- Geschichte der Architektur
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Die Geschichte der Architektur umfasst die technische, funktionale und ästhetische Entwicklung der Architektur und der Bauwerke über alle historischen Epochen vom Beginn menschlicher Bautätigkeit bis heute.
Lange Zeit prägten sich dabei in zeitlicher Abfolge bestimmte Stilepochen aus, auch Baustil oder Architekturstil genannt. Die Entwicklung war dabei abhängig von klimatischen, technischen, religiösen und kulturellen Randparametern. Dieser Stil war in dem jeweiligen Kulturkreis lange Zeit allgemein anerkannt, bis sich dann langsam eine neue Art zu Bauen durchsetzte.
Seit der Moderne und mit der Industrialisierung beschleunigte sich dieser Prozess enorm. Seit dem 19. Jahrhundert folgten immer schneller aufeinander neue „Moden“ in der Architektur, die teilweise gleichzeitig und in der gesamten westlichen Welt auftraten.
Seit der Nachkriegszeit wird eine zeitliche und räumliche Abgrenzung von Stilen weltweit immer schwieriger. Die Kriterien zur Kategorisierung von Architekturstilen sind nun vorwiegend formaler Natur. In der zeitgenössischen Architektur gibt es eine große Vielfalt von Stilen und Architekturauffassungen, die räumlich und zeitlich nebeneinander existieren.
Inhaltsverzeichnis
Architektur in der Vor- und Frühgeschichte
Im archäologischen Zeitalter der Vor- und Frühgeschichte, zunächst in der Vorgeschichte und verstärkt in der Frühgeschichte der Menschheit werden die Menschen sesshaft. Bauten entstehen für die Urbedürfnisse und frühe Baustile entwickeln sich von der Steinzeit bis zur Eisenzeit:
- Die Neolithische Architektur der Jungsteinzeit: 10.000 v. Chr–3.300 v. Chr, in Mitteleuropa ab 5.500 v. Chr–2.200 v. Chr.
- Die Bronzezeitliche Architektur in der Bronzezeit: Ab 3.300 v. Chr, 2.200 v. Chr in Mitteleuropa – um 1.000 v. Chr
- Die Eisenzeitliche Architektur in der Eisenzeit: Im vorderen Orient 1.200 v. Chr–6. Jh. v. Chr., in Mitteleuropa 800 v. Chr – bis 6. Jh. n. Chr.
Frühe Hochkulturen
Während sich die Bauten in der Frühgeschichte der Menschheit zumeist nur an die unmittelbaren Bedürfnisse der Bewohner – also an Wohnen, Lagerung und Viehhaltung – orientieren, entwickeln sich in den frühen Hochkulturen weitere Bedürfnisse. Erste bäuerliche Siedlungen und Kulturen werden zu städtischen Besiedlungen mit Wohn-, Gewerbe-, Handels- und Kulturbauten. Die Architektur der darauffolgenden frühen Hochkulturen orientierte sich an Klima, Baumaterial, Topografie, Konstruktionskenntnisse, Wirtschaftsstruktur, Religion, Staat und Gesellschaft. Sakralbauten (z. B. Tempelstätten in Uruk), Palastbauten (z. B. mesopotamische Hofhäuser) und Befestigungsanlagen (z. B. Stadtmauer von Uruk) bestimmen die frühen, führenden Bauaufgaben. Die folgenden frühen Hochkulturen prägten die Architektur:
- Sumerische Architektur der Sumer in Mesopotamien beginnend ab 4000 v. Chr.
- Uruk-Zeit, ab etwa 3500 bis 2800 v. Chr
- Altsumerisches Reich ab etwa 2800 bis 2100 v. Chr
- Neusumerisches Reich ab etwa 2100 bis 2015 v. Chr
- Isin-Larsa-Zeit ab 2017 bis 1737 v. Chr mit den großen Palästen von Larsa und Mari.
- Alt-Ägyptische Architektur; siehe dazu die Geschichte des Alten Ägypten und Ägyptische Kunst mit den bebeutenden Bauwerke wie die Pyramiden von Gizeh (2620–2500 v. Chr.), die Tempelanlagen u. a. von Theben (Hatschepsuttempel, Ramesseum, Karnak, Luxor), Kom Ombo, Edfu, Abu Simbel, Dendera oder die Nekropolen im Tal der Könige und im Tal der Königinnen.
- Babylonische Architektur, von Babylon ab etwa 1900 bis 539 v. Chr
- Assyrische Architektur der Assyrer im mittleren und nördlichen Mesopotamien ab etwa 2000 bis 600 v. Chr
- Elamische Architektur im elamischen Sprachbereich im Südwesten des heutigen Iran ab um 2400 bis um 500 v. Chr.
