- Bayerischer Nordgau
-
Datei:Bayern um 788.png
Der Begriff Nordgau bezeichnet ursprünglich einen schon im 7. Jahrhundert besiedelten Teil des Stammesherzogtums Baiern im Westen und Norden der heutigen Oberpfalz und das Sechsämterland im heutigen Oberfranken, im Raum Neumarkt, Lauterhofen, Altdorf und Hersbruck. Die Bezeichnung trat erstmals in den Reichsteilungsplänen Karls des Großen 806 und Ludwig des Frommen 817 und 839 auf.
Inhaltsverzeichnis
Herausbildung des Nordgaus
Erst nach der Völkerwanderung, die um das Jahr 450 nach Christi Geburt als beendet gilt, beginnt die mit urkundlichen Quellen belegbare Geschichte des östlichen Frankens. Aus diesen Quellen lassen sich nur mühselig und auch nur annähernd die Ereignisse jener Zeit in dem Gebiet, zu dem die Oberpfalz, Unter-, Mittel- und Oberfranken gehören, nachvollziehen. Der Nordgau entwickelte sich in dem Frankonia orientalis genannten Gebiet nördlich der Donau, südlich des Mains, zwischen Rhein und Böhmerwald. Bereits Chlodio, der erste König der Franken, bewohnte jene Landschaft, die an den Grenzen der Thüringer liegt. Das Thüringer Reich lag östlich von denen der Alamannen und Franken. Von den Alamannen trennte es die Fränkische Saale, Main und Tauber; gegen die Franken bildete ungefähr die Werra die Grenze.
Mit Kaiser Karl dem Großen (768-814) wurde das Gebiet Frankoniae orientalis, beidseits des Mains, beidseits der Regnitz, beidseits der Pegnitz, bis zum Böhmerwald, erobert und in das Fränkische Reich eingegliedert. Nach dem Reichsteilungsgesetz Karls des Großen von 806 wurden diese Gebiete, die sein Sohn Karl erben sollte, zum ersten Mal näher beschrieben. Aus der Reichsteilungsurkunde[1] von Diedenhofen geht hervor, dass Karl der Große die Gebiete links der Donau bis an die Grenzen der Slawen als Nordgaw bezeichnete: ...partiem Baioariae quae dicitur Northgou..., einschließlich der beiden Höfe Ingolstadt (Ingoldestadt) und Lauterhofen (Luttarof), die Herzog Tassilo III. von Bayern zu Lehen hatte. Karl der Große schickte diese Reichsteilungsurkunde, die von den fränkischen Großen eigenhändig und eidlich bekräftigt worden war, nach Rom. Einhard, Cancelarius Karls des Großen, wurde beauftragt, sie Papst Leo III. (795-816) zur Genehmigung und Unterschrift vorzulegen.
Teilung
Mit Bonifatius wurde die Christianisierung vorangetrieben. Es entstanden die Bistümer Regensburg (739), Würzburg (741), Eichstätt (741) und Fulda (744). Schon zur Zeit des heiligen Kilian, des Schutzpatrons von Würzburg und Zeitgenossen Karls des Großen, wurde ein Gebiet im Nordgau streng getrennt: es handelte sich um das Gebiet zwischen der Regnitz, der fränkischen Schwabach und der Pegnitz, bis an die Ostgrenze des Böhmerwaldes. Dieses Gebiet gab man nicht zum Bistum Würzburg (das aus den drei Archidiakonaten Volkfeld, Sualafeld und Ifgau bestand), sondern zum Bistum Eichstätt, das den Nordgau, der zur Zeit Kilians von Würzburg abgetrennt worden war, und den "bairischen" Nordgau umfasste. Dies stiftete in der späteren Namensgebung Verwirrungen, weil aus bayerischer Sicht stets die Pegnitz als nördliche Grenze des Nordgaus angesehen wurde. Aus dem vom Kilian herausgenommenen Gebiet entwickelte sich unter den Nachfolgern Karls des Großen der Radenzgau, aus dem unter Heinrich II. das Bistum Bamberg (1007) gebildet wurde.
