- Städtische Straßenbahn Cöpenick
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Die Städtische Straßenbahn Cöpenick (SSC) war ein Straßenbahnunternehmen, welches die damaligen Gemeinden Mahlsdorf, Adlershof und Grünau mit der Stadt Cöpenick (seit 1931: Köpenick) verband. 1920 wurde der Betrieb im Zuge des Groß-Berlin-Gesetzes von der Großen Berliner Straßenbahn (GBS) übernommen.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Aufbau des Netzes
Köpenick war seit 1842 durch einen Bahnhof an der Strecke Berlin–Frankfurt (Oder) der Niederschlesisch-Märkischen Eisenbahn an das preußische Eisenbahnnetz angeschlossen. Zur Anbindung wurde von der Altstadt ausgehend die etwa einen Kilometer lange Bahnhofstraße angelegt. Kurze Zeit darauf richtete ein Konzessionär eine Pferdeomnibuslinie zwischen Schloßplatz und Bahnhof ein. Eine zweite Linie mit Anschluss nach Adlershof kam später hinzu.
Linienübersicht 1903 Linie von – nach Länge 1 Bahnhof Cöpenick – Wendenschloß 5,3 km 2 Bahnhof Cöpenick – Marienstraße 2,7 km 3 Bahnhof Cöpenick – Bahnhof Spindlersfeld 2,9 km 4 Bahnhof Spindlersfeld – Marienstraße 2,2 km 5 Bahnhof Spindlersfeld – Wendenschloß 4,8 km Am 18. Oktober 1882 wurde die Omnibus- durch eine Pferdebahnlinie ersetzt. Eigentümer dieser Linie war die städtische Cöpenicker Pferde-Eisenbahn (CPfE), den Betrieb besorgte der Fuhrunternehmer Neuendorf für eine Pachtsumme von jährlich 1500 Mark. Die eingleisige Strecke verlief vom Schloßplatz aus kommend durch die Schloßstraße (heute Alt-Köpenick) und Lindenstraße über die Dammbrücke. Hinter der Brücke bog die Linie in die Bahnhofstraße ein und folgte dieser bis zum Bahnhof Köpenick. Für die 17-minütige Fahrt wurde von Fahrpreis von 10 Pfennig erhoben, Kinder zahlten die Hälfte. Zur Wartung der Fahrzeuge stand an der Marien- Ecke Charlottenstraße ein Depot, das über eine Betriebsstrecke entlang der Grünstraße, Kietzer Straße und Müggelheimer Straße zur Marienstraße abgebunden war. Die Streckenlänge betrug 2,8 Kilometer, davon etwa einen Kilometer Betriebsstrecke (Depotgleise nicht mitgerechnet).
In den darauf folgenden Jahren entstanden mehrere Pläne zur Erweiterung oder Ergänzung des Netzes durch weitere Strecken. So sollten ergänzend zur Pferdebahn etwa eine Kleinbahnverbindung in Richtung Niederschöneweide und Friedrichshagen als auch eine Zahnradbahn in die Müggelberge gebaut werden. Diese Pläne wurden jedoch verworfen.
1895 übernahmen Vering & Waechter die Betriebsrechte an der Pferdebahn und bauten diese zweigleisig aus. Auf Grund der beengten Platzverhältnisse in der Köpenicker Altstadt wurde hier eine Schleifenfahrt gewählt: Die Züge in Richtung Schloßplatz verkehrten weiterhin über die alte Strecke, die in Richtung Bahnhof über Grünstraße, Kietzer Straße und Kirchstraße zur Lindenstraße.
Linienübersicht 1906 Linie von – nach Länge 1 Bahnhof Cöpenick – Wendenschloß 5,3 km 2 Bahnhof Cöpenick – Bahnhof Spindlersfeld 2,9 km 3 Bahnhof Spindlersfeld – Wendenschloß 4,8 km 4 Bahnhof Friedrichshagen – Wasserwerk Müggelsee 2,2 km 5 Bahnhof Cöpenick – Bahnhof Friedrichshagen 4,5 km 6 Marienstraße – Bahnhof Friedrichshagen 6,0 km 7 Bahnhof Spindlersfeld – Bahnhof Friedrichshagen 6,2 km Ab 1903 kam es zu einem umfangreichen Um- und Ausbau des Netzes. Die Stammstrecke wurde elektrifiziert und von der Grünstraße ausgehend über Kietzer Straße, Müggelheimer Straße, Marienstraße und Rückertstraße (letzte beide heute Wendenschloßstraße) nach Wendenschloß verlängert. Eine Linie zum Bahnhof Spindlersfeld an der Zweigbahn nach Niederschöneweide-Johannisthal ergänzte das Netz. Die Gesellschaft firmierte seit diesem Zeitpunkt als Städtische Straßenbahn Cöpenick.
