- Hannover-Misburg-Anderten
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Karte Basisdaten Stadtbezirk Misburg-Anderten (5) Einwohner 31.731 Postleitzahlen - 30559 Misburg (Süd) und Anderten
- 30627 Misburg (Nord)
- 30629 Misburg (Nord und Süd)
- 30655 Misburg (Nord)
Stadtteile - Misburg Nord
- Misburg Süd
- Anderten
Webpräsenz hannover.de Politik Bezirksbürgermeister Knut Fuljahn (SPD) Stadtbezirksrat
(19 Sitze)SPD: 8, CDU: 7, Grüne: 2, FDP: 1 WfH: 1 Misburg-Anderten [ˈmɪsburg] ist der 5. Stadtbezirk von Hannover. Er hat 31.731 Einwohner und besteht aus den Stadtteilen Misburg-Nord (21.512 Ew.), Misburg-Süd (2.650 Ew.) und Anderten (7.569 Ew.) (Stand 2009).
Inhaltsverzeichnis
Misburg-Nord
Der Stadtteil wird im Norden begrenzt durch den Misburger Wald und die Autobahn A 2, im Osten durch die parallel zur Autobahn A 7 verlaufende Stadtgrenze, im Süden durch den Stichkanal zum Misburger Hafen und im Osten durch die Straßen Gundelrebe und Bollnäser Straße und weiter südwestlich des Mittellandkanals parallel zum Kauzenwinkelhag, die Straßen Milanstraße, Am Stadtrand, westlich der Grenzstraße und von dort in südlicher Richtung bis zur Eisenbahnstrecke.
Im Dezember 2009 erhält Misburg-Nord Anschluss an die Stadtbahn.
Im Stadtteil gibt es drei Gundschulen (Mühlenweg, Pestalozzischule I, Kardinal-Galen-Schule), eine Hauptschule mit 10. Klasse (Pestalozzischule II), die Realschule Misburg sowie das Kurt-Schwitters-Gymnasium.
Misburg-Süd
Der Stadtteil wird begrenzt durch den Mittellandkanal, den Stichkanal zum Misburger Hafen, die Eisenbahnstrecke nach Lehrte und die Stadtgrenze im Osten. Er ist geprägt durch die hier ansässige Zementindustrie. An der Grenze zu Anderten befindet sich die S-Bahn-Station Anderten-Misburg.
Geschichte von Misburg
Entstehung
Einer Legende zufolge ist Misburg nach der Burg des Ritters Miß benannt. Diese Burg soll einst an der Stelle gestanden haben, an der heute die Straße „Hinter der Alten Burg“ liegt. Bis 1947 waren dort zum Teil noch Sandwälle vorhanden. Der eigentliche Standort der Burg wird auf dem Gelände der jetzigen St.-Anna-Kirche vermutet, da bei deren Bau in den 1950er Jahren nicht nur wuchtige Grundmauerreste, sondern auch große und behauene Sandsteinquader freigelegt wurden. Wegen des schnell fortschreitenden Baus der Kirche konnte das Gelände nicht weiter untersucht werden.
Anderen Quellen zufolge entstammt das Wort „Mis“ einem inzwischen verschwundenen, durch das Hochdeutsche verdrängten, lokalen Dialekt und bedeutet schlicht „Moor“. Dadurch wird Misburg zur Burg im Moor.
Die erste Erwähnung Misburgs fand 1365 statt, als Herzog Wilhelm zu Braunschweig und Lüneburg der Stadt Hannover ein Privileg erteilt hat. Im Originalwortlaut der Urkunde wird das Altwarmbüchener Moor, das zwischen Altwarmbüchen, dem Misburger (Mudzborgher) Holz und Lahe liegt, zum Torfstechen für die Stadt Hannover und seine Bürger freigegeben.
Misburg war 1525 eine Bauernsiedlung mit etwa 25 Einwohnern, deren Höfe sich auf dem Gebiet der heutigen Anderter Straße befanden, zwischen der heutigen Waldstraße und der Kreisstraße. In dieser Zeit wurde die "Mudzborch" aufgegeben und verfiel. 1585 hatte das Dorf sieben Hofstellen, die sich bis 1800 auf 18 erweiterten.
Ein enormer Wachstumsschub durch Industrialisierung setzte ab 1870 durch die sich ansiedelnde Zementindustrie ein. [1] Der hier im Untergrund entdeckte Grundstoff Mergel wurde in Kalköfen gebrannt und zu Zement verarbeitet. Die vorbeiführende Eisenbahnstrecke erleichterte den Abtransport des Zements. Bis 1900 entstanden vier Fabriken:
- Hannoversche Portland Cementfabrik (1873)
- Portland Cementfabrik Germania (1881)
- Teutonia Zementwerk 1887
- Norddeutsche Portland-Cementfabriken (1898) (heute Holcim).
