Carl Thiel

Carl Thiel

Carl Thiel (* 9. Juli 1862 in Klein-Öls, Niederschlesien; † 23. Juli 1939 in Bad Wildungen, Nordhessen) war ein deutscher Organist, Kirchenmusiker und Professor für Musik.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Carl Thiel war katholisch getauft und wuchs in Niederschlesien in bescheidenen Verhältnissen auf. Dennoch konnte er – ebenso wie sein Bruder – eine Ausbildung zum Volksschullehrer absolvieren. Nach fünf Jahren seiner Tätigkeit als Lehrer, gab er den Beruf auf und widmete sich der Kirchenmusik.

Ab 1887 studierte Carl Thiel in Berlin am Königlichen Institut für Kirchenmusik und wirkte und unterrichtete dort als Organist. Nach dem Studium wurde er 1891 zum „etatmäßigen Hilfslehrer“ am Institut ernannt. Er widmete sich unter anderem intensiv dem Gregorianischen Choral, weil dieser aus seiner Sicht von allen Gattungen der Liturgie am besten gerecht wird. 1893 war er Preisträger des Felix-Mendelssohn-Bartholdy-Preises[1].

Nach zweijähriger Zusammenarbeit mit seinem Lehrer und dem Direktor des Institutes, Hermann Kretzschmar, wurde Carl Thiel 1909 zu dessen Vertreter ernannt. Hier gründete er zusammen mit Hermann Kretzschmar den Madrigalchor der Akademie und trat mehrfach als dessen Dirigent auf. Er wurde zum Professor für Musik ernannt und wurde nach der Erkrankung von Hermann Kretzschmar von 1922 an Direktor der inzwischen umbenannten Staatlichen Akademie für Kirchenmusik und Schulmusik.

In den Zwanziger Jahren gehörte Carl Thiel zu den bedeutendsten Musikpädagogen des deutschen Musiklebens. Von 1925 bis zu seinem Tod war er Mitglied der Preußischen Akademie der Künste in Berlin[2].

Als nach seiner Pensionierung 1927 Hans Joachim Moser sein Nachfolger als Direktor der Staatlichen Akademie wurde, ging Carl Thiel nach Regensburg und arbeitete dort an der Kirchenmusikschule. Dort wurde er nach drei Jahren von Bischof Michael Buchberger als Nachfolger von Karl Weinmann, der bereits von Peter Griesbacher kommissarisch vertreten worden war, ebenfalls zum Direktor ernannt. Diese Position nahm er ehrenamtlich wahr und hatte sie bis zu seinem Lebensende 1939 inne.

Grabstein von Carl Thiel auf dem Sankt-Matthias-Friedhof in Berlin-Tempelhof 52° 27′ 17″ N, 13° 21′ 41″ O52.45463888888913.361305555556

Carl Thiel starb unerwartet während eines Kuraufenthaltes in Bad Wildungen. Er ist in Berlin-Tempelhof auf dem Friedhof der Sankt-Matthias-Gemeinde bestattet.

Wirken

Zu seinen Berliner Orgelschülern zählte unter anderem von 1919 bis 1920 Max Walter. Der Kirchenmusiker Theobald Schrems legte bei ihm von 1925 bis 1928 das staatliches Examen für Kirchen- und Schulmusik ab [3].

In Regensburg wurde der Lehrplan der Kirchenmusikschule unter der Leitung von Carl Thiel grundlegend umgestaltet. Er erhöhte die Studiendauer und verschärfte die Aufnahme- und Abschlussprüfungen, so dass die Kirchenmusikschule schließlich die staatliche Anerkennung bekam. Ferner vereinigte er die Regensburger Kirchenmusikschule mit dem Domchor des Regensburger Domes.

Thiel widmete sich Zeit seines Lebens der Förderung und Pflege des Gregorianischen Chorals. 1934 wurde er deswegen von Papst Pius XI. zum „Ritter des Gregoriusordens“ ernannt. Er beschränkte sich jedoch keineswegs auf die Beschäftigung mit der Kirchenmusik und war auch als Musikwissenschaftler engagiert.

Thiel komponierte und bearbeitete geistliche Vokalmusik und gab ältere A-cappella-Musik heraus. Einige seiner Werke gehören noch heute zum Repertoire vieler Kirchenchöre. In Regensburg ist die Carl-Thiel-Straße nach ihm benannt.

Werke (Auswahl)

Musik

Chorwerke

  • Adeste fideles für siebenstimmigen Chor
  • Bonifatius-Messe
  • Christ ist erstanden
  • Der Morgenstern ist aufgedrungen
  • Domine Deus
  • Es sungen drei Engel
  • Freu' dich, Erd' und Sternenzelt
  • Gott ist die Liebe
  • Ich steh an deiner Krippen hier für fünfstimmigen Chor
  • In dulci jubilo
  • Jauchzet dem Herrn alle Welt für siebenstimmigen, gemischten Chor mit Orgel oder Blechbläsern, opus 21
  • Krippenlied für vierstimmigen, gemischten Chor a cappella, opus 7
  • Maria: Kantate in sechs Bildern nach Friedrich Wilhelm Weber „Marienblumen“, opus 5
  • Missa brevis für vierstimmigen, gemischten Chor a cappella, opus 12
  • Preis sei Gott im höchsten Throne
  • Segne und behüte uns in Deiner Güte für fünfstimmigen, gemischten Chor a capella
  • Vom Himmel hoch, ihr Engel kommt
  • Zum neuen Jahr für vierstimmigen, gemischten Chor

Orgelwerke

  • Postludium über „Ite missa est IV“

Literaturwerke

  • Moritz Brosig / Carl Thiel: Handbuch der Harmonielehre und Modulation, 9.Aufl., Verlag F.E.C. Leuckart, Leipzig, 1920
  • Carl Thiel, in: Die Musikpflege, 8. Jahrgang, 1937 / 1938, H. 4, Seiten 145–147
  • Carl Thiel, in: Die Musikpflege, 10. Jahrgang, 1939 / 1940, H. 7, Seiten 247–249

Literatur

  • Clemens August Preising: Carl Thiel. Ein Leben für die Musikkultur des deutschen Volkes, Regensburg 1951.
  • Franz Fleckenstein (Herausgeber): Gloria Deo Pax Hominibus. Festschrift zum 100-jährigen Bestehen der Kirchenmusikschule Regensburg, (Schriftenreihe des Allgemeinen Cäcilien-Verbandes, Band 9, Bonn 1974.
  • Raymond Dittrich (Herausgeber): 125 Jahre Kirchenmusikschule in Regensburg. Vom Kornmarkt zur Reichsstraße, Regensburg 1999.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Dietmar Schenk: Die Hochschule für Musik zu Berlin: Preussens Konservatorium zwischen romantischem Klassizismus und neuer Musik, 1869-1932/33, Franz Steiner Verlag, 2004, ISBN 3515083286, 9783515083287, Seite 318
  2. Carl Thiel Kurzbiographie der Akademie der Künste Berlin
  3. Prof. Dr. Theobald Schrems Arbeitskreis Heimatpflege Mitterteich

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