Prignitzexpress

Prignitzexpress
Prignitz-Express
Strecke der Prignitz-Express
Kursbuchstrecke (DB): 206
Streckenlänge: 139 km
Spurweite: 1435 mm (Normalspur)
Höchstgeschwindigkeit: 120 km/h

Prignitz-Express ist die Bezeichnung eines Eisenbahnausbauprojektes im Land Brandenburg zwischen Hennigsdorf und Wittenberge über Neuruppin, Wittstock/Dosse und Pritzwalk. Mit diesem 1994 beschlossenen und zwischen 1997 und 2008 abgeschlossenen Projekt wurde die Anbindung der strukturschwachen Prignitz an Berlin verbessert. Unter gleichem Namen verkehrt auf diesem Abschnitt u. a. die Brandenburger Regionalexpress-Linie RE6 der Deutschen Bahn zwischen Wittenberge und Berlin-Spandau.

Inhaltsverzeichnis

Verlauf

Die insgesamt 139 Kilometer lange Ausbaustrecke beginnt in Hennigsdorf am Rand von Berlin und führt über Velten und Kremmen nach Neuruppin. Von dort geht es über Wittstock/Dosse, Pritzwalk und Perleberg nach Wittenberge. Die Landkreise Ostprignitz-Ruppin und Prignitz werden fast komplett durchgequert und ihre Kreisstädte Neuruppin und Perleberg angebunden. Ausgebaut wurden Abschnitte der Kremmener Bahn, der Bahnstrecke Kremmen–Meyenburg und der Bahnstrecke Wittenberge–Strasburg. Die ehemaligen Nebenbahnstrecken wurden durchweg auf Hauptbahnstandard ausgebaut und die Höchstgeschwindigkeit auf vielen Abschnitten auf 120 km/h heraufgesetzt.

Geschichte

Prignitz-Express in der Nähe von Wittstock

Planungen

Um auf die veränderten Verkehrsströme nach dem Fall der Mauer und der deutschen Einheit zu reagieren, wurde im Land Brandenburg zwischen 1992 und 1994 ein Zielnetz 2000 genanntes Konzept zur Umgestaltung des Bahnverkehrs erarbeitet und im August 1995 mit der Deutschen Bahn vertraglich vereinbart. Die damaligen politischen Vorgaben legten Wert auf eine Stärkung der Randregionen des Landes außerhalb des Berliner Speckgürtels, darunter auch die Prignitz im Nordwesten des Landes. Gewählt wurde eine Linienführung, die gegenüber dem direkten Weg in die Prignitz einen gewissen Umweg darstellt, dafür aber auch das Oberzentrum Neuruppin erschließt und eine Verbindung von dort in die ehemalige Kreisstadt Wittstock/Dosse beinhaltet.

Das Konzept sah einen Ausbau auf Geschwindigkeiten bis zu 120 km/h vor, wodurch Reisezeiten von Wittstock nach Berlin von 80-90 Minuten und von Neuruppin nach Berlin von 50-60 Minuten entstehen sollten. Man rechnete mit einem Investionsbedarf von 340 Millionen D-Mark und mit einem Fahrgastaufkommen von 10.000 Reisenden pro Tag.[1] Der Ausbau von Hennigsdorf nach Neuruppin sollte bis 1998 fertiggestellt sein, für den Restabschnitt bis Wittenberge rechnete man mit einen Bauzeitraum von weiteren drei Jahren. Im November 1995 stellte eine Ingenieurgesellschaft in Neuruppin ein detailliertes Konzept zur Anbindung Neuruppins an die Städte Hennigsdorf und Berlin vor.

Am 17. Dezember 1995 sperrte die Deutsche Bahn AG den Streckenabschnitt Neuruppin - Velten für den Ausbau.