- Persische Architektur
- im Perserreich bzw. im Achämenidenreich (auch Mederreich von etwa 550 bis 330 v. Chr. mit den Palästen von Susa, Ekbatana und Persepolis.
- im Neupersischen Reich der Sassaniden ab 224 v. Chr. bis 650 n. Chr. ist bereits Architektur des Hellenismus (s. unten)
- Die Etruskische Architektur der Etrusker zwischen 800 und 100 v. Chr. entwickelte sich parallel zu der Griechenlands. Der Etruskischer Tempel ist ein weitverbreiteter Typ der antiken Tempelarchitektur. In Volterra fanden sich Teile der etruskischen Stadtmauer (Porta all'Arco) und etruskischen Nekropolen. Reste von Profanbauten u. a. in Murlo bei Siena, Acquarossa bei Viterbo und Talamone sind ausgegraben worden.
- Die Minoische Architektur in der Minoischen Kultur von Kreta und seinem Herrschaftsbereich.
- Vorpalastzeit (ca. 3100–2000 v. Chr.)
- Altpalastzeit (ca. 2000–1700 v. Chr.); erstmals Städte mit Trinkwasser- und Abwassersystemen.
- Neupalastzeit (1700–1400 v. Chr.) mit seinen Palästen von Knossos und Phaistos
- Nachpalastzeit (1450/1400–1100/1050 v. Chr.) mit dem Palast und der Nekropole von Kudonija (heute Chania).
- Mykenische Architektur in der festlandsgriechischen Mykenischen Kultur der späten Bronzezeit; siehe auch Mykene.
- Frühzeit (1800–1500 v. Chr.)
- Mittlere Zeit (1500–1400 v. Chr.); mykenische Rundbauten (Tholos).
- Spätzeit (1400–1200 v. Chr.)
Westliche Welt
Die Architektur der westlichen Welt in Europa und später dann in anderen Kontinenten entwickelte sich in mehreren "doppelten Zyklen", von einem eher einfacheren Stil hin zur verstärkten Verwendung des Ornaments und der Plastizität sowie von einer eher horizontalen Gliederung hin zur verstärkten Betonung der Vertikalen.
- In der Antike war das die griechische- und dann die römische Architektur.
- Im Mittelalter war das der romanische und dann der gotische Stil.
- In der frühen Neuzeit war das die Renaissance und dann das Barock.
- In der dann folgenden Neuzeit war das der Klassizismus und dann der Historismus.
- Die heutige "Moderne" als Stilrichtung kann hinsichtlich seiner Entwicklung noch nicht beurteilt werden.
Antike
Die Antike (von lateinisch antiquus, = alt, altertümlich) bezeichnet die Epoche des Altertums im Mittelmeerraum (1200 v. Chr. – ca. 600 n. Chr.).
Es wird Unterschieden in
- Griechische Architektur ist in erster Linie eine städtische Architektur geprägt durch Tempel, Torbauten (Propylon), Theater, Versammlungsräume (u. a. Buleuterion), Memorial- und Kleinarchitektur, Mausoleen, Grabarchitekturen, Stoen und Peristyle (Hofgebäude), Palästren, Gymnasien, Brunnen, Befestigungsbauten, Leuchttürme, Hafenanlagen, Bibliotheken, Schatzhäuser, Gästehäuser und Wohnbauten. Prägnantes Beispiel für die Stilentwicklung war die griechische Säule und die Säulenordnung als wichtigstes Wesen griechischer Tektonik. Dabei wird unterschieden in
- Römische Architektur (neun Jahrhunderten von 500 v. Chr. bis 400 n. Chr.) geprägt durch die Übernahme der griechischen Säulenordnungen, und städtische Bauten wie Atrium, Basilika, Thermen, Amphitheater, Römische Theater, Triumphbogen, Straßen-, Brücken- und Wasserleitungsbauten, konstruiert mit Bögen, Tonnengewölbe und Kuppeln. Dabei kann unterschieden werden in die Zeiten
- der römischen Republik
- der Julier von Augustus bis Nero (30 v. Chr.–68 n. Chr.)
- der Flavischen Kaiser (64–98)
- Trajans und Hadrians (98–138)
- der späteren Kaiserzeit (138–306) sowie
- ab Konstantin der Große (ab 306 n. Chr.).
