St. Martin von Tours

St. Martin von Tours
Ikone des Hl. Martin im Kloster der Muttergottes und des Hl. Martin in Cantauque, Frankreich.

Martin von Tours (Lateinisch Martinus, * um 316/317 in Sabaria, römische Provinz Pannonien, heute Szombathely, Ungarn; † 8. November 397 in Candes bei Tours in Frankreich) war der dritte Bischof von Tours. Er ist einer der bekanntesten Heiligen der katholischen Kirche. Er wird auch in der evangelischen, anglikanischen und orthodoxen Kirche geehrt.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Martin von Tours, geboren 316 oder 317 als Martinus (abgeleitet vom Kriegsgott Mars), wuchs als Sohn eines römischen Tribuns in Pannonien im heutigen Ungarn auf. Die Jugend verbrachte er in Pavia, der Heimat seines Vaters in Oberitalien, wo er erstmals mit dem Christentum in Berührung kam. Widerwillig beugte Martinus sich dem Gebot des Vaters, der selbst als Militärtribun diente, und schlug eine Militärlaufbahn ein. Als Sohn eines römischen Offiziers war er gesetzlich zum Militärdienst verpflichtet. Im Alter von 15 Jahren wurde er zur Leibwache des Kaisers Konstantin II. nach Mailand eingezogen, das zu der Zeit die Residenz der westlichen römischen Reichshälfte war. Während Kämpfen zwischen Römern und Alemannen in Gallien, dem heutigen Frankreich und später auch jenseits des Rheins, in denen Martinus unter Julian diente, vertiefte sich sein Glaube. Vor einer Schlacht gegen anrückende Germanen in der Nähe des Heerlagers der Civitas Vangionum, des heutigen Worms, verweigerte Martinus als Offizier des römischen Besatzungsheeres die Teilnahme mit dem Hinweis, er sei von nun an nicht mehr „miles Caesaris“, ein Soldat des römischen Kaisers, sondern „miles Christi“ und bat um Entlassung aus dem Armeedienst. Dies wurde ihm lange verweigert und so wurde er erst 356 nach Ableistung seiner 25-jährigen Dienstzeit im Alter von 40 Jahren von Julian aus dem Heerdienst entlassen.

Nachdem er einige Zeit bei Hilarius, dem Bischof von Poitiers, gelernt hatte, zog er sich als Einsiedler auf die Insel Gallinaria bei Genua zurück. Bald aber folgten ihm viele Anhänger, sodass er dieses Leben wieder aufgab. Er reiste zu seiner Mutter nach Pannonien, die er zum christlichen Glauben bekehrte. Anschließend begab er sich erneut nach Gallien. Dort errichtet er in Ligugé das erste Kloster des Abendlandes. Im Jahre 375 errichtet er in der Nähe von Tours das Kloster Marmoutier. Bald lernte er Liborius, den Bischof von Le Mans, kennen. Mit ihm verband ihn eine lebenslange Freundschaft, und er spendete dem sterbenden Liborius im Juni 397 das Sakrament der Krankensalbung.

Simone Martini: Das Begräbnis des Hl. Martin
El Greco: Der Hl. Martin und der Bettler
Der Hl. Martin teilt seinen Mantel (Höchster Schloß, Frankfurt am Main)
Der Hl. Martin auf dem Stadtwappen von Greussen
Der Hl. Martin auf eimem Fresko in der Pfarrkirche St. Johannes in Dingolfing

Martin war Bindeglied zwischen Rom und dem Reich der Franken. Er verkörperte als asketischer Mönch das spätantike Ideal eines Bischofs oder Priesters. Als Nothelfer und Wundertäter wurde Martin schnell in der gesamten Touraine bekannt. Am 4. Juli 372 wurde er zum Bischof von Tours geweiht. Statt in der Stadt zu leben, wohnte er lieber in den Holzhütten vor der Stadtmauer, wo aber schon zu seinen Lebzeiten das Kloster Saint-Martin de Ligugé entstand.

Als Martin als Bischof von Tours in Trier weilte, klagten die Gegner des häretischen Bischofs Priscillian von Ávila diesen in Trier bei Kaiser Magnus Maximus an. Auf Betreiben Martins beendete Maximus den Prozess, ließ ihn aber nach der Abreise Martins aus Trier wieder aufnehmen und Priscillian 385 zum Tode verurteilen. Als Martin von der Hinrichtung erfuhr, protestierte er bei Kaiser Maximus ebenso wie Ambrosius von Mailand und Siricius von Rom scharf gegen dieses Vorgehen.

