- Rudolf Westphal
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Rudolf Georg Hermann Westphal (* 3. Juli 1826 in Obernkirchen; † 10. Juli 1892 in Stadthagen) war ein deutscher Klassischer Philologe. Er beschäftigte sich mit Vergleichender Sprachwissenschaft, der antiken Metrik, Grammatik und Musiktheorie.
Leben
Rudolf Westphal, der Sohn eines Markscheiders, entstammte einer schaumburgischen Gelehrten- und Pastorenfamilie. Nach dem ersten Unterricht bei seinem Vater und der Elementarschule besuchte er ab 1841 das fürstliche Gymnasium zu Bückeburg. Von seinen dortigen Lehrern erhielt er entscheidende Anregungen für seinen weiteren Werdegang. Da aber sein Bückeburger Reifezeugnis in Kurhessen nicht anerkannt worden wäre, wechselte er an das Gymnasium zu Rinteln. Nach der Reifeprüfung (Ostern 1845) bezog er die Universität Marburg und studierte nach dem Wunsch seiner Eltern Theologie.
Von der Theologie kam Westphal durch die Vorlesungen des Alttestamentlers und Sprachwissenschaftlers Johann Gildemeister zu den Sprachen des Orients. Er lernte Arabisch und Sanskrit, außerdem bei Franz Dietrich Altnordisch, Angelsächsisch, Gotisch sowie keltische und slawische Sprachen. Auf die Klassische Philologie konzentrierte Westphal sein Studium erst 1846, als er den Kommilitonen August Rossbach (1823–1898) kennenlernte. Beide beschäftigten sich mit der antiken Musik und mit vergleichender Sprachwissenschaft, besonders auch mit der Metrik der Avesta, die Westphal als Erster systematisch erklärte.
Westphal und Rossbach planten eine akademische Karriere. Sie gingen 1851 gemeinsam nach Tübingen, wo sie 1851 kurz nach einander promoviert und habilitiert wurden. Ihre Publikationen der folgenden Jahre wurden in der Fachwelt eifrig diskutiert. Westphals Entdeckung des Auslautgesetzes im Gotischen wurde unter anderem von Jacob Grimm bestätigt.
Die Zeit als Privatdozent in Tübingen endete für Westphal 1856, als er auf Anregung seines Freundes Rossbach an die Universität Breslau berufen wurde (zunächst ebenfalls als Privatdozent). Hier lehrte er seit 1857 als außerordentlicher Professor. Als Dozent war er unter den Studenten beliebt, in der Fachwelt blieben seine Thesen umstritten. Sein instabiles Gemüt sorgte im Kollegium und außerhalb der Universität für Irritationen.
Aus finanziellen Gründen nahm Westphal 1862 seinen Abschied von der Universität und kehrte in sein Elternhaus in Obernkirchen zurück. Er lebte einige Jahre lang als Privatgelehrter und widmete sich ausschließlich seinen Forschungen. Später zog er nach Halle an der Saale, wo eine große Universitätsbibliothek vorhanden war. Hier lernte er den Philologen Wilhelm Studemund (1843–1889) und den Schriftsteller Fritz Reuter kennen, mit denen er seither in engem Verkehr und Austausch stand. 1868 siedelte Westphal nach Jena über, wo er die Philologieprofessoren Conrad Bursian und Moriz Schmidt kennenlernte. Diese vermittelten Westphal 1872 eine Stelle als Gymnasiallehrer an der Ritterschule zu Fellin in Livland. Ein Jahr später wechselte Westphal an das Gymnasium zu Goldingen (Livland), wo er neben dem Unterricht seine Forschungsarbeit fortsetzen konnte.
1874 wurde Westphal an die akademische Abteilung des Kaiserlichen Lyzeums zu Moskau versetzt, wo er Unterricht in griechischer Grammatik und Vergleichender Sprachwissenschaft erteilte. Hier war er zum ersten Mal seit seinem Abschied aus Jena in einer für ihn anregenden kulturellen und akademischen Umgebung. In dieser Zeit gelangte er zu seiner abschließenden These, in der er seine Ansichten zur antiken Metrik und Musik mit der Moderne verband und zu seinem Prinzip des Rhythmus verband. Damit rief er in der Öffentlichkeit zahlreiche Widersprüche hervor, besonders von Musikern wie Anton Rubinstein und Franz Liszt.
Da seine Gesundheit unter dem russischen Klima sehr litt, bemühte sich Westphal, nach Deutschland zurückzukehren. Dies gelang 1881, als seine Mutter durch ein großes Erbe in die Lage gekommen war, für ihren Sohn eine Rente auszusetzen. Westphal nahm in Moskau seinen Abschied und siedelte als Privatgelehrter nach Leipzig über, wo seine Verleger ansässig waren – und eine große Universitätsbibliothek. Hier konzentrierte sich Westphal auf sein letztes großes Werk über den Musiktheoretiker Aristoxenos von Tarent, dessen erster Band 1883 erschien. Nach einem leichten Schlaganfall im Herbst 1883 entschloss sich Westphal, in seine Heimat und in die Nähe seiner Familie zu ziehen. Im Oktober 1884 siedelte er nach Bückeburg über, einige Jahre später in das benachbarte Stadthagen. Hier starb er nach langer Krankheit am 10. Juli 1892.
Literatur
- August Roßbach: Westphal, Rudolf. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 42, Duncker & Humblot, Leipzig 1897, S. 205–216.
Weblinks
Inhaber der Lehrstühle für Klassische Philologie an der Schlesischen Friedrich-Wilhelms-Universität BreslauErster Lehrstuhl: Johann Gottlob Theaenus Schneider (1811–1815) | Franz Passow (1815–1833) | Friedrich Wilhelm Ritschl (1833–1839) | Friedrich Haase (1840–1867) | August Reifferscheid (1868–1885) | Wilhelm Studemund (1885–1889) | Richard Foerster (1890–1898) | Eduard Norden (1898–1906) | Paul Wendland (1906–1909) | Alfred Gercke (1909–1922) | Ludolf Malten (1922–1945)
Zweiter Lehrstuhl: Ludwig Friedrich Heindorf (1811–1816) | Karl Ernst Christoph Schneider (1816–1856) | Johannes Vahlen (1856–1858)
Dritter Lehrstuhl: Joseph Julius Athanasius Ambrosch (1834–1856) | August Rossbach (1856–1898) | Richard Foerster (1898–1920) | Konrat Ziegler (1920–1923)
Vierter Lehrstuhl (bis 1862 Extraordinariat): Wilhelm Wagner (1845–1857) | Rudolf Westphal (1857–1862) | Martin Hertz (1862–1893) | Friedrich Marx (1893–1896) | Franz Skutsch (1896–1912) | Wilhelm Kroll (1913–1935) | Hans Drexler (1935–1940) | Wilhelm Süß (1940–1945)
Etatmäßiges Extraordinariat: Richard Foerster (1873–1875) | Arthur Ludwich (1876–1878) | Georg Kaibel (1879–1881) | Konrad Zacher (1881–1907) | Konrat Ziegler (1909–1920)
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