Beginnendes Mittelalter
Die Übergangszeit oder Zwischenzeit von der Römischen Antike bis zur Romanik wird unterteilt in:
- Byzantinische Architektur als Fortsetzung der Römischen Architektur im Byzantinischen Reiches sowie in Bulgarien, Serbien, Russland, Armenien und Georgien als Axialbauten (Basilika) und Zentralbauten mit zentraler Kuppel. Diese Epoche lässt sich in drei Phasen einteilen:
- Frühe Epoche (4.–6. Jh.), Beispiel u. a.: Sant’Apollinare Nuovo (um 500), San Vitale (522–547) und Sant’Apollinare in Classe (549 geweiht), alle in Ravenna, sowie die Hagia Sophia in Konstantinopel oder die Santa Costanza in Rom.
- Mittlere Epoche (8.–11. Jh.) u. a. zur Zeit der Makedonische Dynastie (867–1056) sowie u.a die Kiewer Sophienkathedrale (ab 1037) und die Hagia Sophia von Ohrid in der Ukraine.
- Späte (komnenische und palaiologische) Epoche mit u. a. Felsenkirchen in Kappadokien, in Russland, Bulgarien, Serbien und anderen slawischen Ländern sowie Sizilien (Capella Palatina) und Venetien (Markusdom) und die Klöster auf Athos (ab 963) und in Mystras (um 1240).
- Vorromanik (5.–10. Jh.) war die Weiterführung der antiken Vorbilder, die sich dann zur Romanik weiterentwickelten.
- Frühchristliche Architektur: u. a. das Grabmal des Theoderich in Ravenna (520).
- Merowingische Architektur (6.–8. Jh.) zur Zeit der Merowinger
- Langobardische Architektur zur Zeit der Langobarden in der Lombardei und Norditalien (bis 774): u. a. Santa Maria in Valle/Cividale del Friuli (auch Tempietto Longobardo genannt).
- Westgotische Architektur (6.–8.Jh.), im vormaurischen Spanien (Siehe: Liste westgotischer Architekturdenkmäler in Spanien)
- Karolingische Architektur (8.–10. Jh.): u. a. Kloster Reichenau, Torhalle Lorsch, Pfalzkapelle Aachen (Siehe: Liste karolingischer Bauwerke.
- Asturische Architektur (8.–10.Jh.), im nicht maurischen Teil Spaniens (Königreich Asturien,Westgotenreich) (Siehe: Liste vorromanischer Bauwerke in Asturien)
- Mozarabische Architektur (9.-11. Jh.), von Mozarabern verbreitete, maurisch geprägte Architektur im maurischen und christlichen Spanien
- Altkroatische Präromanik in Teilen Kroatiens
- Mudéjar (8.–10.Jh.), der Baustil Spaniens nach der Unterwerfung der Araber. Der Baustil fand auch in Sardinien und in Mexiko Anwendung. Dabei wurden Bauformen und Dekor aus der islamischen Architektur wie Hufeisenbogen, Stalaktitgewölbe, Flächenverzierungen (Mauresken), Stuckornamente und Majolikadekor mit dem Baustil der Gotik und der Renaissance verbunden. Bedeutende Bauwerke sind u. a. die Synagoge von Toledo, der Turm der Kathedrale von Teruel, die Apsis der Moschee Cristo de la Luz und die Kirche sowie der Turm Santiago del Arrabal (12.Jh.) in Toledo.
Mittelalter vom 10. bis 16. Jahrhundert
- Romanik (vor 1000, in Deutschland ab 1020–1250): Als „typisches Erkennungsmerkmal“ romanischer Bauten gilt der Rundbogen, häufig in Verbindung mit wuchtigen, wehrhaften Steinmassen. Die frühe Romanik hat ihren Ausgang im westlichen Europa, vor allem im Reich der Franken. Die Entwürfe für Kirchen als Basilika waren einfach: Das Mittelschiff mit einer Apsis wird von zwei Seitenschiffen flankiert und überwölbt von Tonnengewölbe oder später von Kreuzgratgewölbe. Es wird unterschieden in
- Frühromanik (950–1050) und die Ottonische Architektur: u.a Michaeliskirche Hildesheim, Ostbau des Mainzer Dom (Siehe: Liste ottonischer Bauwerke)
- Hochromanik (1050–1150) und die Salische Architektur zur Zeit der salischen Kaiser, mit stärkerem Bauschmuck und Bildwerken u.a beim Speyerer Dom, Braunschweiger Dom und der Liebfrauenkirche in Halberstadt.