Nach der Elektrifizierung gab es fünf Linien. Die Fahrzeuge der Linien 1 bis 3 erhielten farbige Signallaternen anstelle von Nummern, die Farben wurden nach der Umstellung auf Liniennummern beibehalten. Das Netz vergrößerte sich 1903 von 2,8 auf rund 6,7 Kilometer.
Linienübersicht 1913 Linie von – nach Länge 1 Bahnhof Mahlsdorf – Wendenschloß 12,1 km 2 Bahnhof Cöpenick – Bahnhof Grünau 6,2 km 3 Marienstraße – Bahnhof Spindlersfeld (Mo–Fr)
Wendenschloß – Bahnhof Adlershof (Sa+So) 2,2 km
6,7 km4 Bahnhof Friedrichshagen – Wasserwerk Müggelsee 2,2 km 5 Mahlsdorf-Süd – Bahnhof Adlershof 7,7 km 6 Marienstraße – Bahnhof Friedrichshagen 6,0 km 7 Bahnhof Spindlersfeld – Marienstraße – Wendenschloß 4,8 km 8 Bahnhof Cöpenick – Grünauer Straße (nur Spätverkehr) 2,4 km 9 Wendenschloß – Fähre Grünau 0,4 km 10 Bahnhof Cöpenick – Marienstraße – Wendenschloß 5,3 km 1906 kaufte die Stadt Cöpenick die seit 1891 bestehende Friedrichshagener Straßenbahn auf. Die SSC spurte anschließend die Friedrichshagener Linie von Meter- auf Normalspur um und elektrifizierte sie. Gleichzeitig errichtete sie eine Verbindungsstrecke von Cöpenick nach Friedrichshagen. Diese zweigte von der Stammstrecke an der Kreuzung Bahnhofstraße Ecke Kaiser-Wilhelm-Straße (heute Seelenbinderstraße) ab und führte über diese und die Bellevuestraße zum Fürstenwalder Damm. An der Kreuzung Fürstenwalder Damm Ecke Müggelseedamm, dem Hirschgartendreieck, verzweigte sich die Strecke in einen Nord- und einen Südast. Der Nordast folgte weiter dem Fürstenwalder Damm zum Bahnhof Friedrichshagen, der Südast dem Müggelseedamm bis zur Ecke Bölschestraße. Die Friedrichshagener Linie war somit über zwei Strecken mit Cöpenick verbunden. Nach Abschluss der Arbeiten am 16. Dezember 1906 wurde das Liniennetz entsprechend umgestaltet. Die Verstärkerlinien gingen in den jeweiligen Hauptlinien auf und infolge der Übernahme der Friedrichshagener Straßenbahn kamen drei neue Linien hinzu. Die Streckenlänge vergrößerte sich an diesem Tag auf 12,5 Kilometer.
1907 folgte die Erweiterung der Linie 1 vom Bahnhof Cöpenick über Mahlsdorf-Süd zum Bahnhof Mahlsdorf an der Ostbahnstrecke Berlin–Eydthkuhnen. 1909 folgte eine weitere Strecke vom Köllnischen Platz über die Grünauer Straße, Köpenicker Straße (heute Regattastraße) und Wilhelmstraße (heute Wassersportallee) zum Bahnhof Grünau. Den Abschluss des Netzausbaus bildete die Strecke vom Bahnhof Spindlersfeld entlang der Karl-Spindler-Straße (heute Ottomar-Geschke-Straße) und Bismarckstraße (heute Dörpfeldstraße) zum Bahnhof Adlershof. In Adlershof bestand Anschluss an die Vorortbahn und die Linie der Teltower Kreisbahnen nach Altglienicke; zwischen beiden Straßenbahnnetzen bestand keine Gleisverbindung. Zwischen 1909 und 1914 ergänzte eine weitere Linie zwischen Wendenschloß und der Fähre nach Grünau das Netz. Diese hatte vermutlich die Liniennummer 9 und verkehrte ausschließlich an Sonntagen. Anders als üblich betrug der Fahrpreis nur 10 Pfennig und berechtigte auch zur Benutzung der Fähre nach Grünau. Infolge der Verlängerungen nach Mahlsdorf, Grünau und Adlershof verdoppelte sich die Streckenlänge auf 25,3 Kilometer.
