Deutsch-thailändische Beziehungen

Deutsch-thailändische Beziehungen
Königin Sirikit und Bundespräsident Lübke anlässlich des Staatsbesuchs in Deutschland 1960

Die deutsch-thailändischen Beziehungen gehen offiziell auf das Jahr 1858 zurück, als die Hansestädte Hamburg, Lübeck und Bremen den ersten Handelsvertrag mit dem Königreich Siam abschlossen, seinerzeit über deren Repräsentanten in Singapur, Konsul Johannes Mooyer. Gleichzeitig erhielt ein deutscher Konsul in Bangkok von König Mongkut (Rama IV.) seine Bevollmächtigung: der deutsche Kaufmann Theodor Thies aus Bangkok. Der erste Botschafter eines deutschen Staates, Fritz zu Eulenburg für das Königreich Preußen, kam jedoch erst 1861 nach Bangkok und schloss 1862 einen Freundschaftsvertrag mit Siam ab. 1865 folgte Paul Pickenpack als hanseatischer Konsul. Von thailändischer Seite war kein geeigneter Kandidat für einen Botschafterposten in Deutschland zu finden, deshalb bat König Mongkut (Rama IV.) John Bowring, als Botschafter Siams zu dienen. Der erste siamesische Diplomat, der nach Deutschland entsandt werden konnte, war Prinz Prisdang Choomsai (1881). 2008 wurde das 150-jährige Bestehen der Beziehungen in der Deutsch-Thailändischen Handelskammer in Anwesenheit von Außenminister Frank-Walter Steinmeier auf einer großen Veranstaltung gefeiert.

Schon viel früher waren Deutsche in Siam tätig und berichteten über das Land und dessen Verhältnisse, so z.B. im 17. Jahrhundert der scharfsinnige Engelbert Kaempfer und Johann Jakob Merklein. Und bereits 1678 schrieb ein gewisser Johann Janßen Strauß über "Ayudhya" und stellte den König als einen der reichsten Männer der Welt dar[1]. Der junge Prinz Friedrich Wilhelm IV. hatte von Siam gelesen und nannte das von ihm mitkonzipierte Schloss Charlottenhof scherzhaft "Siam"[2].

Inhaltsverzeichnis

Politische Beziehungen

Gegen Ende des 19. Jahrhunderts übten deutsche Unternehmen einen großen Einfluss auf das Wirtschaftsleben Siams aus und eroberten wichtige Bereiche der Entwicklung der Infrastruktur des Landes: Bau des Telegrafennetzes, Entwicklung der Häfen sowie der Eisenbahn und Schienenwege des Landes.

Die erste Reise eines siamesischen Oberhaupts führte König Chulalongkorn Rama V.) 1897 nach Europa und auch nach Deutschland. Nach dem Ersten Weltkrieg wurden allerdings unter König Vajiravudh (Rama VI) alle deutschen Besitztümer konfisziert.

Im Februar 2008 reiste eine Delegation des Deutschen Bundestags (Gruppe für freundschaftliche Beziehungen zu ASEAN) in Begleitung von Wirtschaftsminister Michael Glos und einer Wirtschaftsgelegation nach Bangkok. Am 5. und 6. Juni 2008 weilte Thailands Außenminister Noppadon Pattama unter anderem zu Gesprächen mit seinem deutschen Amtskollegen in Berlin. Im September 2008 führte der Präsident des Senats, Prasobsuk Bundet (Prasobsook Bundech) Gespräche in Berlin.

Vom 8. bis 11. November 2008 wurde das Deutsch-Thailändische Symposium in Bangkok abgehalten, das einen Einblick in die deutsche Technologie vermittelte. Dabei wurden auch deutsche Produkte zur Lebensqualität und der Tourismusstandort Deutschland vorgestellt.

Am 8. Mai 2009 trat die Gemeinsame Thai-Deutsche Wirtschaftskommission in Berlin zusammen, um den weiteren Ausbau der wirtschaftlichen Beziehungen zwischen beiden Ländern vorzubereiten.

Wirtschaftliche Beziehungen

Es gibt mehr als 400 deutsche Firmen, die in Thailand operieren, darunter auch klein- und mittelständische Unternehmen. Man ist insbesondere bei Infrastrukturprojekten, in der chemischen und Automobilindustrie sowie bei der Umwelttechnologie und im Energiebereich tätig.

Im Zuge der globalen Finanzkrise und der zunehmenden instabilen Lage des Landes gingen die Investitionen deutscher Unternehmen in Thailand 2008 zurück: 50 Mio. Euro wurden in 30 neue Investments gesteckt, verglichen mit 145 Mio. Euro für 29 Projekte im Jahr 2007.

