Hauptort

Hauptort
„Alle Wege führen nach Paris“, das französische TGV-Netz (orange): Eine Stadt als Hauptstadt und Hauptort eines ganzen Staates

Ein Hauptort, auch Zentraler Ort, ist die Ortschaft, die das wirtschaftliche, geistige oder administrative Zentrum eines geographischen Raumes darstellt, aus Sicht der Verwaltungsgliederung und der Raumplanung mit leicht unterschiedlicher Bedeutung.

Inhaltsverzeichnis

Zur Abgrenzung Hauptort und Hauptstadt

Eine Hauptstadt ist im Allgemeinen der Hauptort einer Gemeinde, einer Stadt, einer Region oder eines Bezirks, Landes oder Staates, oder eines historischen Territoriums (Residenzstadt). Meist ist sie Verwaltungssitz (Sitz der Hauptverwaltung und der Verwaltungsspitze, wie Bürgermeister, Regierung, usw.), muss das nicht zwingend auch Regierungssitz sein, wie Amsterdam und Den Haag in den Niederlanden. Die Hauptstadt muss auch nicht immer der größte oder bevölkerungsreichste Ort sein (wie Bonn im Deutschland der Zeit der Teilung), oder der Hauptort als wirtschaftlich-kulturelles Zentrum des Raumes, und muss nicht einmal verwaltungsgliederisch Teil der Region sein (wie St. Pölten gegenüber Wien in Niederösterreich), und umgekehrt der räumliche Hauptort der Region nicht administrative Hauptstadt. Beispiel für eine starke Konzentration der politischen und raumgliederischen Aspekte („zentralistischer Hauptort“) ist Paris in Frankreich, Beispiel eines dezentralen Konzeptes ist die Europäische Union, die, aufgrund der vielen als gleichrangig erachteten Hauptorte Europas gar keine, bzw. drei Hauptstädte im Sinne des Begriffs hat (Brüssel, Straßburg und Luxemburg). Ein Hauptort muss auch keineswegs geographisch zentral liegen (Istanbul in der Türkei). Nicht jede Stadt ist auch gleichzeitig Hauptort einer Region, kann aber für die Menschen der umliegenden Regionen, und die Raumplanung und -entwicklung durchaus als solcher gelten, wenn bestimmte Teile der Infrastruktur nur in dieser Stadt vorhanden sind. In schlecht entwickelten Räumen liegen die Hauptorte typischerweise sogar außerhalb der eigentlichen Region (etwa in Gebirgsregionen am Gebirgsrand, im jeweilig im Flussgebiet übergeordneten Haupttal), was zu Abwanderung und weiterer Stärkung des Hauptortes führt.

Bei territorialer Zusammenlegung ist zumeist der Ort mit Sitz der Verwaltungsspitze der neue Hauptort, ebenso in dünn- und streubesiedelten Regionen ohne allgemeinem Zentrum. Politisch-administrative und geistig-wirtschaftliche Aspekte beeinflussen sich zwangsläufig gegenseitig, sodass der jeweils eine Aspekt im Laufe der Stadtentwicklung den anderen nach sich zieht (Urbanisierung) – Beispiele sind historische Siedlungsgründungen um Klöster und Burgen, die dann deren Funktion als Hauptort übernehmen, und umgekehrt Neugründungen oder Verlagerung von Hauptstädten aus wirtschaftspolitischen Gründen (wie Brasília in Amazonien, Ankara in Anatolien). Musterbeispiel eine Hauptortentwicklung ist Hongkong, 1842 in einer dörflichen Region als Handelshafen und Kolonialverwaltung installiert, heute Zentralort des ganzen Südens Ostasiens und Drehscheibe des Welthandels.