Die Ära Gustav Bratkes
Misburgs Geschichte in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurde entscheidend durch den Sozialdemokraten Gustav Bratke geprägt. Der gelernte Lithograph kam 1910 nach Misburg und arbeitete hier zunächst als Lagerhalter im Konsumverein, bald gemeinsam mit seiner Ehefrau als dessen Geschäftsführer. Seit 1912 gehörte er für die SPD dem Misburger Gemeinderat an, ein Ereignis, das er später mit den Worten kommentierte:
- „Als ich vor 40 Jahren zum ersten Male in die Gemeindevertretung Misburgs gewählt wurde, da wusste ich nicht, daß diese Wahl mein ganzes späteres Leben beeinflussen würde.“
1919 wurde er Gemeindevorsteher (Bürgermeister) von Misburg und 1920 SPD-Abgeordneter im Provinziallandtag der preußischen Provinz Hannover; 1926 außerdem Vorsitzender der Provinzialverwaltung. Gustav Bratkes Kommunal- und Sozialpolitik war durch eine Verbindung von Industrieansiedlung und kommunalen Investitionen gekennzeichnet. Er ließ die Gemeinde Bauland ankaufen, so dass es ihm gelang, 1931 die Ansiedlung der Erdöl-Raffinerie Deurag-Nerag in Misburg zu bewirken. Er ließ 154 gemeindeeigene Wohnhäuser sowie 250 Wohnungen in Misburg bauen und förderte den Eigenheimbau. 1925/26 folgte der Bau des eigenen Wasserwerks durch den Architekten Friedrich Fischer, der ersten Kanalisation und von zwei Kläranlagen, 1926 des Jugendheims ebenfalls durch Friedrich Fischer. Während der Weltwirtschaftskrise sorgte er für die Einrichtung einer Volksküche in der damaligen Turnhalle. Zu dieser Zeit waren von den damals circa 7.000 Einwohnern Misburgs rund 2.000 arbeitslos.
Zweiter Weltkrieg
Während des Zweiten Weltkriegs wurde Misburg bei circa 45 alliierten Bombenangriffen von ungefähr 40.000 Spreng- und Brandbomben getroffen, 60% der Wohnhäuser wurden vernichtet oder beschädigt. Die Angriffe galten kriegswichtigen Betrieben, wie sie die Raffinerie Deurag-Nerag und die Zementfabriken Misburgs darstellten. Nur 2 % der Bomben trafen jedoch die Raffinerie als Ziel der alliierten Luftoffensive gegen die deutsche Mineralölindustrie.
Der Schriftsteller und Weltkriegsveteran Ernst Jünger, der ab September 1944 im nahen Kirchhorst lebte, hat in seinen Tagebuchaufzeichnungen "Kirchhorster Blätter" zu den Luftangriffen auf Misburg vermerkt:
- "16. September 1944. Zahlreiche Überfliegungen. Misburg, das Hauptziel in der näheren Umgebung, wurde wieder getroffen, und große Ölvorräte brannten jenseits des Moores unter bleigrauen Rauchwolken ab..."
Am 15. März 1945, dem Tag des schwersten Luftangriffs auf Misburg, notierte er:
- "Abends, während dieser Eintragungen, einer der schwersten Angriffe auf Misburg. Kundschafterflugzeuge säten zuerst eine wahre Allee von orangegelben Leuchtzeichen, sodann folgten die Abwürfe."
Nahe dem Werkgelände der Raffinerie befand sich von Juni 1944 bis April 1945 ein Außenlager des KZ Neuengamme. Bei den ersten Häftlingen handelte es sich um belgische und französische Widerstandskämpfer. Sie wurden bei Aufräumarbeiten auf dem durch Bombenangriffe beschädigten Raffineriegelände der Deurag-Nerag eingesetzt. Durchschnittlich 1.000 Häftlinge waren in dem Lager untergebracht; etwa 55 sollen während seines Bestehens zu Tode gekommen sein. Gegen Ende des Krieges wurde mit den Häftlingen ein Evakuierungsmarsch nach Norden in Richtung Neuengamme durchgeführt, der am 8. April 1945 im KZ Bergen-Belsen endete. Auf dem früheren Lagergelände an der Hannoverschen Straße in Höhe des Mittellandkanals wurde 1989 als Mahnmal eine Skulptur von Eugène Dodeigne aufgestellt.
Weitere Entwicklung
Nach dem Zweiten Weltkrieg hat sich Misburg dem "Europäischen Gedanken" gewidmet und viele Städtepartnerschaften aufgenommen, zum Beispiel mit Bollnäs (Schweden), Flekkefjord (Norwegen), Shepton Mallet in Somerset (England) und weiteren europäischen Städten.
Am 29. Juli 1963 wurde Misburg zur Stadt erklärt. Im Zuge der niedersächsischen Kommunalreform wurde die Stadt am 1. März 1974 nach Hannover eingemeindet.
1975 bekam Misburg vom Europarat als Dank für seine Bemühungen um die Völkerverständigung die Ehrenflagge verliehen.
