Beluga Shipping

Beluga Shipping
Beluga Shipping GmbH
Beluga Shipping.jpg
Rechtsform GmbH i.L.
Gründung 1995
Sitz Bremen
Leitung Roger Iliffe
Mitarbeiter 1.985 (Verwaltung:

ca. 500 in Bremen, ca. 100 international; Seefahrer: ca. 1500)[1]

Umsatz 415 Mio. Euro (2009)
Branche Reederei
Produkte Projekt- und Schwergutladung
Website www.beluga-group.com

Beluga Shipping GmbH ist eine in Insolvenz befindliche deutsche Projekt- und Schwergut-Reederei mit Sitz in Bremen.

Im März 2011 wurde eine Finanzkrise bei Beluga bekannt, in deren Zuge die US-amerikanische Investmentgesellschaft Oaktree Capital Management die Geschäftsführung der Unternehmensgruppe übernahm und den Unternehmensgründer und bisherigen Geschäftsführer, Niels Stolberg, ablöste. Am 16. März 2011 beantragte zunächst ein Teilbereich der Reederei-Gruppe, die Beluga Chartering GmbH, die Einleitung eines Insolvenzverfahrens[2]. Inzwischen befindet sich die Beluga Shipping und andere Tochtergesellschaften in Insolvenz[3].

Inhaltsverzeichnis

Geschäftsfelder

Kernkompetenz der Beluga Gruppe ist die Projekt- und Schwergut-Schifffahrt.

Parallel dazu engagiert sich das Unternehmen verstärkt im Offshore-Windkraftanlagen-Markt. Hierzu wurde Beluga Hochtief Offshore, ein Joint Venture mit dem Essener Bauunternehmen Hochtief, gegründet[4]. In Zusammenhang mit der Insolvenz beabsichtigt Hochtief die Anteile der Beluga Offshore GmbH am Gemeinschaftsunternehmen Beluga-Hochtief-Offshore zu übernehmen[5].

Die Beluga Group ist organisatorisch in drei Kernbereiche unterteilt:

  • Die Beluga Shipping GmbH bildet das Dach der unternehmerischen Tätigkeiten und befasst sich mit dem Kerngeschäft Verschiffung.
  • Die Beluga Offshore GmbH ist federführend bei der Organisation und Realisierung des Geschäftsbereiches Offshore-Wind.
  • Die Beluga Maritime Education GmbH ist zuständig für seemännische Ausbildung und Offshore-Qualifizierung.

Das Marktsegment „Standard Heavy Lift“ wird als das Angebot an charterbaren Schiffen mit einer Hebelastkapazität von mehr als 240 t definiert, wobei auch die kombinierte Hubfähigkeit bei Einsatz von zwei Schiffskränen im „Tandembetrieb“ einbezogen wird. Bei Frachtschiffen in diesem Segment war die Beluga Group mit 69 entsprechend ausgerüsteten Mehrzweck-Schwergutfrachtern (2010) nach eigenen Angaben Weltmarktführer[6][7][8]. Teile der Beluga-Flotte sind, wie in der Branche üblich, gecharterte Schiffe.

Unternehmensentwicklung

Der Unternehmenssitz der Beluga Group auf dem Teerhof in Bremen

Die Beluga Shipping GmbH wurde im Dezember 1995 als „cargo operator“ von Erhard Koschorreck und Niels Stolberg in Bremen gegründet. 1998 wurde das erste eigene Schiff, der Mehrzweckfrachter Beluga Performer, in Dienst gestellt, 1999 kam der erste eigene Neubau der Reederei, die Werder Bremen, dazu. In den folgenden Jahren wuchs das Unternehmen rasch. Inzwischen fahren für die Beluga Group insgesamt 69 Mehrzweck-Schwergutfrachter (September 2010)[9][1]. Die Krankapazitäten der Schiffe liegen derzeit bei bis zu 1400 Tonnen im kombinierten Tandembetrieb (P-Serie).