1918 kam es zum Abschluss eines Vertrages mit dem Zweckverband Groß-Berlin, in welchem der zweigleisige Ausbau der meisten Strecken geregelt wurde. Zwei Jahre später gelangte die SSC am 1. Oktober mit Inkrafttreten des Groß-Berlin-Gesetzes an die Große Berliner Straßenbahn.
Entwicklung nach 1920
Linienübersicht 1921 Linie von – nach Länge 183 Bahnhof Mahlsdorf – Wendenschloß 12,1 km 85 Bahnhof Friedrichshagen – Wasserwerk Müggelsee 2,2 km 86 Bahnhof Cöpenick – Bahnhof Grünau 6,2 km 184 Bahnhof Friedrichshagen – Alt-Glienicke 11,6 km Nach der Übernahme der SSC durch die GBS wurde im Juli 1921 das Liniennetz neu gestaltet. Der Umstand ergab sich vorrangig aus der doppelten Belegung von Liniennummern. Einhergehend wurden kleinere Linien zusammengefasst. Die neue Linie 184 umfasste etwa die ehemaligen Linien 5, 6 und 7 sowie die von den Teltower Kreisbahnen betriebene Linie nach Altglienicke. 1925 richtete die Berliner Straßenbahn-Betriebs GmbH als Nachfolger der GBS an der Kreuzung Bahnhofstraße Ecke Lindenstraße eine Gleisverbindung zur Linie der ehemaligen Berliner Ostbahnen ein. Die Linie 87, welche zuvor an der Kreuzung endete, konnte somit über die Köpenicker Altstadt zum neuen Endpunkt Krankenhaus Köpenick an der Müggelheimer Straße verlängert werden. Weitere Linienänderungen ergaben sich mit der Verbindung zur ehemaligen Schmöckwitz-Grünauer Uferbahn am Bahnhof Grünau – die Linien 86 und 186 wurden zusammengeführt und als Linie 86 zwischen Bahnhof Cöpenick und Schmöckwitz betrieben – sowie der Neubaustrecke vom Bahnhof Friedrichshagen nach Rahnsdorf.
In den darauf folgenden Jahren kam es kaum zu Änderungen im Strecken- und Liniennetz, was dazu führte, dass das Köpenicker Netz eine gewisse Eigenständigkeit bewahrt hat. Für die Zeit nach 1945 dürften als wesentlichhste Änderungen der Neubau von Wendeschleifen im Zuge der Umstellung auf Ein-Mann-Betrieb sowie die Einrichtung mehrerer Linien über Oberschöneweide in Richtung Innenstadt genannt werden. Andere Linien, wie etwa die Linie 86 (heute Linie 68) und die Linie 83 (ehemalige Linie 183, heute Linie 62) haben dagegen ihre Führung fast durchweg beibehalten. Letztere verkehrt so seit über 100 Jahren durchweg auf der Strecke S-Bahnhof Mahlsdorf – Wendenschloß.
Linienübersicht 2011 Linie von – nach Länge Weißensee, Pasedagplatz – Krankenhaus Köpenick 20,6 km Karl-Ziegler-Straße – S Adlershof – Friedrichshagen, Altes Wasserwerk 11,9 km Karl-Ziegler-Straße – S Adlershof – Rahnsdorf/Waldschänke 15,1 km S Mahlsdorf – Mahlsdorf-Süd – Wendenschloß 12,2 km Johannisthal, Haeckelstraße – S Köpenick 9,6 km S Schöneweide – Krankenhaus Köpenick 8,1 km S Köpenick – Alt-Schmöckwitz 14,4 km Betrieb
Depot
Für die Wartung stand seit der Betriebsaufnahme 1882 eine Wagenhalle in der Marienstraße (heute Wendenschloßstraße) zur Verfügung. Diese wurde mit Aufnahme des elektrischen Betriebs entsprechend erweitert. Mit der Übernahme durch die GBS wurde es als Hof 26 weitergeführt, ab 1935 führte die BVG das Kürzel Köp ein. In den 1970er Jahren sollte der Hof zusammen mit dem Betriebshof Nalepastraße geschlossen und dafür ein Ersatz in der Straße An der Wuhlheide errichtet werden, da dort genügend Freiflächen für Erweiterungen bestanden. Mit Errichtung der Neubaugebiete in Hohenschönhausen, Hellersdorf und Marzahn kam es jedoch zu einer Verlagerung des Verkehrs in diese Gebiete, wodurch die Pläne zu Gunsten eines Betriebshofes in Marzahn aufgegeben wurden.
