Erich von Falkenhayn

Erich von Falkenhayn
Erich von Falkenhayn, Foto von Albert Meyer
Erich von Falkenhayn 1914

Erich von Falkenhayn (* 11. September 1861 in Burg Belchau (Landkreis Graudenz/Westpreussen); † 8. April 1922 in Schloss Lindstedt bei Potsdam) war ein preußischer General der Infanterie, osmanischer Marschall und im Ersten Weltkrieg, Kriegsminister und Chef des Großen Generalstabs.

Inhaltsverzeichnis

Werdegang und Vorkriegskarriere

Seine Eltern waren der Gutsbesitzers Fedor von Falkenhayn und seine Frau Franziska (geb. von Rosenberg). Mit elf Jahren Kadettenanstalt in Culm und drei Jahre zur Preußische Hauptkadettenanstalt in Lichterfelde. 1880 mit 18 Jahren als Sekondeleutnant im Oldenburgischen Infanterie-Regiment Nr. 91. 1893 zum Großen Generalstab. 1896 Instruktionsoffizier in China. 1899 Generalstab des ostasiatischen Expeditionskorps. 1906-1907 Generalstab. 1911 Kommandeur des 4. Garde-Regiments zu Fuß. 1913 Ernennung zum preußischen Kriegsminister.

1896 bis 1903 ließ sich Falkenhayn aus „finanziellen und Karrieregründen“ beurlauben und wurde Militärberater im Kaiserreich China, wo er später auch als Generalstabsoffizier des Ostasiatischen Expeditionskorps an der Niederschlagung des Boxeraufstandes beteiligt war.[1] Danach war er in Braunschweig, Metz und Magdeburg stationiert. Am 8. Juli 1913 wurde er preußischer Kriegsminister. In dieser Position oblag ihm die Umsetzung der im Frühjahr beschlossenen Heeresvorlage 1913, die eine deutliche Aufrüstung Deutschlands vorsah. Ins stärkere Bewusstsein der Öffentlichkeit gelangte er erstmals durch seine Auftritte vor dem Reichstag im Zusammenhang mit der Zabern-Affäre um den Jahreswechsel 1913/14, wobei er das fragwürdige Verhalten der Militärbehörden in Elsaß-Lothringen vorbehaltlos verteidigte und die Armee gegen Kritik aus der Zivilgesellschaft in Schutz nahm. In der Julikrise des Jahres 1914 gehörte Falkenhayn zu den Schlüsselfiguren um den Ausbruch des Ersten Weltkriegs. Wie die meisten Militärs rechnete er damals nicht mit einem europäischen Krieg und hielt die Zeit dafür beim Attentat von Sarajevo wohl auch zunächst nicht für günstig. Trotzdem gehörte dann aber sehr bald zu denjenigen, die Kaiser Wilhelm II. zur Kriegserklärung drängten.

Falkenhayn als Chef des Generalstabs

Im ersten Kriegsjahr löste er nach der Ersten Marneschlacht am 14. September 1914 Helmuth Johannes Ludwig von Moltke als Chef des Generalstabs ab. Nach dem Scheitern des Schlieffenplans versuchte er zuerst Frankreich und England durch den Wettlauf zum Meer (via Nordfrankreich und Belgien zur Nordsee) auszumanövrieren. Dies gelang aber nicht und endete in der Schlacht um Ypern.

