Walther Nernst

Walther Nernst
Walther Nernst

Walther Nernst (* 25. Juni 1864 in Briesen (Westpreußen); † 18. November 1941 in Zibelle (Oberlausitz); vollständiger Name Walther Hermann Nernst) war ein deutscher Physiker und Chemiker. Für seine Arbeiten in der Thermochemie erhielt Nernst den Nobelpreis für Chemie 1920.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Nernst war der Sohn von Gustav Nernst und Ottilie, die Tochter von Karl August Nerger und Auguste Sperling. Sein Vater war Richter in Graudenz und somit besuchte Nernst das Gymnasium in Graudenz. Er studierte danach in Zürich, Berlin und Graz. Dort arbeitete er mit Albert von Ettingshausen und Ludwig Boltzmann zusammen. Er promovierte 1887 bei Friedrich Kohlrausch in Würzburg und habilitierte sich 1889 bei Wilhelm Ostwald in Leipzig. Im selben Jahr wurde er Assistent und Privatdozent bei Eduard Riecke in Göttingen.

Nernst heiratete 1892 Emma Lohmeyer, die Tochter des Göttinger Medizinprofessors und Chirurgen Carl Ferdinand Lohmeyer und der Minna Amalie Auguste Heyne-Hedersleben. Aus der Ehe gingen drei Töchter, Hildegard, Edith und Angela, sowie die zwei Söhne Rudolf und Gustav hervor. Beide Söhne fielen im Ersten Weltkrieg. In Göttingen kaufte Autoliebhaber Nernst 1899 das erste privat betriebene Automobil der Stadt. Eine andere Leidenschaft Nernsts war die Jagd. An Ostern 1905 zog die Familie nach Berlin um. 1922 erwarb Nernst das Rittergut Ober-Zibelle bei Muskau, wohin er sich nach der Emeritierung 1933 zurückzog.

Sein Grab befindet sich auf dem Stadtfriedhof Göttingen in unmittelbarer Nachbarschaft weiterer berühmter Naturwissenschaftler. Nernst galt unter seinen Mitarbeitern als eigenwillig und etwas verschroben.

Wissenschaftliche Leistungen

In seiner Dissertation 1887 bearbeitete Nernst ein rein physikalisches Thema, das seither als Ettingshausen-Nernst-Effekt bekannt ist.

Elektrochemie

Seine erste Arbeit bei Wilhelm Ostwald behandelt die Konzentrationsketten verschieden konzentrierter einheitlicher Elektrolytlösungen.[1] Die Ionen der konzentrierten Lösung wandern durch Diffusion in die Lösung mit schwächerer Konzentration. Je nach Wanderungsgeschwindigkeit können Kationen oder Anionen bei der Diffusion vorauseilen. An der Phasengrenze entsteht ein Diffusionspotential.

Aufbauend auf den Arbeiten von Arrhenius und van't Hoff entwickelte er 1889 (Habilitation) eine Beschreibung der Prozesse in galvanischen Zellen. Wie der Dampfdruck über einer Flüssigkeit oder der osmotische Druck zwischen verschieden konzentrierten Lösungen herrscht bei galvanischen Zellen ebenfalls ein elektrischer Lösungsdruck proportional zur Elektrolytkonzentration.

Bei einem Daniell-Element setzt ein unedler Zinkstab positive Zinkionen frei, dabei lädt sich das Zinkmetall negativ auf. Am edleren Kupferstab ist der Lösungsdruck außerordentlich klein, an diesem können sich positive Kupferionen zu Kupfer abscheiden und den Stab positiv aufladen. Durch Verbindung der Metalle fließt ein Strom. Das gedankliche Modell ist konzentrationsabhängig und wurde von Nernst mathematisch mit einer Differentialgleichung beschrieben. [2] Die Lösung der Differentialgleichung ist als Nernst-Gleichung bekannt. Die Gleichung gilt nicht nur für galvanische Zellen, sondern für alle Redoxreaktionen in der Chemie. Die Gleichung stellt auch eine Verbindung der Elektrochemie zur Thermodynamik her.

1891 entwickelt er das nernstsche Verteilungsgesetz.[3] Das Gesetz klärt Fragen zur Verteilung eines Stoffes zwischen zwei Flüssigkeiten und ist für die Chromatographie und Extraktion von Bedeutung.

Im Jahr 1892 untersuchte Nernst die Potentialspannungen an Phasengrenzflächen, z. B. Silber an Silberchlorid.[4] Für die Dissoziation von Salzen und Säuren in verschiedenen Lösungsmitteln erkannte Nernst zusammen mit Paul Walden eine Abhängigkeit von der Dielektrizitätskonstanten des Lösungsmittels. [5]

1893 schrieb er sein Lehrbuch der Theoretischen Chemie, 1895 in Zusammenarbeit mit Arthur Moritz Schoenflies eine Einführung in die mathematische Behandlung der Naturwissenschaften.

Nernst hatte den Vorschlag unterbreitet, auf die Auffindung des absoluten Normalpotentials bei der elektromotorischen Kraft zu verzichten und alle Potentialwerte auf die mit Wasserstoff umspülte Platinelektrode in 1 normaler Säure zu beziehen.[6] Alle Normalpotentiale werden seit diesem Vorschlag auf diese Elektrode bezogen.

1907 befasste sich Nernst mit der Berechnung der Diffusionsschicht bei einer Elektrolyse. [7]Die konzentrationsabhängige Schicht direkt vor der Elektrode, deren Schichtdicke von der Diffusion abhängt, trägt den Namen Nernstsche Diffusionsschicht.

