Helmut Herzfeld

Helmut Herzfeld
John Heartfield (DDR-Briefmarke)

John Heartfield (* 19. Juni 1891 in Berlin-Schmargendorf; † 26. April 1968 in Ost-Berlin; eigentlich Helmut Herzfeld (fälschlicherweise wird manchmal Helmut Herzfelde angegeben)) war ein deutscher Maler, Graphiker, Fotomontagekünstler und Bühnenbildner. Er gilt landläufig als der Erfinder der politischen Fotomontage. Er war der Bruder von Wieland Herzfelde.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Kindheit

Helmut Herzfeld kam als erstes von insgesamt vier Kindern des Schriftstellers Franz Held (eigentlich Franz Herzfeld) und Alice Herzfeld, geborene Stolzenberg, zur Welt. 1895 wurde Franz Held wegen Gotteslästerung zu einer Haftstrafe verurteilt. Darauf zog die Familie in die Schweiz und später nach Aigen bei Salzburg in Österreich. 1899 verschwanden die Eltern unter bis heute nicht ganz geklärten Umständen und ließen ihre Kinder zurück. Helmut Herzfeld und seine Geschwister kamen in Pflegefamilien oder Heime.

Lehr- und Ausbildungszeit

1905 begann Helmut Herzfeld eine Lehre als Buchhändler in Wiesbaden, an die sich von 1908 bis 1911 ein Studium an der Kunstgewerbeschule in München anschloss. 1912 arbeitete er zunächst als Werbegrafiker in München. Da ihn diese Aufgabe nicht ausfüllte, begann er im selben Jahr ein Studium an der Kunst- und Handwerkerschule in Charlottenburg.

1915 wurde er zur militärischen Grundausbildung eingezogen und lernte im Herbst desselben Jahres George Grosz kennen.

Verleger (Malik-Verlag)

Ab 1916 nannte sich Herzfeld offiziell „John Heartfield“. Damit wollte er gegen den im Deutschen Reich herrschenden, unter anderem englandfeindlichen, Nationalismus protestieren. Anlass war der Slogan Ernst Lissauers Gott strafe England. Im folgenden Jahr gründete er zusammen mit seinem Bruder Wieland Herzfelde den Malik-Verlag in Berlin.

Dadaistisches Kunstschaffen

Von Mai bis Juni gestaltete er die Typografie bei den beiden Wochenausgaben der „Neuen Jugend“ und der „Kleinen Grosz-Mappe“. Parallel entstanden die ersten dadaistischen Druckversuche. Im letzten Kriegsjahr erarbeitete Heartfield zusammen mit George Grosz den Trickfilm „Pierre in St. Nazaire“ für die Militärische Bildstelle. Nach Fertigstellung nahm diese das Werk jedoch nicht ab.

Am 31. Dezember 1918, ihrem Gründungstag, trat Heartfield der KPD bei. Ab 1919 war er als Protagonist der Berliner „Dada-Bewegung“ und in dieser Szene als „Monteurdada“ bekannt. Es folgten zunehmende Aktivitäten in der neuen Kunstbewegung. Im April 1920 gab Heartfield zusammen mit George Grosz und Raoul Hausmann „Dada 3“ heraus. Im Juni beteiligte er sich an der Ersten Internationalen Dada-Messe in Berlin. Im selben Jahr veröffentlichten er und Grosz den Aufsatz Der Kunstlump. Die ab 1921 von Heartfield entworfenen Schutzumschläge und Bucheinbände für den Malik-Verlag und andere Verlage zeichneten sich bereits durch seine Fotomontagetechnik aus und waren offenbar so angesehen, dass sie manchmal ohne das zugehörige Buch beim Verlag bestellt wurden. Außerdem wurde er Ausstattungsleiter der Reinhardt-Bühnen in Berlin unter Erwin Piscator und 1923 Mitarbeiter der Satirezeitschrift „Der Knüppel“.

Meister der Fotomontagetechnik

Fotomontage von John Heartfield in der Arbeiter Illustrierte Zeitung Nr. 45 vom 16. November 1933. Rekonstruktion auf einem Briefmarken-Block der DDR. Der vom Vorwurf der Reichstagsbrandstiftung freigesprochene Georgi Dimitroff übergroß dargestellt als Richter und ein kleiner Hermann Göring als Gerichteter.

1924 erschien Heartfields Fotomontage, „Väter und Söhne 1924“. Sie gilt als erste politische Fotomontage Heartfields. Auf dem Bild ist Generalfeldmarschall Paul von Hindenburg zu sehen, hinter dem Soldatenskelette strammstehen. Ein Trupp Kinder in Kadettenuniform mit Gewehren über der Schulter zieht an ihnen, den mutmaßlichen toten Vätern, vorbei. 1929 erschien ein gemeinsam mit Kurt Tucholsky verfasstes Bilderbuch mit dem satirisch gemeinten Titel „Deutschland, Deutschland über alles“. 1930 wurde Heartfield ständiger Mitarbeiter der von Willi Münzenberg herausgegebenen Arbeiter Illustrierten Zeitung (AIZ), ab 1936 „Die Volks-Illustrierte“ (VI), in der bis 1938 regelmäßig seine politischen Fotomontagen erschienen. Ab dem Frühjahr 1931 lebte der Künstler für ein Jahr in der Sowjetunion und arbeitete dort an verschiedenen Projekten (Ausstellungen, Theaterstücke).