Verdun

Falkenhayn hatte frühzeitig erkannt, dass ein militärischer Totalsieg nach der Marneschlacht nicht mehr zu erreichen war. Er drängte in einem am 18. November 1914 vorgelegten Memorandum die politische Führung, den Krieg auf dem Verhandlungswege zu beenden, fand aber kein Gehör. Trotz der Erfolge in der Schlacht bei Tannenberg hielt er es für unmöglich, Russland völlig zu besiegen. Dies brachte ihn in Konflikt mit Hindenburg und Ludendorff, die das zwar große, aber mangelhaft geführte russische Heer von Norden und Süden umfassen und einkesseln wollten. So hatten sie schon bei Tannenberg gesiegt. Viele hohe Offiziere, etwa Ludendorffs rechte Hand Max Hoffmann, nannten Falkenhayn ab der Zeit, als dieser die Umklammerungsstrategie im Osten ablehnte, schlichtweg nur noch „den Verbrecher“.[2] Die Ablehnung Falkenhayns resultierte daraus, dass er fürchtete, beim Erfolg eines solchen Vorgehens von dem Konkurrenten als Generalstabschef abgelöst zu werden. Bereits am 20. Januar 1915 war Falkenhayn als Kriegsminister entlassen worden.

Falkenhayn entwickelte daraufhin eine „Ermattungsstrategie“, die begrenzte Offensiven im Osten und eine Defensive im Westen vorsah. Im Westen wollte er vor Verdun in einem überraschenden Vorstoß die Höhenzüge besetzen und mittels massierter Artillerie die Festung beschießen. Die Franzosen hätten so Verdun, die stärkste ihrer Festungen vor der deutschen Grenze, entweder aufgeben müssen – was sie seiner Meinung nach nie tun würden – oder aber sie wären in Verdun „verblutet“ (die sogenannte „Blutpumpe“, oder auch „Knochenmühle“ von Verdun). Falkenhayn ging dabei keinesfalls davon aus, auf diese Weise gegen die Entente einen Sieg herbeiführen zu können. Vielmehr erwog er, dass die Verluste auf französischer Seite schwerer zu tragen seien als auf deutscher.

Diese Strategie scheiterte unter anderem daran, dass die Franzosen ihre Truppen gemäß Pétains Noria-Prinzip rascher ablösten, während die Einsatzphasen der deutschen Verbände länger waren – was demoralisierend wirkte. Der Abwehrsieg der Franzosen vor Verdun kostete sie zwar höhere Verluste als die deutsche Armee. Die Opfer auf deutscher Seite waren aber letztendlich sinnlos. Angesichts der materiellen und personellen Überlegenheit der Alliierten, die sich im Kriegsverlauf immer deutlicher abzeichnete, war Falkenhayns Ermattungsstrategie auch nach damaligen Maßstäben widersinnig.

Wirken in Rumänien, Palästina und Weißrussland

Nach dem Misserfolg an der Westfront wurde Falkenhayn am 29. August 1916 durch Hindenburg als Chef des Generalstabs abgelöst. Falkenhayn übernahm nun – erfolgreicher – den Oberbefehl der 9. Armee in Rumänien (Eroberung von Bukarest im Dezember 1916 mit August von Mackensen) und wurde darauf türkischer Marschall. Zwar konnte er die Eroberung Palästinas durch die Engländer unter General Edmund Allenby im Dezember 1917 nicht verhindern, wohl aber vorher noch die Zwangsumsiedlung aller Juden aus Palästina, die von der türkischen Regierung unter dem Statthalter Cemal Pascha im Sinne des türkischen Völkermords an den Armeniern geplant war.

Ab Februar 1918 wurde Falkenhayn Oberbefehlshaber der 10. Armee in Weißrussland, in welcher Funktion er auch das Kriegsende erlebte. 1919 schied er, bedingt durch ein Nierenleiden aus der Armee aus und zog sich ins Privatleben zurück. Sein Grab auf dem Bornstedter Friedhof nahe dem Potsdamer Schloss Sanssouci ist bis heute erhalten.

