Willy Rohr

Willy Rohr
Willy Rohr auf dem Ehrenfriedhof zu Lübeck

Willy Martin Ernst Rohr (* 19. Mai 1877 zu Metz; † 8. März 1930 in Lübeck) war ein preußischer Offizier im Ersten Weltkrieg.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Willy Rohr, der eigentlich Wilhelm Rohr hieß, wurde am April 1877 in Metz geboren und besuchte zuerst die Kadettenanstalten in Bensberg und Karlsruhe bevor er an die Preußische Hauptkadettenanstalt in Lichterfelde wechselte. Als Seconde-Lieutnant trat er 1896 ins 3. Magdeburger Infanterie-Regiment Nr. 66, wurde von 1899-1903 zur Unteroffiziersschule nach Potsdam abkommandiert und war danach Adjutant von seinem Bataillon später Regiment. 1906 später wurde er zum Premierleutnant befördert.

Nachdem er 1911/12 bei der Infanterie-Schießschule als Lehrer tätig war, wurde er zum 10. Rheinischen Infanterie-Regiment Nr. 161 nach Trier versetzt. Hier wurde er zum Hauptmann befördert. Seiner Neigung entsprechend wurde er 1913 in das Garde-Schützen-Bataillon zu Groß-Lichterfelde mit dem Rang eines Kompaniechefs versetzt.

Im Ersten Weltkrieg kämpfte er mit diesem an der Aisne, in der Champagne und am Hartmannsweilerkopf.

1915 wurde er zu der aus zwei Pioniereinheiten zusammengesetzten Abteilung von Major Calsow an die Loretto-Front versetzt. Da diese sehr verlustreich agierte, fand die Führung des in Sturmabteilung Calsow umbenannten Bataillons der Armeeabteilung Gaede eine anderweitige Verwendung. Die stark dezimierte Sturmabteilung wurde an den Kaiserstuhl zurückverlegt. Auf Befehl des Generals v. Falkenheins wurde am 30. August 1915 vorerst der aus dem Garde-Schützenbataillon stammende Hauptmann mit deren Führung betraut.[1]

Der vorher ungenutzte Kaiserstuhl wurde zum Ausbildungsort.

Die Effektivität der Abteilung wurde durch die Nachrüstung mit Maschinengewehren und Flammenwerfern gesteigert. Rohr führte den Stahlhelm, den die Gegenseite schon nutzte[2], für sein Sturmbataillon (o. a. Stoßtrupp) ein.

Rohrs neuentwickelte Taktiken basierten auf seiner Fronterfahrung und stellten einen maßgebenden Beitrag zur Entwicklung der Stoßtrupptaktik dar.

Erstmals bezeichnete Major Reddemann die vorangehenden Flammenwerfertrupps als Stoßtrupps. Es werden aber beide als Schöpfer des Stoßtruppgedankens angesehen.[3]

Es ist anzumerken, dass die taktische Ausbildung des Heeres bis zur Schlacht von Verdun von ihm vernachlässigt wurde.[4]

Die erfolgreiche Erprobung des Verfahrens fand durch das Infanterie-Regiment Nr. 187 westlich von Colmar in den Vogesen statt. Die Sturmabteilung Rohr bewährte sich bei der Rückeroberung des Hartmannsweilers eingesetzt im Dezember 1915. Als der nächste Einsatz Angriff auf den Hirzstein scheiterte, zog man sich zwecks intensiverer Vorbereitung zurück. Nach Abschluss der Vorbereitungen wurde er im Verband mit den beiden angriffsunerfahrenen Infanterie-Regimentern Nr. 188 und Nr. 189 im Januar 1916 erobert.[5]

Durch den erfolgreichen Einsatz der Sturmabteilung an verschiedenen Frontabschnitten der Armee-Abteilung Gaede bildeten sich dort bei den Stellungstruppen aus. Im Dezember 1915 fand der erste Lehrkurs dazu in Anwesenheit des Generals auf dem Schlossberg bei Achkarren statt.[6]

Ihrem Erfolg entsprechend, wurde die Abteilung im Februar 1916 zur 5. Armee (Kronprinz Wilhelm von Preußen) verlegt um an der Offensive vor Verdun teilzunehmen.

Bedingt durch das mangelhafte Zusammenspiel der Einheiten musste die Abteilung angesichts ihrer hohen Verluste nach kurzer Zeit herausgezogen werden. Nach der Besichtigung durch den Kronprinzen und Verfügung des Kriegsministers wurde die Sturm-Abteilung zum Bataillon verstärkt und ihm der Name „Sturm-Bataillon“ verliehen.

Zu Lehrzwecken legte das Bataillon ein Übungswerk im Wald des Zerstörten Ortes Doncourt an. Hier wurden bis Kriegsende tausende von deutschen und auch österreichischen Offizieren ausgebildet. Neben ihrer Tätigkeit als Lehrtruppe wurde das Bataillon immer wieder an Brennpunkte der Westfront geschickt. Über den Sturm auf die Souville-Schlucht vom 3. September 1916 erstattete Rohr direkt an Kaiser Wilhelm II Bericht.[7] Es war zum Lieblingsbataillon des Kaisers avanciert.

Auf Antrag der Heeresgruppe Deutscher Kronprinz wurde dem Bataillon am 7. Februar 1917 die Bezeichnung Sturm-Bataillon Nr. 5 (Rohr) vom Kriegsministerium verliehen.[8][9] Zeitgleich wurde Willy Rohr Ausbildungsleiter.

