Denglisch

Denglisch
Mischung aus Deutsch, Englisch und Französisch in einem Bekleidungshaus

Denglisch (auch Engleutsch, Germish (engl.)) ist ein wertender Begriff aus der deutschen Sprachpflege. Diese verwendet den Begriff, um den vermehrten Gebrauch von Anglizismen und Scheinanglizismen in der deutschen Sprache zu bemängeln.

Inhaltsverzeichnis

Der Unterschied zwischen „Denglisch“ und „Anglizismus“

Anglizismen sind aus dem Englischen stammende Fremdwörter (zumeist Substantive oder substantivierte Verben: e-mail, computer, laptop) oder aus der englischen Sprache übernommene Phrasen (z. B. „Liebe machen“ von to make love) oder Formen. Der Begriff „Anglizismus“ ist wertneutral. Was ein Anglizismus ist, kann durch objektiv feststellbare Kriterien bestimmt werden.

„Denglisch“ – ein Kofferwort, das sich aus „Deutsch“ und „Englisch“ zusammensetzt – ist hingegen ein wertender Begriff aus der deutschen Sprachpflege. Was der Begriff genau umfasst, ist nicht nach wissenschaftlichen Kriterien bestimmbar, sondern folgt aus einer subjektiven Einschätzung dessen, der ein Sprachphänomen als „Denglisch“ bezeichnet. Entsprechend vielfältig sind die Definitionen des Begriffs:

Von Denglisch sprechen einige vor allem dann, wenn nicht nur Substantive, sondern auch – wenngleich seltener – englische Verben und Adjektive in die deutsche Sprache übernommen werden.

Beispiele:

  • Das ist eine stylishe Hose.
  • Der Flug wurde gecancelt.
  • Ich habe das Programm gedownloadet oder downgeloadet.

Hier wird eingewandt, es gebe keinen Grund, in diesen Beispielen nicht Das ist eine modische, schöne Hose, Der Flug wurde abgesagt und Ich habe das Programm heruntergeladen zu sagen.

Bei diesen Beispielen zeigt sich, dass deutsche Morpheme an die englischen Wörter angefügt werden, damit die Entlehnungen in die korrekte deutsche Syntax passen. Auch dies wird von Denglisch-Kritikern für bedenklich gehalten. Die Sprachwissenschaft sieht hierin jedoch einen Beweis für die fortwährende Lebenskraft der deutschen grammatikalischen Strukturen: Die englischen Elemente werden nicht einfach mit der englischen Flexion übernommen – was im Deutschen in der Tat ungrammatisch wäre –, sondern formal korrekt an die Gegebenheiten der deutschen Sprache angepasst. Ungewohnt ist hier allein die Tatsache, dass auch Adjektive und Verben entlehnt werden, während sich die sprachliche Entlehnung sonst fast ausschließlich auf Substantive beschränkt, die ihrerseits ebenfalls in das deutsche Flexionssystem eingegliedert werden müssen, vgl. die/das E-Mail, die E-Mails; der Server, die Server.

Als Denglisch wird kritisierend auch die Konstruktion neuer Ausdrücke bezeichnet, die sich aus englischen und deutschen Wortbestandteilen zusammensetzen. Darauf trifft der Begriff Anglizismus bestenfalls eingeschränkt zu, man spricht von Hybridbildungen. Ein typisches Beispiel dafür ist der Begriff Backshop (auch getrennt geschrieben, also Back Shop oder in der Variante Backstore), eine aus dem deutschen Wort backen und dem englischen Wort shop (dt. Laden, Geschäft) zusammengesetzte Bezeichnung für Bäckereien oder Backwarengeschäfte mit Selbstbedienung.

Entwicklung und Beispiele

Fremd- und Lehnwörter

Da sich die englische Grammatik von der deutschen unterscheidet, treten bei Anglizismen oft Unsicherheiten bzgl. der Beugungsregeln und des Wortgeschlechts auf (siehe auch Neologismus#Neologismen und Sprachnorm).