Historische Einordnung und Bewertung

Falkenhayn gilt als klassischer Vertreter des gängigen Stereotyps eines preußischen Generals. Seine ganz unbestreitbare politische und militärische Kompetenz – Winston Churchill hielt ihn für den weitaus fähigsten deutschen General im Ersten Weltkrieg – ging mit geringschätziger Verachtung für Demokratie und Parlamentarismus einher, wie sie in den dem Kaiser nahestehenden und der Monarchie treu ergebenen militärischen Zirkeln gängig war. Seine Unbedingtheit und Strenge und die rigorosen Ansprüche und Forderungen, die er an die Leistungs- und Opferbereitschaft seiner Soldaten und Untergebenen stellte, scheinen zu diesem vordemokratischen Tugend- und Menschenbild zu passen. Die wahrscheinlich wissentliche Herbeiführung der eventuell sogar von vornherein und mit Absicht als „Blutpumpe“ konzipierten und geplanten Materialschlachten vor Verdun lässt sich im Rahmen einer humanistisch-ethischen Sichtweise überhaupt nicht mehr nachvollziehen und ist auch im Sinne eines vormodernen, „moralischen“ Kriegsbegriffs nicht zu rechtfertigen; diese Art der Kriegsführung erinnert vielmehr an die Menschenverachtung totalitärer Diktatoren späterer Zeiten. Gleichzeitig war Falkenhayn ein loyaler, ehrlicher Freund und Vorgesetzter. Bleibende Verdienste und Ansehen auch unter seinen Kritikern hat er sich durch sein Verhalten im Judenpogromkonflikt 1917 erworben: „Ein unmenschlicher Exzess gegen die Juden in Palästina wurde allein durch Falkenhayns Verhalten verhindert, was vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte des 20. Jahrhunderts einen besonderen – und Falkenhayn auszeichnenden – Stellenwert erhält.“[3]

Familiäres

Falkenhayns Schwiegersohn war der Wehrmachtsoffizier und Widerstandskämpfer Henning von Tresckow (1901–1944).

Siehe auch

Werke

  • Die Oberste Heeresleitung, 1914-1916: In ihren wichtigsten Entschließungen. 1919, Reprint Kessinger Publishing 2010.

Literatur

  • Holger Afflerbach: Falkenhayn. Politisches Denken und Handeln im Kaiserreich. Oldenbourg, München 1994, ISBN 3-486-55972-9 (Beiträge zur Militärgeschichte 42), (Zugleich: Zugl.: Düsseldorf, Univ., Diss.), (Die moderne Standardbiographie).
  • Holger Afflerbach: Die militärische Planung des Deutschen Reiches. In: Wolfgang Michalka (Hrsg.): Der Erste Weltkrieg. Wirkung, Wahrnehmung, Analyse. Piper, München u. a. 1994, ISBN 3-492-11927-1, S. 279–318 (Serie Piper 1927).
  • Robert Foley: German Strategy and the Path to Verdun. Erich von Falkenhayn and the Development of Attrition, 1870–1916. Cambridge University Press, Cambridge 2005, ISBN 0-521-84193-3 (Cambridge Military Histories).
  • Ludwig Reiners: In Europa gehen die Lichter aus. Der Untergang des Wilhelminischen Reiches. Beck, München 1954.

Weblinks

 Commons: Erich von Falkenhayn – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Ernst Willi Hansen, Karl-Volker Neugebauer Michael Busch: Das Zeitalter der Weltkriege. 1914 bis 1945. Völker in Waffen. (= Grundkurs deutsche Militärgeschichte 2) Verlag Oldenbourg, München 2007, ISBN 978-3-486-58099-0, S. 45.
  2. Jesko von Hoegen: Der Held von Tannenberg. Genese und Funktion des Hindenburg-Mythos (1914–1934.) Böhlau, Wien/Köln 2007, ISBN 978-3-412-17006-6, S. 168; und Karl-Heinz Janßen: Der Kanzler und der General. Die Führungskrise um Bethmann Hollweg und Falkenhayn(1914–1916). Musterschmidt, Göttingen 1967, S. 28.
  3. Holger Afflerbach: Falkenhayn. Politisches Denken und Handeln im Kaiserreich. Oldenbourg, München 1994, S. 485.

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