- Tupolew Tu-4
-
Tupolew Tu-4
Tupolew Tu-4 im Fliegermuseum MoninoTyp: Strategischer Bomber Entwurfsland: UdSSR Hersteller: OKB Tupolew Erstflug: 3. Juli 1947 Indienststellung: 1948 Produktionszeit: 1948 bis 1952 Stückzahl: 847 Die Tupolew Tu-4 (NATO-Codename: „Bull“) war ein viermotoriger Langstreckenbomber der Anfangszeit des Kalten Krieges, der in der Sowjetunion vom Konstruktionsbüro Tupolew aus der amerikanischen Boeing B-29 entwickelt wurde.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Um einen Nachfolger für den bislang einzigen sowjetischen schweren Bomber Petljakow Pe-8 zu finden, hatte sich die Sowjetunion schon während des Zweiten Weltkrieges erfolglos darum bemüht, von den verbündeten USA im Rahmen des Leih- und Pachtvertrages moderne strategische Bomber zu bekommen.
Daher verfügten die sowjetischen Fernfliegerkräfte Mitte der vierziger Jahre über keinen strategischen Langstreckenbomber. Vier gegen Ende des Zweiten Weltkrieges in Sibirien notgelandete US-amerikanische Boeing B-29 behielten die Sowjets ein und verwendeten sie als Basis für einen Nachbau.
Dafür war eine Übertragung der Abmessungen in das metrische System und eine Anpassung an die zur Verfügung stehenden Werkstoffe und Triebwerke erforderlich. Um die anfangs relativ großen sowjetischen Atombomben aufnehmen zu können, musste auch der druckbelüftete Tunnel zwischen der vorderen und der hinteren Druckkabine entfallen, der bei der B-29 oberhalb der Bombenschächte verlief. Die Integraltanks der B-29 fehlten bei der Tu-4 ebenfalls. Als Abwehrbewaffnung sollten anfangs von N. M. Afanassjew speziell für diesen Typ entwickelte 12,7-mm-Maschinengewehre genutzt werden, später wurde jedoch entschieden, B-20E-Kanonen zu verwenden. In den späteren Serien wurde diese durch 23-mm-Kanonen NR-23 ersetzt.
Mit dem Erstflug am 3. Juli 1947 begann die Erprobung des anfangs als B-4 bezeichneten Flugzeugs, die von den Piloten M. Gallai, N. Rybko und A. Wassiltschenko durchgeführt und im Winter 1947/48 beendet wurde.
Die sowjetischen Fernfliegerkräfte erhielten mit der Tu-4 ihren ersten Nuklearbomber. 1952 wurden Tu-4 zur Minimierung der Flugdistanz nach Nordamerika auf den neu eingerichteten polnahen Luftstützpunkten in Dikson und auf der Schmidt-Insel stationiert. Andere Standorte waren das Baltikum, die Ukraine, Polen und die Tschechoslowakei. Auch in der DDR war die Tu-4 zeitweise stationiert. Während des Ungarischen Volksaufstandes erhielten auf dem Flugplatz Borispol stationierte Tu-4 der 43. Luftarmee den Befehl, das in einem Budapester Theater vermutete Hauptquartier der Aufständischen zu bombardieren. Am 3. November 1956 um 23:40 Uhr startete eine aus vier Flugzeugen bestehende Gruppe unter Führung von Oberstleutnant Semjonowitsch mit je 3000 Kilogramm Bomben an Bord zum Flug. Über Rumänien erhielt die Gruppe den Befehl zur Umkehr, da eine versehentliche Bombardierung eigener Truppen befürchtet wurde. Das Führungsflugzeug wurde zwei Jahre später nach Monino überführt, wo es seitdem besichtigt werden kann (siehe Foto).[1]
Einzelne Maschinen wurden auch als Versuchsträger Tu-4LL (Letajuschtschaja laboratorija, fliegendes Labor) bei verschiedenen Erprobungen wie beispielsweise von Propellerturbinen TW-4 und NK-12 von Kusnezow und TW-02 von Iwtschenko (dort als Tu-4TWD), Luftbetankungssystemen und Funk- und Funkmessgeräten, eingesetzt. Es soll auch eine Aufklärerversion Tu-4R existiert haben, in deren vorderen Bombenschächten zusätzliche Kraftstofftanks zur Erhöhung der Reichweite und in den hinteren die Kamerausrüstung mitgeführt wurde.