Der Hof umfasst drei Wagenhallen mit 18 Gleisen sowie eine viergleise Freiluftanlage auf einer Fläche von 12.072 Quadratmetern. Die Hallen und Betriebsgebäude sind im Neoklassizismus von Hugo Kinzer gebaut worden. Als einziger bestehender Hof verfügt Köpenick nicht über eine Wendeschleife auf dem Gelände, weshalb die Züge auf der Wendenschloßstraße kehren müssen.
Fahrzeuge
Für den Pferdebahnbetrieb beschaffte die CPfE zunächst sieben einspännige Wagen, die gebraucht von der Neuen Berliner Pferdebahn-Gesellschaft (NBPfG; vier Stück) sowie von der GBS (drei Stück) übernommen wurden. Die Wagen erhielten die Wagennummern 1 bis 7.
Mit der Elektrifizierung 1903 wurden die Wagen der NBPfG ausgemustert. Die GBS-Wagen wurden dagegen umgerüstet und erhielten die neuen Wagennummern 11 bis 13. Gleichzeitig wurden vier weitere Bei- sowie zehn Triebwagen mit offenen Plattformen beschafft. Mit dem Ausbau des Netzes wuchs der Bestand stetig an, so dass zum Zeitpunkt der Übernahme durch die GBS 32 Trieb- sowie 24 Beiwagen, also insgesamt 56 Wagen verkehrten. Die Wagen wurden 1920 zunächst in den Bestand der Berliner Straßenbahn übernommen. Infolge der Vereinheitlichung des Fuhrparks und der Aufgabe von Wagen mit offenen Plattformen wurden die Wagen anschließend bis 1929 ausgemustert. Ein Großteil der Triebwagen wurde wenige Jahre zuvor noch in Beiwagen umgebaut, wogegen die übrigen Triebwagen nach 1929 als Arbeitstriebwagen weiterhin ihren Dienst versahen. Drei aus Triebwagen konstruierte Beiwagen wurden nach 1929 ebenfalls in Arbeitsfahrzeuge umgebaut.
Als historisches Fahrzeug des Denkmalpflege-Verein Nahverkehr Berlin ist ein Nachbau des Triebwagen Nummer 10, zuletzt Arbeitstriebwagen A277, erhalten. Der Wagen entstand als Umbau aus dem Arbeitstriebwagen A277II, ursprünglich ein Umbauwagen vom Typ U3l und wurde 21. Juni 1969 der Öffentlichkeit vorgestellt. Die Wahl fiel auf den Arbeitstriebwagen A277II, da dieser als Wagen vom Typ Berolina etwa die gleichen Maße aufwies wie der Köpenicker Typ A, zu dem der Tw 10 gehörte.
Literatur
- Denkmalpflege-Verein Nahverkehr Berlin e. V. (Hrsg.): Tram Geschichte(n). 100 Jahre „Elektrische“ in Köpenick. GVE, Berlin 2003, ISBN 3-89218-082-2.
- Sigurd Hilkenbach, Wolfgang Kramer: Die Straßenbahnen in Berlin. alba, Düsseldorf 1992, ISBN 3-87094-344-0, S. 28f.
- Sigurd Hilkenbach, Wolfgang Kramer: Die Straßenbahn der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG-Ost/BVB) 1949–1991. 2. Auflage. transpress, Stuttgart 1999, ISBN 3-613-71063-3.
Weblinks
- Die Cöpenicker Straßenbahn. Abgerufen am 2. Januar 2010.
- Ingo Hoffmann: Cöpenicker Straßenbahn. Abgerufen am 2. Januar 2009.
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