- Gründungsforschung
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Als Existenzgründung wird die Realisierung einer beruflichen Selbstständigkeit bezeichnet. Im wirtschaftlichen Sinne bedeutet es eine Unternehmensgründung, wobei dieser Begriff eher für Gründung größerer Unternehmen jenseits des Mittelstand benutzt wird. Die Existenzgründung erfolgt durch Beginn der Geschäftstätigkeit, formaljuristisch durch die Gewerbeanmeldung oder bei freien Berufen durch Anmeldung der freiberuflichen Tätigkeit beim zuständigen Finanzamt. Damit ist der erste Teil der Gründung abgeschlossen. Im Nachgang können weitere Formalitäten auf die Gründer zukommen, wie etwa die Mitgliedschaft in der Industrie- und Handelskammer (IHK) oder die Eintragung in die Handwerksrolle. Hierbei ist zu beachten, dass die Mitgliedschaft in der IHK eine Pflichtmitgliedschaft ist. Ähnliches gilt für die Eintragung in die Handwerksrolle. Hier ist zwischen Tätigkeiten, die einen Meistertitel erforderlich machen und Tätigkeiten, die diesen nicht mehr erfordern zu unterscheiden. Zusätzlich gibt es die handwerksähnlichen Tätigkeiten. Hier sind keine beruflichen Qualifikationen vonnöten. Eine Aufnahme in die Handwerksrolle (kostenpflichtig) lässt sich in den meisten Fällen nicht umgehen. Für bestimmte Tätigkeiten sind weitere Genehmigungen erforderlich, wie z. B. die Gaststättenkonzession zum Eröffnen eines Cafés, die wiederum von den Kontrollen des Veterinär- und Gesundheitsamtes abhängt. In anderen Fällen sind Sachkundenachweise erforderlich (z. B. beim Handel mit Milch, Waffen oder Arzneimitteln).
Inhaltsverzeichnis
Hintergrund
Persönlich bedeutet Existenzgründung regelmäßig einen entschiedenen Wandel im Lebensalltag: neben der Fachkompetenz sind insbesondere Selbstkompetenz und Methodenkompetenz gefragt, um die Unternehmeraufgaben zu lösen. Hierzu gehören:
- private Vorsorge für Unfälle, Alter und unvorhergesehene Ereignisse
- Kommunikation und Auseinandersetzung mit Ämtern und Behörden (Ordnungsamt, Finanzamt, Gesundheitsamt usw.)
- Kommunikation und Auseinandersetzung mit Verbänden (IHK, Handwerkskammer, Berufsgenossenschaft usw.)
- Erstellung von Vorgaben (z. B. Absatzvorgaben) und deren Einhaltung
- Selbstmotivation und Selbstkontrolle (Termine, Aufgaben, Arbeits-/Freizeit usw.)
Deutschland
Gründungshilfen
Als Gründungshilfe wird ein staatlicher Anreiz für die Existenzgründung bezeichnet. Dazu gehören begünstigte Darlehen der KfW Mittelstandsbank auf Bundesebene oder der Landesförderinstitute wie zum Beispiel der L-Bank in Baden-Württemberg, der LfA in Bayern oder der NRW.BANK in Nordrhein-Westfalen. Außerdem gehören (nicht rückzahlbare) Zuschüsse, sowie Mittel für die unternehmerische Fortbildung, wie beispielsweise Coaching-Mittel für Existenzgründer aus der Arbeitslosigkeit dazu. Für Gründer ohne Anspruch auf Unterstützung durch die Bundesagentur für Arbeit bieten lediglich die Mittel des Europäischen Sozialfonds (ESF) Hilfen zur Existenzgründung. Der Gründungszuschuss wird ab dem 1. August 2006 an Arbeitslose gezahlt, die sich selbstständig machen. Zuvor wurden in Deutschland als Gründungshilfen das Überbrückungsgeld und der Ich-AG Existenzgründungszuschuss angeboten. Hat ein Existenzgründer seine vorherige Arbeitsstelle von sich aus gekündigt und ist ihm nicht gekündigt worden, so ist er für die Dauer von 3 Monaten für den Gründungszuschuss gesperrt und erhält keine Förderung.