Da es sich um das erste und erfolgreichste Sturm-Bataillon handelte mag die Nummer „5“ statt der „1“ sonderbar erscheinen. Die Nummer resultierte aber aus der Armee in der es diente und war somit folglich die „Nr. 5“.

Im Januar 1918 wurde ihnen die erste „deutsche Sturm-Panzer-Kraftwagen-Abteilung“ zugewiesen. Kurz darauf wurde Willy Rohr zum Major befördert.

Per geheimer Marschorder wurde das Bataillon mitte Oktober 1918 nach Spa befohlen. Es galt dort das kaiserliche Hauptquartier und die Oberste Heeresleitung (OHL) zu schützen. Als der Kaiser 48 Stunden später floh, verschaffte sich Major Rohr von der OHL die Genehmigung und verließ mit seinem Bataillon Spa in Richtung Deutschland.

Ein Großteil des Bataillons wurde in Schwelm demobilisiert.

Nach dem Krieg wurde er 1920 zum Infanterie-Regiment 29 des Übergangs-200.000-Mann-Heeres versetzt. Mit Bildung des 100.000-Mann-Heeres im Jahre 1921 wurde er verabschiedet und mit dem Charakter eines Oberstleutnants zur Disposition gestellt.

Da der Major in der Reichswehr kein passendes Kommando mehr erhielt, er musste im Stabe Materialbestände aufnehmen, nahm dieser seinen Abschied. [10] Damit verzichtete man auf einen ihrer fähigsten Soldaten.[11]

Er fand seine neue Heimat in Lübeck. Hier verstarb er als Direktor der Lübecker Getreidebank.[12]

Verweise

Quellen

  • Hermann Cron: Geschichte des Deutschen Heeres im Weltkriege 1914–1918. Berlin 1937
  • Lübecker General-Anzeiger vom 13. März 1930: Nachruf; geschrieben vom Grafen v. Schwerin, Redakteur der Rheinisch-Westfälischen Zeitung in Essen, im Namen der Mitglieder des ehem. kgl. pr. Sturmbataillons Nr. 5 (Rohr)
  • Bruce Gudmundsson: Stormtroop Tactics: Innovation in the German Army, 1914-1918. Praeger Paperback, 1995, ISBN 0-275-95401-3
  • Herbert Jäger: German Artillery of World War One. Crowood Press (UK), 2001, ISBN 1-86126-403-8

Literatur

  • Paul Koch: Das Niederschlesische Pionier-Bataillon Nr. 5 und seine Kriegsverbände im Weltkrieg 1914/18. Sporn, Zeulenroda (Thüringen) 1928
  • Werner Lacoste: Deutsche Sturmbataillone 1915-1918; Helios-Verlag, 2. Auflage, Aachen 2010, ISBN 978-3-86933-013-6
  • Eberhard Graf von Schwerin: Königlich preußisches Sturm-Bataillon Nr 5 (Rohr) (Aus Deutschlands großer Zeit; Band 116) nach der Erinnerung aufgezeichnet unter Zuhilfenahme des Tagebuches von Oberstleutnant a. D. Willi Rohr / Graf v. Schwerin; Sporn, Zeulenroda 1939
  • Bernhard Reddemann: Geschichte der deutschen Flammenwerfer-Truppe. Felgentreff, Berlin-Schöneberg ca. 1933

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Das Ehrenbuch der deutschen Pioniere; Berlin 1931
  2. Otto Dziobek: Geschichte des Infanterie-Regiments Lübeck (3. Hanseatisches) Nr. 162. Verlag Gerhard Stalling, 1922 Oldenburg i. D., Offizier-Verein ehem. 162er
  3. Hermann Cron: Geschichte des deutschen Heeres im Weltkriege 1914-1918; Berlin 1937, S. 23
  4. Hellmuth Gruss: Die deutschen Sturmbataillone im Weltkrieg. Aufbau und Verwendung.; Berlin 1939
  5. Karsten Richter: Die Sturmbataillone im Ersten Weltkrieg aus Der Infanterist Heft 01/2002, S. 87
  6. Hellmuth Gruss: Die deutschen Sturmbataillone im Weltkrieg. Aufbau und Verwendung.; Berlin 1939, S. 26/27, 149
  7. Hellmuth Gruss: Die deutschen Sturmbataillone im Weltkrieg. Aufbau und Verwendung.; Berlin 1939, S. 189
  8. Hermann Cron: Geschichte des deutschen Heeres im Weltkriege 1914-1918; Berlin 1937, S. 126
  9. Hellmuth Gruss: Die deutschen Sturmbataillone im Weltkrieg. Aufbau und Verwendung.; Berlin 1939, S. 61
  10. Das Ehrenbuch der deutschen Pioniere; Berlin 1931, S. 561/62, „Es ist nicht ausgeschlossen, daß dieser einmalige Fall von Disziplinlosigkeit im Btl. Major Rohr persönlich angekreidet wurde.“
  11. Werner Lacoste: Deutsche Sturmbataillone 1915-1918; Helios-Verlag, 2. Auflage, Aachen 2010, S. 17, ISBN 978-3-86933-013-6
  12. Von Lübecks Türmen, Nr. 12, Lübeck 15. März 1930, Artikel: Nachruf

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