Länderspezifisches

Deutschland

Der Verwaltungssitz eines (Land-)Kreises muss nicht notwendigerweise in einer Stadt beheimatet sein, der Sitz kann auch in einer Gemeinde ohne Stadtrechte liegen. In diesem Fall lautet die Bezeichnung nicht Kreisstadt, sondern Kreishauptort. Vor etlichen Jahren gab es vor allem in Bayern und Niedersachsen Kreisverwaltungen in Kreishauptorten, zum Beispiel Wegscheid und Mallersdorf sowie bis 1952 Roding in Bayern oder Westerstede und Wittlage in Niedersachsen. Der kleinste Kreishauptort war die Gemeinde Ort bis zur Eingemeindung in die Stadt Freyung am 1. April 1954 als Sitz des Landkreises Wolfstein. Mit der Auflösung von Kreisen im Rahmen von Kreisgebietsreformen (z. B. Auflösung der Landkreise Wittlage, Mallersdorf und Wegscheid im Jahr 1972) sowie der Verleihung von Stadtrechten, z. B. an Westerstede am 28. Mai 1977, sind diese Sonderfälle zum Großteil entfallen. Als einzige Ausnahme in Deutschland verbleibt der Markt Garmisch-Partenkirchen.

Österreich

In Österreich spielt der Begriff verwaltungsrechtlich keine Rolle, wohl aber der amtlichen Statistik. So definiert sich der Begriff Hauptort im amtlichen Ortsverzeichnis der Statistik Austria:[1]

„Als Hauptort ist jene Ortschaft anzusehen, die infolge ihrer Anreicherung mit Geschäften, Gewerbe- und Dienstleistungsbetrieben, kirchlichen, kulturellen und Verwaltungseinrichtungen als Mittelpunkt der Gemeinde fungiert. Nicht immer ist dies der größte Ort oder jener, in dem sich das Gemeindeamt oder die Kirche befindet. Aus formalen Gründen ist bei jeder Gemeinde ein Hauptort ausgewiesen, obwohl es einige Gemeinden gibt, die keinen Hauptort erkennen lassen.“

Schweiz und Liechtenstein

In der Deutschschweiz ist der Hauptort gleichzeitig Sitz des Souveräns. Hier kann ein Dorf der Hauptort sein, da nicht alle Schweizer Kantone auch Städte haben. So ist der Hauptort des rund 20'000 Einwohner fassenden Kantons Appenzell Innerrhoden das Dorf (und eben nicht die Stadt) Appenzell mit 5.500 Einwohnern (2002). Bei Kantonen, deren Hauptsitz eine Stadt ist, ist der Hauptort zugleich umgangssprachlich Hauptstadt, wie zum Beispiel Zürich. Dies gilt auch für den Liechtensteiner Hauptort Vaduz mit etwas mehr als 5.000 Einwohnern. Siehe hierzu auch Vorort (Geschichte).

In der Schweiz gelten auch Orte mit mehr als 10.000 Einwohnern bereits als Stadt. Viele historische Städte (Ortschaften mit Stadtrecht) haben wesentlich weniger Einwohner. Zu den historischen Städten zählen beispielsweise Stein am Rhein, Diessenhofen und Maienfeld oder, als Extreme, Werdenberg und Fürstenau mit weniger als 100 Einwohnern.

Frankreich

In Frankreich wird die französische Entsprechung zu Hauptort, chef-lieu, für die Verwaltungssitze jeder Art von Gebietskörperschaften und Verwaltungseinheiten unterhalb des Zentralstaates (Regionen, Départements, Arrondissements, Kantone und Gemeinden) verwendet. - Die Einwohnerzahl spielt in manchen Fällen kaum eine Rolle: Der Kanton Craonne z.B. ist nach seinem Hauptort, einem Dorf mit nur 65 Einwohnern (2005) benannt, während der größte Ort des Kantons (Corbeny) zehnmal so viele Einwohner hat (693 im Jahr 2006).

Italien

In Italien wird der entsprechende italienische Begriff capoluogo in derselben Weise für die Verwaltungssitze der Regionen, Provinzen und Gemeinden angewandt.

Schweden

In Schweden hat jede der 290 Gemeinden einen Hauptort (schwedisch centralort), der oft den gleichen Namen wie die Gemeinde trägt.

Einzelnachweise

  1. Passage zitiert nach: Peter Zeiszig, Statistik Austria (Hrsg.): Ortsverzeichnis Kärnten. Wien 2004, ISBN 3-902452-41-2, Erläuterungen, Begriffe und Definitionen 1. Zum Systematischen Verzeichnis Pkt. 9 Hauptort der Gemeinde, S. 14 (pdf, statistik.at, abgerufen am 22. November 2009).

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