Stella K. Hershan

Stella K. Hershan
Stella Kreidl Hershan

Stella K. Hershan (* 7. Februar 1915 in Wien) ist eine aus Österreich emigrierte, in deutscher und englischer Sprache schreibende US-amerikanische Schriftstellerin mit Wohnsitz in New York City.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Stella Hershan kam am 7. Februar 1915 als Kind jüdischer, liberal denkender Eltern in Wien zur Welt. Ihr Vater Felix Kreidl war ein erfolgreicher Kaufmann, ihre Mutter Lucy Kreidl eine feinsinnige und gebildete Frau. Stella wuchs wohlbehütet und unbeschwert im Wiener Bezirk Hietzing auf, wo sie auch das Gymnasium Wenzgasse besuchte. Nach Unstimmigkeiten bei einer Wiederholungsprüfung wechselte sie in eine Sprachschule, in der sie Unterricht in Fremdsprachen und Literatur erhielt. Schon damals zeigte sie ihre große schriftstellerische Begabung mit einem Aufsatz Menschen in der Bar, der in der Jugendbeilage der renommierten Tageszeitung Neue freie Presse erschien. Im November 1933 heiratete sie Rudolph Herschan, den Besitzer einer Metallbau-Fabrik, in einer reformierten Synagoge in der Eitelbergergasse in Hietzing. Am 29. Juli 1937 gebar sie im Sanatorium Hera eine Tochter, Lisa. Umsorgt von mehreren Bediensteten verlief ihr Leben zunächst sehr angenehm.

Doch nach dem Anschluss Österreichs ans Deutsche Reich im März 1938 war die junge Familie auf Grund der lebensbedrohenden Anfeindungen gegen Staatsbürger jüdischer Abstammung gezwungen, sich die Ausreisepapiere für die Flucht zu erkaufen. Die abenteuerliche Reise führte über die Schweiz, quer durch Frankreich zunächst nach Paris, dann nach Cherbourg in der Normandie, wo sie voll neuer Hoffnung und Zuversicht den Ozeanriesen Queen Mary bestiegen. Am 9. Februar 1939 erreichten sie schließlich den Hafen von New York und erblickten das Symbol der Freiheit.

Bis Kriegsende wohnten die Hershan's in einer bescheiden möblierten Wohnung in Manhattan. Stella Hershan nahm neben der Betreuung ihres Kindes jede Gelegenheit wahr, die englische Sprache zu erlernen. Während dieser Zeit wurde sie auf Eleanor Roosevelt, der Gattin des damaligen Präsidenten der Vereinigten Staaten Franklin D. Roosevelt aufmerksam, die großes Verständnis für das Los der jüdischen Immigranten zeigte. Hershans wachsende Bewunderung für diese sozial engagierte First Lady sollte ungeheuren Einfluss auf ihr späteres Leben ausüben.

Um das knappe Familieneinkommen aufzubessern, arbeitete Stella nach 1941 als Kosmetikverkäuferin bei Elizabeth Arden. Nach Kriegsende fassten die Hershan's in Forest Hills Fuß. Sie nahmen die amerikanische Staatsbürgerschaft an [1] und schworen den Eid auf die neue Heimat aus tiefster Überzeugung. Um sich ihren Kindheitstraum als eine Schriftstellerin zu erfüllen, gab Stella ihre Arbeit auf und begann Ausbildungsgänge in Journalismus, Geschichte und Psychologie an einer Universität von New York, das ihr auch ein Zeugnis über „Allgemeinbildung“ (General Education) einbrachte, danach an der New School for Social Research mit einem Abschluss in „Mitarbeiterbeziehungen“. Danach schrieb sie eine Vielzahl englischer Texte.