Bei Übersetzungen aus dem Englischen werden öfters formal entsprechende deutsche Wörter verwendet, auch wenn diese sonst nicht in derselben Bedeutung üblich sind, etwa Novelle für engl. novel ‚Roman‘. Der Bedeutungswandel von Wörtern – der in jeder Sprache ein normaler Vorgang ist – wird durch diese stark an der Ausgangssprache orientierten Übersetzungen beschleunigt. Ohne Prüfung auf ein bekanntes deutsches Äquivalent können auch zunächst weitgehend unverständliche Neuschöpfungen entstehen, wie Nonproliferationsvertrag (englisch non-proliferation treaty)[1], obwohl dafür im Deutschen bereits seit den späten 1960er Jahren der Ausdruck Atomwaffensperrvertrag eingeführt und bekannt ist.

Aufgrund der Vorherrschaft der englischen Sprache in Wirtschaft, Wissenschaft, Popmusik und Informatik sind vor allem in den dort gesprochenen Jargons Sätze zu finden, in denen viele Anglizismen verwendet werden:

„Ich musste die Harddisk neu formatieren, weil der falsch gesteckte Jumper zur data corruption geführt hat und der Computer gecrasht ist.“

Ohne Anglizismen würde der Satz etwa folgendermaßen lauten:

„Ich musste die Festplatte neu formatieren, weil die Daten durch eine falsch gesetzte Steckbrücke beschädigt wurden und der Rechner abgestürzt ist.“

Auch im Marketing werden häufig Schlagwörter mit gutem Klang verwendet, deren Bedeutung aber aufgrund mangelnder Übersetzungsgrundlage manchmal unklar ist. Ebenso werden neue Verfahren und Erfindungen oft auf Englisch benannt und abgekürzt. Dadurch entstehen meist einheitliche Produktbezeichnungen in den Herstellungs- und Vermarktungsprozessen einer globalisierten Wirtschaft. Allerdings werden bisweilen auch anglophone Wortneuschöpfungen nur im deutschen Sprachraum verwendet, vgl. Scheinanglizismus.

In früheren Jahren wurden aus Fach- oder Sozialjargons importierte Wörter in ihrer Schreibweise dem Deutschen oft angepasst und erfuhren in manchen Fällen auch einen Bedeutungswandel. Beispiele für Anpassungen sind Couvert zu „Kuvert“, Cakes zu „Keks“ oder auch Disquettes zu „Disketten“. Heute verzichtet man, gerade bei Begriffen aus dem Englischen, wieder weitgehend auf solche Anpassungen. So konnte sich die in den 1980er Jahren vorgeschlagene Variante „Komputer“ nicht durchsetzen; die lautgerechte Schreibweise Kompjuter war ebenfalls nicht in der Lage, sich im allgemeinen Sprachgebrauch einzubürgern. Heute hat sich neben der Bezeichnung Computer auch der deutsche Begriff Rechner durchgesetzt, der bereits auf den deutschen Erfinder einer besonderen Rechnerart, Konrad Zuse, zurückgeht.

Das Bestreben vieler Wirtschaftsunternehmen im deutschsprachigen Raum, sich möglichst weltoffen und international darzubieten, aber auch die in der Jugendsubkultur schon länger vorhandene Neigung zu Anglizismen führte zur Aufnahme dieser Entwicklung durch die Werbewirtschaft und die Medien. Das hatte wiederum zur Folge, dass sich die restliche Wirtschaft und große Teile der Bevölkerung der Entwicklung anpassten. Das seit den 1990er Jahren verstärkte Einsickern englisch klingender Begriffe in alle Lebensbereiche erhielt noch einen Schub durch den von Fachbegriffen angeführten Aufschwung des PC-Marktes, die schnelle Verbreitung des Internets und die damit verbundene Beschäftigung mit Informatik und angrenzenden Wissensgebieten.

Die Verwendung aus dem Englischen entlehnter Wörter in spezifischen Kontexten, ohne Beachtung des im anglophonen Sprachraum zugehörigen gesamten pragmatischen Kontextes führt bei darauf basierten Zusammensetzungen mitunter zu semantischen Verwirrungen (falschen Freunden): beispielsweise bewarb ein deutsches Unternehmen, wohl um den altmodisch anmutenden Begriff Rucksack (der im übrigen aus dem Deutschen ins Englische Einzug gefunden hat, siehe auch Liste deutscher Wörter im Englischen) zu vermeiden, eine Umhängetasche als body bag, was im englischen Sprachgebrauch jedoch ‚Leichensack‘ bedeutet.

