Bettina Pousttchi

Bettina Pousttchi

Bettina Pousttchi (* 1971 in Mainz) ist eine deutsch-iranische Künstlerin. Sie lebt und arbeitet in Berlin.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Bettina Pousttchi verbrachte ihre Kindheit in Deutschland und zeitweise im Iran. Sie studierte von 1990 bis 1992 Kunst an der Universität Paris VIII, von 1992 bis 1997 Philosophie, Kunstgeschichte und Filmtheorie an den Universitäten in Köln und Bochum. 1995 bis 1999 war sie Studentin von Prof. Rosemarie Trockel und Prof. Gerhard Merz an der Kunstakademie Düsseldorf . 1999/2000 absolvierte sie das renommierte Whitney Independent Studio Program des Whitney Museums of American Art in New York, wo Isaac Julien, Yvonne Rainer, Mary Kelly, Hal Foster und Benjamin Buchloh zu ihren Lehrern gehörten. Nachdem sie einige Zeit für andere Künstler assistiert hatte (u.a. Nam June Paik) stellt sie selbst seit 1997 in nationalen und internationalen Kunstinstitutionen aus. Sie war zwei Mal auf der Biennale in Venedig vertreten (2003, 2009). Ihre Werke befinden sich in zahlreichen privaten und öffentlichen Sammlungen, u.a. der Sammlung der Bundesrepublik Deutschland[1].

Werk

Echo, 2009, 970 Plakate auf der Fassade der temporären Kunsthalle Berlin

Bettina Pousttchi arbeitet als Fotografie- und Videokünstlerin, sowie mit den Medien der Installation und Skulptur. Ihr bisheriges Hauptwerk ist die 2009 realisierte monumentale Fotoinstallation Echo auf dem Berliner Schlossplatz, die für die Dauer von sechs Monaten die gesamte Außenfassade der Temporären Kunsthalle bedeckte. Die annähernd 2000 m² große Fotoinstallation bestand aus 970 Einzelplakaten aus Papier und bildete ein umlaufendes Motiv, das an den dort gerade abgerissenen Palast der Republik erinnerte und ihn für ein halbes Jahr quasi wieder auferstehen ließ. Im Sommer 2010 realisiert sie mit Basel Time (2010) auf der Fassade der Art Basel eine weitere ortsspezifische Arbeit im öffentlichen Raum.

Fotografie

Zu ihren wichtigsten Fotoarbeiten zählen neben der Installation Echo (2009) die Fotoserien Starker Staat (2003), Take Off (2005), Parachutes (2007) und The Hetley Suite (2008). Die Künstlerin arbeitet oft in Werkgruppen, die sie als „cinematografische Sequenzen“ begreift. Ihre Fotos beziehen sich stets mehr auf die mediale als auf die faktische Realität. Typisch für ihre Fotografien sind in der Nachbearbeitung eingefügte Unschärfen, oftmals als horizontale schwarz-weiße Linien erkennbar. Dazu sagt Bettina Pousttchi selbst: „Die Unschärfen in meinen Fotos eröffnen einen Möglichkeitsraum des Imaginären. Darin liegt für mich die Frage beinhaltet, was Realität ist, ob und wie sie abbildbar ist und wie wir Wirklichkeit wahrnehmen.“[2]

Video

Bekannt wurde Bettina Pousttchi mit den Videoarbeiten Auf Gute Nachbarschaft (1999) und Die Katharina-Show (2000). In dem von ihr geschaffenen hybriden Genre des Doku-Clips zeichnet sie in Form eines Videoclips Portraits von Menschen in ihrem Alltag und hinterfragt dabei auch den Realitätsanspruch des Genres Dokumentarfilm. Seit 2003 wurden ihre Videoarbeiten zunehmend raumgreifend. So verwendet die Videoskulptur Landing von 2006 zehn Monitore und 25 Absperrgitter, um eine Atmosphäre der rätselhaften Ungewissheit zu schaffen, in welcher sich der Betrachter zwischen den Polen Freiheit und Sicherheit selbst verorten muss.

