- Reinhard Selten
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Reinhard Selten (* 5. Oktober 1930 in Breslau) ist ein deutscher Volkswirt und Mathematiker. Im Jahr 1994 erhielt er als bisher einziger Deutscher zusammen mit John Forbes Nash und John Harsanyi den Wirtschaftsnobelpreis für die gemeinsamen Leistungen auf dem Gebiet der Spieltheorie.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Reinhard Selten bestand sein Abitur am Geschwister-Scholl-Gymnasium in Melsungen mit Auszeichnung.
Nach dem Studium der Mathematik und der Promotion 1961 in Volkswirtschaft an der Goethe Universität in Frankfurt am Main war er Gastprofessor in Berkeley und lehrte von 1969 bis 1972 an der Freien Universität Berlin und von 1972 bis 1984 an der Universität Bielefeld. Anschließend nahm er einen Ruf an die Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn an. Dort baute er das Laboratorium für experimentelle Wirtschaftsforschung auf, an dem er auch nach seiner Emeritierung aktiv tätig ist.
Seit 2006 leitet er ein Akademieprojekt der Nordrhein-Westfälische Akademie der Wissenschaften und der Künste mit dem Titel Rationalität im Lichte der experimentellen Wirtschaftsforschung.[1]
Selten ist verheiratet und wohnt in Königswinter-Ittenbach.
Wirken
Selten entwickelte 1965 das Konzept des teilspielperfekten Gleichgewichts und 1975 das Konzept des trembling-hand-perfekten Gleichgewichts. 1994 wurde ihm für seinen Beitrag in der Spieltheorie der Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften verliehen, zusammen mit John Harsanyi und John Forbes Nash jr. Er ist zudem für seine Arbeiten im Bereich der Eingeschränkten Rationalität bekannt (siehe beispielsweise die sog. Anspruchsanpassungstheorie von Sauermann und Selten und das Konzept des Imitationsgleichgewichts von Ostmann und Selten), und er zählt zu den Begründern der experimentellen Ökonomie.
Reinhard Selten ist Mitglied der Econometric Society und der European Economic Association (EEA), deren langjähriger Präsident er war. Er ist Ehrenmitglied der American Economic Association (AEA). Zudem ist er ordentliches Mitglied der Nordrhein-Westfälischen Akademie der Wissenschaften und der Künste, außerordentliches Mitglied der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften und auswärtiges Ehrenmitglied der American Academy of Arts and Sciences. Er ist Gründungsmitglied der „Internationalen Akademie der Wissenschaften San Marino“. Selten spricht, ebenso wie seine Frau, seit seiner Jugend Esperanto[2]; er hat einige Werke in Esperanto verfasst und herausgegeben, u.a. über die Anwendung der Spieltheorie auf das Problem der Wahl einer internationalen Sprache. Selten kandidierte bei der Europawahl 2009 als deutscher Spitzenkandidat für die Liste Europa – Demokratie – Esperanto (EDE).
Zu seinen Schülern gehören unter anderem viele Ökonomen und Forscher wie Axel Ockenfels, Christian Rieck, Abdolkarim Sadrieh, Benny Moldovanu und Rosemarie Nagel.
Ehrungen und Auszeichnungen
- 1989: Ehrendoktorwürde in Ökonomie der Universität Bielefeld
- 1991: Ehrendoktorwürde in Ökonomie der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main
- 1994: Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften
- 1996: Ehrendoktorwürde in Ökonomie der Universität Graz
- 1996: Ehrendoktorwürde in Ökonomie der Universität Breslau
- 1996: Ehrenprofessur der Jiaotong-Universität Shanghai
- 1997: Ehrendoktorwürde in Ökonomie der Norwich University, USA
- 1998: Ehrendoktorwürde der École normale supérieure de Cachan, Paris
- 2000: Ehrendoktorwürde der Universität Innsbruck
- 2000: Staatspreis des Landes Nordrhein-Westfalen
- 2003: Ehrendoktorwürde der Universität Hongkong (CHUK)
- 2005: Ehrenprofessur der Tongji-Universität Shanghai
- 2006: Pour le mérite für Wissenschaften und Künste
- 2006: Ehrendoktorwürde der Universität Osnabrück
- 2007: Ehrensenator der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn
- 2009: Ehrendoktorwürde der Georg-August-Universität Göttingen
- 2010: Ehrenprofessur der Nanjing Audit University[3]
Der Verein für Socialpolitik vergibt den nach ihm benannten Reinhard-Selten-Preis.
Werke (Auswahl)
- Bewertung von n-Personenspielen. Dissertation vom 24. Juli 1961, Universität Frankfurt, Naturwiss. Fakultät, Frankfurt, 1961.
- Preispolitik der Mehrproduktenunternehmung in der statischen Theorie. Habilitationsschrift, FU Berlin. Springer, Berlin [u.a.] 1970. (Ökonometrie und Unternehmensforschung, Band 16)
- Zus. mit Werner Güth: Macht Einigkeit stark? Spieltheoretische Analyse einer Verhandlungssituation. Institut für Mathemat. Wirtschaftsforschung an der Univ. Bielefeld, Bielefeld 1977. (Working papers / Institute of Mathematical Economics; Nr. 58)
- Zus. mit Werner Güth: Original oder Fälschung - Gleichgewichtsauswahl in einem Verhandlungsspiel mit unvollständiger Information. Institut für Mathemat. Wirtschaftsforschung an der Univ. Bielefeld, Bielefeld 1982. (Working papers; Nr. 113)
- Die konzeptionellen Grundlagen der Spieltheorie einst und jetzt. Bonn Graduate School of Economics, Departments of Economics, University of Bonn. Bonn Graduate School of Economics, Bonn 2001. (Bonn Econ Discussion Papers / Bonn Graduate School of Economics, Department of Economics, University of Bonn; 2001, 2)
- Enkonduko en la teorion de lingvaj ludoj : chu mi lernu esperanton? = Einführung in die Theorie sprachlicher Spiele / Reinhard Selten ; Jonathan Pool. Akad. Bücherdienst, Berlin [k.a.] 1995. (Grundlagenstudien aus Kybernetik und Geisteswissenschaft; Band 36, 1995, [Beih.]) ISBN 3-929853-03-5
Siehe auch
Weblinks
- Reinhard Selten - Autobiography in englischer Sprache
- Literatur von und über Reinhard Selten im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Reinhard Selten auf der Website des Laboratory for Experimental Economics an der Universität Bonn
- Informationen der Nobelstiftung zur Preisverleihung 1994 an Reinhard Selten (englisch)
- Bücher von Reinhard Selten in der Sammlung für Plansprachen der ONB
- Interview mit Reinhard Selten: „So schwierig ist das Leben mit dem Nobelpreis auch nicht“ auf Spiegel Online, 12. Oktober 2009
- Nobelpreisträger Reinhard Selten: „Den homo oeconomicus gibt es nicht“, Interview in Institutional Money, September 2010
Einzelnachweise
Kategorien:- Ökonom (21. Jahrhundert)
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