- Stollenhieb
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Ein Stollen - im sächsischen Raum (Erzgebirge) vor allem in Eigennamen auch Stolln geschrieben - ist ein grundsätzlich waagerecht oder leicht ansteigend von der Tagesoberfläche aus in eine Berg- oder Hügelflanke getriebener unterirdischer Gang. Im allgemeinen dienen Stollen zur Verbindung der Erdoberfläche mit unterirdischen Anlagen. Dies können Bergwerke, aber auch beliebige andere Bauwerke (Kavernen, Bunker etc.) sein. Kennzeichnend für einen Stollen ist, dass im Gegensatz zum Tunnel lediglich eines seiner Enden, das sog. Stollenmundloch, an der Erdoberfläche liegt.
Inhaltsverzeichnis
Begriffe
Der Stollen besteht aus der Firste (Decke), den Stößen (Seiten) und der Sohle, in der sich erforderlichenfalls eine Aussparung für die Grubenwässer, die Rösche oder die so genannte Saige, befindet.
Die Tagesöffnung ist das Stollenmundloch. Das Ende des Stollens oder einer Grube, dort wo auf dem Gestein gearbeitet wird, wird Ort genannt. Von daher stammt der Ausdruck "vor Ort" arbeiten.
Der Stollenausbau dient der Absicherung vor Einsturz der Stollen im Bergbau, im Tunnelbau und bei der Absicherung von Höhlen. Ein Stollenausbau kann durch verschiedene Methoden erfolgen. Im Bergbau finden Türstöcke, ausgemauerte Gewölbe und Korbbogenprofile aus Eisenbahnschienen oft Anwendung. Bei neueren Gruben aus Eisenprofilen oder Stahl bzw. Beton.
Im Bergbau
Im Bergbau werden alle waagerechten („söhligen“) oder fast waagerechten Verbindungen zwischen Erdoberfläche und Lagerstätte als Stollen bezeichnet. Die Schreibweise „Stollen“ ist überwiegend in ehemals preußischen Bergrevieren verbreitet, während in den sächsischen Revieren „Stolln“ üblich ist. Neuere Forschungen haben ergeben, dass auch in preußischen Bergrevieren (Herzogtum Magdeburg, Bergamt Wettin, Kgl. Preuß. Oberbergamt Halle) die Schreibweise „Stolln“ bis ca. 1861/62 aufgrund der ursprünglich aus dem Erzgebirge stammenden Fachkräfte üblich war. Seit 1863 schrieb man „Stollen“.
Erbstollen
Eine besondere Aufgabe, nämlich die der Entwässerung oberhalb gelegener Bergwerke haben die so genannten Wasserlösungsstollen oder Erbstollen. In Zeiten des Stollenbaus, als es noch keine leistungsfähigen Pumpen gab, waren diese Bauwerke von großer Bedeutung. Der in einem Bergbaugebiet jeweils am tiefsten gelegene Stollen führte meist nicht nur das Wasser des Bergwerkes ab, zu dem er gehörte, sondern „erbte“ auch die Abwässer höher gelegener Bergwerke.
Das bergmännische Gewohnheitsrecht beschreibt auf diese Weise den Sachverhalt:
- „Der da bringet Wind und nimbt Wasser, als recht ist, der treibt den Obersten aus mit seinem Ädich“.
Der bergrechtliche Begriff des Erbstollens beschreibt den Umstand, dass der Besitzer dieses Stollens das Recht hatte, von allen Bergwerken, deren Wasser er ableitete, eine Abgabe von 1/10 der gesamten Förderung zu verlangen (der so genannte „neunte Teil“, das zehnte Zehntel war für den Landesherrn). Um als Erbstollen anerkannt zu werden, musste der Stollen die Erbteufe von 7 Lachter (circa 14 Meter) erfüllen und eine Spanne unterhalb des Schachtausganges der zugehörigen Zeche liegen. Die Erbstollengerechtigkeit beinhaltete ferner das Recht, mit dem Stollenhieb einen Teil der unterirdisch angetroffenen Lagerstätten für sich in Anspruch nehmen zu können. Dies war mitunter ein so lukratives Geschäft, dass nur zum Zweck des Baus und der Unterhaltung solcher Stollen Unternehmen gegründet wurden. Erbstollen erreichten zum Teil beträchtliche Längen. Der längste Erbstollen des Ruhrgebietes, der Schlebuscher Erbstollen, hatte schon in der Mitte des 19. Jahrhunderts eine Länge von 13 km. Auch der 1844 begonnene Rothschönberger Stolln, der bei seiner Fertigstellung eine Länge von 50,9 km erreichte, galt während seiner Errichtung noch als Erbstollen.
Sobald man unter der Stollensohle des Erbstollens arbeiten wollte, brauchte man einen neuen Erbstollen, Handpumpen, Pferdekraft oder eine Wasserhaltung zur Entwässerung. Für eine Wasserkunst wurde ein Wasserrad installiert um die Pumpen anzutreiben. Wo die Einrichtung unterirdisch eingebaut wurde, musste sogenanntes Aufschlagwasser von einer höheren Ebene herangebracht werden. Zu diesem Zwecke verwendete man ältere aufgegebene Stollen oder baute neue Stollen, die nur der Wasserbeförderung dienten.
Der Begriff Rösche ist ein anderes Wort für die Wassersaige: Eine Rinne im unteren Bereich des Stollens, die das Wasser abführt. Beim Erbstollen kann das Grubenwasser auch, je nach Wassermenge, den größten Teil des Stollens ausfüllen. Dann wird der Begriff Rösche auf den ganzen Stollen übertragen. Zum Freihalten des eigentlichen Stollenmundlochs und zum Schutz vor Rückstauungen wurden die Röschen auch bis unterhalb des Mundloches verlängert. Bei größeren Entfernungen bis zum nächsten Bach- oder Flusslauf wurden sie teilweise auch unterirdisch fortgeführt (zum Beispiel die Rösche des Rothschönberger Stollns).
Im Wasserbau
Mit dem Beginn der Wasserwirtschaft z.B. dem Bau der Talsperren wurden dann ebenfalls Stollen angelegt, um das Wasser aus anderen Tälern zu sammeln. Fälschlicherweise werden diese als „Stollen“ bezeichnet. Es sind jedoch Tunnel.
Wo in der Industrie Turbinen zum Einsatz kamen, wurden die Wasserkanäle künstlich unter den Fabrikgebäuden beim Bau hergestellt. Diese Kanäle wurden als Industriestollen bezeichnet, wenn es sich auch eigentlich um Kanäle handelt.
In der Geologie
Zuweilen werden auch vergleichbare unterirdische Gänge, die jedoch auf natürliche Weise entstanden sind (Gänge in Höhlen), als Stollen bezeichnet.
In der Militärtechnik
Einem militärischen Zweck dienten Stollen, die von Mineuren bei der Belagerung einer Festung unter das Fundament der Festungsanlage gegraben wurden, um entweder das Bauwerk mit Sprengladungen zum Einsturz zu bringen oder um für einen Überraschungsangriff einen Zugang in das Innere der Befestigungsanlage zu schaffen.
Siehe: Minenkrieg, Minengang
Luftschutz
Im Zweiten Weltkrieg wurden die Eingangsbereiche verlassener Bergbau-Stollen bevorzugt zu Luftschutz-Quartieren ausgebaut.
Gemauerter Stollen im Salzbergwerk Altaussee in der Steiermark.
Philipstollen im Sauerland.
Weblinks
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