Der Nordgau wurde somit nach der Reichsteilung eingegrenzt vom Radenzgau im Norden (nördliche Grenzlinie ist die fränkische Schwabach), der Regnitz im Westen, und der Pegnitz im Süden in gerader Linie bis zum Böhmerwald. Dieses Gebiet wurde erst 1004, als Heinrich II. zum Kaiser gekrönt worden war, dem Bistum Bamberg geschenkt. Die unterschiedlichen ethnischen Anteile der frühmittelalterlichen Bevölkerung im Nordgau im Detail zu rekonstruieren, wird kaum möglich sein; neben fränkischen und bajuwarischen Siedlern belegen sowohl archäologische Funde als auch Ortsnamen, vor allem im Naabraum, als auch die schriftlichen Quellen einen größeren slawischen Anteil an der Bevölkerung.
Im Laufe der Zeit erweiterte sich der Nordgau im Süden in das Altmühltal und bis Neuburg und Ingolstadt an der Donau, nach Westen in den Raum von Nürnberg, nach Osten bis an die Naab, und im Norden mit zunehmender Besiedlung über Luhe und Waldnaab bis in das Egerland, das damals aus dem Egerer Becken, dem späteren Sechsämterland und dem Elsterland um die Orte Adorf und Markneukirchen (im heute sächsischen Vogtland) bestand und zum Bistum Regensburg gehörte.
Zerfall
Schon im 11. Jahrhundert begann unter Kaiser Heinrich II. der Zerfall des Nordgaus. Diepold II. von Vohburg war um 1065 Markgraf im bayerischen Nordgau. Nach den Diepoldingern gehörte der Nordgau dann mit seinen Teilen zunächst verschiedenen Geschlechtern und zu mehreren Territorien, bis die Wittelsbacher einen großen Teil in ihrem Herrschaftsbereich zusammenführten, ohne ihn jedoch als eigenes Gebiet abzugrenzen.
Zu endgültig getrennter Entwicklung kam es, als Kaiser Ludwig der Bayer 1322 das inzwischen verkleinerte Egerland und damit einen wesentlichen Teil des ehemaligen Nordgaus an Böhmen verpfändete.
Im Hausvertrag von Pavia 1329 sprach Kaiser Ludwig der Bayer weiter den größten Teil seiner anderen Besitzungen im früheren Nordgau der rheinpfälzischen Linie der Wittelsbacher zu. Das führte später, vom Rhein aus gesehen, zu der Bezeichnung "die obere Pfalz". Dieses Gebiet wurde 1628 unter Maximilian I. dem Kurfürstentum Bayern einverleibt und so wieder mit Bayern vereinigt.
Der Name "Nordgau", unter dem man im Laufe der Zeit das von Baiern besiedelte Land nördlich der Donau verstand, der aber seit 1003 keine staatsrechtlich-territorialgeschichtliche Bedeutung mehr hatte, lebte trotzdem lange fort. Er hielt die Erinnerung an den alten geschichtlichen Raum fest, wenn Mitte des 16. Jahrhunderts in einem Anhang zur Egerischen Chronik festgestellt wird, dass das Gebiet um Eger der „Nordgau“ genannt wird.
Traditionspflege
- Seit 1930 finden alle zwei Jahre Nordgautage statt; der 36. Nordgautag war 2006 in Nittenau.
- Die Bayerischen Staats-Eisenbahnen gaben 1853 einer Lokomotive den Namen Nordgau. Sie steht als älteste erhaltene Lokomotive Deutschlands - Bayerische B V - im Verkehrsmuseum in Nürnberg.
Einzelnachweise
- ↑ Reichsteilungsurkunde zu Diedenhofen: Ann Max. Enhard, Fulda; siehe auch die Handschrift von St. Gallen 1975, Tom. III. pag.
Wikimedia Foundation.