- Hanne Darboven
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Hanne Darboven (* 29. April 1941 in München; † 9. März 2009 in Hamburg) war eine deutsche Konzeptkünstlerin. Bekannt wurde sie durch ihre Schreibzeichnungen, die auf Zahlenoperationen, Ausschreibungen von Ziffern, sowie rhythmischen Linien und Durchstreichungen beruhen.
Inhaltsverzeichnis
Leben und Werk
Hanne Darboven, Tochter von Cäsar Darboven und Kirsten Darboven, wuchs im Süden Hamburgs, in Rönneburg, als mittlere von drei Töchtern in einer Hamburger Kaufmannsfamilie auf. Ihr Vater war Inhaber der Harburger Kaffeefirma J. W. Darboven (nicht mit der Kaffeefirma J. J. Darboven zu verwechseln).
Nach ihrem Studium von 1962 bis 1965 an der Hochschule für Bildende Künste in Hamburg bei Willem Grimm und Almir Mavignier ging sie 1966 für zwei Jahre nach New York und begann, anfänglich in völliger Isolierung von der New Yorker Kunstwelt, eigene Wege zu gehen. Im Winter 1966/67 kam sie in Kontakt mit Künstlern der Minimal Art wie Sol LeWitt und Carl Andre, mit denen sie sich anfreundete. In dieser Zeit entstanden die ersten seriellen konstruktionsartigen Zeichnungen auf Millimeterpapier unter Einbeziehung von Kalenderdaten, „indem sie Additionen vornimmt bzw. Quersummen von den natürlichen Zahlen 1 bis 9 bildet.“[1] sowie geometrische und ausgeschriebene Mengendarstellungen von Zeiträumen aufgrund der Quersumme der Tage nach selbstgewählten ‚Indices‘.[2]
In New York entwickelte Darboven im Rahmen einer Konzept- und Minimal-Kunst Systeme einfacher Zahlenabläufe in Zahlenkolonnen und Kästchen nach scheinbar beliebigen Kalenderdaten nach streng vorbestimmten Strukturen (zum Beispiel 3 5 7 5 3) mit komplexen Variationsfolgen. In der „Galerie Konrad Fischer“ in Düsseldorf hatte sie 1967 ihre erste Einzelausstellung. 1969 kehrte sie nach Hamburg zurück und begann mit dem Abschreiben von Gedichten nach eigenen Indices. 1973 stellte Darboven ihre Werke bei Leo Castelli in New York aus.
Ab 1975 befasste sich Darboven mit ihrem Hauptwerk, der Schreibzeit, in der sie erlebte Geschichte durch Zahlencodierungen, Worttexte, Diagramme und Fotografien festhält, „um sich des weitgehend unbewußten Zeitflusses mit all seinen Informationen und Nachrichten zu vergewissern.“[2] In der Arbeit "Friedrich II, Harburg 1986" verwendete sie vierhundert mal das Motiv einer Postkarte aus dem Jahr 1910 mit der Ansicht eines Platzes in Harburg, auf dem auch das Stammhaus der Darbovens zu sehen ist. Auf 19 Blättern davon schrieb sie die Biografie Friedrichs II. von Preußen ab. Vier weitere Blätter benötigte sie für die Überleitung zum Heute, sieben für Jahresrechnungen und 365 für Tagesrechnungen. Die Rechnungen bestehen aus dem Weiterrechnen von Quersummen, sodass am Ende jeder Tag seine eigene Zahl hat, durch die jeder Tag zum Individuum wird.
1980 begann sie, ihre Zahlensysteme nach einem einfachen Prinzip (Zahl 0 = Note d etc.) in Notenfolgen umzusetzen, die sie von einem professionellen Musiker in traditioneller Weise für verschiedene Instrumente arrangieren ließ.
Im Jahr 2000 begründete sie die nach ihr benannte „Hanne Darboven Stiftung“.in Hamburg, die „das umfangreiche Schaffen ihrer Stifterin als international anerkannter Künstlerin bewahren und der Öffentlichkeit zugänglich machen“ sowie junge Künstler unterstützen soll. Der Vorsitzende ist ihr Cousin Albert Darboven.[3] [4]
Die international renommierte Künstlerin lebte zurückgezogen und öffentlichkeitsscheu in einem ausgebauten Bauernhaus bzw. Gutshaus ihrer Familie in Hamburg-Rönneburg. Sie ist dort am 9. März 2009 im Alter von 67 Jahren an Lymphdrüsenkrebs gestorben.
