- Rochus Misch
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Rochus Misch (* 29. Juli 1917 in Alt Schalkowitz) war ein SS-Mann in der Leibstandarte-SS Adolf Hitler, zuletzt mit dem Dienstgrad Oberscharführer. Misch war 1940–1945 als Angehöriger des Führerbegleitkommandos im Führerhauptquartier tätig, zuletzt auch als Telefonist. Misch ist der letzte noch lebende Zeitzeuge des Suizids von Adolf Hitler und dessen Frau Eva, geb. Braun.
Inhaltsverzeichnis
Kindheit und Ausbildung
Rochus Misch war das zweite Kind des Bauarbeiters Rochus Misch und dessen Frau Victoria. Sein Vater, der als Soldat im Ersten Weltkrieg durch einen Lungenschuss schwer verwundet worden war, starb kurz vor seiner Geburt.[1] 1920 starb die Mutter an einer Lungenentzündung. Im Mai 1922 erlitt sein älterer Bruder einen tödlichen Badeunfall. Misch wuchs ab seinem sechsten Lebensjahr bei seinen Großeltern mütterlicherseits auf.
Misch besuchte acht Jahre die Volksschule und machte danach in Hoyerswerda eine Ausbildung zum Maler.[2] Nachdem er einige Zeit Malergeselle gewesen war, machte er sich mit einem älteren Kollegen in Hornberg im Schwarzwald selbstständig.[3]
Misch meldete sich 1937 bei der Musterung freiwillig zur SS-Verfügungstruppe, einer Vorgängerorganisation der Waffen-SS. Seinen Einberufungsbefehl zur Leibstandarte-SS Adolf Hitler erhielt er am 1. Oktober 1937. Misch nahm mit seiner SS-Einheit am „Anschluss“ Österreichs und der Besetzung des Sudetenlands in Folge des Münchner Abkommens teil.
Zweiter Weltkrieg
Einsatz als Angehöriger der Leibstandarte Adolf Hitler bei den Kämpfen um Modlin
Am 24. September 1939 wurde Misch während des Polenfeldzugs im Kampfgeschehen um die Festung Modlin am Arm und durch einen Lungendurchschuss schwer verwundet.[4] Nach mehreren Wochen im Feldlazarett verlegte man ihn in das Lazarett Bad Berka. Im Anschluss daran hielt er sich sechs Wochen in einem Erholungsheim in den Alpen auf. 1939 wurde ihm das Eiserne Kreuz 2. Klasse und das Verwundetenabzeichen in Schwarz verliehen.
Zuteilung zum Führerbegleitkommando
Nach Mischs Genesung und auf Empfehlung seines Kompaniechefs Wilhelm Mohnke teilte der damalige Chefadjutant Hitlers, Wilhelm Brückner, Misch dem Führerbegleitkommando zu.[5] Als Mitglied des Führerbegleitkommandos hielt er sich in den Jahren 1940 bis 1945 überwiegend in Berlin (Reichskanzlei), in Berchtesgaden am Obersalzberg (Berghof oder Kleine Reichskanzlei) oder in Rastenburg (Führerhauptquartier Wolfsschanze) auf.
Misch berichtet von den letzten Tagen im Bunker unter der Reichskanzlei und einem Gespräch mit Goebbels an dessen Todestag (Selbstmord), dem 1. Mai 1945:
Goebbels: „Irgendwelche Anrufe für mich, Misch?“
Misch: „Ja, Herr Reichskanzler. Die Gauleitung, General Weidling und ein Anruf von Oberstleutnant Seiffert.“
„Na, das ist ja nicht mehr viel“, winkte Goebbels nun ab.[6]Misch verließ in der Folge den Führerbunker. Mit Goebbels blieb nur der Maschinist Johannes Hentschel dort zurück.[7] Misch flüchtete am Morgen des 2. Mai 1945 von der Vorderfront der Alten Reichskanzlei durch die U-Bahn-Tunnel vom U-Bahnhof Kaiserhof über den Bahnhof Friedrichstraße und die Weidendammer Brücke bis zum Stettiner Bahnhof, wo er von Soldaten der Roten Armee gefangengenommen wurde. Wegen seiner Nähe zur politischen Prominenz des Dritten Reiches wurde er in die Sowjetunion geflogen und im Moskauer Militärgefängnis Butyrka festgesetzt, wo er nach eigenen Angaben wiederholten Misshandlungen ausgesetzt war.[8] 1953 wurde Misch aus der Kriegsgefangenschaft entlassen.[9]
Nachkriegszeit und Karriere als Zeitzeuge
Misch wollte nach seiner Heimkehr aus der Kriegsgefangenschaft eigentlich Bauzeichner werden, brach die Ausbildung aber nach nur wenigen Wochen infolge der traumatischen Erlebnisse in seiner Gefangenschaft ab. Mit einem Kredit über 28.000 Mark kaufte er schließlich ein Geschäft für Maler- und Raumausstattungsbedarf in Berlin-Schöneberg.[10] Seinen Malerbetrieb führte er bis zu seinem achtundsechzigsten Lebensjahr. Danach verkaufte er das Geschäft und zog sich in den Ruhestand zurück.
