Gerbert von Aurillac

Gerbert von Aurillac

Silvester II. (lat. der Waldmann; bürgerlicher Name Gerbert von Aurillac, auch Gerbert von Reims; * um 950 in Aquitanien; † 12. Mai 1003 in Rom) war ein Mathematiker, Abt von Bobbio, Erzbischof von Reims und Ravenna, schließlich erster französischer Papst vom 2. April 999 bis zu seinem Tod im Jahr 1003.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Gerbert von Aurillac erhielt seine Ausbildung u.a. im nordspanischen Katalonien (in der Benediktinerabtei Santa Maria de Ripoll in Ripoll) und im französischen Reims. Danach folgte ein Studium an den islamischen Universitäten in Sevilla und Córdoba, wo er an den reichen Erkenntnissen der damaligen islamischen Welt teilnahm. 981 wurde er Abt im italienischen Kloster Bobbio und schließlich 991 Erzbischof von Reims. Er galt als einer der führenden Gelehrten seiner Zeit.

Seit 997 war Gerbert persönlicher Lehrer und politischer Berater des deutschen Kaisers Otto III. (996-1002), der ihn 998 zum Erzbischof von Ravenna und schließlich 999 zum ersten französischen Papst (999 - 1003) machte. Als Papst konnte er die Politik Ottos unterstützen (Renovatio imperii Romanorum). Das große Ziel Silvesters bestand darin, unter dem Schutz Ottos wieder Frieden in der unruhigen Zeit herstellen zu können. Allerdings konnte der dieses Vorhaben nicht verwirklichen, da er nach einer Erhebung des römischen Adels im Jahr 1001 die Stadt verlassen musste.

Die apokalyptische Stimmung der Zeitgenossen vor der ersten Jahrtausendwende soll auch Papst Silvester ergriffen haben. Die Überlieferung sieht ihn in der Neujahrsnacht zitternd die Messe feiern, da er mit dem Weltuntergang während der Wandlung gerechnet habe.

Im Mai 1003 verstarb Gerbert und wurde in Sankt Johann im Lateran beigesetzt.

Wissenschaftliche Tätigkeit

Den politisch-kirchlichen Ambitionen gleichwertig ist die wissenschaftliche Tätigkeit Gerberts. Seine rhetorischen Fähigkeiten wurden gerühmt, ebenso seine Kenntnisse besonders in der Mathematik und Astronomie. Verbunden sind mit ihm die Verwendung von Abakus und Astrolabium. So erweist sich Gerbert als Repräsentant seiner Zeit, sowohl der politisch-kirchlichen Entwicklungen als auch des frühmittelalterlichen Bildungskanons. Nach Oswald Spengler war er es, der um 1000 die „Konstruktion der Schlag- und Räderuhren erfunden“ habe.

Nachleben

Darstellung des Teufelsbündnisses im Cod. Pal. germ. 137, f216v (um 1460)

In den Zeiten ab etwa 1100 entwickelten sich Geschichten, Silvester II. hätte sich mit Magie beschäftigt und sei mit dem Teufel im Bunde gewesen. In moderner Zeit wurden seine wissenschaftlichen Leistungen häufig verklärt, so schrieb man ihm die Einführung des arabischen Ziffernsystems und der Null ins abendländische Rechnen zu, die tatsächlich erst im Verlauf des 12. Jahrhunderts durch Übersetzungen des Rechenbuches von Al-Chwarizmi erfolgte, während er lediglich Anteil an der Einführung einer mittelalterlichen Sonderform des Abakus, mit bezifferten Rechensteinen, beteiligt war.

Quellen

  • Monumenta Germaniae Historica, Die Briefe der deutschen Kaiserzeit 2: Die Briefsammlung Gerberts von Reims. Herausgegeben von Fritz Weigle. Weimar 1966 (Digitalisat).
  • Leben des hl. Bernward, Bischof von Hildesheim, verfasst von Thangmar (?), in: Lebensbeschreibungen einiger Bischöfe des 10.-12. Jahrhunderts, übersetzt von Hatto Kallfelz (Ausgewählte Quellen zur deutschen Geschichte des Mittelalters 22), Darmstadt 1973, S. 263-361.
  • Thietmar von Merseburg: Chronicon, übertragen und erläutert von Werner Trillmich (Freiherr vom Stein- Gedächtnisausgabe, Bd. IX), Darmstadt 1957.

Literatur

  • Gerd Althoff: Otto III. (= Gestalten des Mittelalters und der Renaissance), Darmstadt 1997.
  • Werner Bergmann: Innovationen im Quadrivium des 10. und 11. Jahrhunderts. Studien zur Einführung von Astrolab und Abakus im lateinischen Mittelalter (= Sudhoffs Archiv, Beiheft 26), Stuttgart 1985.
  • Nicolaus Bubnov (Hrsg.): Gerberti Opera Mathematica (972-1003), Nachdruck Hildesheim 1963.
  • Fritz Eichengrün: Gerbert (Silvester II.) als Persönlichkeit, Leipzig-Berlin 1928
  • Hans-Henning Kortüm: Gerbertus qui et Silvester. Papsttum um die Jahrtausendwende. In: Deutsches Archiv für Erforschung des Mittelalters 55, 1999, S. 29–62.
  • Harriet Peatt Lattin (Übers.): The letters of Gerbert with his papal privileges as Sylvester II, New York 1961.
  • Uta Lindren: Gerbert von Aurillac und das Quadrivium. Untersuchungen zur Bildung im Zeitalter der Ottonen (= Sudhoffs Archiv, Beih. 18), Wiesbaden 1976.
  • Pierre Riché: Gerbert d'Aurillac. Le Pape de l`An Mil, Paris 1987.
  • Bernd Schneidmüller/ Stefan Weinfurter (Hrsg.), Otto III. – Heinrich II. Eine Wende?, Sigmaringen 1997.
  • Mathilde Uhlirz: Untersuchungen über Inhalt und Datierung der Briefe Gerberts von Aurillac, Papst Sylvesters II. (= Schriftenreihe der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Bd.2), Göttingen 1957.
  • Kurt Vogel: Gerbert von Aurillac als Mathematiker, in: Acta historica Leopoldina 16 (1985), S.9-23.
  • Karl Ferdinand Werner: Zur Überlieferung der Briefe Gerberts von Aurillac. In: Deutsches Archiv für Erforschung des Mittelalters 17, 1961, S.91-144.

Weblinks


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