Steilstrecke Eibenstock

Steilstrecke Eibenstock
Eibenstock unt Bf–Eibenstock ob Bf
Strecke der Steilstrecke Eibenstock
Ausschnitt der Streckenkarte Sachsen von 1902
Kursbuchstrecke: 442 (1975)
Streckennummer: sä. EEo
Streckenlänge: 3,145 km
Spurweite: 1435 mm (Normalspur)
Maximale Neigung: 50 
Minimaler Radius: 200 m
Höchstgeschwindigkeit: 20 km/h
Legende
   
von Adorf (Vogtl)
   
0,000 Eibenstock unt Bf 513 m
   
nach Chemnitz Hbf
   
3,145 Eibenstock ob Bf 641 m

Die als Steilstrecke Eibenstock bekanntgewordene Nebenbahn Eibenstock unt Bf – Eibenstock ob Bf war neben einem Abschnitt auf der Schmalspurbahn Wilkau-Haßlau–Carlsfeld einst die steilste Eisenbahnstrecke in Sachsen. Durch die von den Einheimischen oft als Stadtbahn bezeichnete Strecke erhielt die auf der Erzgebirgshochfläche liegende Stadt Eibenstock eine direkte Bahnanbindung an die im Tal der Zwickauer Mulde verlaufende Bahnstrecke Chemnitz–Aue–Adorf.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Eibenstock hatte schon 1875 an der Chemnitz-Aue-Adorfer Eisenbahn einen ersten Bahnhof erhalten. Die im Tal der Zwickauer Mulde verlaufende Linie lag jedoch weitab der auf der Höhe liegenden Stadt, sodass jegliche Warentransporte nach Eibenstock umständlich mit Fuhrwerken über steile Wege zur Stadt befördert werden mussten. Um dem abzuhelfen, beschloss der sächsische Landtag um 1900 den Bau einer im Bahnhof Schönheiderhammer beginnenden normalspurigen Sekundärbahn. Der Umbau des Bahnhofes Schönheiderhammer erwies sich jedoch letztlich als zu teuer, sodass nun der Bahnhof Eibenstock Ausgangspunkt der neuen Bahn sein sollte. Nach dem Vorbild der im böhmischen Erzgebirge gelegenen Lokalbahn Schlackenwerth–Joachimsthal wurde eine Strecke mit einer maximalen Längsneigung von 1:20 errichtet. Am 3. Mai 1905 wurde der Betrieb auf der steilsten Bahnlinie Sachsens aufgenommen.

Am 29. Januar 1945 ereignete sich wegen Bremsversagen an einem talwärts fahrenden Zug ein schweres Unglück, bei dem fünf Menschen getötet und 39 verletzt wurden.

Als Ende der sechziger Jahre der Bau der Talsperre Eibenstock geplant wurde, war das Ende der Bahn vorgezeichnet. Zum Fahrplanwechsel am 27. September 1975 wurde der Reisezugverkehr eingestellt. Am 5. Oktober 1975 wurde die Strecke stillgelegt und wenig später abgebaut.

Betriebliche Besonderheiten

Aufgrund der starken Steigung gab es zahlreiche Sicherheitsvorschriften. So mussten sämtliche Züge auf der Bergfahrt geschoben und auf der Talfahrt gezogen werden. Beim Bruch einer Kupplung kam es damit nicht zum Abreißen des ganzen Wagenzuges. Weiterhin musste die Dampflokomotive immer mit der Rauchkammer zum Berg stehen, damit wurde ein Ausglühen der Feuerbüchse wegen Wassermangels vermieden. Zusätzlich war jede Lok mit vier unabhängig voneinander wirkenden Bremsen ausgestattet und zwar:

  1. Druckluftbremse
  2. Zusatzbremse
  3. Handbremse
  4. Gegendruckbremse

Jeder Zug von Eibenstock ob. Bf musste zudem am Einfahrsignal, das ständig Halt zeigte, im unteren Bahnhof anhalten. Die hinter dem Einfahrsignal liegende Schutzweiche führte auf ein Sandgleis. Erst wenn der Zug vor dem Signal hielt wurde die Schutzweiche umgelegt, danach das Signal auf Fahrt Frei gestellt und der Zug konnte in den unteren Bahnhof einfahren.

