Willensbekundung

Willensbekundung
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In der Zivilrechtswissenschaft ist die Willenserklärung (lat.: voluntatis declaratio) die Äußerung eines Rechtsfolgewillens, also die Entäußerung eines Willens durch eine Person, die einen Rechtserfolg beabsichtigt. Dieser Erfolg soll nach der Rechtsordnung eintreten, weil er gewollt ist (Motive des BGB, Bd. 1, S. 126). Fallen Wille und Erklärung auseinander, liegt ein Willensmangel vor.

Im Zivilprozessrecht werden die „Willenserklärungen“ als Prozesshandlungen bezeichnet.

Inhaltsverzeichnis

Unterschied zum Rechtsgeschäft

Der Begriff der Willenserklärung ist nicht deckungsgleich mit dem des Rechtsgeschäftes. Rechtsgeschäfte bestehen aus mindestens einer Willenserklärung, können aber neben weiteren Willenserklärungen auch Realakte umfassen.

Von der reinen Willensbetätigung unterscheidet sich die Willenserklärung durch ihren Kundgabezweck, von der geschäftsähnlichen Handlung und dem Realakt durch den Eintritt der Rechtsfolge schon aufgrund eines entsprechend geäußerten Willens.

Arten von Willenserklärungen

Man unterscheidet grundsätzlich zwei Arten von Willenserklärungen: die empfangsbedürftige und die nicht-empfangsbedürftige Willenserklärung. Empfangsbedürftig ist die Erklärung, wenn sie nach dem Gesetz „gegenüber“ einem anderen abzugeben ist (vgl. § 143 Abs. 1 BGB); hieran knüpft § 130 Abs. 1 BGB an: Empfangsbedürftige Willenserklärungen unter Abwesenden sind erst ab dem Zeitpunkt wirksam, zu dem sie dem Empfänger zugehen, d.h. wenn sie in seinem Machtbereich sind und der Empfänger unter normalen Umständen die Möglichkeit zur Kenntnisnahme hat. Die empfangsbedürftige Willenserklärung kommt häufiger vor. Sie erspart der Gegenseite die Ungewissheit über die Rechtslage. Demnach ist vor allem die Ausübung eines Gestaltungsrechts (Gestaltungserklärung) empfangsbedürftig.

Die nicht-empfangsbedürftige Willenserklärung ist dagegen schon im Moment der Abgabe wirksam, ohne dass irgend jemand davon Kenntnis nehmen müsste. Eine nicht-empfangsbedürftige Willenserklärung ist z. B. Bestandteil des Testaments, der Auslobung, des Stiftungsgeschäfts und die Eigentumsaufgabe.

Tatbestand

Die Willenserklärung besteht aus einem objektiven (äußeren) und einem subjektiven (inneren) Tatbestand.

Objektiver Tatbestand

Der objektive Tatbestand enthält eine Erklärung, die auf die Herbeiführung einer bestimmten Rechtsfolge gerichtet sein muss, so dass für einen objektiven Beobachter in der Rolle des Erklärungsempfängers der Schluss auf einen dahinter stehenden Rechtsbindungswillen möglich ist. Man spricht auch insoweit von der Schaffung eines Erklärungstatbestandes durch den Erklärenden.

Willensäußerung

Dabei kann die Willensbekundung ausdrücklich (in Wort oder Schrift) oder konkludent (durch schlüssiges Verhalten) erfolgen. Dagegen ist ein Schweigen grundsätzlich keine Willenserklärung, weil ihm in der Regel kein Erklärungswert zu entnehmen ist. Schweigen ist daher grundsätzlich weder Zustimmung noch Ablehnung, sondern rechtlich unbedeutend (rechtliches nullum). Von diesem Grundsatz gibt es aber Ausnahmen, eine der wichtigsten ist die Parteivereinbarung, bei der einem Verhalten ein bestimmter Erklärungswert durch die Parteien beigemessen wird. Ist dies der Fall, handelt es sich auch beim Schweigen um eine echte Willenserklärung. Auch der Gesetzgeber hat aus Gründen der Rechtssicherheit teilweise einem Schweigen einen Erklärungswert beigemessen, es handelt sich dann um unechte bzw. fingierte Willenserklärungen. So steht z. B. das Verstreichenlassen der Ausschlagungsfrist bezüglich einer Erbschaft der Annahme gleich.

