- Christian Seidel
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Christian Seidel (* 1959) ist ein deutscher Filmproduzent und Autor des im April 2011 erschienenen Buches "Gewinnen ohne zu Kämpfen - Taekwondo oder die Entdeckung der Werte". In dem gesellschaftskritischen Werk beschäftigt er sich mit seiner persönlichen Karriere-Entwicklung, in der er seine Werte verloren hatte und wie er sie - angeregt durch Erlebnisse bei Taekwondo-Trainings in Korea - wiederzugewinnen versuchte. Als Unternehmer und Referent berät er zudem Manager zu Themen eines wertorientierten Führungsstils und einer an den Werten ausgerichteten Unternehmenspolitik.
Inhaltsverzeichnis
Karriere
Christian Seidel studierte in München Schauspiel und Theater. Nach dem Abschluss wandte er sich nach wenigen Jahren der Schauspielarbeit in Filmen und Theatern dem Journalismus zu. Erste praktische Erfahrungen machte er beim Ringier Verlag in Zürich, wo er für Pilotenfachzeitschriften die Einflugschneisen von Flughäfen beschrieb, für den Sonntagsblick das erste Interview mit dem Guru Bhagwan führte, sowie als freier Autor für verschiedene Zeitungen und Zeitschriften arbeitete, wie der Abendzeitung, Tempo oder Wiener.
Während der Gründungszeit der privaten Fernsehsender ab Ende der 1980er Jahre entwickelte Seidel im Auftrag von Verlagskonzernen wie dem Heinrich Bauer Verlag in Hamburg und Fernsehkonzernen wie der Kirch-Gruppe PR-Konzeptionen und Medienkampagnen. Der ehemalige Student shakespearescher Dramen entwickelte sich in den 90ern zu einem der umtriebigsten PR-Manager im Boom der neuen Medien, was ihm in der damaligen Presse den Spitznamen „Medien-Desperado“ eintrug („Medien-Bulletin“). Seidel war einer der ersten, die – als Vorläufer der späteren „Cross-Promotion“ – Image-Kampagnen mit übergreifenden Event-Strategien kombinierten. Hierfür erfand er möglichst aufsehenerregende Aktionen und Ereignisse, um für seine Kunden eine möglichst umfangreiche Medienwirkung zu erzielen. Das Kunstprojekt „Luna Luna“ von André Heller wurde 1987 vom Heinrich Bauer Verlag auf der Basis einer PR-Konzeption von Christian Seidel finanziert. Kurz vor dem Mauerfall engagierte sich Seidel für die mediale Verbreitung der Fluchtgeschichte flüchtender DDR-Bürger, die mit einem Ultraleichtflugzeug nach West-Berlin geflohen sind. Er vermittelte die Lizenz des dabei entstandenen Privatvideos an Nachrichtenredaktionen (Quick, RTL). Dieser Fernsehdeal gilt als einer der Wegbereiter zur Verwendung privater Videoaufnahmen im späteren audiovisuellen Nachrichtenjournalismus.