Dagegen konnten sich die Handelsbeziehungen beider Länder 2008 auf insgesamt 5,91 Milliarden Euro beleben. Davon belief sich der Export nach Thailand auf 2,52 Milliarden Euro (Zunahme um 3,9 %) und der Import aus Thailand auf 3,39 Milliarden (Zunahme um 6,0 %). Gegen Ende des Jahres 2008 ließ der Handel jedoch spürbar nach.

Deutschland ist innerhalb der EU der wichtigste Handelspartner Thailands. Das bilaterale Handelsvolumen lag 2009 bei insgesamt 5,05 Milliarden Euro, ein Rückgang von 14,8 % gegenüber dem Vergleichszeitraum 2008. Deutsche Firmen exportierten im ersten Halbjahr 2009 Waren im Wert von etwa 1 Milliarde Euro nach Thailand und importierten im Wert von ca. 1,4 Milliarden Euro. Die wichtigsten Exportgüter sind Finanzdienstleistungen und Automobile und Chemieprodukte. Auf deutscher Seite importierte man besonders Bürowaren, Textilien, elektrische und elektronische Waren sowie Nahrungsmittel.

Deutsche Unternehmen sind regelmäßig auf allen wichtigen Messen des Landes vertreten; dies gilt auch für thailändische Firmen, die sich besonders engagieren in den Sektoren Nahrungsmittel, Medizintechnologie, Maschinenbau, Kommunikations- und Informationstechnologie und Tourismus.

Das seit 1965 bestehende bilaterale Luftfahrtabkommen wird gegenwärtig gemäß europäischem Recht harmonisiert. Ein Abkommen zur Investitionsförderung und -sicherung trat im Oktober 2004 in Kraft. Eine Neuregelung zum Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Deutschland und Thailand wird verhandelt.

Entwicklungszusammenarbeit

Die Bundesrepublik Deutschland hilft seit mehr als 40 Jahren bei Entwicklungsprojekten des Landes mit einem Betrag, der insgesamt mehr als eine Milliarde Euro ausmacht. Wichtigste Träger sind von deutscher Seite die Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) und von thailändischer Seite die Thai International Development Cooperation Agency (TICA)[3].

Im Frühjahr 2002 wurde die Förderung der Ökoeffizienz kleinerer und mittlerer Betriebe in Thailand als wichtiges Gebiet der bilateralen Zusammenarbeit für die kommenden zehn Jahre vereinbart. Eine entsprechende Vereinbarung wurde am 14. Juli 2005 unterzeichnet. Die zweite Phase dieser Vereinbarung wird von Mai 2008 bis Dezember 2011 laufen und etwa 6,2 Millionen Euro benötigen.

Thailand geht mehr und mehr aus der Nehmer- in eine Geberrolle über. Seit 2009 plant man zwischen Deutschland und Thailand gemeinsame Projekte in Nachbarländern, wie Laos, als Teil einer dreiseitigen Zusammenarbeit zu finanzieren.

Kulturelle Zusammenarbeit

Die engen Beziehungen im kulturellen Bereich gehen auf die Vereinbarung aus dem Jahr 1984 zurück. Das Goethe-Institut in Bangkok ist eine wichtige Einrichtung für den Kulturaustausch, insbesondere zur Förderung der deutschen Sprache. Viele Partnerschaften zwischen deutschen und thailändischen Universitäten sind im Laufe der Zeit entstanden. Der Deutsche Akademische Austauschdienst (DAAD) hat ein Studienberatungszentrum in Bangkok und bietet eine große Zahl an Stipendien für thailändische Studenten, die an internationalen Programmen mit Bachelor- und Master-Abschluss teilnehmen können.

Einzelnachweise

  1. Manich Jumsai (1978), S. 1
  2. Baierl (2003), S. (4)
  3. http://www.thai-german-cooperation.info/en/index.html (zuletzt abgerufen am 9. Dezember 2010)

Literatur

  • Auswärtiges Amt – Thailand Daten zu den deutsch-thailändischen Beziehungen (engl.)
  • Andreas Stoffers: Im Lande des weißen Elefanten: die Beziehungen zwischen Deutschland und Thailand von den Anfängen bis 1962. Deutsch-Thailändische Gesellschaft, Bonn 1995, ISBN 3923387210.
  • Manich Jumsai: History of the Thai-German relations (from the files of the Thai Embassy in Bonn and the German Ministry of Foreign Affairs). Bangkok: Chalermnit 1978.
  • Rudolf Baierl: "140 Years Peace : fundamental conditions for the commencement of German-Thai amity". 5th Asia Pacific Forum 2003. Als pdf unter http://public.beuth-hochschule.de/~baierl/Thai/A4Thai_Deut_Peace.pdf (letzter Zugriff am 10. November 2010).
  • Stefanie Rathje: Unternehmenskultur als Interkultur: Entwicklung und Gestaltung interkultureller Unternehmenskultur am Beispiel deutscher Unternehmen in Thailand. Wissenschaft und Praxis, Sternenfels 2004, ISBN 978-3896732071.

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