Ministerratspräsidium (Italien)

Ministerratspräsidium (Italien)
Dienstflagge des italienischen Ministerpräsidenten
Der Palazzo Chigi in Rom, Hauptsitz des Ministerratspräsidiums.
Der Palazzo Braschi, bis 1922 erster Amtssitz des Ministerpräsidenten in Rom.
Der Palazzo Venezia, von 1929 bis 1943 Mussolinis Regierungssitz.
Der Viminale, Sitz des Innenministeriums und ehemaliger Sitz des Ministerratspräsidiums.

Ministerratspräsidium (it. Presidenza del Consiglio dei Ministri, kurz PCM) ist in Italien die offizielle Bezeichnung für die Behörde, die den Ministerpräsidenten in seinen Aufgaben unterstützt und in der sich auch sein Büro befindet. Das Ministerratspräsidium hat seinen Hauptsitz im Palazzo Chigi in Rom. Die offizielle Bezeichnung des italienischen Regierungschefs ist „Präsident des Ministerrats“ (Presidente del Consiglio [dei Ministri]). Amtierender Ministerratspräsident ist Mario Monti.

Inhaltsverzeichnis

Aufgaben und Struktur

Das Ministerratspräsidium unterstützt den Ministerpräsidenten bei seiner von der Verfassung vorgegebenen Aufgabe, die allgemeine Politik der Regierung zu leiten (Artikel 95: dirige la politica generale del governo). Es dient als Sitzungsort für das als Ministerrat bezeichnete Kabinett, als Koordinierungsorgan für das Zusammenwirken der Ministerien und als Verbindungsstelle zu den beiden Kammern des Parlaments, zu den Regionen, Provinzen und Gemeinden, beziehungsweise zu deren Verbänden, sowie zu Organen der Europäischen Union. Beim Ministerratspräsidium haben auch alle italienischen Minister ohne Geschäftsbereich ihre Büros und Abteilungen. Dem Ministerratspräsidium unterstehen die zivilen Nachrichtendienste Italiens sowie einige andere Behörden und Einrichtungen, darunter das nationale Amt für den Zivildienst. Es ist auch für den als „Zivilschutz“ bezeichneten Katastrophenschutz verantwortlich, der in Italien behördenübergreifend nach dem Prinzip der Subsidiarität funktioniert.

Auf Grund der komplexen Struktur kann das Ministerratspräsidium mit einem Ministerium verglichen werden. Dem Ministerpräsidenten stehen mehrere Staatssekretäre zur Seite. Diese sind in Italien keine Beamte, sondern Politiker. Amtschef des Ministerratspräsidiums ist ein Generalsekretär. Direkt dem Ministerpräsidenten unterstellt sind sein Büro, die Büros des Pressesprechers und der diplomatischen und militärischen Berater. Dem Generalsekretär unterstellt sind zentrale Dienststellen wie die für Haushalt, Innenrevision, die Flugbereitschaft, das Archiv, die Bibliothek und verschiedene Verbindungsstellen. Hinzu kommen die Abteilungen für protokollarischen Dienst, Auszeichnungen und Heraldik, das bedeutende Dipartimento delle Informazioni per la Sicurezza (Nachrichtendienste), sowie die Abteilungen für öffentliche Verwaltung, Recht, Wirtschaft, Zivilschutz und zentrale Dienste.

Staatssekretären sind hingegen die Abteilungen für Presse, Wirtschaftsplanung und Koordinierung, Drogenbekämpfung, Familienpolitik, Sport und Zivildienst unterstellt. Die Minister ohne Geschäftsbereich führen zwar keine Ministerien, jedoch wird für sie in der Regel beim Ministerratspräsidium jeweils eine eigene Abteilung (Dipartimento) eingerichtet. Diese sind in der Regel zuständig für die Regionen, die Europäische Union und verschiedene, als besonders dringlich empfundene Reformen.

Da es in Italien (noch) keine Länderkammer gibt, spielen die beim Ministerratspräsidium angesiedelten Konferenzen der Regierungsvertreter von Staat, Regionen, (autonomen) Provinzen, Städten und Gemeinden eine zwar informelle aber wichtige Rolle.