Vor Glasnost verhandelte er für den Heinrich Bauer Verlag in Moskau mit Funktionären des sowjetischen Informationsministeriums Kooperationen zwischen der Jugendzeitung Komsomolskaja Prawda und der Zeitschrift Bravo. Er feilschte um die Erlaubnis, im Museum Eremitage in Sankt Petersburg für die Zeitschrift Playboy die erste Playmate des Ostblocks fotografieren lassen zu dürfen, organisierte in der ehemaligen DDR die Produktion von Sondereditionen für Geschirrserien bei den Meissener Porzellanmanufakturen oder befreite mit spektakulären Paukenschlägen einen alten Steiff-Teddybären aus einer Vitrine in Schottland, um damit Werbung für die Lifestylezeitschrift Esquire zu machen. Der ehemalige Schauspieler und Theatermann Seidel machte die Medien zu seiner Bühne für exaltierte und theatralische Trendevents. Für die Werbeindustrie veranstaltete er Gourmet-Rallyes mit prominenten Persönlichkeiten, innerhalb derer er seine Gäste zehngängige Menüs pro Gang in einem anderen Luxusrestaurant verspeisen ließ. Einer veralteten Kult-Fernsehserie verlieh er neuen Glanz, indem er deren alte Presseartikel von New Yorker Künstlern übermalen ließ und im Rahmen einer Vernissage neu präsentierte. Während das „Medientrommeln“ immer mehr in Mode kam, begann Seidel auch die Imagewirkung von Stars gezielt für die PR-Botschaften seiner Kunden einzusetzen, sowie auch für eigene Ideen und persönliche Engagements. Ende der 80er fragte ihn die junge Claudia Schiffer, ob er ihr Publizist werden wolle. In dieser Funktion managte er die Image- und Medienarbeit des Supermodels über viele Jahre. Um auf die zunehmende Marktorientierung der boomenden Neuen Medien aufmerksam zu machen, initiierte Seidel 1993 unter dem Namen „Trailer-93“ die erste internationale Show von Fernsehtrailern, die später zur Gründung der Online-Branchen-Vereinigung „Eyes & Eears“ führte. 1992 erfand er für die RTL-Show Gottschalk Late Night den Model-Contest Model '92 und damit den ersten großen Castingwettbewerb fürs Fernsehen. Das Projekt, in dem Heidi Klum entdeckt wurde, wurde zum Vorbild für eine Vielzahl von Fernseh-Modelcontests weltweit.
Seidel wirkte mit seinen Kampagnen maßgeblich bei den Markt-Einführungen der Privatsender Sat.1, ProSieben, Kabel eins und RTL 2, sowie zahlreicher Zeitschriften mit. Eines seiner engagiertesten Projekte wurde „TV For Nature“. Unter diesem Label erarbeitete er 1993 zusammen mit Umweltschutzorganisationen wie „Artists United for Nature“ und „World Wildlife Fund“ Inhalte für den Klimaschutz, die durch das Projekt weltweit kommuniziert werden sollten. Dabei bündelte er die Marketingwerkzeuge internationaler Medienkonzerne und Umweltorganisationen. Seinen Hang, mit Pressemitteilungen und Marketingkampagnen zusätzliche Botschaften zu verknüpfen, begründete er wie folgt: „Eine Botschaft besteht selten nur aus einem einzelnen Wort. Da sie also aus vielen Worten besteht, wäre es Vergeudung, wenn man nicht noch ein paar andere Botschaften ranhängen würde!“ (Abendzeitung). Mit weltweit über 30 Fernsehsendern, darunter CBS, Antena 3, Sat.1, sowie zahlreichen Printmedien zählt das Projekt TV For Nature bis heute zu den größten Medienkampagnen für die Umwelt seiner Zeit. Die Aktion wurde nach wenigen Jahren eingestellt, nachdem Fernsehmanager ihre finanzielle Profitabilität in Frage gestellt hatten.
1993 wurde Seidel Direktor Program Marketing der Kirch-Gruppe (Taurus Film). Neben der internationalen Vermarktung von engagierten Fernsehprogrammen, wie zum Beispiel der Neuauflage von „Vom Winde verweht“ namens „Scarlett“ oder der educativen Fernsehserie Young Indiana Jones Chronicles von George Lucas, führte er für die KirchGruppe mit der Kinderbuchautorin Astrid Lindgren als Schirmherrin das „Junior“-Label für gewaltfreie Kinderfilme ein. Der spätere Verkauf des Markenzeichens an die am Neuen Markt notierte Firma EMTV führte zu einer Kursexplosion der Aktie in der New Economy. Nach einiger Zeit machte sich Seidel wieder selbstständig, um Produzent zu werden. Er gründete seine eigene Firma Christian Seidel Communications GmbH und übernahm einen umfangreichen Beratungsvertrag von Leo Kirch für dessen Fernsehsender, in dessen Zuge er auch das Management der jungen Moderatorin Arabella Kiesbauer übernahm. Mit ihr zusammen entwickelte Seidel für den Sender ProSieben die Unterhaltungstalkshow Arabella Night, die er zum Teil selbst produzierte, und beriet die von dem Journalisten Jörg van Hooven entwickelte Talkshow „Arabella“. Die Arabella-Shows erreichten zunächst Kult-Status, weil hier erstmals ganz normale Menschen öffentlich über ihre privaten Probleme stritten. Innerhalb einer Marketingaktion engagierte er das ehemalige amerikanische Supermodel Margaux Hemingway für eine Kampagne des Senders RTL 2 und organisierte im Fernsehen einen Gesangsauftritt für die Enkelin des legendären Schriftstellers Ernest Hemingway.