Rechtsbindungswille

Weiteres Element ist der Rechtsbindungswille: darunter versteht man das Abzielen der Willensäußerung auf das Setzen einer Rechtsfolge. Der Rechtsbindungswille ist konstitutiv für das Vorliegen einer Willenserklärung und fehlt bzw. kann in folgenden Fällen fehlen: invitatio ad offerendum, Freiklauseln, Gefälligkeitsverhältnissen, Erteilung von Ratschlägen oder Auskünften. Ob ein Rechtsbindungswille vorliegt ist nach dem sog. objektivierten Empfängerhorizont zu beurteilen. Zumindest bei der invitatio ad offerendum fehlt ein Rechtsbindungswille gänzlich, denn es handelt sich nicht um eine Willenserklärung, sondern um die Aufforderung zur Abgabe eines Angebots iSd § 145 BGB.

Subjektiver Tatbestand

Der subjektive Tatbestand spiegelt die innere Seite des Erklärenden wider. Man spricht insoweit auch vom inneren Willenstatbestand. Er besteht aus dem Geschäftswillen, dem Handlungswillen und einem Erklärungsbewusstsein. Dabei ist beachtlich, dass nicht der innere Willenstatbestand, sondern nur der durch die Erklärung nach außen erkennbar gemachte Wille den gewünschten Rechtserfolg bewirken kann. Trotzdem müssen die subjektiven Tatbestandsmerkmale vorliegen, um von einer fehlerfreien Willenserklärung ausgehen zu können. Für die Wirksamkeit der Willenserklärung ist dagegen nur der Handlungswille unbestritten erforderlich.

Elemente

Der subjektive Tatbestand wird in drei Elemente aufgeteilt:

  • Handlungswille: Dieser bezeichnet den Willen, überhaupt etwas bewusst zu tun oder zu unterlassen. Der Handlungswille ist konstitutiv für das Vorliegen einer Willenserklärung. Er fehlt unter den gleichen Voraussetzungen, die auch zum Nichtvorliegen einer Handlung im strafrechtlichen Sinn führen, d.h. insbesondere bei vis absoluta (unwiderstehlicher mechanischer Gewalt) oder Verhaltensweisen im Zustand völliger Bewusstlosigkeit (Schlaf, Hypnose usw.)
  • Erklärungsbewusstsein ist das Bewusstsein, überhaupt irgendeine rechtserhebliche Erklärung abzugeben. Wie sich ein fehlendes Erklärungsbewusstsein auf das Vorliegen einer Willenserklärung auswirkt, ist umstritten (Trierer Weinversteigerung). Die herrschende Meinung vertritt zu diesem Problem die sog. Erklärungstheorie, die sich aus dem Verantwortlichkeitsprinzip ableitet: Danach wird dem Erklärenden sein Verhalten auch bei fehlendem Erklärungsbewusstsein als Willenserklärung zugerechnet, wenn er bei Beachtung der im Rechtsverkehr erforderlichen Sorgfalt hätte erkennen können und müssen, dass sein Verhalten als Willenserklärung aufgefasst wird, sogenannte Erklärungsfahrlässigkeit. Etwas anders gilt nur dann, wenn sein Gegenüber nicht schutzwürdig ist, etwa weil er um das fehlende Erklärungsbewusstsein des anderen wusste.
  • Geschäftswille bezeichnet den Willen, ein ganz bestimmtes Rechtsgeschäft abzuschließen, z. B. der Wille, einen Mietvertrag über eine bestimmte Wohnung abzuschließen. Fehlt der Geschäftswille, schadet das der Wirksamkeit der Willenserklärung nicht. Davon geht auch das BGB aus, denn andernfalls bedürfte es keiner Anfechtungsregeln im allgemeinen Teil des BGB. Wenngleich der Geschäftswille also für das Vorliegen einer Willenserklärung nicht erforderlich ist, so indiziert sein Vorliegen doch das Vorliegen der übrigen Voraussetzungen.