Ausbau

Die Strecke Velten–Neuruppin lag nach ihrer Schließung fast zwei Jahre brach. Der Baubeginn zum Prignitz-Express erfolgte erst am 21. Oktober 1997. Grund waren Streitigkeiten zwischen Bahn und Land über die Finanzierung.[2] Im Mai 1998 wurde der erste Streckenabschnitt zwischen Velten und Kremmen wieder in Betrieb genommen. Bereits im April wurde der umgebaute Bahnhof Hennigsdorf eröffnet. Im Dezember des gleichen Jahres wurde die S-Bahn nach Hennigsdorf wieder eröffnet, so dass damit wenigstens eine Umsteigeverbindung auf kurzem Weg in die Berliner Innenstadt entstand.

Angedachter Inbetriebnahmetermin der Strecke bis Neuruppin war Dezember 1998, jedoch wurde dieser mehrfach verschoben und fand schließlich erst im Mai 2000 statt. Als Grund für die Verspätung wurden seitens der Bahn verschiedene Ursachen, wie etwa Probleme mit dem Untergrund, verspätete Zahlung des Kostenanteils der Gemeinden für Bahnübergänge oder Probleme mit Drittfirmen genannt.[3] Es gilt aber auch die Verzögerung von Planung und Baubeginn als Hauptursache.[2]

Der Abschnitt Wittstock–Neuruppin wurde im Juli 2003 zur Sanierung gesperrt [4] und Ende Februar 2005 wieder in Betrieb genommen. Im Zuge des Ausbaus wurde in Wittstock/Dosse die Weiche zur Strecke nach Mirow entfernt. Die Kosten wurden größtenteils von der Deutschen Bahn und dem Land Brandenburg übernommen. Im Zuge der Streckensanierung wurden sämtliche Bahnhöfe erneuert und der Fahrplan umgestellt.

Seit 2006 wurde auch der Abschnitt zwischen Wittenberge und Pritzwalk erneuert und auf eine Geschwindigkeit von 120 km/h ertüchtigt. 2007 folgte der letzte Streckenabschnitt von Pritzwalk nach Wittstock. Seit dem 28. Februar 2008 wird die Strecke wieder durchgängig befahren; die Gesamtfahrzeit hat sich von mehr als dreieinhalb auf zwei Stunden verkürzt. Die Gesamtinvestitionen seit 1997 betragen 143,5 Millionen Euro.

Im Zuge des Ausbaus wurden viele Stationen behindertengerecht ausgebaut und an die Einstiegshöhe der verkehrenden Triebwagen angepasst. Auch fand eine generelle Erneuerung der Bahnhofs- bzw. Haltepunktinfrastruktur statt. Lediglich auf dem Abschnitt zwischen Pritzwalk und Wittenberge müssen noch einige Bahnhöfe und Haltepunkte behindertengerecht um- und ausgebaut werden. Für 2009 ist unter anderem der Umbau des Bahnhofes Pritzwalk vorgesehen.

Eine Anbindung der Züge von Hennigsdorf auf direktem Weg Richtung Berlin wurde immer wieder verschoben und ist bis heute nicht erfolgt.

Entwicklung des Personenverkehrs

Bis Ende 1995 verkehrten auf den Abschnitten Wittenberge–Wittstock, Wittstock–Neuruppin und Neuruppin–Hennigsdorf nicht miteinander verknüpfte Regionalbahnlinien, auf den meisten Abschnitten im Zweistundentakt.

Seit der Sperrung des Abschnittes Neuruppin–Velten Ende 1995 erschien erstmals die Gesamtrelation unter der Bezeichnung Projekt Prignitz-Express in einer einheitlichen Kursbuchtabelle. Sie beinhaltete den neu eingeführten Schienenersatzverkehr mit komfortablen Reisebussen direkt vom Bahnhof Berlin Zoologischer Garten im Stundentakt über die A 24 nach Neuruppin. Hinzu kamen im Dreistundentakt fahrende Busse, die an der Raststätte Linumer Bruch Anschluss an die Busse aus Berlin hatten und über Fehrbellin nach Neuruppin fuhren und die Bahnstationen südöstlich der Stadt bedienten, sowie Regionalbahnen, die einerseits zwischen Neuruppin und Wittstock mit Ferkeltaxen, andererseits zwischen Wittstock und Wittenberge (und weiter über Nauen nach Berlin, mit 628er Triebwagen) verkehrten. In einer eigenen Tabelle erschienen die zwischen Hennigsdorf und Velten verkehrenden Züge sowie die zwischen Velten und Kremmen fahrenden Busse.

