- General Guisan
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Henri Guisan (* 21. Oktober 1874 in Mézières; † 7. April 1960 in Pully) war während des Zweiten Weltkriegs General und damit Oberbefehlshaber der Schweizer Armee.
Inhaltsverzeichnis
Jugend und Studium
Henri Guisans Vater Dr. med. Charles-Ernest Guisan war Landarzt. Seine Mutter Louise-Jeanne Bérangier, die lungenkrank war, starb zehn Monate nach seiner Geburt. Mit zehn Jahren ging Guisan auf das Progymnasium in Lausanne, wo er dem der Schule angegliederten Corps des Cadets angehörte. Um sein Deutsch zu verbessern, wurde er für sechs Monate nach Deutschland geschickt. Nach seiner Rückkehr absolvierte er die Matura und begann ein Medizinstudium. Da ihm Medizin nicht zusagte, wechselte er über Naturwissenschaft und Recht auf ein landwirtschaftliches Studium, welches er dann in Lyon beendete.
Militärische Laufbahn
Henri Guisan bekleidete in der Schweizer Armee folgende Dienstgrade:
- ab 1894: Leutnant
- ab 1904: Hauptmann
- ab 1908: Hauptmann im Generalstab
- ab 1911: Major; Übertritt von der Landartillerie in die Infanterie
- ab 1916: Oberstleutnant im Generalstab
- ab 1919: Generalstabschef der 2. Division, Kommandant des Infanterieregiments 9
- ab 1921: Oberstbrigadier
- ab 1927: Oberstdivisionär
- ab 1932: Oberstkorpskommandant
Oberstbrigadier, Oberstdivisionär und Oberstkorpskommandant sind zeitgenössische Dienstgrade. Die Bezeichnung "Oberst-" bei den höheren Stabsoffizieren wurde in den 1960er-Jahren fallen gelassen.
Am 13. Dezember 1893 wurde Guisan der Kavallerie zugeteilt, konnte aber die Sommer-Artillerierekrutenschule 1894 in Bière als Feldartillerist absolvieren. 1897 heiratete er Mary Doelker und liess sich als Landwirt in Chesalles-sur-Oron nieder; 1902 übernahm er das Landgut seines Schwiegervaters Verte Rive in Pully bei Lausanne. In der Folge machte er im Militär eine steile Karriere. Bis zum Ersten Weltkrieg erreichte er den Grad eines Majors. Während des Krieges war er mehrmals an der Deutschen Ostfront, um Kriegstaktik zu erlernen. In den 1930er Jahren war er auch im Internationalen Olympischen Komitee tätig.
General Guisan
Als sich im Sommer 1939 die Lage in Europa zuspitzte, wurde Guisan am 30. August 1939 von der Vereinigten Bundesversammlung zum General der Schweizer Armee gewählt – einem militärischen Rang, den es in der Schweizer Armee in Friedenszeiten nicht gibt. Aufgrund seiner unbestrittenen Fähigkeiten und weil überdies der französischsprachige Landesteil damals in der Regierung nur mit einem Bundesrat vertreten war, wurde Guisan auf Anhieb mit 204 von 229 gültigen Stimmen gewählt.
Der Schweizer Generalstab ging zu dieser Zeit davon aus, dass die Neutralität von Frankreich bedroht sei, nicht von Deutschland.
Während des Kriegs verstand er es immer wieder, die Schweizer Soldaten aufzubauen und ihnen wie der Bevölkerung Mut zu machen (zum Beispiel am 25. Juli 1940 mit seinem Rapport auf dem Rütli, wo er die Reduit-Strategie ankündigte).
Guisan wurde am 20. August 1945 als General verabschiedet. 1947 übergab er der Bundesversammlung seinen 270-seitigen Bericht über die Zeit des Aktivdienstes.
Am 7. April 1960 verstarb Henri Guisan. Er wurde in Pully beigesetzt. Noch heute erinnern neben vielen Strassen, Plätzen, Gedenksteinen oder Reiterdenkmalen auch die in älteren Wirtschaften an der Wand hängenden Porträtfotografien an General Guisan.
Guisan war Bürger von Avenches und Mézières. Der Asteroid (1960) Guisan wurde nach ihm benannt.
Mythos Guisan
Henri Guisan gilt v.a. bei der älteren Generation als "Architekt" der Erhaltung des Friedens in der Schweiz im Zweiten Weltkrieg. In den unmittelbaren Nachkriegs-Jahrzehnten rankte ein regelrechter Mythos um ihn und die Wehrkraft der Schweizer Armee, was Hitler von einer Besetzung des Landes abgehalten habe. Der Mythos geriet dann letztlich doch ins Wanken, die historischen Quellen (ausgewertet primär von den Schweizer Historikern Hans-Ulrich Jost und Jakob Tanner) bekräftigen ein Lavieren des Generals zwischen Anpassung an den mächtigen Nachbarn im Norden und Widerstands-Willen (siehe unter Kritik).
Kritik
Bundesrat Hermann Obrecht erklärte am 15. März 1939: "[...] Wir Schweizer werden nicht [..] ins Ausland wallfahrten gehen." Dieser Ausspruch besagt, dass kein Schweizer Politiker oder Militär nach Nazi-Deutschland reisen werde, und die Schweiz nie zur Kollaboration bereit sein werde. Guisan bemühte sich jedoch, nachdem er bereits um 1933-1936 mit seinen Besprechungen mit Befehlshabern des französischen Heers die Neutralität tangiert hatte, um eine Annäherung an Deutschland. Die hochrangige Delegation, der es seiner Meinung nach bedurft hätte: „pour tenter un appaisement et instituer une collaboration“, kam aber nicht zustande.
Werke
- Bericht an die Bundesversammlung über den Aktivdienst 1939-1945. Lausanne/Bern 1946.
- Gespräche. Zwölf Sendungen von Radio Lausanne, geleitet von Major Raymond Gafner. Mit einem Vorwort von alt Bundesrat Rudolf Minger. Bern, Scherz, 1953.
Literatur
- Willi Gautschi: General Henri Guisan: die schweizerische Armeeführung im Zweiten Weltkrieg. Zürich : Verlag Neue Zürcher Zeitung, cop. 1989
- Willi Gautschi: Guisan und Wille im gefährlichen Sommer 1940. Baden: W. Gautschi, 1988. Sonderdruck aus: Neue Zürcher Zeitung vom Samstag/Sonntag, 20./21. August 1988, Nr. 193
Weblinks
- Literatur von und über Henri Guisan im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Artikel Guisan, Henri im Historischen Lexikon der Schweiz
- General Guisan, der Zweite Weltkrieg und das Reduit (Schweizerisches Bundesarchiv)
- Centre Général Guisan
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Personendaten NAME Guisan, Henri KURZBESCHREIBUNG General der Schweizer Armee während des Zweiten Weltkriegs GEBURTSDATUM 21. Oktober 1874 GEBURTSORT Mézières, Kanton Waadt, Schweiz STERBEDATUM 7. April 1960 STERBEORT Pully
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