- Bezirkshauptmannschaft
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Die Bezirkshauptmannschaft ist die allgemeine Verwaltungsbehörde der Politischen Bezirke bzw. Verwaltungsbezirke Österreichs in erster Instanz. Sie ist eine der beiden Ausprägungen der Bezirksverwaltungsbehörde.
Es gibt hier keine gewählten, sondern nur beamtete Organe. Sie werden von der Landesregierung ernannt. Der oberste Beamte ist der Bezirkshauptmann (Titel wird sowohl für Männer als auch für Frauen verwendet).
Mit Stand 1. Jänner 2007 gibt es 84 Bezirkshauptmannschaften.
Inhaltsverzeichnis
Aufgaben
Obwohl Landesbehörde, erfüllt die Bezirkshauptmannschaft, kurz auch BH genannt, sowohl Bundes- (mittelbare Bundesverwaltung) als auch Länderaufgaben. Hier sind die verschiedensten Fachgebiete angesiedelt:
- Amtsarzt
- Amtstierarzt
- Gewerbe-, Wasser-, (Straßen-)Verkehrsrecht
- Sozialamt
- Sicherheitspolizei
- Fremdenpolizei
- Forst- und Jagdverwaltung
- Gemeindeaufsicht
- Verwaltungsstrafsachen
Außerhalb des örtlichen Wirkungsbereiches der Bundespolizeidirektionen (ein solcher besteht derzeit für die Stadtgemeinde Leoben im Bezirk Leoben und für die Stadtgemeinde Schwechat samt Flughafen im Bezirk Wien-Umgebung) obliegt auch die Sicherheitsverwaltung den Bezirkshauptmannschaften. Die Bezirks- oder Stadtpolizeikommanden und deren Polizeiinspektionen des Wachkörpers Bundespolizei sind diesen bei der Besorgung der Sicherheitsverwaltung unterstellt. Für die Bezirksverwaltungsbehörde versehen die ihnen unterstellten oder beigegebenen Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes den Exekutivdienst.
Nicht zuständig ist die BH für Statutarstädte (hier werden die Aufgaben vom Magistrat, der zweiten Ausprägung der Bezirksverwaltungsbehörde, wahrgenommen) sowie für das gesamte Justizwesen. In der Bundeshauptstadt (zugleich Bundesland) Wien bestehen keine Bezirkshauptmannschaften; auch hier fallen deren Aufgaben in die Zuständigkeit des Magistrats.
Außenstellen
In manchen Bezirken gibt es auch Außenstellen, so genannte Politische Exposituren. Heute gibt es nur mehr zwei im Bezirk Liezen: Politische Expositur Bad Aussee und Politische Expositur Gröbming. Eine Politische Expositur betreut einen formal selbstständigen Bezirk, der aber von einer benachbarten Bezirkshauptmannschaft fremdverwaltet wird. Die Politische Expositur ist die einzige zuständige Behörde in ihrem Bereich, geführt wird sie von einem Expositurleiter. In manchen Bezirken gibt es auch Außenstellen, die keinen eigenen Amtsleiter haben, aber ebenfalls einen örtlichen Zuständigkeitsbereich. Beispiel: Die Bezirkshauptmannschaft Wien-Umgebung betreibt, da der Bezirk örtlich geteilt ist, Außenstellen in Gerasdorf bei Wien, Purkersdorf, Schwechat sowie sogar eine weitere außerhalb ihres Zuständigkeitsbereichs, nämlich in Wien-Innere Stadt.
Geschichte
Die Bezirkshauptmannschaften wurden in Österreich-Ungarn im Jahre 1850 in allen Kronländern eingerichtet, die 1854 von gemischten Bezirksämtern abgelöst wurden; Verwaltung und Justiz waren damals noch nicht getrennt und die Größe entsprach der eines Gerichtsbezirks.
Erst 1868 wurden sie zu reinen Verwaltungsinstitutionen der untersten Verwaltungsebene.
Nach dem Zerfall der Donaumonarchie wurden sie in der Republik Österreich sowie in der Tschechoslowakei übernommen und bestehen seither in dieser Form. Seit 1924 stehen die BHs in der Kompetenz der Bundesländer. Sie stellen eine staatliche Behörde 1. Instanz mit umfangreichen Aufgaben dar.
Im Gegensatz zu Deutschland gab es in Österreich keine Gebietsreformen (Kreisreform) mit großen Zusammenlegungen von Bezirken.
Aufgelassen und nicht mehr wieder errichtet wurden bisher nur folgende Bezirkshauptmannschaften:
- 1891 Hernals (wegen Eingemeindung des Großteils nach Wien), Sechshaus (wegen vollständiger Eingemeindung nach Wien) sowie Hietzing und Währing (beide wegen Eingemeindung der Bezirkshauptstadt nach Wien)
- 1906 Floridsdorf, die bis 1896 Groß-Enzersdorf hieß (wegen Eingemeindung der Bezirkshauptstadt nach Wien)
- 1938 Gröbming (später politische Expositur), Pöggstall (zunächst auch Expositur), Hietzing-Umgebung sowie Floridsdorf-Umgebung
- 2012 geplant: Judenburg und Knittelfeld (Zusammenführung zum neuen Bezirk Murtal mit Sitz in Judenburg)
Seit 1868 neu eingerichtete Bezirkshauptmannschaften (im heutigen Österreich und noch heute bestehend):
- 1891 Voitsberg für den Bezirk Voitsberg
- 1891 Tulln für den Bezirk Tulln
- 1896 Melk für den Bezirk Melk
- 1896 Hallein für den Bezirk Hallein
- 1897 Mödling für den Bezirk Mödling
- 1899 Gmünd für den Bezirk Gmünd
- 1901 Gänserndorf für den Bezirk Gänserndorf
- 1903 Mürzzuschlag für den Bezirk Mürzzuschlag
- 1903 Urfahr für den Bezirk Urfahr
- 1907 Eferding für den Bezirk Eferding
- 1911 Grieskirchen für den Bezirk Grieskirchen
- 1921 Jennersdorf für den Bezirk Jennersdorf. Im selben Jahr entstanden aus den ehemals ungarischen munizipalen Oberstuhlrichterämtern die anderen Burgenländischen Bezirkshauptmannschaften, die sich in den jeweiligen selben Orten befinden
- 1938 Fürstenfeld für den Bezirk Fürstenfeld
- 1946 Knittelfeld für den Bezirk Knittelfeld
- 1954 Klosterneuburg für den Bezirk Wien-Umgebung
- 1969 Dornbirn für den Bezirk Dornbirn
- 1982 Feldkirchen in Kärnten für den Bezirk Feldkirchen
Bedeutungswandel des Begriffes
Wird heute als Bezirkshauptmannschaft sowohl das Gebäude als auch die Verwaltungsebene eines politischen Bezirkes als Bezirkshauptmannschaft bezeichnet, so bedeutete der Begriff in den Anfängen den politischen Bezirk in seiner Gesamtheit. Als Beispiel sei hier der Erlass des Innenministeriums vom 9. August 1849 herangezogen.[1].
Literatur
- Karl Gutkas, Josef Demmelbauer: Die Bezirkshauptmannschaft gestern und heute. Amt der Niederösterreichischen Landesregierung, Wien 1994, ISBN 3-85006-065-9.
Siehe auch
Einzelnachweise
- ↑ Erlaß des Ministeriums des Innern vom 9. August 1849 abgerufen bei ALEX am 18. Mai 2010
Weblinks
- Bezirkshauptmannschaft. In: Österreich-Lexikon, online auf aeiou.
- Geschichte der Bezirksverwaltung
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