Die Begegnung mit Eleanor Roosevelt während ihrer Studienzeit 1959 inspirierte Hershan dazu, zwei Bücher über diese faszinierende Frau zu schreiben. Sie machte auch Führungen zum früheren Wohnsitz von Eleanor Roosevelt im New Yorker Hyde Park. Nach der Heirat ihrer Tochter Lisa mit Allan Grabell und der Geburt von Enkel Larry und Enkelin Sheryl erkrankte ihr Mann Rudolph schwer und starb 1968. Nunmehr auf sich selbst angewiesen, begann sie eine Anstellung beim internationalen Buch- und Zeitschriftenverlag Rizzoli. Als Leiterin der Deutschen Abteilung der Buchhandlung in New York lud sie bekannte Persönlichkeiten ein, im Rahmen von „Rizzoli's literarische Stunde“ aus Ihren neuesten Werken vorzutragen.[2] Ihre Bücher schrieb sie meistens in der Nacht. Ab 1985 begann sie an der Berlitz School Deutsch zu unterrichten. Sie gründete ein Finanzmagazin Talent, das zum Ziel hatte, Emigranten die Beschäftigung in ihrer ursprünglichen Profession zu ermöglichen. Gleichzeitig war sie als Beraterin für ACEP (American Council for Emigres in the Professions) tätig, das sich um die Integration von Ärzten, Rechtsanwälten, Ingenieuren und Musikern bemühte. Da sich keine Gelegenheit bot, sich hin und wieder in ihrer Muttersprache zu unterhalten, flüchtete sich Stella Hershan in das Schreiben in deutscher Sprache. Der Grundstein für eine internationale Karriere als Schriftstellerin war gelegt.

Als sie 1972 zur Präsentation ihres Buches Der nackte Engel nach Wien flog, waren Ihre Gefühle für die frühere Heimat noch sehr zwiespältig. Sie waren eher von einer gewissen Genugtuung des Erreichten geprägt. Auch die Teilnahme am Jahreskongress des PEN-Clubs 1975 in Wien und einem Empfang beim Bundeskanzler Bruno Kreisky half nicht ihre Distanziertheit zu überwinden. Erst als ihr Enkel Larry 1988 im Rahmen einer organisierten Einladung [3] für 100 Enkelkinder früherer Emigranten liebevolle Aufnahme bei der Gastfamilie Smejkal gefunden hatte, begann die emotionale Sperre zu bröckeln. Sie konnte sich bei späteren Wienbesuchen wieder auf eine Bank im Stadtpark setzen, um den Flieder zu riechen. Ihre Gedanken kreisten zunehmend um die österreichische Geschichte. Ein Ergebnis war das 1992 in deutscher Sprache veröffentlichte Werk In Freundschaft, Elisabeth, das eine gedankliche Brücke zur Gegenwart schlägt.

Washington Square Arch und die Central Fountain im Park

Mit Unterstützung durch die Familie ihrer geliebten Tochter Lisa wagte sie 83-jährig die Tätigkeit als Lektorin insbesondere ihrer Bücher für Deutsch sprechende Passagiere auf verschiedenen Kreuzfahrtschiffen der Cunard Line bis zum Jahre 2000. Dabei lernte sie viele Menschen und europäische Länder kennen. 1999 wurde Stella Hershan durch eine Drillingsgeburt das erste Mal Urgroßmutter durch ihren Enkelsohn Larry und dessen Ehefrau Ellen Grabell, 2001 vierfache Urgroßmutter von Mädchen. Sowohl Larry, der sich auf die Zubereitung von Kaiserschmarren und Sachertorte versteht, als auch ihre Enkelin Sheryl pflegen im tiefsten Arizona österreichische Traditionen. Dieser enorme Rückhalt in ihrer Familie gibt ihr auch die Kraft, trotz des fortgeschrittenen Alters weiterhin zu schreiben und zu unterrichten. Anlässlich ihres 90. Geburtstages, den zu feiern sie nach Wien eingeladen wurde, eröffnete sie im Februar 2005 die von der Volkshochschule Hietzing ihr zu Ehren organisierte Ausstellung „Wien - New York und retour“. Der österreichische Bundespräsident Dr. Heinz Fischer übersandte ein Glückwunschschreiben. Bis März 2007 leitete sie in New York einen wöchentlichen Sprachlehrgang „German Conversation“ im Harvard Club der Harvard University. Anfang Mai 2008 besuchte sie auf Einladung der österreichischen Initiative A Letter To The Stars Wien, wo sie auch als ehemalige Schülerin der Montessori-Volksschule in der Albertgasse einen Vortrag in der Montessori Sekundarschule in Floridsdorf hielt und sich den Fragen der Schüler stellte. Sie lebt und arbeitet heute im New Yorker Künstlerviertel von Manhattan, in Greenwich Village, dessen Flair sie an den Wiener Stadtteil Grinzing erinnert[4].

