Böhmerwald

Böhmerwald

p1

Böhmerwald
Großer Arber

Großer Arber

Höchster Gipfel Großer Arber (1.456 m ü. NN)
Lage Bayern (Deutschland), Tschechien, Österreich
Böhmerwald (Bayern)
Böhmerwald
Koordinaten 49° 6′ 45″ N, 13° 8′ 9″ O49.11252777777813.1359444444441456Koordinaten: 49° 6′ 45″ N, 13° 8′ 9″ O

dep1

Der Böhmerwald, Tschechisch Šumava, ist eine etwa 120 km lange Bergkette, die sich auf beiden Seiten entlang der tschechisch-deutsch-österreichischen Grenze erstreckt. Sie ist das höchste Rumpfgebirge der Böhmischen Masse und zusammen mit dem Bayerwald bis zu 50 km breit. Insbesondere gehört der höchste Berg des Böhmerwaldes, der Große Arber, nicht zu Tschechien (Böhmen), sondern schon jahrhundertelang zu Bayern, nämlich zur Gemeinde Bayerisch Eisenstein.

Inhaltsverzeichnis

Geografie

Böhmerwald
Topografie des Böhmerwaldes (im Dreiländereck von Deutschland, Tschechien und Österreich. Der blaue Fleck ist der Moldaustausee)
Der tschechische Teil des Böhmerwalds innerhalb der Geomorphologischen Einteilung Tschechiens

Der Böhmerwald erstreckt sich von der Cham-Further Senke, Neumarker Senke, Neumarker Pass und Neugedeiner Furche, die ihn vom nordwestlich anschließenden Böhmischen oder Oberpfälzer Wald (Tschechisch: Český les - Tschechischer Wald) trennen, von Nordwesten nach Südosten bis zum Kerschbaumer Sattel. Er bildet die Wasserscheide des Donau- und Moldaugebietes.

Obwohl es sich beim Böhmerwald geologisch gesehen um ein einziges Gebirge handelt, wird er seit Beginn des 20. Jahrhunderts nach den politischen Grenzen unterteilt: Je nach regionaler Lage oder Kontext werden mit dem Ausdruck „Böhmerwald“ das ganze Gebirge oder nur Teile davon bezeichnet.


Ursprünglich wurde auch der Oberpfälzer Wald/Böhmische Wald in Bayern und Tschechien noch zum Böhmerwald gezählt.

Die Bezeichnungen Bayerischer Wald und Böhmerwald sind also im Fluss und jahrhundertelangen Veränderungen unterworfen, wie besonders im erstgenannten Artikel dargestellt ist. Oft spricht man auch vom vorderen bzw. hinteren Bayerischen Wald und meint kurioserweise mit der Gesamtheit den gar nicht rein bayerischen Böhmerwald.

Die Hauptkette der Region nennt man hoher Böhmerwald. Der Große Arber auf bayerischer Seite ist mit seinen 1.456 Metern der höchste Punkt dieses Mittelgebirges. In Tschechien und Österreich ist der auf der Grenze liegende Plöckenstein/Plechý mit 1.378 m der höchste Berg. (Es gibt auch den etwas niedrigeren Bayerischen Plöckenstein.)

Name

Bei Strabon und Ptolemäus erscheint der Böhmerwald als Gabreta Silva. Seinen ersten deutschen Namen „Nordwald“ hat das Waldgebirge von der bayerischen Seite aus erhalten: Als Wald im Norden des Herzogtums Bayern. Frühe Erwähnungen finden sich in Urkunden von Ludwig dem Deutschen 853 und Heinrich II. im Jahr 1010. In letzterer vermacht der Kaiser dem Kloster Niedernburg in Passau einen Teil des Nordwaldes. Später setzte sich die Bezeichnung „Böhmerwald“ für das ganze Waldgebiet „gegen Böhmen“ durch. Urkundlich erwähnt z.B. 1147 Behaimer walt und 1204 Boemerwalt. Seit dem 19. Jahrhundert unterteilte man die Landschaft in kleinere Einheiten, die sich – vor allem in Bayern – im Wesentlichen an den politischen Grenzen orientierten (Oberpfälzer Wald, Bayerischer Wald).[1]

Rodung und Besiedlung

Im Zuge des Landes- und Städteausbaus vom 12. bis zum 14. Jahrhundert wurden besonders die waldreichen Randgebiete Böhmens gerodet und besiedelt. Im Böhmerwald waren daran vor allem deutschsprachige Siedler aus den angrenzenden bayerischen Gebieten beteiligt. Seit dieser Zeit galt Böhmen als zweisprachiges Land. Wichtig für die Erschließung des Böhmerwalds waren die Verbindungswege zwischen Bayern und Böhmen, wie z.B. der Handelsweg „Goldener Steig“. Im Laufe der Jahrhunderte drangen neue Siedlungen immer weiter in den Urwald vor. Sehr viele Dörfer gehen auf Glashüttenstandorte des 18. Jahrhunderts zurück und haben oft auf „...hütte“ endende Namen. Zu den spätesten Gründungen gehört z.B. Eleonorenhain/Lenora, das als Glashüttenort erst 1834 entstand.