Seit dem schweren Unglück im Januar 1945 wurden die Wagenzüge alle zwei Tage zur Bremsrevision ins Bahnbetriebswerk Aue überstellt.

Auf der Bergfahrt wurde dem Zug ein Zugführerwagen vorangestellt. Dieser war mit Stirnwandfenstern und Spitzenlichtern versehen worden, sodass der Zugführer die Streckenbeobachtung übernahm, da ja die Lokomotive immer den Zug schob und der Lokführer selber nicht die Strecke überwachen konnte. Bei eventuell auftretenden Hindernissen übermittelte der Zugführer ein Signal an die Lokomotive, sodass der Zug gestoppt wurde.

Fahrzeugeinsatz

Lokomotiven

94 2105 im Eisenbahnmuseum Schwarzenberg

In den ersten Jahren des Betriebes wurden die Züge von der dreiachsigen sächsischen Gattung V T (DR-Baureihe 89.2) befördert. Zusätzlich dazu waren im Lokbahnhof Eibenstock einige Lokomotiven der Gattung V stationiert. Diese zwei Baureihen wurden 1923 von der preußischen T 8 abgelöst, welche bis 1927 hier im Einsatz war. 1926 kam erstmals die DRG-Baureihe 94.19-21 auf die Steilstrecke. Zwischen 1935 und 1948 wurden zusätzlich auch einige Maschinen der DRG-Baureihe 94.5–17 eingesetzt.

Die letzten Jahrzehnte war dann die sächsische DR Baureihe 94.19-21 mit Riggenbach-Gegendruckbremse die einzige auf der Steilstrecke zugelassene Lokomotivbaureihe. Bis zuletzt hielt das Bahnbetriebswerk Aue für den Betrieb auf der Steilstrecke noch drei Lokomotiven betriebsfähig vor. Mit der Stilllegung der Strecke endete 1975 mit dieser Gattung der Einsatz sächsischer Länderbahnlokomotiven bei der Deutschen Reichsbahn. Die Lokomotive 94 2105 wurde von Mitarbeitern des Bw Aue vor der Verschrottung bewahrt und kann heute im Eisenbahnmuseum Schwarzenberg besichtigt werden.

In den letzten Monaten vor der Betriebseinstellung waren nur noch zwei einsatzfähige Lokomotiven der Baureihe 94.19-21 vorhanden, sodass auch Maschinen der Baureihe 86 im Ausnahmefall (Auswaschtag oder Reparatur einer der letzten zwei 94er) die Steilstrecke befuhren. Obwohl die eingesetzten Lokomotiven der Baureihe 86 keine Gegendruckbremse besaßen, konnten sie die Züge trotzdem sicher vor dem Einfahrsignal im unteren Bahnhof zum Stillstand bringen.

Personenwagen

In den ersten Betriebsjahren waren zunächst zweiachsige sächsische Personenwagen mit Einstiegsbühnen an den Stirnseiten und Oberlicht eingesetzt. Ab den 20er Jahren kam ein buntes Sammelsorium unterschiedlichster Wagen zum Einsatz. So waren bis 1971 noch zahlreiche ehemalige Länderbahnwagen auf der Stadtbahn anzutreffen. Erst ab 1971 wurde das veraltete Wagenmaterial gegen Reko-Wagen ausgetauscht.

Literatur

  • Erich Preuß, Rainer Preuß: Sächsische Staatseisenbahnen. transpress Verlagsgesellschaft mbH, Berlin, 1991 ISBN 3-344-70700-0
  • Eberhard Schramm: Die Steilstrecke von Eibenstock, EK-Verlag Freiburg 1997 ISBN 3-88255-432-0

Weblinks


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