Anders beeinflusst, aber mit dem gleichen Ergebnis, waren auch die Versuche der DDR, internationale Anerkennung durch die Einführung derartiger Begriffe in die Umgangssprache zu gewinnen. Das bekannte und von Westdeutschen oft belächelte Broiler für Brathähnchen ist nur ein Beispiel dafür. (Broiler ist allerdings keine DDR-Erfindung, sie wurde auch in anderen Ländern in den offiziellen Wortschatz aufgenommen, etwa in Russland, Finnland und Norwegen, zumindest im Bokmål.)

Durch Internationalisierung und Globalisierung der Gesellschaft und durch den technologischen und wissenschaftlichen Fortschritt sowie die damit einhergehende Festsetzung englischer Fachbegriffe als Norm ergibt sich einerseits eine Anpassung der deutschen Sprache an die neuen Lebensumstände, andererseits führt die Weltverkehrssprachenfunktion und die Rolle des Englischen als erste Fremdsprache dazu, dass sich der deutsche Sprachraum verstärkt des Englischen zum Entlehnen von Begriffen bedient. Einige Menschen empfinden diesen Wandel, der sich auch in der deutschen Sprachentwicklung niederschlägt, als störend und sehen darin Gefahren für die Fortschreibung und Festschreibung der deutschen Sprachkultur.

Das Entlehnen und Anpassen englischer Wörter stellt eine der aktuellen Entwicklungen in der deutschen Sprache dar. Im Rahmen dieser Entwicklung erhalten die Lehnworte ein deutsches Gewand, beispielsweise grammatikalisches Geschlecht, Pluralendung und eine allgemein akzeptierte Bedeutung und einen Kontext.

Beispiele: „Ich habe gedownloadet“ (oder „geupdatet“) wird (unter anderem in Veröffentlichungen von Microsoft gemäß den hauseigenen Stilrichtlinien, die bis Herbst 2005 galten) genauso häufig verwendet wie die (unter anderem laut Duden) korrekte Form „Ich habe downgeloadet“ (diese Form folgt den Konjugationsregeln der deutschen Sprache [down = herunter + geloadet = geladen]). Der deutsche Ausdruck ist hingegen „Ich habe heruntergeladen“ (oder „aktualisiert“); dieser wird beispielsweise von Microsofts Konkurrenten Apple verwendet. Apple lässt sogar das „herunter“ weg und schreibt nur „laden“, da „herunterladen“ häufiger ist als „hochladen“ und der Unterschied zwischen „laden“ und „hochladen“ aus dem Zusammenhang deutlich wird.

Teilweise bekommt eine Abkürzung sogar ein anderes grammatikalisches Geschlecht als ihre Langform: Die URL (wegen die Internetadresse) ist weit häufiger als der URL (wegen der maskulinen Endung von locator), wenn von der normierten Einheitsform einer Internetadresse gesprochen wird.

Grammatik

Ein weiteres Phänomen ist die Verwendung englischer grammatischer Konstruktionen im Deutschen. Diese entstehen durch unprofessionelles Übersetzen englischer Texte, durch schlechte Filmsynchronisationen englischer oder US-amerikanischer Filme etc.

Gewöhnlich werden erwähnt:

  • this makes sense – das macht Sinn (statt: „das hat Sinn“, „das ergibt Sinn“, „das ist sinnvoll“, „das ist vorteilhaft“, „das ist plausibel“ usw.)
  • I find you a – ich finde dich einen … (statt: ich halte dich für einen …, für mich bist du ein …). Diese Form ist allerdings in der Deutschschweiz Standard – unabhängig vom Englischen.
  • in 1968 (Jahresangabe – statt: im Jahr 1968 oder nur 1968) – allerdings schon immer im Kaufmannsdeutsch
  • to remember sth. – etwas erinnern, ich erinnere etwas (statt: sich an etwas erinnern, ich erinnere mich an etwas); wobei angemerkt werden sollte, dass sich diese Formulierung auch in einigen Dialekten (etwa dem Norddeutschen) wiederfindet und auch Sigmund Freud Erinnern durchweg transitiv verwendet hat
  • in English/German – in Englisch, in Deutsch (statt „auf Englisch“, „auf Deutsch“ oder „im Englischen“, „im Deutschen“)
  • in Iraq, Iran … – in Irak, in Iran (statt: im Irak, im Iran)
  • not really – nicht wirklich (statt: eigentlich nicht)[2]

