Ulrich von Brockdorff-Rantzau

Ulrich von Brockdorff-Rantzau
Ulrich von Brockdorff-Rantzau (1918)

Ulrich Graf Brockdorff-Rantzau (* 29. Mai 1869 in Schleswig; † 8. September 1928 in Berlin) war 1918/1919 deutscher Außenminister. Er war der erste Außenminister, der sein Amt nach der Abdankung des Kaisers antrat, und der erste der Weimarer Republik. Zusammen mit dem übrigen Kabinett Scheidemann, das den Vertrag von Versailles nicht unterzeichnen wollte, trat er im Juni 1919 zurück. Danach war er Botschafter in der Sowjetunion. Der Jurist war parteilos.

Inhaltsverzeichnis

Ausbildung und Beruf

Das Mitglied einer alten schleswig-holsteinischen Adelsfamilie absolvierte ab 1888 ein Studium der Rechtswissenschaft in Neuchâtel und Freiburg/Breisgau, das er 1891 mit dem ersten juristischen Staatsexamen und der Promotion zum Dr. jur. beendete. Zwischen 1891 und 1893 diente er beim preußischen Heer; er wurde nach einer Verletzung schließlich als Leutnant entlassen. 1894 trat er als Diplomat in den Dienst des Auswärtigen Amtes ein. Sein erster ausländischer Dienstort war Brüssel. 1897 wurde er zum Legationssekretär in Sankt Petersburg, 1901 zum Legationsrat in Wien ernannt. Von 1909 bis 1912 bekleidete er das Amt des Generalkonsuls in Budapest. 1912 wurde er zum Gesandten in Dänemark ernannt, wo er während des gesamten Ersten Weltkrieges amtierte.

Öffentliche Ämter

Erste Kabinettssitzung des Kabinetts Scheidemann am 13. Februar 1919 in Weimar. V.l.: Ulrich Rauscher, Pressechef der Reichsregierung, Robert Schmidt, Ernährung, Eugen Schiffer, Finanzen, Philipp Scheidemann, Reichskanzler, Otto Landsberg, Justiz, Rudolf Wissell, Wirtschaft, Gustav Bauer, Arbeit, Ulrich von Brockdorff-Rantzau, Auswärtiges, Eduard David ohne Portefeuille, Hugo Preuss, Inneres, Johannes Giesberts, Post, Johannes Bell, Kolonien, Georg Gothein, Schatz, Gustav Noske, Reichswehr

Im Dezember 1918 übernahm Brockdorff-Rantzau nach anfänglichem Zögern das Amt des Staatssekretärs (ab Februar 1919 erster Reichsminister des Auswärtigen der Weimarer Republik im Kabinett Scheidemann). Als Adliger, der entschieden demokratische Positionen vertrat, sollte er die konkurrierenden Strömungen des Landes vereinen. Im April 1919 reiste er als Leiter der deutschen Friedensdelegation zu Verhandlungen über den Friedensvertrag von Versailles nach Frankreich. Hier gelang es ihm, einige Änderungen an dem von den Alliierten präsentierten Vertragstext zu erwirken, unter anderem wurde eine Volksabstimmung in Oberschlesien vereinbart und die Gesamthöhe der deutschen Reparationen vorerst offengelassen. Jedoch wurde das Hauptziel, die Streichung des Kriegsschuldartikels und der Artikel betreffend die Bestrafung der Kriegsverbrecher, nicht erreicht. Am 20. Juni 1919 trat er zusammen mit dem übrigen Kabinett zurück, weil er den von ihm als „Verbrechen an Deutschland“ angesehenen Vertrag nicht unterzeichnen wollte. Die neue Regierung unter Gustav Bauer musste den Vertrag aufgrund eines alliierten Ultimatums notgedrungen annehmen. In den folgenden zwei Jahren kommentierte Brockdorff-Rantzau immer wieder die Außenpolitik der jungen Republik. Mehrfach forderte er eine Neuaushandlung des Friedensvertrags. Außerdem trat er für eine deutsch-russische Annäherung ein, lehnte aber den Vertrag von Rapallo ab, weil er ihn als Hindernis für weitere Verhandlungen mit den Westmächten sah.

Im November 1922 trat Brockdorff-Rantzau den Botschafterposten in Moskau an. In dieser Funktion versuchte er, ein gutes Verhältnis zur Sowjetunion aufzubauen, zugleich aber eine zu enge Anlehnung Deutschlands an sie zu vermeiden. Der militärischen Kooperation beider Staaten trat er energisch entgegen, was ihn vor allem in Konflikt mit der deutschen Armeeleitung brachte. Der Botschafter trug wesentlich zum Zustandekommen des Berliner Vertrags (1926) zwischen dem Deutschen Reich und der Sowjetunion bei. 1928 starb er mit 59 Jahren überraschend während eines Besuchs in Berlin.

„Ich sterbe gern, ich bin ja schon in Versailles gestorben.“

Brockdorff-Rantzau

Beerdigt ist der „letzte Bismarckianer“ in Annettenhöh, Schleswig.[1]

Literatur

  • 1920: Ulrich von Brockdorff-Rantzau: Dokumente
  • 1984: Leo Haupts: Ulrich von Brockdorff-Rantzau
  • 1998: Christiane Scheidemann: Ulrich Graf Brockdorff-Rantzau (1869-1928): Eine politische Biographie
  • 2004: Franz Walzel: Die Anfänge deutscher Außenpolitik in der Weimarer Republik - Ulrich Graf von Brockdorff-Rantzau und der Streit um die deutsche Kriegsschuld in Versailles

Siehe auch

Weblinks

 Commons: Ulrich von Brockdorff-Rantzau – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Anmerkungen

  1. Versteckt und durch die Bundesstraße 76 abgeschnitten, ist das Grab schwer zu finden und nur über einen unbeschilderten Waldweg zu erreichen. Er führt vom Archäologischen Landesamt, dem früheren Herrenhaus, an der Brockdorff-Rantzau-Straße durch eine Tunnelröhre zum Hügel mit dem eingewachsenen und seit Jahrzehnten ungepflegten Erbbegräbnis. Der Anstieg und der Zaun sind verrottet, der Kreuzsockel gesprungen. Unter schwarzen Marmorplatten ruhen Ernst Graf zu Rantzau, Juliane Gräfin zu Rantzau geb. Gräfin von Brockdorff (Ulrichs Mutter) und „Brockdorff-Rantzau“.

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