- Stilben
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Strukturformel Allgemeines Name Stilben Andere Namen - 1,2-Diphenylethen
- 1,2-Diphenylethylen
Summenformel C14H12 CAS-Nummer - trans: 103-30-0
- cis: 645-49-8
Kurzbeschreibung Eigenschaften Molare Masse 180,25 g·mol−1 Aggregatzustand - trans: fest
- cis: flüssig
Dichte Schmelzpunkt Siedepunkt Löslichkeit unlöslich in Wasser[3]
Sicherheitshinweise EU-Gefahrstoffkennzeichnung [1][2] keine Gefahrensymbole R- und S-Sätze R: keine R-Sätze S: keine S-Sätze Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen. Stilben (1,2-Diphenylethen) ist ein ungesättigter Kohlenwasserstoff, der als symmetrisches Diphenylderivat des Ethens gesehen werden kann. Es existieren mit dem cis- und trans-Stilben zwei konfigurationsisomere Verbindungen. Das asymmetrische Diphenylderivat des Ethens ist das Konstitutions- bzw. Strukturisomer 1,1-Diphenylethen.
Der Name Stilben stammt 1845 vom französischen Chemiker Auguste Laurent und bezieht sich auf das griechische Wort stilbein für glänzen, ähnlich dem perlmuttglänzenden Mineral Stilbit.[6]
Inhaltsverzeichnis
Darstellung und Gewinnung
Die Synthese von trans-Stilben gelingt durch die Umsetzung von Benzaldehyd mit Benzylphosphonsäurediethylester in einer Horner-Wadsworth-Emmons-Reaktion.[7] Der alkylierte Phosphonsäureester kann durch eine Michaelis-Arbuzov-Reaktion von Diethylphosphit mit Benzylbromid erhalten werden.[7]
Eine alternative Herstellvariante ist die Umsetzung von Benzaldehyd mit Benzylmagnesiumbromid.[8] Die technische Herstellung von trans-Stilben erfolgt durch eine katalysierte oxydative Dimerisierung von Toluol oder durch eine reduktive Dimerisierung von Benzylidenchlorid.[6]
Die Herstellung von cis-Stilben erfolgt durch eine photochemische Isomerisierung von trans-Stilben.[9][10][11] Die Isomerisierungsreaktion ist reversibel. Eine Reisomerisierung zum trans-Stilben ist thermisch möglich.[12]
Die Synthese von reinem cis-Stilben gelingt auch durch Metallierung von Diphenylacetylen mit Lithium und anschließender Umsetzung mit Methanol bei −78 °C.[13] Eine weitere Herstellmöglichkeit ist die Decarboxylierung von 1-Phenylzimtsäure.[6]
Eigenschaften
Physikalische Eigenschaften
trans-Stilben bildet farblose glänzende Kristalle, die bei 125 °C schmelzen. Die Schmelzenthalpie beträgt 27,37 kJ·mol-1, die Schmelzentropie 68,8 J·mol-1·K-1.[4] Die molare Wärmekapazität hat bei 25 °C einen Wert von 235,0 J·mol-1·K-1.[4] Für den Feststoff wurde eine molare Verbrennungsenthalpie von -7360,8±3,9 kJ·mol-1 und eine molare Bildungsenthalpie von 136,7 kJ·mol-1 bestimmt.[14][15]
cis-Stilben ist eine farblose Flüssigkeit, die unterhalb des Schmelzpunktes bei 5,85 °C zum Feststoff kristallisiert.[5] Unter einem reduziertem Druck von 13 hPa wurde ein Siedepunkt von 135 °C beobachtet.[6] Die Verdampfungsenthalpie beträgt 66±1 kJ·mol-1.[16] Für die Flüssigkeit wurde eine molare Verbrennungsenthalpie von -7404,05±0,75 kJ·mol-1 bestimmt.[17]
Chemische Eigenschaften
cis-Stilben kann photochemisch zum 4a,4b-Dihydrophenanthren zyklisiert werden.[18] Das Zyklisierungsprodukt ist thermodynamisch instabil und bildet leicht das cis-Stilben zurück.[19] In Gegenwart von Oxydationsmitteln, im einfachsten Fall von Luftsauerstoff wird schnell das thermodynamisch stabile Phenanthren gebildet.
Verwendung
trans-Stilben kann als Monomerzusatz bei Copolymerisationen eingesetzt werden. Die Kristalle eignen sich als Szintillatormaterialien.[6] cis-Stilben dient oft als olefinische Testsubstanz, um bei organischen Synthesen den Mechanismus und die Stereospezifität aufzuklären. Zudem kann es als Ausgangssubstanz in der Heterocyclensynthese und in Cyclopropanierungen verwendet werden.[6]
Stilbenderivate
Vorkommen
Stilbenderivate werden in Pflanzen gefunden, sie sind Produkt zweier verschiedener Biosynthesewege. Ein Teil stammt aus dem Shikimisäure-Weg, der andere aus der Polyketidbiosynthese, dabei wird ein Phenylpropanidbaustein als Startereinheit für die iterative PKS-Synthese der PKS III verwendet.
Weitere Stilbenderivate sind Resveratrol, welches mit gesundheitsfördernden Wirkungen von Rotwein in Verbindung gebracht wird, Rhaponticin, ein aus Rhabarber isolierbares Phytoestrogen, und Pinosylvin, ein im Kernholz von Kiefern vorkommendes 3,5-Stilbendiol.[8]
Verwendung
Eine Reihe von Stilbenderivaten besitzen hormonartige Wirkung. Der Stoff Diethylstilbestrol (Diäthylstilböstrol, DES) war das erste kommerzielle orale Estrogenpräparat. Auf Grund der anabolen Wirkung wurde DES bis Anfang der 1980er-Jahre in der Rinder- und Schweinemast als Masthilfsmittel eingesetzt. Allerdings ist DES krebserregend. Deshalb ist die Anwendung von Stilben und deren Derivaten bei Tieren, die der Lebensmittelgewinnung dienen, in der EU verboten. In Deutschland ist dies gesetzlich in der Verordnung über Stoffe mit pharmakologischer Wirkung geregelt.[20] Im Zusammenhang mit Hormonfleisch-Skandalen wurden diese Stilbenderivate in Medienberichten oft als „Stilbene“ bezeichnet.