Wirken im Exil

1933 floh John Heartfield vor den Nationalsozialisten in die Tschechoslowakei, nachdem die SA seine Wohnung gestürmt hatte. Von Prag aus setzte er seine Arbeit für oppositionelle Publikationen in Deutschland fort. Eine seiner bekanntesten Arbeiten ist mit „Millionen stehen hinter mir“ betitelt und zeigt Adolf Hitler, in dessen zum Gruß nach hinten geklappte Hand ein archetypischer Industrieller Geldbündel legt. Auch seine übrigen Arbeiten wurden massenhaft verbreitet, unter anderem auf Titeln vor allem linksgerichteter Zeitschriften und auf Plakaten der KPD. 1934 wurde er offiziell ausgebürgert. Heartfield beteiligte sich an der Karikaturenausstellung des Kunstvereins Mánes (Kunstverein) in Prag. Eine Protestnote des deutschen Gesandten gegen ihn und sein Schaffen erschwerte seine weitere Arbeit im Prager Exil. 1935 folgte eine Ausstellung seiner Werke in Paris, an der Heartfield selbst mitarbeitete. 1936 erschien die erste Monografie, geschrieben von Sergei Tretjakow. Mit ihm hatte Heartfield viel Zeit während seines Aufenthalts in der Sowjetunion verbracht.

Nach der Besetzung des Sudetenlandes floh Heartfield am 6. Dezember 1938 mit Hilfe englischer Intellektueller auf dem Luftweg nach Großbritannien. 1940 verschlechterte sich sein Gesundheitszustand, da er als feindlicher Ausländer in einem Internierungslagerfestgehalten wurde. Er beteiligte sich an Veranstaltungen des Freien Deutschen Kulturbundes und betätigte sich als Buchgestalter für englische Verlage. Die Klasse seiner früheren Werke erreichte er jetzt nur noch selten wie beispielsweise mit seinem Werk „Und sie bewegt sich doch“.

Mitglied der Akademie der Künste zu Berlin

John Heartfield (Mitte) 1960 im Gespräch mit Otto Nagel und Wieland Herzfelde (r.) über eine seiner Fotomontagen.
Grab von John Heartfield auf dem Dorotheenstädtischen Friedhof in Berlin.

Am 31. August 1950 kehrte Heartfield über Prag nach Deutschland zurück und ging in die DDR, wo er bis 1956 in Leipzig lebte. Zusammen mit seinem Bruder Wieland arbeitete er für verschiedene Theater, Verlage und Organisationen der DDR. 1951 erlitt Heartfield einen ersten Herzinfarkt, von dem er sich lange nicht erholte und an den sich im November 1952 ein zweiter Infarkt anschloss. Erst 1954 nahm er seine Arbeit wieder auf. Im Juni desselben Jahres forderte der Schriftsteller Stefan Heym öffentlich die Aufnahme Heartfields in die Akademie der Künste. 1956 zog Heartfield nach Berlin und wurde zum ordentlichen Mitglied der Deutschen Akademie der Künste zu Berlin gewählt. 1957, während einer Reise nach China, wurde ihm am 7. Oktober durch den Botschafter der DDR der Nationalpreis für Kunst und Literatur überreicht, 1960 wurde ihm der Professorentitel verliehen. 1962 erkrankte Heartfield erneut schwer. Sein Bruder Wieland veröffentlichte im selben Jahr „John Heartfield. Leben und Werk“, welches bis heute als die maßgebliche Quelle für Heartfield-Recherche gilt.

1968 starb John Heartfield im Alter von 76 Jahren in Ost-Berlin und wurde auf dem Dorotheenstädtischen Friedhof beigesetzt. Gemäß seinem Testament wurde in der Akademie der Künste ein John-Heartfield-Archiv eingerichtet.

Literatur

  • John Heartfield und Roland März (Bearb.): Essay. Der Sinn von Genf: Wo das Kapital lebt, kann der Friede nicht leben! 1932. Fotomontage. Staatliche Museen, Berlin 1981.
  • Wieland Herzfelde: John Heartfield – Leben und Werk. Dargestellt von seinem Bruder. Verlag der Kunst, Dresden 1962 (3., überarbeitete Auflage 1976).
  • Douglas Kahn: John Heartfield. Art and Mass Media. Tanam Press, New York 1985.
  • Roland März: Der Schnitt entlang der Zeit. Selbstzeugnisse Erinnerungen Interpretationen. Verlag der Kunst, Dresden 1981.
  • Roland März: Heartfield montiert. 1930–1938. Edition Leipzig, Leipzig 1993.
  • Peter Pachnicke, Klaus Honnef: John Heartfield. DuMont, Köln 1991, ISBN 3-7701-2588-6 (englische Ausgabe: H. M. Abrams, New York 1992, ISBN 0-8109-3413-2)
  • Eckhard Siepmann: Montage: John Heartfield – vom Club Dada zur Arbeiter-Illustrierten-Zeitung, Elefanten Press Galerie, Berlin (West) 1977 (6., verbesserte Auflage 1980, ISBN 3-88520-001-5).

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