- Gerhard Löwenthal
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Gerhard Löwenthal (* 8. Dezember 1922 in Berlin; † 6. Dezember 2002 in Wiesbaden) war ein deutscher Journalist. Von 1969 bis 1987 leitete und moderierte er das ZDF-Magazin.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Jugend und Ausbildung
Löwenthal wurde am 8. Dezember 1922 als Sohn eines jüdischen Kaufmanns in Berlin geboren. Während der Zeit des Nationalsozialismus waren er und sein Vater zeitweise im Konzentrationslager Sachsenhausen inhaftiert, seine Großeltern starben im Ghetto Theresienstadt. Als einer von nur wenigen hundert Berliner Juden überlebte er das Nazi-Regime unter dramatischen Umständen bis 1945 mitten in der Reichshauptstadt. Den Einmarsch der Roten Armee 1945 empfand er als Befreiung und Rettung. Er war einer der wenigen jüdischen Überlebenden des Holocaust, die nach 1945 in Deutschland blieben.
1946 begann Löwenthal ein Medizinstudium an der Humboldt-Universität zu Berlin, arbeitete zugleich für den Rundfunksender im amerikanischen Sektor (RIAS). Die Machtübernahme kommunistischer Funktionäre im Ostsektor der Stadt empfand er als eine zweite Gleichschaltung. So schränkte z. B. die SED-Jugendorganisation FDJ seine wissenschaftliche Arbeit zunehmend ein. Nachdem er wegen seiner Reportertätigkeit verbal und körperlich bedroht worden war, brach er das Studium im Ostteil Berlins ab. In Westberlin wurde er einer der studentischen Mitbegründer der Freien Universität Berlin.
Journalist in Berlin
1951 wurde er stellvertretender Programmdirektor des RIAS und des SFB. Fünf Jahre arbeitete er bei der OECD in Paris. 1963 kam er, zunächst als Redaktionsleiter in Brüssel, zum ZDF.
Journalist in Mainz
Vom 8. Januar 1969 bis zum 23. Dezember 1987 leitete und moderierte er das ZDF-Magazin. Er beschäftigte sich vor allem mit Menschenrechtsverletzungen in der DDR. Viele TV-Beiträge beschäftigten sich mit den harten Verfolgungsmaßnahmen des SED-Regimes gegen Ausreiseantragssteller, politische Gegner und Dissidenten sowie die harten Haftbedingungen für politische Häftlinge in der DDR. Die Berichterstattung über innenpolitische Themen der Bundesrepublik wandte sich meist gegen die regierende SPD-FDP-Koalition. Er nahm Linke und Linksliberale und deren Ostpolitik ins Visier.
Vielfach wurde er deshalb von links als Inbegriff eines konservativ dominierten öffentlich-rechtlichen Rundfunks angeprangert. So widmete ihm beispielsweise die Rock-Kabarettgruppe Floh de Cologne 1972 das Lied Der Löwenthaler in Form einer Persiflage.[1]
In einem Magazinbeitrag unterstellte Löwenthal dem liberalen Chef des Stern Henri Nannen die Beschäftigung eines Nazi-Kriegsverbrechers und deutete an, auch Nannen selbst sei in diese Verbrechen verstrickt. Erst nach einem Gerichtsverfahren und intensiven Recherchen des Stern, die zeigten, dass weder Nannen noch sein Beschäftigter Weidemann direkt in Nazi-Verbrechen verstrickt gewesen waren, nahm das ZDF seine Berichte teilweise zurück.[2][3]
In Westdeutschland wurde er von seinen politischen Widersachern als „Gegner der Entspannungspolitik“ kritisiert. In der DDR wurde das Ministerium für Staatssicherheit (Stasi) gegen ihn aktiv. Seine Stasi-Akte füllte 18 Aktenordner. Die Stasi setzte Spitzel im Westen gegen ihn ein. Das Ziel der Maßnahmen war einerseits, Löwenthal mit Desinformationen zu diskreditieren, andererseits, das von ihm initiierte Hilfs-Netzwerk Hilferufe von drüben für Ausreiseantragssteller und politische Häftlinge in der DDR auszuspionieren und zu behindern.
Politik
Löwenthal betätigte sich auch politisch. In den 1970er Jahren engagierte er sich für den Bund Freies Deutschland, eine Berliner Regionalpartei, die sich gegen die sozialliberale Ostpolitik und kommunistische Unterwanderungsversuche wandte.
Von 1977 bis 1994 war er Vorsitzender der konservativen Deutschland-Stiftung. Seinen Vorsitz legte er u. a. wegen deren Verbindungen zum Bund freier Bürger, dem eine Nähe zur FPÖ nachgesagt wurde, nieder. In den 1980er Jahren war er Kurator der Konservativen Aktion, die aus der Bürgeraktion Demokraten für Strauß hervorgegangen war und Kampagnen gegen die sogenannten „nützlichen Idioten Moskaus“ durchführte; 1982 organisierte sie beispielsweise eine pro-amerikanische Veranstaltung anlässlich des Besuchs von US-Präsidenten Ronald Reagan.
Im Februar 1979 beteiligte er sich mit Lothar Bossle, Heinrich Hellwege, Franz Meyers und Paul Wilhelm Wenger an dem erfolglosen Versuch, eine konservative Sammlungsbewegung unter dem Titel „Liberal-Konservative Aktion“ zu gründen.