Der Palazzo Chigi als Hauptsitz des Ministerratspräsidiums befindet sich im Zentrum Roms zwischen der Via del Corso und dem Palazzo Montecitorio (Abgeordnetenkammer) an der Piazza Colonna. Etliche Abteilungen und Dienststellen des Ministerratspräsidiums sind in separaten Gebäuden untergebracht.

Name und Geschichte

Die Bezeichnung „Ministerratspräsidium“ wurde aus Frankreich übernommen, wo sie bereits seit 1815 in Gebrauch war und dann mit dem semipräsidiellen System der Fünften Republik verschwand. Auch Österreich-Ungarn und andere Staaten kannten oder kennen diese Bezeichnung.

Die Geschichte des italienischen Ministerratspräsidiums geht zurück auf das Königreich Piemont-Sardinien. Dieses Königreich stand ab 1848 an der Spitze der italienischen Einigungsbewegung, in das dann 1861 die alten italienischen Staaten eingegliedert wurden und das damit den Namen „Königreich Italien“ annahm.

Auf Grund der Revolution von 1848 erließ König Karl Albert eine Verfassung (Statuto Albertino), die bis 1946 die italienische Verfassung blieb. Der Verfassung von 1848 zufolge lag die Exekutive beim König und bei den Ministern, die zusammen die Regierung bildeten. Einen Ministerpräsidenten sah die Verfassung nicht vor, auch keine vom Vertrauen des Parlaments abhängige Regierung. Dennoch ließen die Savoyer als konstitutionelle Monarchen beides im so genannten „Liberalen Italien“ bis 1925 zu.

Mangels Verfassungsrang und eigenem administrativem Unterbau und wegen der Abhängigkeit von König und Parlament hatte der Ministerpräsident seinerzeit eine sehr schwache Stellung. Aus diesem Grund hatte er bis zur faschistischen Diktatur seine Dienststelle stets im mächtigen Innenministerium. In der Regel wurden die Ämter von Ministerpräsident und Innenminister sogar in Personalunion geführt, wobei der Ministerpräsident unter anderem das Briefpapier des Innenministers verwendete. Die gesamte Regierung blieb bis 1865 in Turin, im Zug der Verlegung der Hauptstadt kam sie anschließend bis 1870 nach Florenz und dann nach Rom. Hier hatte der Ministerpräsident seinen Amtssitz beim Innenministerium im Palazzo Braschi (sprich: Braski) an der Piazza Navona.

Nach dem Marsch auf Rom verlegte Benito Mussolini noch 1922 seinen Dienstsitz und das Außenministerium in den Palazzo Chigi. 1925 beseitigte Mussolini den demokratischen Staat und rang König Viktor Emanuel III. ein Gesetz ab, in dem das Amt des „Regierungschefs, Premierministers und Staatssekretärs“ erstmals eine Rechtsgrundlage erhielt, die unter anderem eine großzügige Richtlinienkompetenz vorsah. Auch mit der Gründung des verfassungswidrigen Faschistischen Großrates und dem 1929 erfolgten Umzug Mussolinis in den monumentalen Palazzo Venezia änderte sich an dem mangelnden administrativen Unterbau im Amt des Regierungschefs nicht viel.

Nach dem Sturz Mussolinis im Jahr 1943 kehrte der Ministerpräsident mit seiner Dienststelle zum Innenministerium zurück, das seit 1925 seinen Sitz auf dem Viminal hat. Hier blieb das Ministerratspräsidium bis 1961 und stützte sich wiederum auf die Ressourcen und Strukturen des Innenministeriums. Nachdem das Außenministerium 1959 aus dem Palazzo Chigi ausgezogen war, richtete sich dort 1961 das Ministerratspräsidium ein. Seit dieser Zeit hat es sich zu einer eigenständigen Organisation entwickelt, die durch die Reformen von 1988 und 1999 auf einen modernen Stand gebracht wurde.

Siehe auch

Weblinks


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