- Spätromanik (1150–1250) mit der Staufischen Architektur u. a. mit dem Limburger Dom (1190–1235) als Übergangsstil zur Gotik mit deren ersten Bauformen (z. B. Spitzbögen).
- Arabisch-byzantinisch-normannische Kunst in Sizilien.
- Gotik (um 1140 in Frankreich bis 1520, in England bis 1550): Als „typisches Erkennungsmerkmal“ gotischer Bauten gilt das Kreuzrippengewölbe, die aufgebrochenen, hohen Wände mit großen Fenstern, der Strebepfeiler, die Betonung der Vertikalen und die zunehmende Ornamentik u. a. im Maßwerk. Es wird unterschieden in
- Frühgotik (1140, in Deutschland 1220–1250), die in Frankreich begann. Der Chorneubau der Klosterkirche von Saint-Denis vor 1144 gilt als Initialbau der Gotik. Die Kathedrale von Laon (1155–1235) zeigt die Entwicklung von der frühen Gotik zur Hochgotik auf.
- Early English Period ist die Bezeichnung der Frühgotik in England (1175–1260). Die Kathedrale von Salisbury (1200–1275) ist ein gutes Beispiel für diesen Stil.
- Hochgotik (1200 in Frankreich, 1250 in Deutschland, England bis 1350); die Kathedrale von Chartres (1194–1260), Notre Dame de Paris und die Kathedrale von Reims (1211–1311) sind Beispiele aus dieser Zeit. Zunehmend setzte sich die Hallenkirche durch.
- Backsteingotik war eine besondere Entwicklung der Gotik an der Ostsee von Norddeutschland bis Estland, bei der mit Backsteinen gebaut wurde. Die Marienkirche in Lübeck (1250–1350) oder die St.-Nikolai-Kirche in Stralsund (um 1270) sind Beispiele aus der Hochgotik.
- Spätgotik, (1350–1550) kennzeichnet die Zeit der Gotik, bei der die Hallenkirche die Basilika als Kirchenbauform verdrängte. Die Bauten behielten ihre relativ einfachen Grundformen der Gotik. Die technische Weiterentwicklung erlaubte aber klomplexere Rippengewölbe, Netzgewölbe und Fächergewölbe, die Fenster und Rosetten wurden größer, das Ornament nahm zu und das Maßwerk wurde filigraner. Als Beispiele dieser Weiterentwicklung gelten u. a. die Neue Kathedrale von Salamanca, das Heilig-Kreuz-Münster in Schwäbisch Gmünd (um 1340) (siehe auch Deutsche Sondergotik) und die Abteikirche des Klosters Brou in Bourg-en-Bresse.
- Flamboyant (franz.: flammend) war die formenreiche Stilstufe der Spätgotik in Frankreich. Die Formen des Maßwerks erinnern an Flammen. Die Sainte-Chapelle in Paris zeigt Beispiele dieser Stilentwickung.
- Perpendicular Style (engl.: senkrechter Stil) war die formen- und ornamentreiche Stilentwicklung in England. Beispiele dafür sind u. a. die Abteikirche Bath, die St. Andrew’s Cathedral in Wells und die Kathedrale von Ely.
- Im Decorated Style nahm in England die Fülle der Dekoration weiterhin zu. Als Beispiel gilt die Lichfield Cathedral.
- Frühgotik (1140, in Deutschland 1220–1250), die in Frankreich begann. Der Chorneubau der Klosterkirche von Saint-Denis vor 1144 gilt als Initialbau der Gotik. Die Kathedrale von Laon (1155–1235) zeigt die Entwicklung von der frühen Gotik zur Hochgotik auf.
Neuzeit im 15. bis 18. Jahrhundert
- Renaissance (1420–1620): In der Architektur der Renaissances als "Wiedergeburt der Werte" wurde die Formensprache der Antike in klassischer Strenge wieder belebt, durch einfache, geometrischen Formen sowie durch klassische Bauelemente wie Säulen, Pilaster, Kapitelle und Dreiecksgiebel. Es wird zeitlich unterschieden in
- Frührenaissance von 1420 bis 1500 mit Bauwerken von Filippo Brunelleschi (Kuppel des Florentiner Doms Santa Maria del Fiore), Michelozzo di Bartolommeo (Palazzo Medici-Riccardi in Florenz), Filarete (Turm des Filarete in Mailand), Leon Battista Alberti (Palazzo Rucellai in Florenz).
- Hochrenaissance von 1500 bis 1550 ausgelöst von Donato Bramante (1444–1514) und den Neubau des Petersdoms in Rom. Auch Michelangelo Buonarroti zählt zu den bedeutendste Repräsentant der italienischen Hochrenaissance (Kuppel Petersdom).