Während man bei den entlehnten Wörtern (Substantiven, Verben, Adjektiven), die dem Denglischen zuzuzählen sind, argumentieren kann, dass die Anpassung dieser Wörter an die Regeln der deutschen Sprache ein Zeichen von Lebenskraft und Wandlungsfähigkeit ist, gilt hier wohl das Umgekehrte: Grammatische Strukturen der deutschen Sprache gehen verloren und werden durch englische Strukturen ersetzt. Dies gilt auch für die in Synchronisationen oft vorkommende durchgehende Benutzung des Präteritums in Anlehnung an das englische Original, obwohl im Deutschen beispielsweise Perfekt gebräuchlicher wäre.

Bei den Beispielen „Sinn machen“[3] und bei der transitiven Verwendung von „erinnern“ ist anzumerken, dass diese Wendungen in früheren Jahrhunderten im Deutschen gebraucht wurden. Die genannten Formen sind also im Literaturkanon aufzufinden. Sie als Denglisch zu kritisieren, kann als Hyperkorrektur betrachtet werden. Gegner des Denglischen werden hingegen anmerken, dass die alten Formen längst ausgestorben sind und nur der heutige Sprachgebrauch ausschlaggebend ist, ob eine Form als denglisch einzustufen ist oder nicht.

Möglich ist ein englischer Einfluss in der Orthographie bei den durch Apostroph abgetrennten Endungen mit -’s („Apostrophitis“), der vor allem bei Genitiven auftritt (Angela’s Frittenbude), aber auch bei Pluralen, etwa LKW’s. Eine ähnliche Normabweichung, nämlich die fälschliche Abtrennung des Plural-S, tritt auch im Englischen häufig auf und wird dort als greengrocers’ apostrophe[4] bezeichnet. Ein weiteres Beispiel ist die englische Pluralform von Substantiven die auf -y enden: Auch in deutschen Texten kommen Hobbies und Babies (statt – korrekt angepasst – Hobbys und Babys) vor.

Scheinanglizismus „Handy“

Ein bekanntes, aber eigentlich falsches Beispiel stellt das Wort Handy dar. Das Wort „Handy“ als Bezeichnung für ein Mobiltelefon ist ein Scheinanglizismus: es wird im englischsprachigen Raum zwar nicht als Bezeichnung für ein Mobiltelefon benutzt, doch die Bezeichnung handy stammt aus der Unterscheidung zweier militärisch genutzter mobiler Funkgeräte von Motorola. Das Rucksackfunkgerät wurde Walkie-Talkie genannt, das Handsprechfunkgerät Handie-Talkie. Bereits im Mobilfunklexikon von Gusbeth (Franzis 1990) war zu lesen: „Handheld-Telefone (oder Handy)“. Auch die im selben Verlag erschienene „Funkschau“ schrieb in Heft 1/1990 (S. 16): „Soll in den USA Konkurrenz durch NECP3-Mobiltelefon bekommen: Motorolas Handy MicroTac“. Die Unternehmen Bosch und Hagenuk vertrieben ihre Mobiltelefone im Jahr 1993 ebenfalls als Handy. Es handelt sich also ursprünglich um die Kurzform einer Produktbezeichnung, die zwar aus dem englischsprachigen Raum stammt, dort aber nicht mehr gebräuchlich ist. Sie geht auf eine Umschreibung (handy = „handlich“ oder „praktisch“ oder „gelegen“) zurück.

Im britischen Englisch spricht man, wenn von Mobiltelefonen die Rede ist, von mobile phones (kurz mobiles), im amerikanischen Englisch von cellular phones (kurz cell phones oder schlicht cell), in Singapur findet man den Begriff handphone.