Eine Übersicht über die veröffentlichten Förderprogramme der Europäischen Union, der Bundesrepublik Deutschland sowie der Bundesländer bietet die Förderdatenbank des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit.
Problematik der Förderung durch Institutionen
Bei der Beantragung von Fördermitteln zur Existenzgründung müssen in der Regel die entsprechenden Geschäftsideen und die potenziellen Kunden gegenüber größeren Institutionen (potenzielle Geber) offengelegt werden, die einen größeren Kundenkreis betreuen und in der Regel auch andere gute Kontakte in die Industrie haben.
Diese Institutionen erhalten also ohne vorherige Gegenleistung Einsicht in Geschäftsgeheimnisse des Gründers.
Da Geschäftsideen und Kundenkontakte nicht gesetzlich gesichert sind wie Patente, lässt sich nicht ausschließen, dass diese Informationen in irgendeiner nicht nachweisbaren oder nicht belangbaren Form andere Unternehmen erreichen und dort umgesetzt werden. Darum kann es eine schlechte Idee sein, dem Antrag auf Fördermittel einen detaillierten Businessplan beizulegen.
Die Diffusion von Ideengut zu anderen Unternehmen kann durch Geheimhaltungsverpflichtungen kaum verhindert werden, da im Einzelfall meist nicht nachweisbar ist, auf welchem Weg eine solche Idee in ein anderes Unternehmen gelangte, oder ob dort jemand die gleiche Idee einfach selber entwickelt hat.
Gründungswettbewerbe
Bei den Gründungswettbewerben reichen Existenzgründer ihre Geschäftsideen meist in Form von Businessplänen bei der ausrichtenden Institution (z. B. Wirtschaftsförderung der Stadt / des Landes) ein. Diese werden von Gutachtern und Kapitalgebern nach einheitlichen Kriterien auf ein gelungenes und potenzialträchtiges Unternehmenskonzept bewertet. Die Gewinner dieser Wettbewerbe freuen sich nicht nur über ein bestätigtes und erfolgreiches Unternehmenskonzept, sondern auch über Sach- und Geldpreise.
Existenzgründer-Planspiel
Zum spielerischen Erwerb von Fähigkeiten zur Existenzgründung werden in verschiedenen Institutionen (z. B. Schulen oder Universitäten) Existenzgründungswettbewerbe veranstaltet:
Der Deutsche Gründerpreis für Schüler (ehemals StartUp-Werkstatt) ist ein jährlich bundesweit stattfindendes Existenzgründer-Planspiel für Schüler ab 16 Jahre. Das Planspiel ist Teil der Initiative Deutscher Gründerpreis. Dieser wird jedes Jahr in den Kategorien Schüler, StartUp, Aufsteiger, Lebenswerk und Sonderpreis für herausragende unternehmerische Leistungen verliehen. Unterstützt wird Deutschlands größtes Existenzgründerplanspiel von den Partnern stern, Sparkassen, ZDF und Porsche sowie dem Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie. Während der Spielphase gründen die Schüler ein fiktives Unternehmen und lernen so spielerisch verschiedene Abschnitte der Planung und Realisierung einer Existenzgründung kennen. Die Spielplattform ist das Internet. Die einzelnen Teams werden von ihrer lokalen Sparkasse betreut. Am Ende winken den Schülern Sach- und Geldpreise auf Bundes- und Landesebene. Ebenso gibt es eher spielerisch veranlagte Gründungswettbewerbe, um Interessierten Zugang zur Thematik zu verschaffen, wie den 5-Euro-Business-Wettbewerb.