- Spätrenaissance oder Manierismus von 1520 bis 1610 ausgelöst durch die späten Werke Michelangelos mit seiner Plastizität, Expressivität, Kraft und Bewegung. Der Manierismus begann durch die vorsichtige Auflösung der Ordnungssysteme der Renaissance. Zu den Bauten gehörten schon die Uffizien in Florenz, Villa Farnese in Caprarola und der Palazzo Pitti in Florenz von Bartolomeo Ammanati aber auch das Heidelberger Schloss und Schloss Hellbrunn in Salzburg.
- Barock (etwa 1600–1780): Als Kunstform des Absolutismus und der Gegenreformation ist der Barock (Portugiesisch: Unregelmäßig geformte Perlen) durch üppige Prachtentfaltung gekennzeichnet. Ornament und Plastizität nahmen zu. Zuerst entwickelte sich der Stil in Italien bevor er sich in Europa und in der Neuen Welt durchsetzte. Kunstgeschichtlich wird unterteilt in
- Frühbarock (ca. 1600–1650) mit u. a. dem Palazzo Barberini in Rom,
- Hochbarock (ca. 1650–1720) mit u. a. dem Palazzo Pesaro in Venedig, und dem Invalidendom in Paris,
- Spätbarock (ca. 1720–1770) oder Rokoko mit u. a. dem Schloss Belvedere in Wien dem Winterpalast in Sankt Petersburg und dem Stift Melk. Rokoko (franz.: Rocaille = Muschel) (1735–1780) ist eine Weiterentwicklung in der Spätphase des Barocks.
Neuzeit im 18. und 19. Jahrhundert
- Klassizismus (1750–1840) ist eine Stilepoche, in der die Nachahmung der Bauformen der Antike (vorrangig der griechische Tempelbau) erfolgte. Auch die Baukunst Palladios (1508 bis 1580) in der Renaissance wird öfters als Klassizismus bezeichnet. Es wird unterschieden in
- Frühklassizismus (in Frankreich auch als goût grec bezeichnet) (1750–1770).
- Revolutionsarchitektur (1750–1790) als Teil der Stilepoche.
- Klassizismus (1770–1840)
- Der Federal Style in den USA von 1780 bis 1830; verschiedene Capitolgebäude in den Hauptstädten der US-Bundesstaaten sind Beispiele dieser Richtung.
- Historismus (1840–1900) ist die Stilepoche bei der man auf verschiedene (Stilpluralismus) ältere Stilrichtungen zurückgriff und diese nachahmte. Die Untergruppen sind keine zeitlichen, sondern stilistische Abgrenzungen, für die ihre Hauptzeiten angegeben sind
- Neugotik (1840–1900, mit früheren Ansätzen)
- Neorenaissance (1850–1885)
- Neuromanik (1870, bis in die 1920er)
- Neumanierismus (1871–1914)
- Neobarock (1880, bis in die 1920er), in der Innenarchitektur auch als Neurokoko
- Neoklassizismus (ab etwa 1890, hält sich über das Ende des eigentlichen Historismus hinaus („Neohistorismus“) bis in die 1930er, in den USA und im Ostblock bis in die 1950er)
- Im Eklektizismus (von griech. eklektós = ausgewählt) des Historismus wurden verschiedene Stile bei einem Bauwerk verwendet.
Moderne
- Beginnende Moderne
- Jugendstil (um 1880–1914), auch als Art Nouveau, Belle Epoque, Fin de siècle, Modernisme oder Wiener Secession bezeichnet, kennzeichnet sich durch dekorativ geschwungene Linien sowie flächenhafte, florale Ornamente und durch die Aufgabe von Symmetrien.
- In der Heimatschutzarchitektur (ca. 1904–1945) in Deutschland fanden ortsübliche Baumaterialien (Backstein, Holz) aber auch Formen Verwendung. Vertreter dieser Richtung waren u. a. Paul Schmitthenner, Heinrich Tessenow und Julius Schulte-Frohlinde.
- Organische Architektur bezeichnet seit der Wende zum 20. Jahrhundert das ganzheitliche Bauen, welches die Harmonie von Gebäuden und Landschaft sowie Baumaterialien anstrebt, als eine organische, aus der Funktion heraus entwickelte Form für eine biologische, psychologische und soziale Zweckmäßigkeit. Als typisches Beispiel gilt das Goetheanum in Dornach bei Basel von Rudolf Steiner (1928). Stilelement des Jugendstils, des Expressionismus aber auch der Modernen können dabei durchaus im Einklang mit dieser Richtung stehen. Auch Frank Lloyd Wrights organische Architektur stellt eine Verbindung zu diesem Stil da.