Die internationale Präsenz von Beluga Shipping verstärkte sich ab 2002, zunächst durch die Eröffnung von Auslandsniederlassungen in Brasilien und Singapur. Im Jahr 2003 folgten die Übernahme der niederländischen GenChart B.V. und die Eröffnung einer Niederlassung in Peking. 2004 wurden weitere Niederlassungen in Houston und Shanghai eröffnet. Inzwischen sind es 15 Niederlassungen weltweit. Das Unternehmen bietet jedoch keinen Linienverkehr zwischen den Niederlassungen an, sondern ist in der Trampschifffahrt tätig. Auf dem Bremer Teerhof − zwischen den Versicherungsgebäuden und dem Gästehaus der Universität – hat die Beluga Group ihr neues Verwaltungsgebäude gebaut, das im Juni 2009 bezogen wurde[10].

Durch das Flottenwachstum konnte Beluga ihren Umsatz gegenüber 2006 von 175 auf 418 Mio. Euro im Jahr 2008 mehr als verdoppeln (2007: 268 Mio. Euro). Im gleichen Zeitraum stieg der operative Gewinn von 17,4 auf 68 Mio. Euro (2007: 30 Mio. Euro). Im „Krisenjahr 2009“ konnte der Umsatz mit 415 Mio. Euro aufgrund der wachsenden Tonnage nahezu stabil gehalten werden, wobei der Gewinn auf 20 Mio. Euro zurückging[11].

Im Sommer 2009 übernahm die US-amerikanische Investmentgesellschaft Oaktree Capital Management für mehr als 100 Mio. Euro ein Drittel der Anteile der Beluga Group[12]. So sollte der weitere Flottenausbau und damit die Expansion des Unternehmens finanziert werden. Seit dem 28. Februar 2011 wurde bekannt, dass der Finanzinvestor Oaktree, der mittlerweile mit 49,5 % beteiligt war, Beluga übernehmen werde. Das Bundeskartellamt bestätigte eine entsprechende Anmeldung[13].

Am 3. März 2011 musste Niels Stolberg als Geschäftsführer zurücktreten. Der Restructuring Officer bei Oaktree, Roger Iliffe, übernahm die Geschäftsleitung[14]. Gegen den ehemaligen geschäftsführenden Gesellschafter Stolberg sowie weitere leitende Mitarbeiter wurde seitens der Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts auf schweren Betrug eingeleitet.

Am 16. März 2011 beantragte zunächst ein Teil der Beluga-Gruppe, die für das Chartergeschäft verantwortliche Beluga Chartering GmbH, beim Amtsgericht Bremen die Eröffnung des Insolvenzverfahrens[2]. Inzwischen wurde für die Beluga Shipping und weitere Tochtergesellschaften wie die Sea Academy Insolvenz beantragt[15][16].

Der US-amerikanische Finanzinvestor, welcher an Beluga beteiligt ist, gründete mit ehemaligen Mitarbeitern von Beluga sowie einigen Schiffen aus der Beluga-Flotte eine neue Schwergut-Reederei, Hansa Heavy Lift mit Sitz in Hamburg.

Aufsehenerregende Projekte

Das Unternehmen ist als eine der ersten Reedereien im kommerziellen Anwendungsversuch eines gleitschirmähnlichen Zugdrachens des Hamburger Unternehmens SkySails beteiligt. Am 15. Dezember 2007 wurde die Beluga SkySails in Hamburg getauft. Zusätzlich zum herkömmlichen Verbrennungsmotor ist das Schiff mit einem Zugdrachen ausgerüstet, der bei günstigen Windbedingungen den Kraftstoffverbrauch um 10 bis 15 Prozent reduzieren soll. Die Jungfernfahrt Anfang 2008 verlief (nach Angabe des Unternehmens) erfolgreich und bestätigte die erreichbare Verringerung der Reisekosten bei gleichzeitiger Reduzierung von klimaschädlichen Emissionen[17].

Bei einem weiteren „spektakulären Projekt“ (Weser-Kurier) schafften Frachter der Beluga Group als erste Schiffe einer westlichen Reederei im Sommer 2009 im zweiten Versuch die Fahrt durch die Nordostpassage entlang der sibirischen Küste. Im Vorjahr waren die erforderlichen Genehmigungen nicht mehr rechtzeitig eingetroffen, um das schmale Zeitfenster für den Transit des nördlichen Seeweges zu nutzen. Durch den Klimawandel weicht das Eis inzwischen im Sommer zurück und gibt je nach Witterung für sechs bis acht Wochen eine Passage frei, die die Strecke von Europa nach Asien oder andersherum um ein Drittel verkürzt. Das Unternehmen will bis zu sechs Frachter auf diesen Weg entsenden. Gegenüber der klassischen Route durch den Suezkanal ließen sich so nach Unternehmensangaben bis zu 3,5 Mio. Euro einsparen[10].