Ein ähnlicher, über 100 Jahre alter Fall ist der in Deutschland geläufige Smoking, der im britischen Englisch dinner suit heißt und im US-amerikanischen Englisch tuxedo. Das englische Smoking jacket[5] ist dagegen eine bequeme Hausjacke.

Andere Länder

Diese Entwicklung ist allerdings nicht auf Deutschland oder den deutschsprachigen Raum beschränkt. Seit Präsident Charles de Gaulle versucht man in Frankreich, den Einfluss von Anglizismen auf die französische Sprache – das „Franglais“ – mit immer neuen Gesetzen einzudämmen, zuletzt durch die Loi Toubon, benannt nach dem damaligen Minister für Kultur und die Frankophonie Jacques Toubon. Ähnliche Sprachschutzgesetze bestehen auch in Lettland, Litauen, Polen, Québec, Rumänien, Slowenien, Tschechien und Ungarn und werden in weiteren Ländern diskutiert. In den genannten Ländern beziehen sich die gesetzlichen Regelungen zum Teil nur auf die öffentliche Verwaltung, werden aber auch an den Verbraucherschutz gekoppelt, so dass etwa Verträge und Bedienungsanleitungen immer auch in der Landessprache vorliegen müssen und nur die Fassung in der Landessprache Rechtskraft besitzt.

Neben Franglais (Franglish) gibt es unter anderem Spanglish (Spanisch), Engrish, Hinglish (Hindi), Ponglisch (Polnisch) und Svengelska (Schwedisch}.

Andere Sprachen

Für Französisch-Deutsch gibt es seit spätestens 1980[6] den von der deutschen Presse geprägten[7] Begriff Frutsch.[6]

Für europaübergreifende Spezialwörter gibt es die Bezeichnungen Eurospeak, Eurotalk, Eurojargon, Eurokratisch oder abwertend Eurokauderwelsch.[6]

Diskussionsstand

In der Sprachwissenschaft unstrittig ist die Auffassung, dass Sprache ständigen Einflüssen und Veränderungen unterworfen ist. Eine „reine“ oder „bessere“ Sprache gibt es daher nicht. Seit man überhaupt von einer deutschen Sprache reden kann, steht diese in ständigem Kontakt mit verschiedenen europäischen Sprachen, denen sie Zehntausende von Wörtern entlehnt hat. Demnach sind Entwicklungen wie Denglisch für lebendige Sprachen typisch.

Häufig wird die Meinung vertreten, viele Dinge könne man im Deutschen nicht ebenso gut ausdrücken. Ferner gibt es die Ansicht, es sei positiv, dass neu entstandene Begriffe, etwa in der Technik, international einheitlich verwendet werden. Gerade im Internet fördere dies die Verständlichkeit. Für Menschen, die Fremdsprachen erlernen oder sprechen, stelle es eine große Erleichterung dar, wenn neue Begriffe (Neologismen) nicht übersetzt werden müssen. Wirtschaftsräume, die sich sprachlich dem vorherrschenden angloamerikanischen Sprachraum anpassten, genössen Wettbewerbsvorteile gegenüber isolierten Sprachräumen, was letztendlich Arbeitsplätze sichere. Außerdem wird argumentiert, der „Kampf“ gegen das Denglische sei eher ein Scheingefecht, da es eigentlich um allgemeinen Kulturpessimismus oder einen latenten Antiamerikanismus gehe. Vereinzelt werden Eindeutschungsversuche von bereits gängigen Anglizismen als sprachrealitätsfern eingestuft, beispielsweise „Zwischennetz“ statt „Internet“.[8]

Menschen, die den Gebrauch des Denglischen kritisieren und sich der Sprachpflege verpflichtet fühlen, vertreten die Auffassung, dass man dieselben Dinge auch auf Deutsch ausdrücken könne. Das Hauptargument ist, dass Sprache der Verständigung diene und daher die Verständlichkeit auch bei Neubildung von Begriffen vorrangig behandelt werden solle. Dabei werden deutsche Wörter, die vor dem Auftreten eines bestimmten als Denglisch angesehenen Ausdrucks oder eines Anglizismus bereits vorhanden waren, weiter verwendet (motherboard = „Hauptplatine“) oder neu belebt. Außerdem werden Wörter gesucht oder neu gebildet, die stimmig und alltagstauglich sind. Diese Vorgehensweise überzeugt dort, wo ein verständlicher Begriff gefunden wird. Allerdings können nicht alle dieser Versuche als gelungen bezeichnet werden, da es an allgemeiner Anerkennung und Verbreitung mangelt.