- Reformstil oder Prämoderne (ab ca. 1905).
- Futurismus (1909 bis in die 40er-Jahre) war eine aus Italien stammende avantgardistische Kunstbewegung.
- Konstruktivismus (um 1910 bis in die 40er) war vornehmlich eine russische Denkrichtung in der Kunst, die nur wenige Spuren in der Architektur hinterlassen hat.
- De Stijl (1917 bis in die 30er) war eine niederländische Stilrichtung, benannt nach einer Künstlervereinigung und deren Zeitschrift in Leiden, geprägt durch geometrisch-abstrakte, asketische und funktionale Architektur, ähnlich dem Bauhaus in Deutschland.
- Art Déco (ca. 1920 bis in die 40er) war ein Baustil der verzierenden Formgebung. Das Chrysler Building in New York oder das Renaissance-Theater in Berlin entsprechen u. a. dieser Stilrichtung.
- Expressionismus (1918 bis Ende der 20er) vornehmlich in Deutschland vertretende Stilrichtung, als moderne Nachfolge des Jugendstils. Der Einsteinturm von Erich Mendelsohn in Potsdam, das Anzeiger-Hochhaus von Fritz Höger in Hannover und das Chilehaus von Fritz Höger in Hamburg sind Beispiel dieser Architektur.
- Klassische Moderne (ca. 1920 bis heute). Sie beginnt zunächst mit minimalistischen und funktionalen Tendenzen. 1911/12 entstanden die von Walter Gropius entworfenen Fagus-Werk in Alfeld. Der Erste Weltkrieg verzögert noch diese Entwicklung in der Architektur. Danach setzt sich diese Stilrichtung immer mehr durch. Als große Architekten und Vordenker der Modernen können genannt werden Mies van der Rohe, Le Corbusier, Frank Lloyd Wright, Walter Gropius und Louis Sullivan. Die nachfolgenden Begriffe sind Strömungen der klassischen modernen Architektur, es sind oft nur andere Bezeichnungen für die neue Stilrichtung:
- Neue Sachlichkeit wurde als Abkehr vom Expressionismus und Jugendstil der ersten Nachkriegsjahre der neue Stil genannt. Die Kölner Werkbundausstellung von 1914 zeigte bereit diese Stilrichtung an.
- Neues Bauen war in Rahme der Neuen Sachlichkeit eine Bewegung in der Architektur und im Städtebau in Deutschland (1907–1933), die im Kontext stand mit der sich entwickelnden Bewegung De Stijl in den Niederlanden.
- Das Bauhaus war im eigentlichen Sinne eine deutsche Bauschule, die von 1919 bis 1933 bestand; als Stilrichtung fand der Begriff eine erweiterte Anwendung für eine Architektur der Neuen Sachlichkeit, u. a. Vertreten von Gropius, Mies van der Rohe und Hannes Meyer.
- Als Funktionalismus (auch Rationalismus) wurde ein Stil bezeichnet für das Zurücktreten rein ästhetischer Gestaltungsprinzipien hinter dem die Form bestimmenden Verwendungszweck (Louis Sullivan: Form follows function). Im 19. Jahrhunderts bereits vorgedacht entwickelte sich diese Denkrichtung in Deutschland erst mit der Gründung des Deutschen Werkbundes von 1907, die in die Baustile der Neuen Sachlichkeit, des Bauhauses und des Funktionalismus mündeten.
- Internationaler Stil, ist schließlich eine allgemeine Bezeichnung der Baustile der Modernen, welche sich ab 1922 in Europa und dann in der ganzen Welt durchsetzt hat. Das Gebäude der Vereinten Nationen(UNO) in New York ist ein Repräsentant dieses Stils.
- Die Industriearchitektur im 19. und 20. Jahrhundert ist keine gesonderte Stilrichtung der Architektur; auch sie unterliegt den Wandlungen der Architekturstile. Sie gilt aber oft als Vorreiter moderner Architektur. Herausragende Beispiele der Entwicklung sind u. a. die AEG-Turbinenfabrik von 1909 in Berlin von Peter Behrens, die Fagus-Werk von 1911/12 in Alfeld (Leine) von Walter Gropius und Adolf Meyer oder die Völklinger Hütte.