In der Wendezeit beteiligte sich Löwenthal am Aufbau der Deutschen Sozialen Union (DSU) in Leipzig. Unter anderem schrieb er große Teile der Programmatik für den anstehenden Wahlkampf für den ersten gesamtdeutschen Bundestag. Nebenher beriet er den DSU-Vorstand bei den Vertragsverhandlungen mit der CDU im Vorfeld der Begründung der später siegreichen Allianz für Deutschland. Er vertrat damals den Standpunkt, in Deutschlands Mitte und Osten müsse eine konservative Regionalpartei nach dem Vorbild der CSU entstehen. Nach dem überragenden Sieg der Allianz zwang Helmut Kohl die CSU jedoch zum Abbruch ihres Engagements für die DSU.
Löwenthal war außerdem Kurator des Instituts für Konservative Bildung und Forschung (IKBF). Er war Mitglied der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte, die sich primär gegen Menschenrechtsverletzungen in kommunistischen Ländern einsetzte. 1993 stand er dem Kongress „Mut zur Ethik“ als Ehrenvorsitzender vor. Der Kongress wurde vom Verein zur Förderung der Psychologischen Menschenkenntnis (VPM) organisiert.
Mit Caspar von Schrenck-Notzing, Lothar Groppe, Christa Meves und Hans Graf Huyn organisierte er das „Konservative Büro“ in Bielefeld.
Löwenthal, der mit der CSU sympathisierte, sah sich selbst als „Mann der Mitte“. Er beklagte aber eine zunehmende Verschiebung der Gesellschaft hin zu linken Positionen.
Auszeichnungen und Gedenken
Löwenthal wurde in den 1950er Jahren mit dem Europäischen Literaturpreis Cortina Ulisse, 1969 mit der Silbermedaille der Europäischen Gemeinschaft, 1975 dem Konrad-Adenauer-Preis für Publizistik, 1978 mit der Goldenen Kamera für die Reihe Hilferufe von drüben im ZDF-Magazin, 1979 mit dem Bundesverdienstkreuz und 1983 mit dem Bayerischen Verdienstorden ausgezeichnet.
2004 wurde in Eisenach die Gerhard-Löwenthal-Gesellschaft gegründet, die allerdings seitdem nicht in Erscheinung getreten ist. Ingeborg Löwenthal, die Zeitung Junge Freiheit und die Förderstiftung Konservative Bildung und Forschung (FKBF) vergeben seit 2004 den Gerhard-Löwenthal-Preis für Publikationen, um an das politische und publizistische Vermächtnis Löwenthals zu erinnern.
Peter Scholl-Latour, einer der Preisträger 2008, würdigte Löwenthal als einen „Mann, der unter den Nazis nun wirklich nicht dazu ermutigt worden ist, für sein Vaterland einzutreten, es dann mit einer Verve und einem Nachdruck getan hat, wie es manche andere, deren natürliche Pflicht es gewesen wäre, nicht getan haben.“[4]
Privates
Gerhard Löwenthal war seit 1950 mit der Ärztin Ingeborg Löwenthal, geborene Lemmer, verheiratet. Sie ist die Tochter des CDU-Politikers und Bundesministers für Gesamtdeutsche Fragen Ernst Lemmer. Von 1967 bis zu seinem Tod 2002 lebte er in Wiesbaden. Aus der Ehe gingen zwei Kinder hervor.
Er wurde auf dem Jüdischen Friedhof Heerstraße in Berlin beigesetzt.
Schriften
- Ich bin geblieben. Erinnerungen. Junge Freiheit Verlag, Berlin 2005, ISBN 3-929886-25-1
- Reden wir morgen in Sprechblasen? Auf dem Weg zu einer neuen Medienlandschaft. HwK Koblenz, Koblenz 1985, ISBN 3-924871-04-3.
- Hilferufe von drüben. Eine Dokumentation wider das Vergessen. Hänssler, Holzgerlingen 2002, ISBN 3-7751-3807-2 (mit Helmut Kamphausen, Claus P. Clausen).
- Wir werden durch Atome leben. Blanvalet, Berlin 1956 (mit Josef Hausen).
- Die ungarische Revolution. Ein Weissbuch. Die Geschichte des Oktober-Aufstandes nach Dokumenten, Meldungen, Augenzeugenberichten und das Echo der Weltöffentlichkeit. Colloquium Verlag, Berlin 1957 (mit Melvin J. Lasky, Karl Jaspers).
Literatur
- Kathrin Gerlof: Gegenspieler: Gerhard Löwenthal, Karl-Eduard von Schnitzler. Fischer Taschenbuch, Frankfurt am Main 1999, ISBN 3596141834
- Stefan Winckler: Ein kritischer Journalist aus Berlin: Gerhard Löwenthal. Snayder Verlag, Paderborn 1997, ISBN 3-932319-56-7
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Floh de Cologne: Der Löwenthaler auf youtube.com (ca. 4½ Minuten)
- ↑ http://www.zeit.de/1971/44/loewenthal-hisste-die-weisse-fahne/komplettansicht von Kuehnheim, Hang (1971) Löwenthal hisste die weiße Fahne. in: DIE ZEIT, 29. Oktober 1971 Nr. 44
- ↑ Affären / Weidemann – Derart belastet; in: Der Spiegel, Ausgabe vom 14. Dezember 1970, S. 88–89.
- ↑ Peter Scholl-Latour: Dankesrede zum Gerhard-Löwenthal-Preis, 2008
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