Als Martin 386 nach Trier kam, um sich bei Maximus für zwei Anhänger des 383 getöteten Kaisers Gratian einzusetzen, verweigerte er den Bischöfen um Ithacius, die die Verurteilung Priscillians betrieben oder gebilligt hatten, die eucharistische Gemeinschaft. Auf Drohungen des Kaisers, sowohl mit der Verfolgung der priscillianischen Gruppen als auch rechtgläubiger mit Martin verbundener asketischer Gruppen zu beginnen, ließ Martin sich bewegen, die eucharistische Gemeinschaft mit den beteiligten Bischöfen zumindest während der Bischofsweihe des Trierer Bischofs Felix wieder aufzunehmen.

Am 8. November 397 starb Martin 81-jährig auf einer Visite in Candes, einer Stadt seines Bistums. Er wurde am 11. November in Tours unter großer Anteilnahme der Bevölkerung beigesetzt. Martin war nach Maria, der Mutter Jesu, und dem Apostel Johannes der erste Heilige des Abendlandes, der nicht den Tod als Märtyrer gestorben war. (Im Osten ist der erste Heilige, der nicht durch das Martyrium gestorben ist, der hl. Nikolaus.) Damit wurde er im Westen zum ersten Heiligen einer neuen, damals nicht bekannten Art: Konnte bis dahin ein Christ Heiligkeit nur durch ein Martyrium erlangen, so wurde nun deutlich, dass Heiligkeit in einem sittlichen Lebenswandel und Taten der Nächstenliebe und Barmherzigkeit besteht. Martin wurde damit zur paradigmatischen Antwort auf die Frage des Umbruchs von der verfolgten Christenheit zur römischen Reichskirche. Es kam nun nicht mehr auf einen zeugenhaften, für Christus erlittenen Tod an, sondern auf einen am Beispiel Christi und seiner Botschaft orientierten Lebenswandel. Wohl deshalb wurde Martin über die Grenzen seiner Wirkstätten und über die Jahrhunderte hinweg einer der beliebtesten Heiligen der Christenheit. Der Tag seiner Verehrung wurde auf den 11. November festgelegt.

Überlieferung

Ab 334 war Martin als Soldat der Reiterei der Kaiserlichen Garde in Amiens stationiert. Die Gardisten trugen über dem Panzer die Chlamys, einen weißen Überwurf aus zwei Teilen, der im oberen Bereich mit Schaffell gefüttert war. An einem Tag im Winter begegnete Martin am Stadttor von Amiens einem armen, unbekleideten Mann. Außer seinen Waffen und seinem Militärmantel trug Martin nichts bei sich. In einer barmherzigen Tat teilte er seinen Mantel mit dem Schwert und gab eine Hälfte dem Armen. In der folgenden Nacht sei ihm dann im Traum Christus erschienen, bekleidet mit dem halben Mantel, den Martin dem Bettler gegeben hatte. Im Sinne von Mt 25,35–40 EU – „Ich bin nackt gewesen und ihr habt mich gekleidet … Was ihr getan habt einem von diesen meinen geringsten Brüdern, das habt ihr mir getan.“ – erweist sich Martin hier als Jünger Jesu.

Bald entstehen etliche Legenden mit Erzählungen von Wundern Martins. So wurden ihm beispielsweise Totenerweckungen zugeschrieben. Eine weitere Überlieferung besagt, dass Martin im Jahr 371 in der Stadt Tours von den Einwohnern zum Bischof ernannt werden sollte. Martin, der sich angeblich des Amtes unwürdig empfand, habe sich in einem Gänsestall versteckt. Die aufgeregt schnatternden Gänse verrieten aber seine Anwesenheit, und er musste das Bischofsamt annehmen. Davon leite sich der Brauch der „Martinsgans“ ab.

Verehrung

St-Martin-Fresko, Beuroner Kunstschule

Martins als heroisch empfundenes Leben führte bald zur Heiligsprechung. Der Frankenkönig Chlodwig erhob Martin zum Nationalheiligen und Schutzherrn der fränkisch-merowingischen Könige.

