- Villenkolonie
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Villenkolonie bezeichnet ein Städtebaukonzept des 19. Jahrhunderts.
Mit zunehmendem Wohlstand weiterer Kreise des Bürgertums stieg die Nachfrage nach repräsentativem Wohnraum im 19. Jahrhundert rapide an. Dem Drang folgend, den oft überfüllten und ungesunden Innenstädten zu entkommen, wurden ab Mitte des Jahrhunderts am Rande deutscher (und österreichischer) Großstädte zum Teil komplett durchgeplante großzügige Gartenstädte mit Villenbebauung angelegt. Weil diese Stadtteile vollständig neu angelegt wurden und außerhalb der geschlossenen Stadtbesiedlung lagen, setzte sich in Analogie zur überseeischen Kolonisierung rasch der Begriff Villenkolonien durch.
Frühe herausragende Beispiele sind die Gründungen in Dresden, die Kolonie Marienthal in Hamburg-Wandsbek und die Berliner Villenkolonien Lichterfelde-West ab 1860 und Grunewald ab 1880. Die aufwendigsten der geschlossenen Villensiedlungen der Gründerjahre, exemplarisch Lichterfelde-West in Berlin, zeichnen sich durch komplexe Anlagen mit architektonisch geplantem Straßenmuster, Alleen mit – durch Grünstreifen getrennten – Fahr- und Gehwegen sowie einer Vielzahl von formal angelegten Plätzen aus. Teilweise wurden selbst Bahnhöfe, Beleuchtung sowie technische Einrichtungen den architektonischen Konzepten angepasst. Die Baustile der Villen zeigen oftmals den ganzen Einfallsreichtum wilhelminischen Bauens. Dabei wurden ohne Scheu verschiedenste Baustile nebeneinander platziert oder gar kombiniert. Charakteristisch sind daneben ausgedehnte Gärten, oft mit Remisengebäuden und mit Brunnen, Tempeln und Ähnlichem geschmückt, die in aller Regel aber wesentlich kleiner als bei klassischen – singulär in die Landschaft gebauten – Villen blieben.
Spätere Villensiedlungen dagegen, ab etwa 1900 (z. B. Berlin-Dahlem) verzichten in aller Regel auf komplexe und repräsentative Gesamtanlagen zugunsten eines „natürlichen“ Erscheinungsbildes als Gartenstadt.
Wegen ihrer aufgelockerten Bauweise haben viele Villenkolonien die durch die alliierten Bombardierungen ausgelösten Flächenbrände vergleichsweise gut überstanden. Häufig jedoch wurden die für eine moderne Nutzung zu großen Häuser in der Nachkriegszeit in Wohnungen aufgeteilt oder Gärten bebaut. Bis in die achtziger Jahre des 20. Jahrhunderts hinein wurden gründerzeitliche Villen zugunsten von Neubauten im Zeitgeschmack abgerissen. Inzwischen stehen herausragende Beispiele von Villenensembles der alten Villenkolonien unter Ensembleschutz.
Weitere wichtige erhaltene Villenkolonien
- Villensiedlungen des 19. Jahrhunderts
- Aumühle Sachsenwald-Hofriede
- Villenkolonie Lichterfelde-West
- Berlin-Wannsee (Colonie Alsen)
- Dresden Blasewitz, Weißer Hirsch (siehe auch Dresdner Villen)
- Eisenach Südviertel
- Haan Musikantenviertel
- Hamburg-Marienthal
- Köln-Marienburg
- München: die Villenkolonien Gern, Neuwittelsbach, Neu-Pasing I, Neu-Pasing II und Prinz-Ludwigs-Höhe
- Radebeul Oberlößnitz und Niederlößnitz
- Wuppertal Briller Viertel
- Wien-Währing Cottageviertel
- Villensiedlungen nach 1900
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