Ausstellungen (Auswahl)
- 1967: Galerie Konrad Fischer, Düsseldorf (zusammen mit Charlotte Posenenske)
- 1969: Kunsthalle Bern, When Attitudes Become Form –Live in your head
- 1972: documenta 5, Kassel
- 1973: Biennale von São Paulo, São Paulo
- 1974: Kunstmuseum Basel, Ein Monat, ein Jahr, ein Jahrhundert; Leo Castelli, New York; Ileana Sonnabend Gallery, New York
- 1977: documenta 6, Kassel
- 1979: Biennale of Sydney, Sydney
- 1982: documenta 7, Kassel
- 1982: Biennale von Venedig, Venedig
- 1984: Von hier aus – Zwei Monate neue deutsche Kunst in Düsseldorf, Düsseldorf
- 1989: Museum Ludwig in Rheinhallen, Köln, Bilderstreit
- 1990: Portikus, Frankfurt; Museum of Contemporary Art, Los Angeles
- 1996: Dia Center for the Arts, New York
- 1997: Staatsgalerie Stuttgart, Kinder dieser Welt; Neue Nationalgalerie Berlin; Haus der Kunst, München
- 1999: Hommage à Picasso Deichtorhallen Hamburg (zusammen mit Andrea Zittel, Inez van Lamsweerde)
- 2002: documenta 11, Kassel, Poems: 4 x 136 Wunschkonzert, Rauminstallationen, Filme, Sextett für Streicher, opus 44
- 2006: Deutsche Guggenheim, Berlin, Hommage à Picasso (1995–2006)[5]
- 2010: Museum für Moderne Kunst (MMK), Frankfurt am Main, Ausstellung: Radical Conceptual
- 2011: Museum für Moderne Kunst (MMK), Frankfurt am Main, Ausstellung: MMK 1991-2011. 20 Jahre Gegenwart
Ehrungen (Auswahl)
- 1985 Edwin-Scharff-Preis der Freien und Hansestadt Hamburg
- 1994 den Lichtwark-Preis der Stadt Hamburg
- 1997 Mitglied der Akademie der Künste in Berlin
Öffentliche Sammlungen (Auswahl)
- ARCO Foundation Collection, Madrid
- Centre Georges Pompidou, Paris
- Dia:Beacon, Beacon / NY
- Dia:Chelsea, New York
- Hamburger Bahnhof, Berlin
- Hamburger Kunsthalle, Hamburg
- Kaiser-Wilhelm-Museum, Krefeld
- Ludwig Forum für Internationale Kunst, Aachen
- MADRE, Neapel
- Museum Abteiberg, Mönchengladbach
- Museum für Moderne Kunst, Frankfurt am Main
- Museum Küppersmühle, Duisburg
- National Museum of Art, Architecture and Design, Oslo
- Bundeskunstsammlung, Bonn
- Schaulager, Basel
- Stedelijk Museum voor Actuele Kunst (S.M.A.K.) in Gent
Literatur
- Eckhart Gillen (Hrsg.): Deutschlandbilder. Kunst aus einem geteilten Land. Dumont, Köln 1997, ISBN 3-7701-4173-3.
- Jörn Merkert, Dieter Ronte, Walter Smerling (Hrsg.): Gesammelte Räume – gesammelte Träume. Kunst aus Deutschland von 1960 bis 2000, Bilder aus der Sammlung Grothe im Martin-Gropius-Bau. Dumont, Köln 1999, ISBN 3-7701-4872-X.
Weblinks
- Literatur von und über Hanne Darboven im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Künstlerbiografie (IFA-Datenbank)
- Hanne Darboven Stiftung
- Hamburger Abendblatt vom 27. April 2001 zum 60. Geburtstag von Hanne Darboven
- Meldung zum Tode am 13. März in sueddeutsche.de
- Nachruf im Hamburger Abendblatt vom 14. März 2009
- Nachruf Die Welt 14. März 2009
- Hanne Darboven auf culturebase.net
- Materialien von und über Hanne Darboven im documenta-Archiv
- Hanne Darboven zum 70sten Geburtstag
Einzelnachweise
- ↑ Jörn Merkert, Dieter Ronte, Walter Smerling (Hrsg.): Gesammelte Räume – gesammelte Träume. Kunst aus Deutschland von 1960 bis 2000, Bilder aus der Sammlung Grothe im Martin-Gropius-Bau, Dumont, Köln 1999, S. 336
- ↑ a b Eckhart Gillen (Hrsg.):deutschlandbilder. Kunst aus einem geteilten Land, Dumont, Köln 1997, S. 611
- ↑ Hanne Darboven Stiftung, hanne-darboven-stiftung.org, abgerufen am 3. Mai 2011
- ↑ Stefanie Maeck: Gäste aus Wissenschaft, Kunst und Wirtschaft feierten die Neupräsentation des Darboven-Werkes „Wende 80“, abgerufen am 15. September 2011
- ↑ Das Deutsche Guggenheim präsentiert Hanne Darbovens Hommage à Picasso
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