Die ersten Züge unter dem Namen Prignitz-Express verkehrten lediglich zwischen Berlin-Charlottenburg und Neuruppin, also nicht in die namensgebende Prignitz im Nordwesten des Landes Brandenburg. Zur Eröffnung der Strecke konnte die Bahn zunächst nicht den versprochenen Gelenktriebwagen „GTW 2/6“ einsetzen, sondern lediglich die Baureihe 628. Seitdem fuhren die Züge zwischen Berlin-Charlottenburg und Wittstock. In Wittstock wurde der Verkehr gebrochen. Zwischen Wittstock und Wittenberge verkehrte die RB 71. Erst im Jahre 2004 wurde der durchgehende Verkehr Wittenberge - Neuruppin - Berlin-Charlottenburg eingeführt, zunächst noch auf den alten Gleisen. Der Verkehr zwischen Berlin-Spandau und Berlin-Charlottenburg wurde Ende 2005 durch das Land Berlin abbestellt.

In der Woche fährt der RE 6 auf der Gesamtstrecke im Stundentakt, am Wochenende wird nur der Abschnitt Neuruppin - Berlin-Spandau im Stundentakt bedient, auf dem Restabschnitt verkehrt man im Zweistundentakt. Alternierend zum RE 6, verkehrt zwischen Kremmen und Hennigsdorf die RB 55, die auch die Orte Bärenklau, Vehlefanz und Schwante anfährt und somit zwischen Kremmen, Velten und Hennigsdorf einen annähernden 30-Minutentakt gewährleistet.

Güterverkehr herrscht auf der Strecke kaum noch. Lediglich auf dem Abschnitt Pritzwalk - Liebenthal - Wittstock/Dosse verkehrt sechs mal wöchentlich ein Güterzug der Eisenbahngesellschaft Potsdam, der zur Bedienung des örtlichen Werkes Kronotex in Heiligengrabe dient. Auch Railion Deutschland bedient den Anschluss mit regelmäßiger Häufigkeit.

Bahnhöfe

Auf einige Stationen zwischen Neuruppin und Hennigsdorf kamen nach dem Ausbau auch Nachteile zum Tragen: So wurde im Bahnhof Kremmen durch das Entfernen von Weichen die Begegnungsmöglichkeit für verspätete Züge genommen. Es gibt somit auf dem gesamten Abschnitt Velten-Neuruppin keinen Bahnhof als Begegnungsmöglichkeit. Verspätungen können somit kaum verringert werden. Beim Ausbau des Abschnittes Neuruppin-Wittstock wurde im Bahnhof Dossow (Prignitz) eine weitere Begegnungsmöglichkeit geschaffen um Verspätungen verringern zu können.

Anbindung an Berlin

Im Zuge der Anbindung an Berlin wird immer wieder diskutiert, ob die Anbindung Hennigsdorfs an Berlin-Gesundbrunnen entlang der S-Bahn-Strecke ermöglicht werden soll, um den Vorkriegszustand der Strecke wieder herzustellen. Damit würde eine umsteigefreie Verbindung in die Innenstadt möglich sein. Zum großen Teil liegen noch die alten Gleise, sodass nur die Gleistrennung in Hennigsdorf aufgehoben werden müsste. Bei der jetzigen Lösung wechselt der Zug in Hennigsdorf die Fahrtrichtung und fährt einen Viertelkreis gegen den Uhrzeigersinn auf dem Berliner Außenring, um von Westen her in Berlin-Spandau zu enden. Wer in die Berliner Innenstadt fahren möchte, muss dort umsteigen.

Einzelnachweise

  1. Bahn-Report, Ausgabe 2/1996, S. 38
  2. a b Erich Preuß, Prignitz-Express, Pro-Bahn-Zeitung 1/2001, S.42 (PDF-Datei)
  3. Berliner Zeitung vom 29. Oktober 1999, siehe hier
  4. Pressemitteilung Nr: 096/2003 des Ministerium für Infrastruktur und Raumordnung, siehe hier

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