächsisches Weinland. Historische Weingüter und Weinberghäuser im Elbtal. 1. Auflage. Redaktions- und Verlagsgesellschaft Elbland, Dresden 2010, S. 152–156.
  4. Barbara Bechter, Wiebke Fastenrath et al. (Bearb.): Georg Dehio, Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler, Sachsen I, Regierungsbezirk Dresden. Deutscher Kunstverlag, München 1996, ISBN 3-422-03043-3, S. 736. 
  5. Meilensteine aus der Chronik des Minckwitzschen Weinbergs
  6. Frank Andert: »Weinarts Ruhe« in der Lößnitz. Teil 44. In: Kötzschenbrodaer Geschichten. 7/8 2010, abgerufen am 27. Dezember 2010 (pdf).
  7. a b Karl Julius Hofmann: Das Meißner Niederland in seinen Naturschönheiten und Merkwürdigkeiten oder das sächsische Italien in den Meißner und Dresdner Gegenden mit ihren Ortschaften. Ein Volksbuch für Natur und Vaterlandsfreunde topographisch historisch und poetisch dargestellt. Louis Mosche, Meißen 1853. S. 710. (Online-Version)
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