Skulptur

Ein häufig verwendetes Element in den Skulpturen der Künstlerin sind Absperrgitter aus dem öffentlichen Raum, die sie in der Tradition der Objektkunst transformiert. 2009 formte Bettina Pousttchi zwei verbogene Absperrgitter komplett in transparentem Glas nach für die Skulptur Cleared (2009), die auf der Biennale in Venedig in der Ausstellung Glasstress ausgestellt war. Die Absperrgitter thematisieren die Frage nach Grenzen, den dort wirkenden Gewalten und der transformativen Energie, die in ihrer Auflösung liegt. Auch hier setzt sich der Anspruch der Künstlerin auf eine interdisziplinäre künstlerische Praxis fort.

Kollaborationen

Bettina Pousttchi ist Mitglied im Brutally Early Club, der von Hans-Ulrich Obrist und Markus Miessen 2006 in London gegründet wurde. Dieser Salon findet in Form von spontanen Treffen in öffentlichen Cafés in London, Berlin, Paris oder New York statt. Morgens um 6:30 Uhr werden dort aktuelle Fragen zur Kunst, Literatur und Wissenschaft diskutiert. Darüber hinaus realisierte sie Installationen mit dem Architekten Markus Miessen und der Künstlerin Rosemarie Trockel[3] und wirkte in einem Film von Lawrence Weiner (How Far is There, 1999) mit.

Ausstellungen (Auswahl)

Preise und Stipendien

  • 2008 TrAIN Research Center for Transnational Art, Identity and Nation, Balmoral Residency, University of the Arts, London
  • 2007 BBAX - Berlin Buenos Aires Art Exchange, Buenos Aires
  • 2005 Provinzial Förderprojekt
  • 2003 Die Goldene Lotte
  • 2000 Kunststiftung NRW
  • 1999 Die Goldene Lotte

Literatur

  • Bettina Pousttchi: Echo Berlin, Temporäre Kunsthalle Berlin, Verlag der Buchhandlung Walther König Köln, 2010 mit Texten von Tom McCarthy, Diedrich Diederichsen, Markus Miessen, Hans Ulrich Obrist, Bettina Pousttchi, Angela Rosenberg, Esther Ruelfs, ISBN 978-3-86560-833-8
  • Bettina Pousttchi: Reality Reset, Von der Heydt Museum Wuppertal, Verlag der Buchhandlung Walther König, Köln, 2008, mit Texten von Barry Schwabsky, Jörg Heiser, Matthias Mühling, Petra Löffler, Niels Werber, Uta Grosenick, Jon Wood, Christian Rattemeyer, Mark Gisbourne, Vanessa Joan Müller, ISBN 978-3-86560-374-6
  • Bettina Pousttchi: Departure, Verlag der Buchhandlung Walther König, Köln, 2007, ISBN 3-86560-285-1
  • Bettina Pousttchi: Screen Settings, Württembergischer Kunstverein, Hatje Cantz Verlag, Ostfildern-Ruit, 2003, ISBN 3-7757-9178-7
  • Bettina Pousttchi: Die Katharina-Show, Museum Morsbroich Leverkusen, 2001, ISBN 3-925520-60-0

Quellen

  1. Zeitblick: Ankäufe der Sammlung Zeitgenössischer Kunst der Bundesrepublik Deutschland 1998 – 2008, Dumont 2008
  2. Totally. Hans Ulrich Obrist, Bettina Pousttchi und Markus Miessen im Gespräch, in: Bettina Pousttchi, Echo Berlin, Verlag der Buchhandlung Walther König, Köln 2010
  3. Susanne Kaufmann: When Pousttchi met Trockel, in: TIME Magazine, 7. April 2003, 68/69

Weblinks

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