Martins Mantel (Lat. cappa) gehörte zum Kronschatz der merowingischen Könige und reiste mit ihrem Hof von Aufenthaltsort zu Aufenthaltsort. Aufbewahrt wurde sie häufig in kleineren als Kirchenraum dienenden Räumlichkeiten, die danach auch als Kapellen bezeichnet wurden. Die die Cappa begleitenden Geistlichen, die Kapellane, nahmen, da sie lesen und schreiben konnten, neben ihren seelsorgerischen Pflichten auch das Amt der Hof- und Urkundenschreiber wahr. Daraus erklärt sich auch der Name Hofkapelle für die königliche Kanzlei des Frankenreiches.

Martin ist der Schutzpatron Frankreichs, der Slowakei und des Eichsfelds. Er wird als Landespatron des Burgenlandes und als Patron der Stadt Mainz sowie als Patron des Mainzer Doms verehrt. Ebenso ziert er das Wappen vieler Orte. Er ist ebenfalls Namensgeber und Patron des Sankt Martin Ordens, einer international tätigen Bauhilfsorganisation aus Detmold. Auf ihn beruft sich auch die Vereinigung von Sankt Martin, ein Zusammenschluss von katholischen Priestern, der 1976 in Genua gegründet wurde: diese Vereinigung ist heute hauptsächlich in französischen Pfarreien tätig.

Martins Grab befindet sich heute in der vom Architekten Victor Laloux im 19. Jahrhundert geplanten neuen Basilika in Tours.

Aufgrund seiner Vita ist der Heilige Martin Schutzheiliger der Reisenden und der Armen und Bettler sowie der Reiter, im weiteren Sinne auch der Flüchtlinge, Gefangenen, Abstinenzler und der Soldaten.[1]

Namenstag

Der Namenstag des Heiligen fällt auf den 11. November (Martinstag), den Tag der Grablegung Martins. Zahlreiche Bauernregeln für diesen Kalendertag treffen Aussagen über die Witterungssitation des kommenden Winters:

  • Hat Martini einen weißen Bart, wird der Winter lang und hart.
  • Wenn an Martini Nebel sind, wird der Winter meist gelind.

Brauchtum

Der Martinstag wird in vielen Gebieten mit Umzügen und anderem Brauchtum begangen. Da Martins Leichnam in einer Lichterprozession mit einem Boot nach Tours überführt wurde, feiern vor allem die Kindergärten ein "Laternenfest". In vielen Regionen Deutschlands gehen Kinder dem Brauch des Martinssingens nach. Im Osten Österreichs und den benachbarten Teilen Ungarns und der Slowakei wird am 11. November traditionell die Martinsgans als Festspeise verzehrt. In evangelischen Gebieten verbindet sich der Martinsbrauch auch mit dem Gedenken an Martin Luther, der am 11. November getauft wurde, etwa bei der Martinsfeier in Erfurt.

Attribute

Martin wird entweder als römischer Soldat auf dem Pferd dargestellt, während er seinen Mantel teilt, oder er wird als Bischof mit den ikonografischen Attributen Rad oder Gänse abgebildet.

Heraldik

Im Wappen ist Martin von Tours eine gemeine Figur. Er ist einer der Heiligen, der in der Heraldik für die Religion in der Wappenkunst steht. Seine Darstellung erfolgt als Reiter, mit Schwert einen Mantel zerteilend. Vor ihm kniend der Bittende. Ein Heiligenschein um den Kopf erhöht die Wertigkeit des Reiters. Eine Auswahl von Wappen, in denen er dargestellt wird befindet sich in der Liste der Wappen mit Martin von Tours

Siehe auch Galerie Heiliger in Wappen

Ortsnamen und Patrozinien

Literatur

  • Roman Mensing: Martin von Tours, Düsseldorf 2004.
  • Joachim Drumm (Hrsg.): Martin von Tours: der Lebensbericht von Sulpicius Severus, Ostfildern 1997.
  • Clare Stancliffe: St. Martin and his hagiographer: history and miracle in Sulpicius Severus, Oxford 1983.
  • Jacques Fontaine: Vérité et fiction dans la chronologie de la Vita Martini. In: Studia Anselmiana 1961, S. 189–236.

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Schutzheilige Schutzpatrone – Lexikon, www.kirchenweb.at

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