Nachdem sich Margaux Hemingway, die er noch eine Weile beraten hatte, das Leben genommen hatte und nach dem Tode von Prinzessin Diana im Jahre 1997 begann Seidel in Publikationen und Interviews immer wieder vor dem Vermarktungswahn von Menschen, der Gefahr von „Imagebildern“ und dem „falschen Schein des Berühmtseins“ zu warnen, obwohl er selbst zu einer treibenden Kraft genau dieser Vermarktungswelt geworden war. Er wandte sich der Produktion von Fernseh- und Filmformaten zu. Zu seinen ersten Produktionen zählten das Society-Fernsehmagazin „Close Up“ mit Claudia Schiffer als Moderatorin und verschiedene Sondersendungen für ProSieben, wie das Fernsehprojekt „Help!“ – eine vielbeachtete Primetime-Sendung gegen Kindesmissbrauch mit Arabella Kiesbauer als Moderatorin. Nach dem Tod von Lady Di begann Seidel, an einem Spielfilmprojekt über Image und Wirklichkeit im Leben der britischen Prinzessin zu arbeiten. Gleichzeitig begann er sich zunehmend vom Trend der Fernsehunterhaltungs-Formate zu distanzieren. Die Verträge für die Arabella-Shows mit ProSieben beendeten er und die Moderatorin im Jahre 2004 aus diesem Grunde aus eigener Initiative nach mehr als zehn Jahren. Seidel produzierte daraufhin Talkshows zu politischen, wirtschaftlichen und sozialen Themen (u.a. N24) und begann sich, auf seine Tätigkeit als Autor zu konzentrieren, u.a. für den ORF in Wien, die BBC in London, sowie auf die Produktion weiterer kultureller und gesellschaftspolitischer Formate.
London wurde mehr und mehr ein Mittelpunkt seiner Tätigkeiten. Dort verwirklichte er als unabhängiger Produzent nach fünf Jahren Entwicklungsarbeit schließlich als unabhängiger Produzent zusammen mit dem Regisseur Philipp Saville sein Lieblingsprojekt, den internationalen Spielfilm The Biographer - The Secret Life of Princess Di (Regie: Philip Saville, England, 2002), für den er zusammen mit dem britischen Theaterautor Joshua Lacey das Drehbuch geschrieben hatte. In dem 90 Minuten langen, im Stile eines Film noir gedrehten Spielfilm verzichtete Seidel absichtlich auf eine Darstellerin für die Figur der Diana. Der Authentizität halber baute er in die Handlung Originalaufnahmen mit der Prinzessin ein. Er kaufte die Rechte an den Tonbändern, dihe die Prinzessin ihrem Biographen Andrew Morton zugespielt hatte, als sie mit ihm für ihre Enthüllungsbiographie „Diana Her True Story“ kollaboriert hatte. Die Worte von Lady Di sind in dem Film aus dem „Off“ zu hören. In dem Film wollte Seidel die lebensgefährliche Zerrissenheit einer der berühmtesten Frauen der Welt portraitieren, die sich aus dem Spinnennetz ihrer eigenen Imagewelten nicht mehr befreien konnte und schließlich bei einem dramatischen Verkehrsunfall ums Leben kann.