Andere Gebiete der physikalischen Chemie

Neben der Elektrochemie forschte Nernst auch in anderen Bereichen der physikalischen Chemie, z.B. Reaktionsgeschwindigkeiten, heterogene Gasgleichgewichte, flüssige Kristalle[8]

Nernst hat auch das Licht als ausreichende Energiequelle zur Spaltung des Chlor- und Wasserstoffmoleküls zu Chlorwasserstoff erkannt und einen entsprechenden Mechanismus abgeleitet. [9] Damit hat er einen wertvollen Beitrag für die Quantenmechanik von Max Planck geben können.

Dritter Hauptsatz der Thermodynamik

1905 formulierte er in seiner Vorlesung an der Berliner Universität den 3. Hauptsatz der Thermodynamik (Nernstscher Wärmesatz, Nernst-Theorem). Offiziell stellte er seine Theorie am 23. Dezember 1905 der „Königlichen Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen“ vor. In der weitergehenden Formulierung von Max Planck ist die Entropie am absoluten Nullpunkt Null. Eine Konsequenz ist die Unerreichbarkeit des absoluten Nullpunktes der Temperatur.

Weitere Arbeiten

1893 erfand Nernst in Göttingen ein neues Verfahren zur Messung der Permittivität. 1895 begründete er in Göttingen das Institut für Physikalische Chemie, das erste seiner Art in Deutschland. 1897 erfand er dort die nach ihm benannte Nernstlampe. Er untersuchte die Prozesse in Verbrennungsmotoren, mit praktischer Bedeutung für Automobile, wobei er zur Leistungssteigerung als einer der ersten die Lachgaseinspritzung anwandte.

An der Berliner Universität lehrte er von 1905 bis 1932. In den Jahren von 1922 bis 1924 war Nernst Präsident der Physikalisch-Technischen Reichsanstalt. Nernst war auch an der Entwicklung des ersten Elektronischen Pianos, dem Bechstein-Siemens-Nernst-Flügel (Neo-Bechstein), beteiligt. Er war 1894 Mitbegründer der Deutschen Elektrochemischen Gesellschaft (seit 1902 Bunsen-Gesellschaft). Von 1905 bis 1908 war er ihr erster Vorsitzender. 1912 wurde er zum Ehrenmitglied ernannt und zwei Jahre später bekam er die „Bunsen-Denkmünze“ verliehen. Außerdem war Nernst von 1898 bis 1901 Redakteur der von der Elektrochemischen Gesellschaft heraus gegebenen „Zeitschrift für Elektrochemie“. Er gilt als der Initiator der 1911 erstmalig von Ernest Solvay ausgerichteten Solvay-Konferenzen in Brüssel.

Nernst/Bodenstein-Gedenktafel

Eine Gedenktafel am Gebäude des ehemaligen Physikalisch Chemischen Instituts in der Berliner Bunsenstraße erinnert an das Wirken von Walther Nernst und Max Bodenstein (einem ehemaligen Mitarbeiter und Nachfolger Nernsts) in diesem Haus. Eine weitere Gedenktafel erinnert an sein Wirken am Physikalischen Institut am Reichstagufer und wurde 1999 am ARD-Hauptstadtstudio angebracht.

Ehrungen und Mitgliedschaften

1912 wurde Nernst zum korrespondierenden Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften ernannt. 1921 erhielt er den Nobelpreis für Chemie für das Jahr 1920 „als Anerkennung für seine thermochemischen Arbeiten“.

Schüler

Doktoranden

Habilitanden

Werke

Erste Auflage (1895) vom Nernst-Schönflies
  • Theoretische Chemie vom Standpunkte der Avogadroschen Regel und der Thermodynamik. Stuttgart 1893 (viele Auflagen)
  • mit A. Schoenflies: Einführung in die mathematische Behandlung der Naturwissenschaften, Verlag von Dr. Wolff München & Leipzig 1895 (viele Auflagen)
  • Die theoretischen und experimentellen Grundlagen des neuen Wärmesatzes. Halle 1918

Literatur

  • Hans-Georg Bartel: Walther Nernst. Teubner, Leipzig 1989, ISBN 3-322-00684-0
  • Hans-Georg Bartel und Rudolf P. Huebener: Walther Nernst: Pioneer of Physics and of Chemistry. World Scientific, Singapore 2007, ISBN 978-981-256-560-0
  • Peter Donhauser: Elektrische Klangmaschinen. Die Pionierzeit in Deutschland und Österreich, Böhlau, Wien 2007, ISBN 978-3-205-77593-5
  • Lothar Suhling: Walther Nernst und der 3. Hauptsatz der Thermodynamik, Rete 1 (1972), Heft 3/4, S. 331-346
  • Deutscher Wirtschaftsverlag, AG (Hg.): Reichshandbuch der Deutschen Gesellschaft, Band 2, Berlin, 1931

Literaturquellen

  1. Z. Phys. Chem. 2, 617 (1888), Z. Phys. Chem. 4, 129 (1889)
  2. Z. physik. Chem. 4, 129 (1889)
  3. Horst Ellias, Sabine Lorenz, Günther Winnen: Das Experiment – 100 Jahre Nernstscher Verteilungssatz, Chemie in unserer Zeit, 26. Jahrgang 1992, S. 70 ff.
  4. Z. f. Physik. Chem. 9, 137 (1892)
  5. M. Le Blanc: Lehrbuch der Elektrochemie, Verlag von Oskar Leinen, Leipzig 1922, S. 142
  6. Z. Elektroch. 7, 253 (1900)
  7. Z. Phys. Chem. 47, 52 (1907)
  8. Max Bodenstein: Walther Nernst zum siebzigsten Geburtstag, Die Naturwissenschaften, Heft 26 (1934), S. 32
  9. M. Bodenstein: Walther Nernst zum siebzigsten Geburtstag, Die Naturwissenschaften, Heft 26, 1934, S. 30

Weblinks


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