Späteres 20. Jh. und Zeitgenössische Architektur
- Brutalismus (béton brut = Sichtbeton) wurde eine Stilrichtung in den 1950er bis 1970er Jahren benannt, bei der u. a. Sichtbeton, Stahl und Glas sowie reine geometrische Körper dominierten. Das Kloster Sainte-Marie de la Tourette oder die Wohneinheit Unité d'habitation in Marseille von Le Corbusier sind Beispiele dieser Richtung.
- Strukturalismus ist eine Mitte des 20. Jahrhunderts aufgekommene Strömung in Architektur und Städtebau als Reaktion auf einen eher sterilen Städtebau der Nachkriegszeit, bei der eine Architektur der Vielfalt in einer geordneten Struktur beabsichtigt ist. Herman Hertzberger (u. a.: Bürogebäude Centraal Beheer in Apeldoorn von 1968/72), Aldo van Eyck (u. a.: Raumfahrtzentrum ESTEC in Noordwijk von 1989), Jacob Bakema und Kenzō Tange wurden mit einigen ihrer Bauten dieser Richtung zugeordnet.
- Kritischer Regionalismus Bezeichnet das Aufgreifen regionaler Besonderheiten. Anders als die folgende Postmoderne wird Tradition nicht oberflächlich zitiert, sondern in den Mittelpunkt der Ausführung gerückt.
- Postmoderne Architektur (Nachmoderne) ist die Bezeichnung für eine Tendenz in der Architektur seit den 1970er Jahren, bei der ein Paradigmenwechsel in der Architektur gegen die Moderne angestrebt wurde mit einer Architektur der Erinnerung und Tradition. Bauwerke, vor allem Fassaden, wurden zum Zitatenspiel vergangener Architekturepochen. Als Beispiele gelten u. a. die Piazza d'Italia in New Orleans von Charles Willard Moore (1990), das Sony Building (1979–1984) von Philip Johnson in New York oder die Hochschule für Musik und Darstellende Kunst von James Stirling in Stuttgart und der Friedrichstadtpalast in Berlin. Die Postmoderne konnte sich als neue Stilrichtung nicht allgemein durchsetzen.
- Dekonstruktivismus ist eine Stilrichtung der Architektur ab den 1980er Jahren, bei der reine geometrische, konstruierte Formen verändert und neu interpretiert werden, um u. a. Instabilitäten aufzuspüren und sichtbar zu machen. Der Begriff wurde geprägt durch eine Ausstellung "Deconstructivist Architecture" im Museum of Modern Art in New York. Frank Gehry (u. a.: Museo Guggenheim Bilbao), Daniel Libeskind (u. a.: Jüdisches Museum Berlin), Rem Koolhaas (u. a.: Niederländische Botschaft in Berlin), Peter Eisenman, Zaha Hadid (u. a.: phæno in Wolfsburg), Coop Himmelb(l)au (u. a.: Ufa-Kristallpalast) und Bernard Tschumi (u. a.: Parc de la Villette in Paris) gelten als Vertreter dieser Stilrichtung.
- Minimalismus ist ein Architekturstil der einfachen Formensprache und der Verzicht auf Dekorationselemente im Gegensatz zur Postmodernen, der Organischen Architektur und zum Dekonstruktivismus. Beispiel dafür sind u. a. das Grande Arche in Paris (1989) von Johan Otto von Spreckelsen, das Kunsthaus Bregenz von Peter Zumthor (1990–1997) oder die Bibliothèque nationale de France in Paris von Dominique Perrault (1996).
- Ökologisches Bauen soll ressourcenschonend sein; als Stilrichtung kann noch keine besondere Ausprägung erkannt werden.
- Supermodernismus soll eine Stiltendenz beschreiben, die im Gegensatz zur Postmodernen und zum Dekonstruktivismus steht und sich auf die klassische Moderne bezieht. Es ist fraglich, ob sich der Begriff durchsetzen kann.
- Blob-Architektur bezeichnet Bauwerke und Entwürfe, die komplexe, fließende, oft gerundete und biomorphe Formen aufweisen.
- Zeitgenössische Architektur, ein Oberbegriff für aktuelle Trends und Tendenzen.