Der Wettbewerb Jugend gründet ist ein bundesweiter Schülerwettbewerb des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF). In Teams, die aus bis zu sechs Personen bestehen können, erhalten Jugendliche zwischen 16 und 21 Jahren so die Möglichkeit, eine Unternehmensgründung virtuell mit zu erleben. Das Besondere an der Konzeption dieses Schüler-Wettbewerbs ist die Kombination aus Ideen-Wettbewerb, Internet-Planspiel-Wettbewerb, Lernumgebung und Expertensystem. Alle Komponenten des Wettbewerbs werden in Form einer fortlaufenden Geschichte („Lernmodule“) integriert. Jugendliche werden durch „Jugend gründet“ auf spielerische Weise an die Themen Existenzgründung und Unternehmensführung herangeführt.
Gründungsforschung
Als Gründungsforschung wird die Wissenschaft von den Unternehmensgründungen bezeichnet, deren Anfänge in Deutschland in der Mitte der 70er Jahre liegen.
Gründungsforschung basiert auf der Analyse des Unternehmertums, (engl. Entrepreneurship), einer Teildisziplin der Wirtschaftswissenschaft, die die Unternehmerrolle im gesamtwirtschaftlichen Prozess untersucht. Entscheidende Vorarbeiten leisteten insbesondere Joseph A. Schumpeter und Friedrich A. Hayek. Mit der Gründungsforschung ist die Gründungsberatung (Start-up Counselling) eng verbunden. Zentrale Fragestellungen:
- Wie entstehen Märkte?
- Unter welchen Bedingungen gründen sich Unternehmen?
- Welche Chancen und Risiken bestehen für Gründer?
- Welche Bedingungen führen zu einer erfolgreichen Gründung?
Die Gründungsforschung ist eine interdisziplinäre Wissenschaft; tätig sind insbesondere die Wirtschaftswissenschaft, Wirtschaftsgeographie, Soziologie, Psychologie sowie Rechts- und Planungswissenschaften.
Gründungsforschung ist eine inderdisziplinäre Forschungsrichtung, die zum einen versucht das Auftreten, das Umfeld und die Voraussetzungen für Gründungsprozesse zu beschreiben und zu erklären. Dabei ist die Betrachtung der Erfolgsfaktoren, der Hindernisse und der Motive ebenso relevant, wie der Einfluss des Standortes und des Umfeldes zu erfassen. Zum anderen dient Gründungsforschung der Wissensvermittlung und somit der Gründerausbildung.
Gründungsforschung als interdisziplinäre Wissenschaft beschreibt, erklärt und beeinflusst den Vorgang von Gründungen und Gründungsprozessen. Neben der Erfassung und Analyse von Erfolgsfaktoren und Hindernissen wird das Wer?, Wo?, Wie?, Warum? Womit? einer Gründung empirisch untersucht. Ihr Ziel ist zudem, Faktoren für eine erfolgreiche Gründung zu ermitteln und ihre Erkenntnisse an die Gründer der Zukunft weiterzugeben.
Gründungsforschung befasst sich interdisziplinär mit den Motiven, den Voraussetzungen, dem Auftreten von Gründungen und dem Gründungsumfeld. Es wird ein Standortbezug hergestellt und versucht, Erfolgsfaktoren und Hindernisse von Gründungen zu erfassen. Des Weiteren beschäftigt sich die Gründungsforschung mit der Gründerausbildung und beschreibt den Gründungsprozess.
Steuerliche Förderung der Existenzgründung
Als Existenzgründer wird im Einkommensteuergesetz eine natürliche Person bezeichnet, die innerhalb der letzten fünf Jahre vor dem Wirtschaftsjahr der Betriebseröffnung
- weder an einer Kapitalgesellschaft unmittelbar oder mittelbar zu mehr als einem Zehntel beteiligt gewesen ist,
- noch Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb oder selbstständiger Arbeit erzielt hat.
Ein Existenzgründer in diesem Sinne kann die Ansparabschreibung nach § 7g EStG unter erleichterten Bedingungen in Anspruch nehmen.
Weblinks
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