Einige Maschinen gingen an die Volksrepublik China. Dort wurden sie mit Propellerturbinen ausgerüstet und als Drohnenträger sowie als aerodynamischer Testträger für ein AEW-Radom auf dem Rumpf verwendet. Zwei Maschinen dieser Versionen befinden sich im China Aviation Museum nördlich von Peking.
Die Serienfertigung der Tu-4 lief 1952 nach 847 Exemplaren aus.[2]
Weiterentwicklungen
Ableitungen der Tu-4 waren das Passagierflugzeug Tu-70 und der Transporter Tu-75. Wie diese ging auch die Weiterentwicklung des Bombers als Tu-80/85 mit stärkeren Kolbentriebwerken bzw. Propellerturbinen nicht in Serienproduktion.
Betreiber
Technische Daten
Tupolew Tu-4: Kenngröße Daten Länge 30,19 m Flügelspannweite 43,08 m Höhe 8,46 m Tragflügelfläche 161,70 m² Antrieb vier Doppelsternmotoren Schwezow ASch-73TK mit je 2.400 PS Höchstgeschwindigkeit 420 km/h in Bodennähe
558 km/h in 10.000 m HöheReichweite 5100 km mit 2.000 kg Bomben Dienstgipfelhöhe 11.200 m Rüstmasse 35.270 kg Fluggewicht normal 47.500 kg
maximal 66.000 kgBesatzung 9–10 Mann Bewaffnung fünf Geschütztürme mit Zwillings-Kanonen B-20E (20 mm) oder NK-23 (23 mm),
bis zu 8.000 kg BombenSiehe auch
Literatur
- Wilfried Kopenhagen: Sowjetische Bombenflugzeuge, transpress, Berlin, 1989, ISBN 3-344-00391-7
Einzelnachweise
- ↑ Jewgeni Podolny, Ulrich Unger: Ihr Ziel ist Budapest, in Flieger Revue 3/96, S. 35–37
- ↑ Pavel Podvig, Frank van Hippel: Russian Strategic Nuclear Forces, Massachusetts Institute of Technology, Cambridge 2001, S. 367.
Weblinks
Commons: Tupolew Tu-4 – Sammlung von Bildern, Videos und AudiodateienListe der Flugzeugtypen des Herstellers TupolewZivile Baureihen ANT-1 - ANT-2 - ANT-9 - ANT-14 - ANT-20 - ANT-25 - ANT-35 - Tu-70 - Tu-104 - Tu-110 - Tu-114 - Tu-124 - Tu-134 - Tu-144 - Tu-154 - Tu-204 - Tu-214 - Tu-244 - Tu-324 - Tu-330 - Tu-334 - Tu-354 - Tu-414 - Tu-444
Militärische Baureihen ANT-3 - ANT-4 - ANT-5 - ANT-6 - ANT-7 - ANT-10 - ANT-16 - ANT-22 - ANT-23 - ANT-25WW - ANT-28 - ANT-29 - ANT-31 - ANT-37 - ANT-40 - ANT-42 - ANT-44 - Tu-1 - Tu-2 - Tu-4 - Tu-8 - Tu-12 - Tu-14 - Tu-16 - Tu-22 - Tu-22M - Tu-75 - Tu-80/85 - Tu-82/83 - Tu-91 - Tu-95 - Tu-107 - Tu-126 - Tu-128 - Tu-142 - Tu-160
Kategorien:- Tupolew
- Militärischer Flugzeugtyp
Wikimedia Foundation.