Stilben-Derivate werden häufig als optische Aufheller, vor allem in Textilien aus Polymerstoffen, sowie als Laserfarbstoffe eingesetzt. Dabei wird die Besonderheit des Stilbens gegenüber anderen Aromaten und Polyenen ausgenutzt, dass es trotz der die Absorption charakterisierenden Doppelbindung fluoresziert. Dies beruht auf der starken Änderung der Bindungsverhältnisse im angeregten Zustand; die Doppelbindung erhält im angeregten S1-Zustand starken Einfachbindungscharakter, die Einfachbindungen zu den Ringen dagegen gewinnen an Doppelbindungscharakter. Dadurch werden die Torsionsschwingungen der Ringe stark abgeschwächt, die bei anderen Verbindungen ähnlicher Struktur starken fluoreszenzlöschenden Charakter haben, woraus die vergleichsweise starke Fluoreszenzquantenausbeute von Stilben resultiert.
Literatur
- Topics in Current Chemistry. Vol. 209. Springer, Berlin 2000, ISBN 3-540-66573-0.
Einzelnachweise
- ↑ a b Datenblatt trans-Stilben bei Merck, abgerufen am 9. Dezember 2010.
- ↑ a b Datenblatt cis-Stilben bei Merck, abgerufen am 9. Dezember 2010.
- ↑ a b c d CRC Handbook of Chemistry and Physics. 87. Auflage. (CD-Rom Version 2007), Taylor and Francis, Boca Raton (FL) 2007.
- ↑ a b c J.C. Van Miltenburg, J.A. Bouwstra: Thermodynamic properties of trans-azobenzene and trans-stilbene in J. Chem. Thermodyn. 16 (1984) 61–65, doi:10.1016/0021-9614(84)90075-2.
- ↑ a b S. Frisch, H. Hippler, J. Troe: Z. Phys. Chem. (Muenchen) 188 (1995), S. 259-274.
- ↑ a b c d e f g Thieme Römpp Online. Georg Thieme Verlag, Stuttgart, abgerufen am 26. Januar 2011.
- ↑ a b Organikum. 21. Auflage. Wiley-VCH 2001, ISBN 3-527-29985-8.
- ↑ a b Römpp Lexikon Chemie, 10. Auflage Georg Thieme Verlag 1999
- ↑ H. Goerner, H. J. Kuhn: Adv. Photochem. 19 (1995) S. 1–117.
- ↑ J. Saltiel, J. T. D’Agostino, E. D. Megarity, L. Metts, K. R. Neuberger, M. Wrighton, O. C. Zafiriow: Org. Photochem. 3 (1973) 1.
- ↑ F.A. Carey, R.J. Sunberg: Advanced Organic Chemistry - Part A: Structure and Mechanisms. 5. Auflage. Springer, 2008, ISBN 978-0-387-68346-1, S. 1085–1091.
- ↑ C. Bastianelli, V. Caia, G. Cum, R. Gallo, V. Mancini: Thermal isomerization of photochemically synthesized (Z)-9-styrylacridines. An unusually high enthalpy of Z→E conversion for stilbene-like compounds. In: J. Chem. Soc.. Perkin Trans. 2, 1991, S. 679–683, doi:10.1039/P29910000679.
- ↑ G. Levin, J. Jagur-Grodzinski, M. Szwarc: Simple and quantitative method of preparation of cis-stilbene and its deuterated analog, Ph-CD:CD-Ph. In: J. Org. Chem.. 35 (1970), S. 1702, doi:10.1021/jo00830a109.
- ↑ S. Marantz, G.T. Armstrong: Heats of combustion of trans-stilbene and trans-2,2',4,4',6,6'-hexanitrostilbene (HNS) in J. Chem. Eng. Data 13 (1968) 118-121.
- ↑ S. Marantz, G.T. Armstrong: Heats of combustion of trans-stilbene and trans-2,2',4,4',6,6'-hexanitrostilbene (HNS) (Correction) in J. Chem. Eng. Data 13 (1968) 455.
- ↑ D.S. Brackman, P.H. Plesch: Some physical properties of cis-stilbene in J. Chem. Soc. 1952, 2188-2190, doi:10.1039/JR9520002188.
- ↑ K. Yates, R.S. McDonald: A thermochemical probe into the mechanism of electrophilic addition to olefins in J. Am. Chem. Soc. 93 (1971) 6297-6299.
- ↑ F. B. Mallory, C. W. Mallory: Photochemistry of stilbenes. VI. Steric effects on the photocyclizations of some m-substituted stilbenes. In: J. Am. Chem. Soc.. 95 (1972), doi:10.1021/ja00772a017, S. 6041–6048.
- ↑ L. Liu, B. Yang, T. J. Katz, M. K. Poindexter: Improved methodology for photocyclization reactions. In: J. Org. Chem.. 56 (1991), doi:10.1021/jo00012a005, S. 3769–3775.
- ↑ Bundesministerium der Justiz: Verordnung über Stoffe mit pharmakologischer Wirkung.
Weblinks
- Friedrich Katscher: Die Kinder des Stilböstrols. In: Wiener Zeitung. 16. Oktober 1998.
Kategorien:- Alkenylbenzol
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