Architektur in einzelnen Ländern
An dieser Stelle werden nur Hinweise auf Artikel zur Architekturentwicklung in einzelnen Ländern oder Regionen aufgezeigt:
Im Westen
Die folgenden Artikel gehen im Detail auf die Architekturgeschichte einzelner Länder ein:
- Deutschland: Deutsche Architektur, Architektur in der Deutschen Demokratischen Republik
- Schweden: Schwedische Architektur, Liste historischer Gebäude in Schweden
Nicht-Abendland
- Islamische Architektur: z. B. Sana'a, die Hauptstadt im Jemen
- Osmanische Architektur: z. B. Bauwerke des Architekten Sinan
Einzelne Länder
- Präkolumbische Architektur
- Maya-Architektur, z. B. die Pyramiden von Chichén Itzá in Mexiko
- Aztekische Architektur
- Inkaische Architektur, z. B. die Festung Sacsayhuaman bei Cuzco in Peru
- Ostasiatische Architektur
- Indische Architektur
- Südostasiatische Architektur
- Birmanische Architektur
- Thailändische Architektur
- Kambodschanische Architektur: z. B. Angkor
- Indonesische Architektur
Galerie
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Jugendstil/Art Nouveau: Haus Singer in Sankt Petersburg, 1904
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Heimatschutzstil: Rathaus von Wiehl
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Organisches Bauen: Robie House (1908) im Oak Park bei Chicago von Frank Lloyd Wright
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Funktionalistische Moderne: Fagus-Werk in Alfeld von Walter Gropius (1912)
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Expressionismus: Einsteinturm von 1919/21
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Brutalismus: Royal National Theatre in London
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Strukturalismus: Raumfahrtzentrum ESTEC in Noordwijk von Aldo van Eyck (1989)
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Postmodern: Piazza d'Italia in New Orleans von Charles Willard Moore (1990)
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Dekonstruktivismus: Guggenheim Museum Bilbao
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osmanische Selimiye-Moschee (1568–1575) in Edirne/Türkei
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Palast der himmlischen Klarheit in der Verbotenen Stadt (Chinesische Architektur)
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Angkor Wat (Südostasiatische Architektur)
Siehe auch
- Portal:Architektur und Bauwesen
- Eurobanknoten Absatz 2: Abstrakte Stile
- Traditionelle Architektur, Industriearchitektur
- Liste der Städte mit historischem Stadtkern
Literatur
- Übersichten
- Glancey, Jonathan: Geschichte der Architektur. Mit einem Vorwort von Norman Foster, Dorling Kindersley Verlag, Starnberg 2006; ISBN 978-3-8310-9048-8.
- Koch, Wilfried: Baustilkunde. Orbis, München 1994, ISBN 3-572-00689-9 (behandelt die europäische Baukunst von der Antike bis zur Gegenwart, mit 50 Verbreitungskarten und fünfsprachigem Glossar).
- Paegelow,Claus: Internationales Architektenlexikon, 2004, ISBN 978-3-00-012851-6.
- Philipp, Klaus Jan: Das Reclam Buch der Architektur, Philipp Reclam jun. Verlag, Stuttgart 2006; ISBN 978-3-15-010543-6; ISBN 3-15-010543-9 (eine Geschichte der Architektur in Themen-Doppelseiten).
- Prina, Francesca: Atlas Architektur. Geschichte der Baukunst. DVA, München 2006, ISBN 978-3-421-03606-3.
- Otto Puchstein: Architectura. In: Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft (RE). Band II,1, Stuttgart 1895, Sp. 543–551.
- Seidl, Ernst (Hg.): Lexikon der Bautypen. Funktionen und Formen der Architektur. Philipp Reclam jun. Verlag, Stuttgart 2006, ISBN 978-3-15-010572-6.
- Dieter Struss (Redaktion): Der große Bildatlas der Architektur (The World History of Architecture); Orbisverlag, München 2001, ISBN 3-572-01302-X.
- Einzelne Epochen
- Werner Müller und Gunther Vogel: dtv-Atlas Baukunst. Band 1 und 2: Baugeschichte von Mesopotanien bis Byzanz und von der Romantik bis zur Gegenwart; Deutscher Taschenbuch Verlag, München 2005, ISBN 3-423-03020-8 und ISBN 3-423-03021-6.
- Benevolo, Leonardo, Geschichte der Architektur des 19. und 20. Jahrhunderts, 2 Bände, 3. Auflage, Deutscher Taschenbuch Verlag, München 1987.
- Lampugnani, Vittorio Magnago: Architektur und Städtebau des 20. Jahrhunderts, Verlag Gerd Hatje, Stuttgart 1980, ISBN 3-7757-0144-3.
- Teilaspekte
- Parkyn/Neil: Siebzig Wunderwerke der Architektur. Die kühnsten Werke der Baugeschichte und wie sie realisiert wurden, Verlag Frederking & Thaler, München 2005, ISBN 3-89405-536-7.
Weblinks
- archinoah.de Studienarbeiten zur diversen Themen der Architekturgeschichte
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