Die „Beluga Singapore“ lädt die Doppelendfähre „Kwale“ mit eigenem Schwergutgeschirr am Terminal Dradenau in Hamburg-Waltershof

Piratenübergriffe

Am 24. Oktober 2010 versuchten Piraten die Beluga Fortune etwa 1200 Seemeilen östlich der kenianischen Stadt Mombasa zu entführen. Der Versuch misslang jedoch, weil sich die Crew in einen Schutzraum flüchtete, von dort aus die Maschinen des Schiffs stoppte und Hilfe herbeirief. Da es den Piraten so nicht gelang, das Schiff in Fahrt zu bringen und an einem für sie sicheren Ort zu schaffen, verließen sie das Schiff wieder, so dass die Beluga Fortune mit unverletzter Besatzung ihre Reise fortsetzen konnte.

Am 22. Januar 2011 wurde ein weiteres Schiff der Reederei, die Beluga Nomination, von somalischen Piraten angegriffen und diesmal gekapert[18].

Gesellschaftliches Engagement

Gesellschaftliches Engagement war ein Bestandteil der Unternehmensphilosophie; die Beluga Shipping GmbH engagierte sich mit sozialen und kulturellen Aktivitäten für eine Ausgestaltung der gesellschaftlichen Rahmenbedingungen. Das Unternehmen wollte dabei „vor allem jungen und benachteiligten Menschen verschiedene Bildungschancen eröffnen“, „Hilfe für Menschen geben, die ohne Hilfe sind“, sowie „Zugang zu kulturellen Erfahrungen ermöglichen“[19].

Zu den Aktivitäten im Bildungsbereich[20] gehörte unter anderem das Ausbildungskonzept der Beluga Group. Auf sechs Schiffen wurden unter dem Namen „Sea Academy“ jährlich über hundert Kadetten ausgebildet[21]. Darüber hinaus finanzierte Beluga-Reeder Niels Stolberg unter anderem zwei Stiftungsprofessuren am Fachbereich Seefahrt der Fachhochschule Elsfleth sowie zwei weitere an der Hochschule Bremen, Fachbereich Nautik und internationale Wirtschaft für den „Internationalen Studiengang Shipping und Chartering“ (ISSC).

Bei seinem sozialen Engagement förderte das Unternehmen mehrere Hilfsorganisationen und Einrichtungen[22]. Neben anderen wurde in Thailand in Na Nai in der Region Khao Lak eine Einrichtung zur Betreuung von Tsunami-Waisen aufgebaut, die Beluga School for Life, jetzt Hanseatic School for life. Das 2005 von Niels Stolberg gegründete Hilfsprojekt wurde im Oktober 2006 eröffnet und hat sich inzwischen zu einer Dorfgemeinschaft mit Schule und Kindergarten entwickelt. 2010 wurden dort rund 150 Kinder betreut[23].

Im Bereich Kultur unterstützte und förderte das Unternehmen verschiedene Kultureinrichtungen und -projekte[24].

Siehe auch

  • Hr Recognition ex Beluga Recognition, ehemaliges Ausbildungsschiff der Beluga Sea Academy

Weblinks

 Commons: Beluga Group – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Literatur

  • Günter Full: 15 Jahre Beluga Shipping GmbH. In: HANSA, Heft 12/2010, S. 42–55, Schiffahrts-Verlag Hansa, Hamburg 2010, ISSN 0017-7504
  • Klaus Wolschner: Der schnelle Absturz eines Aufsteigers. In: Waterkant, Heft 1/2011, S. 11/12, 26. Jahrgang, Förderkreis Waterkant e.V., Emsdetten 2011, ISSN 1611-1583