Rochus Misch lebt in Berlin. Er ist seit dem Tod von Hitlers Adjutanten Otto Günsche im Oktober 2003 der letzte Augen- und Zeitzeuge aus dem inneren Zirkel des „Dritten Reiches“. Misch hatte 1942 geheiratet und hat eine Tochter.[11]
Im April 2006 erschien eine TV-Dokumentation des MDR unter dem Titel Der letzte Zeuge – Rochus Misch. Ebenfalls im April 2006 wurde die Biografie von Misch unter dem Titel J'étais garde du corps d'Hitler in Frankreich publiziert. Das Buch behandelt überwiegend den Zeitraum von 1940 bis 1945. Weitere Veröffentlichungen folgten in Argentinien, Spanien, Brasilien, Polen, der Türkei und Japan. In Deutschland erschienen die Lebenserinnerungen von Misch am 30. Juni 2008 unter dem Titel Der letzte Zeuge im Münchner Pendo-Verlag.
Mischs Objektivität als Zeitzeuge ist umstritten, weil er sich nicht von seiner Tätigkeit für die Diktatur distanziert und beispielsweise den Hitler-Attentäter Claus Schenk Graf von Stauffenberg als „Kameradenmörder“ bezeichnet. Der Rezensent des ZDF-Kulturmagazin aspekte, Frank Vorpahl, bezeichnete Misch als „treue[n] Wachhund“ Hitlers, der auch heute „nichts auf sein Herrchen kommen lässt“.[12]
In dem Film Der Bunker (1981) wurde er von Michael Kitchen, in Der Untergang (2004) von Heinrich Schmieder und in Die letzte Schlacht (2005) von Florian Lukas gespielt. Alle Produktionen setzen sich kritisch mit den letzten Tagen des NS-Regimes auseinander. In seinem Buch Der letzte Zeuge spricht er von einer teilweise falschen Darstellung seiner Person im Film.
Veröffentlichungen
Buch
- Rochus Misch: Der letzte Zeuge. Ich war Hitlers Telefonist, Kurier und Leibwächter. Mit einem Vorwort von Ralph Giordano. 8. Auflage. Pendo, Zürich/München 2008, ISBN 978-3-86612-194-2.
Hörbuch
- Rochus Misch: Der letzte Zeuge. Ich war Hitlers Telefonist, Kurier und Leibwächter. Gesprochen von Frank Engelhardt, audio media verlag, München. ISBN 978-3-86804-060-9
Weblinks
- Rochus Misch in der deutschen und englischen Version der Internet Movie Database
- Literatur von und über Rochus Misch im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
Einzelnachweise
- ↑ Misch: „Der letzte Zeuge“, 4. Auflage, S. 38 f.
- ↑ Misch: „Der letzte Zeuge“, 4. Auflage, S. 43
- ↑ Misch: „Der letzte Zeuge“, 4. Auflage, S. 49 f.
- ↑ Misch: „Der letzte Zeuge“, 1. Auflage, S. 59 f.
- ↑ Hitlers Ende: „Der Chef brennt!“ Beitrag von Dominik Reinle (WDR) auf kriegsende.ard.de (o. D.)
- ↑ Rochus Misch: Der letzte Zeuge. 8. Auflage, 2008, S. 231
- ↑ Jetzt wird der Chef verbrannt. Interview (Teil 2) Süddeutsche.de, 29. April 2005. "Heß war ja eine Nummer null". Interview (Teil 1) Süddeutsche.de, 29. April 2005
- ↑ Misch: „Der letzte Zeuge“, 3. Auflage, S. 241
- ↑ roland-harder.de: Gespräch mit Rochus Misch, 6. April 2006
- ↑ Misch: „Der letzte Zeuge“, 1. Auflage, S. 259
- ↑ Ralf Simon: Des Teufels Leibwächter. Die Geheimnisse des letzten lebenden Hitler-Vertrauten, Spiegel-Online, 29. Juli 2007.
- ↑ Interview mit Rochus Misch im ZDF-Kulturmagazin aspekte vom 27. Juni 2008
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