Nachdem er selbst einen schweren Verkehrsunfall überlebte, beschloss Seidel, sein Leben von Grund auf zu verändern. Er begann, bei einem koreanischen Meister Taekwondo zu trainieren, sich intensiv mit den Grundwerten und neuen Zielen unseres privaten Lebens und unserer Gesellschaft auseinanderzusetzen, und schrieb das Buch „Gewinnen, ohne zu kämpfen – Taekwondo Oder die Entdeckung der Werte“. Als Unternehmer und Referent berät Seidel heute Manager zu Themen eines werteorientierten Führungsstils.
Produktionen
Zu Seidels bedeutendsten Produktionen im Medienbereich zählen der internationale Spielfilm „The Biographer – The Secret Life of Princess Di“, dt. „Diana-Meine Geschichte – Wie die Wahrheit ans Licht kam“, (Regie Philip Saville, Cast Paul McGann, Brian Cox, Faye Dunaway, Huge Bonneville u.a., England 2002), einem Kinofilm über den Widerspruch zwischen Image und Realität am Beispiel des Lebens von Prinzessin Diana, und die mehrfach ausgezeichnete Filmreihe Sound on Film (BBC 2, England 2001), für die Seidel unter anderen mit dem Kultregisseur Nicolas Roeg („Wenn die Gondeln Trauer tragen“), dem Bandleader der Rockgruppe Portishead, Adrian Utley und Claudia Schiffer als Darstellerin den Arthouse–Film „The Sound“ produzierte.
Quellen
- Werner Lippert: Corporate Collecting – Manager: Die neuen Medici / Christian Seidel. luna-schizo-luna, Econ 1990
- Herbert Riehl-Heyse: Bestellte Wahrheiten. Kindler, 1991
- Personalien. In: Der Spiegel. Ausgabe 19/1992 vom 4. Mai 1992, http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-9278063.html
- Christian Seidl: Auf dem Schleichweg an die Spitze. In: Süddeutsche Zeitung. 28. Oktober 1992
- Brühwürfel des deutschen Programms. In: Textintern. Ausgabe Nr. 106/107, 1993
- Christian Seidl: 100 Minuten Einsamkeit. In: Süddeutsche Zeitung. 22. November 1993
- Joachim Hauschild: Wie ein Kuß, der nicht hält, was er verspricht. In: Frankfurter Rundschau. 24. November 1993
- TV-Trailer im Boom. In: Medienspiegel. Nr. 46 vom 6. Dezember 1993
- Lothar Gorris: Ein Zwölfer im Lotto. In: Der Spiegel. 8. Dezember 1997, http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-8840186.html
- Entertainment Tonight, TV Show, CBS, USA, 11. September 2002
- Imke Henkel: Die Königin der Herzen kann niemand spielen. In: Süddeutsche Zeitung. 1. April 2000
- Nick Pryer: New Film will reveal secret drama of Diana. In: Mail on Sunday. 25. März 2001
- Diana, The book that almost never was. In: Daily Telegraph. 14. April 2001
- Hans-Jürgen Jakobs: Goldene Eier. In: Süddeutsche Zeitung. 25. Juni 2002
- Anita Gates: Summondes by a Princess. In: New York Times. 30. August 2002
- Verhängnis im Studio. In: Süddeutsche Zeitung. 4. Juni 2004
- Christian Seidel: Gewinnen ohne zu kämpfen. Ludwig Verlag. München. 2011. ISBN 978-3-453-28026-7.
Weblinks
- Offizielle Homepage von Christian Seidel
- Christian Seidel in der deutschen und englischen Version der Internet Movie Database
- Interview mit Seidel auf DWDL
- Nachrichtenmeldung zum Auftakt der Lesereise im Mai 2011: "Manager und Models - Gefährliche Vorbilder"
- Interview: Bayerischer Rundfunk BR 3 Mensch Otto
- Interview: Bayerischer Rundfunk B2 Ein zu Eins
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