Willensmangel

Im Idealfall stimmen der geäußerte und der wirkliche Wille überein. Ist dies nicht der Fall, spricht man von einem Willensmangel. Man unterscheidet zwischen dem bewussten Willensmangel (Scheingeschäft, Scherzerklärung, Geheimer Vorbehalt, widerrechtliche Drohung), geregelt in §§ 116-118, 123 Abs. 1 2. Alt. BGB, und dem unbewussten Willensmangel (Irrtum), geregelt in §§ 119-122, 123 Abs. 1 1. Alt. BGB.

Der Irrtum macht die Willenserklärung nicht unwirksam. In bestimmten Fällen berechtigt der Irrtum aber dazu, die Folgen der irrtümlich abgegebenen Willenserklärung rückwirkend zu beseitigen (Anfechtung). Folgende Irrtümer sind zu unterscheiden:

Weicht die Erklärung unbewusst von dem Geschäftswillen ab, so handelt es sich um einen anfechtbaren Irrtum bei der Willensäußerung. Er kommt vor als Inhaltsirrtum (§ 119 Abs. 1 1. Fall BGB), bei dem der Erklärende zwar die Willenserklärung abgibt, die er abgeben will, aber über den Inhalt irrt, der seiner Erklärung durch Auslegung beigelegt wird. Beim Erklärungsirrtum (§ 119 Abs. 1 2. Fall BGB) gibt der Erklärende die Willenserklärung nicht so ab, wie er sie abgeben wollte (verschreiben, versprechen, ...). Daneben ist die fehlerhaft Übermittlung (§ 120 BGB) der Willenserklärung, z. B. durch einen Boten, durch die Post usw. denkbar. Die fehlerhafte Übermittlung ist wie ein Erklärungsirrtum zu behandeln [1].

Geht der Erklärende von einem falschen Umstand aus, der ihn zu seiner Willenserklärung bringt, so handelt es sich um einen Irrtum bei der Willensbildung. Ein solcher Willensmangel wird auch Motivirrtum genannt, der grundsätzlich nicht zur Anfechtung der Willenserklärung berechtigt. Anders ist das bei einem Irrtum über verkehrswesentliche Eigenschaften der Person oder Sache (§ 119 Abs. 2 BGB: Eigenschaftsirrtum). Eigenschaften einer Person könnten sein: Erlernter Beruf bei einem Arbeitsvertrag, Kreditwürdigkeit beim Ratenkauf. Eigenschaften einer Sache sind z. B. Material bei einem Ring (vergoldet, Echtgold). Keine Eigenschaft einer Sache ist der Wert oder der Preis [2]: er ergibt sich erst aus den Eigenschaften. Anfechtbar ist auch die durch arglistige Täuschung verursachte Willenserklärung.

Abgabe und Zugang der Willenserklärung

Liegen die Voraussetzungen des objektiven und (soweit erforderlich) subjektiven Tatbestandes einer Willenserklärung vor, bedarf es noch weiterer Umstände zu ihrem Wirksamwerden. Mindestvoraussetzung einer jeden Willenserklärung ist die Abgabe. Die Abgabe bedeutet, dass der Erklärende den Willen geäußert hat.

Beispiel: Ein Testament wird wirksam, wenn es handschriftlich verfasst und unterschrieben wurde; eine Auslobung wird wirksam, wenn sie versprochen wurde.

Empfangsbedürftige Willenserklärungen bedürfen neben der Abgabe noch des Zugangs beim Erklärungsempfänger oder seinem Vertreter. Bei Abgabe und Zugang empfangsbedürftiger Willenserklärungen ist zwischen der Abgabe und dem Zugang gegenüber an- und abwesenden Erklärungsempfängern zu unterscheiden. Allerdings regelt das Gesetz in § 130 BGB nur die Abgabe und den Zugang gegenüber Abwesenden. Weitere Besonderheiten bzgl. Abgabe und Zugang einer empfangsbedürftigen Willenserklärung ergeben sich, wenn es sich um mündliche, fernmündliche oder schriftliche Willenserklärungen handelt. Bei manchen Rechtsgeschäften ist eine bestimmte Form vorgeschrieben, damit das Rechtsgeschäft wirksam ist.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. BGH NJW 2005, 976 (977)
  2. BGHZ 16, 57
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