Leistungen

Es war ihr ein besonderes Anliegen, historische Frauengestalten in den Mittelpunkt ihrer Romane und Sachbücher zu stellen. Dazu musste sie intensive und langwierige Nachforschungen anstrengen, da sich die historische Literatur hauptsächlich mit Männern der Geschichte beschäftigt. Das dadurch erworbene Wissen ermöglichte ihr, weltweit Vorlesungen über Frauen in der Geschichte zu halten. Der in englischer Sprache geschriebene Roman The naked angel erschien 1972 zuerst in deutscher Übersetzung als Der nackte Engel. Dieser Roman wurde in weitere Sprachen [5] übersetzt und reüssierte zum Bestseller. In ihren biographischen Büchern über Eleanor Roosevelt beschreibt sie ebenso die positive und einflussreiche Wirkung, die die Präsidentengattin auf andere Menschen ausgeübt hat. Dazu rief sie zahlreiche Zeugen auf, die über ihre persönlichen, schicksalhaften Erlebnisse mit dieser charismatischen Persönlichkeit berichteten.

Werke

Romane

  • The Naked Angel: a novel. London. 1973
  • Daughter of revolution. München. 1989
  • In Freundschaft, Elisabeth. Briefroman. Berg am Starnberger See. 1992
  • The Maiden of Kosovo: a novel. New York. 2003

Sachbücher

  • A Woman of Quality. Eine Biographie über Eleonor Roosevelt. New York. 1970
  • The Candles She Lit: The Legacy of Eleonor Roosevelt. Praeger. 1993
  • Emigration: Ein Buch für den Frieden; Exilgeschichten. München. 2004
  • Erinnerungen zwischen zwei Welten / Memories between two Worlds. Exilerzählungen. München. 2006 [6]

Zeitungsartikel

  • My visit with Mrs. Roosevelt. New York. 1961

Auszeichnungen

  • 1986: Goldene Verdienstmedaille der Stadt Wien „in Würdigung ihrer großen Leistungen“ [7]
  • 1995: New York Public Library Award für die beste Biographie für Teenager („The Candles She Lit“)

Literatur

Übersetzungen

Hörbücher

Anmerkungen

  1. Der Name Herschan wurde dabei an die englische Aussprache in Hershan angepasst.
  2. Rudolf Bing, Janet Flanner, William Manchester, George R. Marek (The Eagle Dies; Franz Joseph, Elisabeth, and Their Austria), existentieller Psychologe Dr. Rollo May, Jerzy Kosiński, UN-Generalsekretär Kurt Waldheim u.v.a.
  3. Veranstaltet durch die jüdische Kultusgemeinde und dem Bürgermeister der Stadt Wien, um „das Land der Großeltern kennenzulernen“
  4. Hershan's Wohnung liegt nahe beim Washington Square mit einem gepflegten Park und dem berühmten Bogen
  5. Holländisch, Italienisch und Schwedisch
  6. Hauptquelle für diesen Artikel (Gryphon ISBN 3-937800-67-0)
  7. überreicht von der österreichischen Generalkonsulin Dr. Helga Winkler-Campagna

Weblinks

 Commons: Stella K. Hershan – Album mit Bildern und/oder Videos und Audiodateien

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