Außerdem wird zu bedenken gegeben, dass es der Alphabetisierung nicht dienlich sei, wenn die bei Nichtmuttersprachlern durchaus geschätzte relativ lautgerechte Schreibung des Deutschen dadurch verändert werde, dass beispielsweise englische Wörter (wo es kaum eindeutige Beziehungen zwischen Schreibweise und Aussprache gibt) unverändert übernommen würden (siehe computer vs. „Kompjuter“ u. a.). Bei Begriffen aus Sprachen mit nichtlateinischen Schriften (z. B. Griechisch, Russisch) werde auch nicht die Originalschreibung beibehalten. Dort erfolgt eine Transkription der Alphabete, jedoch nicht nach einheitlichen Regeln. Eine Anpassung an die Ausspracheregeln des Deutschen findet dabei in unterschiedlichem Maße statt.

Puristen würden jedoch auch beim Beispiel „Hauptplatine“ einwenden, „Platine“ könne kaum als ursprünglich deutsches Wort bezeichnet werden. Anhänger des Sprachpurismus fordern, es gelte die „Reinheit“ der deutschen Sprache vor äußeren Einflüssen zu bewahren.

Andere Kritiker zielen weniger auf eine Reinhaltung der Sprache, sondern mehr auf den Aspekt ab, dass Denglisch für sie eine Art Modetorheit darstellt. Durch Benutzung von Denglisch werde hauptsächlich eine vermeintliche Überlegenheit und Weltgewandtheit und ein allgemeines Up-to-date-Sein demonstriert, wobei das Gegenüber mit Floskeln beeindruckt werden solle. Das Englische spiele demnach heute eine ähnliche Rolle wie zuvor Latein und Französisch, beides Sprachen, die im deutschen Sprachraum früher oft eingesetzt wurden, um vermeintliche Überlegenheit zu signalisieren. Dies wird inzwischen auch aus sprach- und kulturwissenschaftlicher Sicht angenommen: Das Sprechen von Denglisch wird aus dieser Perspektive als Ritual gewertet. Der häufige Gebrauch von Anglizismen im beruflichen Umfeld soll dabei den Eindruck erwecken, man selbst sei international, gebildet und gehöre zur Leistungselite. Damit ist Denglisch formales Mittel der sozialen Differenzierung und Abgrenzung.[9]