1938 wurden die vorwiegend deutschsprachigen Gebiete der Tschechoslowakei (Sudetenland) aufgrund des sog. Münchener Abkommens an das Deutsche Reich angegliedert. Die dadurch zunehmende Bedrohung von NS-Gegnern, Juden und Tschechen führte zu einer Fluchtwelle (nicht nur von Tschechen) aus diesen Gebieten.

Nach dem 1945 verlorenen zweiten Weltkrieg wurden im Gegenzug durch Vertreibung der meisten deutschsprachigen Bewohner (Beneš-Dekrete) viele der kleineren Siedlungen total entvölkert. Heute sind davon oft nur so genannte „Wüstungen“ übrig geblieben.[2] [3]. In anderen Orten kam es zum Zuzug von Tschechen und Slowaken aus dem Landesinneren sowie von Angehörigen der ethnischen Minderheit der Roma. Weiteres siehe Geschichte Böhmens.

Wirtschaftliche Nutzung

Von wirtschaftlicher Bedeutung war in diesem Gebiet seit dem Mittelalter die Glasherstellung. Nach der Einführung des Kreideglases (Bleikristall) kurz vor 1700 erlebte die Glaserzeugung Böhmens einen rasanten Aufschwung. In der Folge konnte Böhmen die Vorherrschaft des venezianischen Glases aus Murano brechen und selbst die Marktführerschaft im weltweiten Glasgeschäft für fast 200 Jahre übernehmen (selbst die heutzutage berühmten schwedischen Glashütten in Småland besorgten sich ihre ersten Glasbläserfamilien hier). So gab es in der Gegend des Böhmerwaldes einige namhafte Glashersteller, die die Produktion der anderen Böhmerwälder Hütten beeinflusst haben. Im 17. und 18. Jahrhundert waren das die Michlhütte in Helmbach (Michlová Huť) bei Winterberg/Vimperk und die Gratzener Hütte in Gratzen/ Nové Hrady. Im 19. und 20. Jahrhundert waren die bekanntesten Firmen: Lötz in Klostermühle bei Unterreichenstein, Kralik in Eleonorenhain/Lenora und Meyr's Neffe in Adolf bei Winterberg/Vimperk. Sie waren vor allem als Produzenten von Jugendstilglas führend. Bedeutende Hersteller von Spiegelglas waren die Hütten in Neu Hurkenthal und Elisenthal bei Markt Eisenstein/Železná Ruda.

Große Bedeutung für die Holzbringung hatten der Schwarzenbergsche Schwemmkanal / Schwarzenberský plavební kanál sowie der Chinitz-Tettauer Schwemmkanal / Vchynicko-Tetovský plavební kanál.

In der Literatur erscheint der Böhmerwald in den Erzählungen von Adalbert Stifter, Karel Klostermann, Hans Watzlik, Karl May und Johannes Urzidil. Der Böhmerwald ist auch der Schauplatz von Carl Maria von Webers Oper Der Freischütz.

Die Drei-Länder-Region Böhmerwald hat sich zu einer gemeinsamen Europaregion (Euregio Bayerischer Wald – Böhmerwald) zusammengeschlossen und befasst sich seit 1994 mit grenzüberschreitender Zusammenarbeit. Das Gebiet umfasst eine Fläche von ca. 16.000 km², auf der ca. 1,3 Mio. Einwohner leben.

Große Teile des tschechischen Teiles wurden zum Nationalpark Šumava erklärt. Im Böhmerwald leben heute wieder Luchse.

Sehenswürdigkeiten

Der Böhmerwald im Frühling
Winterliche Ansicht am Abend
Winterlicher Böhmerwald zu Mittag