Anderten
Der Stadtteil wird im wesentlichen begrenzt durch den Tiergarten im Westen, die Eisenbahnstrecke nach Lehrte im Norden, den Mittellandkanal im Osten und dem Südschnellweg im Süden. Im Stadtteil gibt es eine Grundschule (Kurt-Schumacher-Schule) sowie ein Hallenbad. In der Schleuse Anderten werden jährlich bis zu 22.000 Binnenschiffe durch die 225 Meter langen Schleusenkammern geführt. Östlich des Mittellandkanals befindet sich ein Gewerbegebiet. Im Süden erschließt die Stadtbahn den Stadtteil, im Norden befindet sich die S-Bahn-Station Anderten-Misburg.
Geschichte
Das Dorf Anderten wurde erstmals im Jahr 985 urkundlich erwähnt. Der Kaiser Otto III. setzte damals zwischen Ostfalen und Engern - und damit zwischen den Diözesen Hildesheim und Minden - eine Grenze. Ein gewisser „Bernhard Bidonis filius de Ondertunun“ war Zeuge dieser Gebietsregulierung. Der Name Ondertunun bezeichnete damals eine von einem Zaun geschützte Siedlung. Anderten liegt im historischen Siedlungsraum des Großen Freien.
Um das Jahr 1600 bestand Anderten aus rund 60 Höfen. 1641 und 1661 wurde Anderten von großen Bränden heimgesucht, die annähernd das halbe Dorf zerstörten.
Im Jahr 1843 begann das Eisenbahnzeitalter im Königreich Hannover mit einer Zugfahrt von Hannover über Misburg nach Lehrte. Der Bahnhof Anderten-Misburg entstand jedoch erst 1906, als die neue Strecke Kirchrode–Lehrte zur Entlastung des Misburger Bahnhofs eröffnet wurde.
1919 begann am Mittellandkanal der Bau der größten Binnenschleuse Europas. Am 20. Juni 1928 wurde die Schleuse Anderten durch den damaligen Reichspräsidenten von Hindenburg ihrer Bestimmung übergeben. Zur gleichen Zeit wurde der Verkehr auf dem Mittellandkanal bis Peine und Hildesheim freigegeben, nachdem bereits 1916 der Betrieb vom Dortmund-Ems-Kanal bis Misburg aufgenommen worden war.
1969 begründeten Anderten und die französische Stadt Oissel-sur-Seine (bei Rouen) eine Partnerschaft. Die alte Anderter Gartenstraße wurde in Oisseler Straße umbenannt, im Gegenzug existiert in Oissel eine „Avenue d'Anderten“.
Mit der Kommunalreform wurde das bis dahin eigenständige Dorf am 1. März 1974 nach Hannover eingemeindet.
Persönlichkeiten
- Friedrich Wilhelm Barkhausen (1831–1903), gebürtiger Misburger, Jurist, Kirchenpolitiker, Mitglied des Preußischen Herrenhauses, Kurator des Klosters Loccum
- Hermann Manske (1839–1919), Fabrikant, 1886 Gründer der Zementfabrik „Germania“
- Ernst Härke (1846–1914), gebürtiger Anderter, seit 1890 Inhaber der Privatbrauerei Härke in Peine
- Max Kuhlemann (1857–1929), Fabrikant, Kommerzienrat, Inhaber der von seinem Vater Friedrich Kuhlemann gegründeten Portland-Zementfabrik
- Gustav Bratke (1878–1952), 1919–1933 Gemeindedirektor von Misburg, 1946 erster, von der britischen Militärregierung eingesetzter Oberbürgermeister von Hannover, organisierte 1947 die erste Hannover-Messe, 1952 Ehrenbürger von Misburg
- Christian Kuhlemann (1891–1964), Ingenieur, seit 1925 Direktor der von seinem Großvater Friedrich Kuhlemann gegründeten Portland-Zementfabrik in Misburg, Bundestagsabgeordneter (NLP/DP 1949–1953), Präsident der Industrie- und Handelskammer Hannover (1953–1964)
- Herta Dürrbeck (1914–1995), kommunistische Widerstandskämpferin
Literatur
- Helmut Zimmermann: Von Anderten nach Stöcken. Streifzüge durch Hannovers Geschichte. Hannover: Harenberg-Labs 1987, ISBN 3-89042-023-0
- 75 Jahre Hindenburgschleuse 1928 - 2003. Informationen über Entwicklung und Bedeutung der Binnenschifffahrt, des Mittellandkanals und der Hindenburgschleuse in Hannover-Anderten. Zusammengestellt von Lorenz Kurz. Hannover: Wasser- und Schiffahrtsdirektion 2003.
- Lorenz Kurz: Anderten in Wort und Bild, Berichte und Abbildungen aus Vergangenheit und Gegenwart, 1985 - 184 Seiten. Selbstverlag Lorenz Kurz
Einzelnachweise
Weblinks
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52.3772222222229.8675Koordinaten: 52° 23′ N, 9° 52′ O
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