Siehe auch

Literatur

  • Csaba Földes: Deutsch und Englisch. Ein Sprachnotstand? Befunde und Anmerkungen In: Rudolf Hoberg (Hrsg.): Deutsch – Englisch – Europäisch. Impulse für eine neue Sprachpolitik. Dudenverlag 2002, S. 341–367, Mannheim/Leipzig/Wien/Zürich ISBN 3-411-71781-5
  • Ageliki Ikonomidis: Anglizismen auf gut Deutsch: Ein Leitfaden zur Verwendung von Anglizismen in deutschen Texten. Buske, Hamburg 2009, 101 S., ISBN 3-875-48560-2.
  • Walter Krämer: Modern Talking auf deutsch – ein populäres Lexikon [Mit 17 Zeichn. von Eva Krämer]. München; Zürich: Piper, 2000, 261 S., ISBN 3-492-04211-2
  • Christian Meier (Hrsg.): Sprache in Not? Zur Lage des heutigen Deutsch. Hrsg. von Christian Meier im Auftrag der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung zu Darmstadt. Göttingen: Wallstein Verlag, 1999, 112 S., ISBN 3-89244-341-6
  • Thomas Paulwitz und Stefan Micko: „Engleutsch? Nein, danke! Wie sag ich’s auf deutsch?“ Ein Volks-Wörterbuch, 2. Auflage, Erlangen und Wien, 2000, 132 Seiten, ISBN 3-00-005949-0, DM 14,50
  • Uwe Pörksen (Hrsg.): Die Wissenschaft spricht Englisch? Versuch einer Standortbestimmung. Heftreihe „Valerio“ der DASD, Heft 1, Göttingen: Wallstein, 2005. 114 S., ISBN 3-89244-978-3
  • Gerhard H. Junker: Der Anglizismen-INDEX, IFB Verlag 2005, ISBN 3-931263-53-3, 6033 Einträge mit Einführung
  • Rudolf Bartzsch/Reiner Pogarell/Markus Schröder (Hrsg.): Wörterbuch überflüssiger Anglizismen, IFB Verlag Paderborn, 6. Auflage, 2004, 220 S., ISBN 3-931263-33-9, 5837 Einträge
  • Hermann Zabel (Hrsg.): Denglisch, nein danke! Zur inflationären Verwendung von Anglizismen und Amerikanismen in der deutschen Gegenwartssprache. Paderborn: IFB-Verlag, 2001, 296 S., ISBN 3-931263-20-7; 2. Auflage, 2003, 360 S., ISBN 3-931263-35-5
  • Dieter E. Zimmer, „Neuanglodeutsch“, in: Ders., Deutsch und anders. Die Sprache im Modernisierungsfieber, Hamburg 1998, S. 7–104 ISBN 3-499-60525-2
  • Ferris Goldenstein, Sags doch Denglisch! The book for the better understanding. Basic vocabulary, Subito-Verlag, Frankfurt am Main 2006, ISBN 3-8339-4510-9
  • Ferris Goldenstein, Business Denglisch. The book for the better moneymaking., Baumhaus Verlag, Frankfurt am Main, 2007, ISBN 3-833-94533-8
  • Jan Georg Schneider: Von free-floatendem Kapital, Hardlinern und Instructions. Linguistische Anmerkungen zur populären Anglizismenkritik. In: Studentische Zeitschrift für Sprache und Kommunikation, Hrsg.: Verein Lingua et opinio e. V. (LeO), 19. Dezember 2006. – Auch online
  • Stefan Zenklusen: Leitsprache Anglotumbdeutsch, in: ders., Im Archipel Coolag, Berlin 2006, ISBN 3-86573-164-3 (kulturphilosophische, von der älteren kritischen Theorie inspirierte Analyse des Denglischen); vgl. auch Zeitschrift für kritische Theorie, Jg. 2008, (gekürzte Version), ISBN 978-3-86674-034-1.
  • Wolf Schneider: Speak German! Warum Deutsch manchmal besser ist. Reinbek: Rowohlt-Verlag 2008, ISBN 978-3-498-06393-1

Weblinks

Wiktionary Wiktionary: Denglisch – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Stefan Winterstein: Übersetzungsfallen, uebersetzungsfallen.de Autopsie 17. November 2006.
  2. "not really" im Onlinewörterbuch LEO
  3. Das Bremer Sprachblog zu „Sinn machen“ (inkl. Fundstellen aus der Literatur)
  4. greengrocers’ apostrophe in der englischsprachigen Wikipedia
  5. Smoking Jacket in der englischsprachigen Wikipedia
  6. a b c Werner Besch (Hrsg.): Sprachgeschichte: ein Handbuch zur Geschichte der deutschen Sprache und ihrer Erforschung, Band 2 von Handbücher zur Sprach- und Kommunikationswissenschaft, 2. Auflage, Walter de Gruyter, 2000, ISBN 3110158825, S. 2180 (Eingeschränkte Vorschau in der Google Buchsuche)
  7. Lothar Hoffmann, Hartwig Kalverkämper, Herbert Ernst Wiegand (Hrsg.): Fachsprachen: ein internationales Handbuch zur Fachsprachenforschung und Terminologiewissenschaft, Band 1, Band 14 von Handbook of Literature and Communication Studies, Walter de Gruyter, 1998, ISBN 3110111012, S. 2135 (Eingeschränkte Vorschau in der Google Buchsuche)
  8. Lieber online als anschnur. In: Welt Online, 11. September 2006
  9. Helga Kotthoff: Anglizismen sind das neue Imponier-Deutsch, Zeit Online, 9.11.2011.

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