Siehe auch

Literatur

  • Bayern-Böhmen, 1500 Jahre Nachbarschaft. Katalog Bayerische Landesausstellung, 2007, ISBN 978-3-937974-17-0.
  • Böhmerwald grenzenlos – 550 Ortsbeschreibungen. Heimatverein Ohetaler, Riedlhütte 2006, ISBN 3-937067-58-2.
  • Königliche Diasporen im Böhmerwald. In: Lillian Schacherl: Böhmen - Kulturbild einer Landschaft. Prestel-Verlag, München 1966, S. 190-194.
  • Friedrich Bernau: Der Böhmerwald. Verlag J. Otto, Prag 1888 (Digitalisat)
  • Reinhold Fink: Zerstörte Böhmerwaldorte. BoD, Norderstedt 2006, ISBN 3-8334-6429-1.
  • Johanna von Herzogenberg: Zwischen Donau und Moldau - Bayerischer Wald und Böhmerwald, Das Mühlviertel und Südböhmen. Prestel-Verlag, München 1968.
  • Karel Kuklik: Sumava. Panorama, Praha 1984. (tschechisch)
  • Claudia Mittelhammer: Standorte und Entwicklung der Glasindustrie im Sumava-Gebiet. Laßleben, Kalmünz 1999, ISBN 3-7847-6306-5.
  • Bernd Rill: Böhmen und Mähren – Geschichte im Herzen Mitteleuropas. 2 Bände. Katz, Gernsbach 2006, ISBN 3-938047-17-8
  • Norbert Schreiber: Europa erlesen – Böhmerwald. Wieser, Klagenfurt 2007, ISBN 978-3-85129-683-9
  • Inge Steidl: Bayerischer Wald und Böhmerwald, Natur – Kulturlandschaft – Wald, Aufgaben und Chancen im grünen Herzen Europas. Eigenverlag, Schönberg 2006, ISBN 978-3-00-021885-9. (deutsch/tschechisch)

Einzelnachweise

  1. Duden Geographische Namen in Deutschland. Mannheim 1999, ISBN 3-411-06252-5
  2. Katalog Landesausstellung Bayern-Böhmen
  3. Verein Antikomplex: Ausstellung "Verlorene Sudeten"

Weblinks

 Commons: Šumava – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary Wiktionary: Böhmerwald – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужно решить контрольную?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Böhmerwald — Böhmerwald, de bøhmisk bayerske skovbjerge kaldes en række bjergdrag, der i en længde af 230 km strækker sig fra Fichtelgebirge mod sydøst til Donaus Dal øst for Linz, dannende vandskel mellem Donau og Elben (Moldau) og grænse mellem Bayern og… …   Danske encyklopædi

  • Böhmerwald — (Böhmisch bayrisches Waldgebirge), Grenzgebirge zwischen Bayern und Böhmen (s. die Karten dieser Länder), das sich vom Fichtelgebirge bis zum Donautal in Oberösterreich in südöstlicher Richtung etwa 230 km lang hinzieht und in seinem Kamm die… …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • Böhmerwald — oder Böhmisch Bayrisches Waldgebirge, auf der Grenze zwischen Bayern (Donau ) und Böhmen (Elbgebiet), vom Fichtelgebirge nach SO. bis zur Donau ziehend [Karte: Bayern, Württemberg etc. I], 237 km lg., 30 60 km br., meist Granit (mit… …   Kleines Konversations-Lexikon

  • Böhmerwald — Böhmerwald, 1) (Böhmisch baierisches Waldgebirge), Gebirgszug in der Mitte Deutschlands, streicht vom Fuße des Fichtelgebirges bei Eger in südöstlicher Richtung nach der Donau zu u. bildet die Wasserscheide zwischen diesem Strome u. der Moldau,… …   Pierer's Universal-Lexikon

  • Böhmerwald — Böhmerwald, das meistens aus Granit und Gneis bestehende Gebirge, welches sich vom Fichtelgebirge in einer Längenausdehnung von 30 M. bis an die Donau erstreckt und sich dort an das böhmisch mährische Gebirge anschließt; er bildet die… …   Herders Conversations-Lexikon

  • Böhmerwald — Böh|mer|wald, der; [e]s: Grenzgebirge zwischen der Bundesrepublik Deutschland, Österreich u. der Tschechischen Republik. * * * Böhmerwald,   das bayrisch böhmische Waldgebirge; der Böhmerwald reicht von der Wondrebsenke im Nordwesten bis zum… …   Universal-Lexikon

  • Böhmerwald — Sp Šùmava Ap Šumava čekiškai Sp Bohèmijos Miškas Ap Böhmerwald vokiškai L kk. ir nac. parkas Čekijoje …   Pasaulio vietovardžiai. Internetinė duomenų bazė

  • Böhmerwald-Bund — Böhmerwald Bund, s. Böhmerwald, S. 160 …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • Böhmerwald (Raumeinheit) — Alle OÖ Raumeinheiten Die Raumeinheit Böhmerwald ist eine von 41 Oberösterreichischen Raumeinheiten und liegt im nördlichen Teil des Mühlviertels. Inhaltsverzeichnis …   Deutsch Wikipedia

  • Böhmerwald Straße — 38 Basisdaten Name: Böhmerwald Straße Gesamtlänge: 174,8 km Bundesländer: Niederösterreich …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”