Einzelnachweise

  1. a b Krischan Förster: Auch Beluga spürt die Schifffahrtskrise. Weser-Kurier, 4. März 2010, S. 15
  2. a b Bremer Reederei in der Krise. Insolvenzantrag für Beluga-Chartergeschäft. Radio Bremen, abgerufen am 16. März 2011.
  3. Deutsche Seeschifffahrt, Heft 4/2011, S. 10, Verband Deutscher Reeder e.V. (Hrsg.), Hamburg 2011, ISSN 0948-9002
  4. [1] Offizielle Seite Beluga Hochtief Offshore. Abgerufen am 28. September 2010
  5. Hochtief will Offshore-Anteil übernehmen. In: Hansa, Heft 7/2011, S. 5, Schiffahrts-Verlag Hansa, Hamburg 2011, ISSN 0017-7504
  6. [2] Offizielle Beluga Group Seite. Abgerufen am 28. September 2010
  7. Bei anderer Abgrenzung des Marktes nach Krankapazität, Transportkapazität, oder Ladeluken-/Decks-Größe war die Beluga Group mit Stand 2008 allerdings schon in Europa nur die Nummer Zwei hinter Spliethoff's Bevrachtingskantoor B.V., Rotterdam zusammen mit BigLift Shipping (früher Mammoet Shipping).
    Hermann Simon erwähnte die Beluga Group in seinem gleichnamigen Buch als Beispiel für einen „Hidden Champion“. (Hidden Champions des 21. Jahrhunderts: Die Erfolgsstrategien unbekannter Weltmarktführer. Campus, Frankfurt am Main 2007, ISBN 978-3-593-38380-4, S. 25
  8. Nach Angaben des Instituts für Seeverkehrswirtschaft und Logistik war Beluga der Weltmarktführer im Nischensegment Projekt- und Schwergutschifffahrt, Florian Langenscheidt, Bernd Venohr (Hrsg.): Lexikon der deutschen Weltmarktführer. Die Königsklasse deutscher Unternehmen in Wort und Bild. Deutsche Standards Editionen, Köln 2010, ISBN 978-3-86936-221-2
  9. [3] Offizielle Beluga Group Seite. Abgerufen am 28. September 2010
  10. a b Krischan Förster: Beluga geht auf Eisfahrt. Im zweiten Anlauf soll Nordostpassage bezwungen werden / Bilanz 2008: Umsatz wächst erneut um gut 50 Prozent. Weser-Kurier, 18. Februar 2009, S. 17
  11. Unternehmensprofil 2010. Beluga Shipping, abgerufen am 27. Mai 2010 (PDF).
  12. Der Untergang der Reederei Beluga. Financial Times Deutschland, 10. März 2011, abgerufen am 10. März 2011.
  13. US-Investor plant die Übernahme von Beluga. Artikel der Nordwest-Zeitung. Abgerufen am 3. März 2011
  14. Der Untergang der Reederei Beluga. Financial Times Deutschland, 10. März 2011, abgerufen am 10. März 2011.
  15. Schiff & Hafen, Heft 4/2011, S. 8, Seehafen-Verlag, Hamburg 2011, ISSN 0938-1643
  16. Deutsche Seeschifffahrt, Heft 4/2011, S. 10, Verband Deutscher Reeder e.V. (Hrsg.), Hamburg 2011, ISSN 0948-9002
  17. Motorschiff „Beluga SkySails“ mit positiven Erkenntnissen zurück in Europa. Beluga Group (14. März 2008). Abgerufen am 23. April 2010.
  18. Beluga Nomination im Indischen Ozean gekapert. Abgerufen am 27. Januar 2011 (englisch).
  19. Engagement – Verantwortung leben, Gesellschaft bewegen. Beluga Group. Abgerufen am 23. April 2010.
  20. Bildung – Vielfältige Bildungschancen eröffnen. Beluga Group. Abgerufen am 23. April 2010.
  21. [4] Offizielle Beluga Group Seite. Abgerufen am 28. September 2010
  22. Soziales – Hilfe für Menschen geben. Beluga Group. Abgerufen am 23. April 2010.
  23. Das Projekt: Zahlen – Daten – Fakten, Bericht der Beluga School for Life auf deren Website (PDF-Datei; abgerufen am 28. September 2010) (Link nicht mehr abrufbar)
  24. Kultur – Zugang zu kulturellen Erfahrungen ermöglichen. Beluga Group. Abgerufen am 23. April 2010.

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